Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Vergütung. Abrechenbarkeit der Gebührenordnungspositionen 88740 und 88741 (Nukleinsäurenachweis und Schnelltest bei Influenza A/H1N1, sog Schweinegrippe). Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Einschränkung durch Beschluss der Arbeitsgemeinschaft Ärzte/Ersatzkassen und gleichlautend der Partner des Bundesmantelvertrages vom 7.10.2009 auf einmal am Behandlungstag. Abrechnungsausschluss der Kostenpauschale für Versandkosten (GOP 40100) neben labordiagnostischen Leistungen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 6 KA 8/18 R

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die unter dem Gesichtspunkt des Infektionsschutzes abgegebenen Empfehlungen des RKI begründen keine bindenden Vorgaben für den Umfang der Vergütung in der vertragsärztlichen Versorgung.

2. Aus Meldepflichten nach §§ 6, 7 IfSG ergibt sich kein Vergütungsanspruch in der vertragsärztlichen Versorgung.

 

Orientierungssatz

1. Die rückwirkende Einschränkung der Abrechenbarkeit der Gebührenordnungspositionen 88740 und 88741 (Nukleinsäurenachweis und Schnelltest bei Influenza A/H1N1 - sog Schweinegrippe) auf einmal am Behandlungstag durch Beschluss der Arbeitsgemeinschaft Ärzte/Ersatzkassen und gleichlautend der Partner des Bundesmantelvertrages vom 7.10.2009 (= DÄ 2009, A 2481) ist rechtmäßig.

2. Es bestand kein Anspruch auf Vergütung der Kostenpauschale für Versandkosten (GOP 40100) neben der GOP 88740, neben Leistungen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 sowie mehrmals am Behandlungstag.

3. Der Ausschluss der Abrechnung der GOP 40100 neben Leistungen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 ergibt sich aus dem Wortlaut der GOP 40100 und ist durch das Urteil des BSG vom 16.12.2015 - B 6 KA 39/15 R = SozR 4-5531 Nr 40100 Nr 1 als rechtmäßig erachtet worden.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.06.2019; Aktenzeichen B 6 KA 8/18 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Absetzung der GOP 88740 bei mehrfachem Ansatz im Behandlungsfall und die Absetzung der GOP 40100 im Quartal 4/2009 sowie die alleinige Absetzung der GOP 40100 im Quartal 1/2010.

Die Beklagte setzte mit der Richtigstellungsmitteilung vom 19.5.2010 zum Honorarbescheid für das Quartal 4/2009 unter Angabe des Berichtigungskürzels AB0040 ("Anzahlbedingung Tag") die GOP 88740 in 2.561 Fällen mit einem Honorarvolumen von 59.159,10 € ab. Daneben wurde der Ansatz der GOP 40100 unter Angabe des Berichtigungskürzels UV8800 gestrichen, dieser sei neben der Abrechnung der GOP 88740 nicht zulässig. Weitere Absetzungen der GOP 40100 erfolgten unter Angabe der Berichtigungskürzel UV4010 ("Die GOP 40100 ist im selben Behandlungsfall nicht neben den GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 [...] abrechnungsfähig.") im Umfang von 12.277,20 € und AB0030 ("Anzahlbedingung Fall").

Der Bevollmächtigte der Klägerin legte am 15.6.2010 Widerspruch gegen den Honorarbescheid und den Richtigstellungsbescheid ein. Die Absetzung der GOP 88740 mit der Angabe der Begründung "Anzahl Bedingungen Tag" in Höhe von 59.159,10 € sei nicht gerechtfertigt. Es seien jeweils Abstriche aus dem Rachen und aus der Nase vorgenommen, untersucht und abgerechnet worden. Es sei anerkannt, dass bei Verdacht auf Schweinegrippe zwei Abstriche - aus Rachen und Nase -vorgenommen werden müssten, da die Diagnose in einer Vielzahl von Fällen bei nur einem Abstrich nicht stichfest erbracht werden könne. Auch die Anweisungen der KVB und des Gesundheitsamtes würden zwei Abstriche fordern.

Er wandte sich auch gegen die Absetzung der GOP 40100 unter dem Berichtigungskürzel UV4010 in Höhe von 12.277,20 €. Die Absetzung der GOP 40100 sei in 297 Fällen erfolgt, in denen die Bundeswehr oder die Bundespolizei Einsender gewesen sei. Dies sei ungerechtfertigt, da die Bundeswehr nicht Mitglied einer Laborgemeinschaft sein könne. Damit sei der Ansatz der GOP 40100 gerechtfertigt. Auch im Übrigen sei die Streichung der GOP 40100 mit der Begründung UV 4010 nicht gerechtfertigt.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.9.2012 zurück. Die GOP 88740 enthalte seit dem 1.10.2009 den Zusatz "einmal am Behandlungstag". Auch mehrere Untersuchungen würden nicht zu einem mehrfachen Ansatz der GOP 88740 berechtigen.

Nach den Anmerkungen im Anschluss an die Leistungslegende der GOP 40100 sei bestimmt, dass die Kostenpauschale 40100 in demselben Behandlungsfall nicht neben den GOP der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 berechnungsfähig sei. Auch die zusätzliche Berechnung einer GOP aus dem Abschnitt 32.3 setze die Ausschlussregelung nicht außer Kraft. Die Abrechnung beruhe nicht darauf, dass Kosten für Versandmaterial o.ä. innerhalb einer Laborgemeinschaft nicht berechnungsfähig seien. Auf der Grundlage der vertraglichen Bestimmungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung würden die vertragsärztlichen Leistungen für die Bundeswehr und die Bund...

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