Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Erwerbsminderung. Leistungseinschränkung durch bewusstseinsnahe psychogene Dämmerungszustände
Leitsatz (amtlich)
Bewusstseinsnahe psychogene Dämmerzustände mit einer Häufigkeit von ca 14 Anfällen im Jahr begründen weder eine quantitative Leistungseinschränkung noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 5. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1962 in der Türkei geborene Klägerin ist im August 1973 in das Bundesgebiet zugezogen. Sie hat keine Berufsausbildung abgeschlossen. Die Klägerin war - unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit, Schwangerschaft/Kindererziehung bzw. geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung - von Oktober 1980 bis Februar 1986, August 1992 bis Juni 1993 und von März 2000 bis Dezember 2001 als Arbeiterin in einer Motorenfabrik, Stepperin, Näherin sowie zuletzt als Küchen-/Putzhilfe in einem Altenheim versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem hat die Klägerin nur noch kurzfristig ver- sicherungsfreie geringfügige Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt. Vom 14.11.2002 bis 12.12.2002 nahm die Klägerin an einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation teil, aus der sie vollschichtig leistungsfähig für leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeits- markt entlassen wurde.
Mit Antrag vom 29. Oktober 2003 begehrte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Zur Begründung wurde auf einen Befundbericht des behandelnden Allgemeinarztes Dr. S. verwiesen, in dem dieser unter Beifügung weiterer medizinischer Unterlagen auf depressive Verstimmungen, eine Dorsalgie und Syndrome an der Hals- und Brustwirbelsäule mit Bandscheibenvorfall verwies.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Internisten Dr. R. vom 18. November 2003 ein. Dieser stellte einen generalisierten Muskel-, Sehnen- und Gelenkschmerz, aufbrauchs- bedingte Halswirbelsäulenbeschwerden bei Bandscheibenvorfall im Halswirbelsäulenbereich Th1/C7 links, ein hyperreagibles Bronchialsystem, einen kleinen Nabelbruch, einen Fersensporn links stärker als rechts, Übergewicht sowie einen Herzklappenfehler ohne hämodynamische Auswirkungen fest. Die Klägerin sei trotz dieser Gesundheitsstörungen noch in der Lage, vollschichtig Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit angefochtenem Bescheid vom 2. Dezember 2003 ab.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie leide unter Schmerzen an beiden Schultern und an den Fingergelenken beider Hände. Darüber hinaus verwies sie auf Gefühlsstörungen im linken Fuß, einen Fersensporn, psychische Erschöpfungszustände, Depressionen und Schlaflosigkeit. Der Widerspruch wurde nach Beiziehung weiterer Befundberichte der Dres. H. und S. sowie eines sozialmedizinischen Gutachtens des MDK in Bayern und Einholung einer sozialärztlichen Stellungnahme hierzu zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2004).
In dem darauf folgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg (SG) mit dem Aktenzeichen S 13 RJ 448/04 hat die Klägerin zur Begründung ihrer Klage auf eine Atemwegserkrankung, eine Minderbelastbarkeit des Herzens bei vorliegendem Herzklappenfehler mit großer Atemnot und Druckgefühl sowie massiven Erschöpfungs- zuständen, Schädigungen der Wirbelsäule in allen Etagen, einen beidseitigen Fersen- sporn sowie den operierten Nabelbruch verwiesen. Das SG hat Befundberichte des Allgemeinarztes Dr. S., des Neurologen und Psychiaters Dr. D., der Internisten Dr. N. und Dr. W. und des Orthopäden Dr. S. eingeholt sowie die Schwerbehindertenakten beim Versorgungsamt A. beigezogen. Es hat gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zunächst Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. P. vom 12. Januar 2005.
Dr. P. stellt bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
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- mittelgradige Aufbrauchserscheinungen der Halswirbelsäule mit deutlichen radiologischen Veränderungen (Bandscheibenvorfällen in verschiedenen Etagen, |
Einengung der Nervenaustrittskanäle bis TH1) mit begleitenden Muskelverspannungen |
- Verdacht auf Mittelnervenkompressionssyndrom im Bereich der rechten Hand |
- Aufbraucherscheinungen der Brust- und Lendenwirbelsäule bei Fehlstatik |
- deutliche Adipositas (Muskelschwäche insbesondere der Bauchmuskulatur nach Operation) |
- Fersensporn links |
- chronische obstruktive Bronchitis |
- Mitralklappenverkalkung (mit Hinweisen auf Tricuspidalinsuffizienz Grad I-II) |
- Zustand nach Nabelhernien-Operation. |
Die Klägerin sei noch in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Wechselbedingungen zu verrichten. Nicht mehr möglich seien das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Arbeiten unter widrigen Witterungsbedingungen, Schicht- und Akkordtätigkeiten ...