Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Beteiligtenfähigkeit eines Medizinischen Versorgungszentrums. Organisationsform. Ärztlicher Leiter. Prozessführungsbefugnis. Eigene Rechtspersönlichkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beteiligtenfähigkeit (§ 70 SGG) eines Medizinischen Versorgungszentrums richtet sich nach der für dessen Betreibung gewählten Organisationsform. Nur wenn sich das MVZ einer Organisationsform bedient, die § 70 SGG zugeordnet werden kann, ist es beteiligtenfähig. Das MVZ als solches ist kein Rechtsträger, dem subjektive Rechte zugeordnet werden können.
2. Der Wortlaut des § 70 SGG ist in Bezug auf die Beteiligtenfähigkeit eindeutig und insofern nicht dahingehend auslegungsfähig, dass eine (weitere) Organisationsform ohne eigene Rechtspersönlichkeit beteiligtenfähig im Sinne des § 70 SGG sein könnte.
Normenkette
SGG §§ 70, 71 Abs. 1; SGB V § 95 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 13. April 2015, S 1 KA 17/14, wird verworfen.
II. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8), 11) und 12) zu tragen. Die Kosten der übrigen Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die den Beigeladenen zu 11) und 12) erteilten Teilzulassungen (je 1/2) in F-Stadt sowie die dem Beigeladenen zu 8) erteilte Genehmigung zur Beschäftigung der Beigeladenen zu 9) und 13) mit einem Tätigkeitsumfang von je 20 Stunden am Vertragsarztsitz B-Straße in B-Stadt.
Mit Beschluss des Landesausschusses für Ärzte und Krankenkassen in Bayern vom 10.6.2013 wurden die bestehenden Zulassungsbeschränkungen für die Arztgruppe der Radiologen im Planungsbereich der Raumordnungsregion M. aufgehoben mit der Auflage, dass die bedarfsplanerische Neuzulassung insgesamt den Anrechnungsfaktor 2 im Sinne der Bedarfsplanung nicht überschreiten darf (§ 103 Abs. 3 SGB V, § 16b Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV, § 11 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BPlRL-Ä)). Gemäß § 63 Abs. 6 BPlRL-Ä gelte dies auch für Anträge auf Genehmigung von Anstellungen in medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten.
Mit Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte - Unterfranken - (ZA) vom 20.12.2013 aufgrund der Sitzung vom 25.10.2013 wurde dem MVZ in Trägerschaft der MVZ E. GmbH am Vertragsarztsitz in H. die Genehmigung zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 10) im Umfang von 40 Stunden erteilt. Zudem ließ der Zulassungsausschuss den Facharzt für Diagnostische Radiologie Dr. K. mit einem vollen Versorgungsauftag zu. Hiergegen haben der Beigeladene zu 8) sowie die Beigeladenen zu 11) und 12) Widerspruch eingelegt. Mit Bescheid des Berufungsausschusses für Ärzte - Bayern - (Beklagter) vom 4.8.2014 (Beschluss vom 22.5.2014) wurde der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.10.2013 (ausgefertigt am 20.12.2013) teilweise aufgehoben und zum einen den Beigeladenen zu 11) und 12) jeweils eine Zulassung in Höhe eines halben Versorgungsauftrages, zum anderen dem Beigeladenen zu 8) die Beschäftigung der Beigeladenen zu 9) und 13) mit einem Tätigkeitsumfang von je 20 Stunden pro Woche (Bedarfsplanungs-Anrechnungsfaktor 0,5) am Vertragsarztsitz in B-Stadt, B-Straße, erteilt.
Dagegen hat das MVZ H., ärztlicher Leiter Dr. P. R., am 13.8.2014 jeweils Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist die Anstellungsgenehmigung des Beigeladenen zu 9), Dr. D.. Die Anstellungsgenehmigung der Beigeladenen zu 13) Dr. J. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 19/14, L 12 KA 67/15, die Erteilung des halben Versorgungsauftrages an den Beigeladenen zu 12) Dr. H. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 18/14, L 12 KA 66/15 und die Erteilung des halben Versorgungsauftrages an den Beigeladenen zu 11) Dr. F. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 20/14, L 12 KA 68/15.
Die dem Prozessbevollmächtigten im Gerichtsverfahren erteilte Vollmacht war ausgestellt auf das "MVZ H., Ärztlicher Leiter Dr. R." und von Dr. R. unterschrieben. Die Klage sei zulässig. Die Frage der Aktivlegitimation eines Medizinischen Versorgungszentrums im Sinne des § 95 SGB V sei eng verknüpft mit dessen Rechtsnatur, die bislang wenig diskutiert worden sei. In diesem Zusammenhang sei insbesondere die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 22.3.2013, Az.: 1 BvR 791/12 zu sehen, der nicht zu entnehmen sei, dass dem Medizinischen Versorgungszentrum "als solchem" die Möglichkeit fehle, auch statusbegründende Rechtspositionen (gegebenenfalls neben der Trägergesellschaft) im eigenen Namen zu behaupten. Dies sei schon Konsequenz des Gebots eines umfassenden Rechtsschutzes. Auch habe die Rechtsprechung ...