Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialversicherung: Versicherungspflicht einer Casting-Direktorin

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Frage, ob eine Casting-Direktorin in der Filmbranche unter die Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz fällt, kommt es nicht auf eine abstrakt-generelle Anerkennung dieses Berufs als künstlerischen Beruf im Sinne des KSVG an, sondern es ist auf die konkrete Tätigkeit abzustellen.

2. Nicht entscheidend ist, dass die Tätigkeit des Casting-Direktors nicht im Künstlerbericht von 1975 erwähnt ist.

3. Zur vorliegend gegebenen Versicherungspflicht einer Casting-Direktorin nach dem KSVG.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin in ihrem Beruf als Casting-Direktorin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).

Die Klägerin ist bei der KKH Allianz freiwillig krankenversichert.

Am 12.05.2015 beantragte sie die Aufnahme in die Künstlersozialkasse wegen ihrer Tätigkeit als selbstständige Casting-Direktorin in der Filmbranche. Sie sei in diesem Beruf seit 1996 tätig und beschäftige in diesem Zusammenhang keinen Arbeitnehmer. Im laufenden Kalenderjahr werde sie ein voraussichtliches Jahreseinkommen von 90.000 € erzielen. Sie legte eine Filmographie und Casting-Verträge mit Filmproduzenten vor.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 12.06.2015 fest, dass die Klägerin nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege. Voraussetzung hierfür sei die selbstständige Ausübung einer künstlerischen oder publizistischen Erwerbstätigkeit. Künstler oder Publizist sei, wer selbstständig erwerbstätig Musik, darstellende oder bildende Kunst schaffe, ausübe oder lehre oder als Schriftsteller, Journalist oder auf andere Weise publizistisch tätig sei oder Publizistik lehre. Die Klägerin wähle Schauspieler für die Besetzung von Filmrollen aus. Dies könne nicht unter das Tatbestandsmerkmal "darstellende Kunst schaffen, ausüben oder lehren" subsumiert werden.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und verwies insbesondere auf das Urteil des Finanzgerichts A-Stadt vom 23.09.2011 (Az. 1 K xxx), welches in einem Verfahren der Klägerin gegen das Finanzamt A-Stadt ergangen war. In dieser Entscheidung wird zur Tätigkeit der Klägerin u. a. folgendes ausgeführt:

"Nach Art der Tätigkeit der Klägerin als Casterin, die sich aus deren Beschreibung, der Beschreibung der Regisseure und dem beispielhaft vorgelegten Vertrag konkretisiert, ist es Sache der Klägerin zu dem jeweils im Drehbuch beschriebenen Rollencharakter den/die bestgeeignete/n Schauspieler/in auszuwählen. Durch die Auswahl der in Betracht kommenden Künstler/innen gibt die Klägerin den Charakteren eines Drehbuchs reales Aussehen und bestimmt dadurch die Bildgebung des jeweiligen Films im Hinblick auf die handelnden Personen in entscheidender Weise. Ihre individuelle Anschauungsweise kommt dadurch zum Ausdruck, dass sie aus dem übergroßen Angebot an Schauspielern denjenigen oder eine Gruppe von Personen auswählt, die sich für den im Drehbuch beschriebenen Charakter in der tatsächlichen Darstellung am besten eignen. Wie aus dem Vertrag hervorgeht ist ihre Leistung erst dann erbracht, wenn die letzte Rolle besetzt ist. Damit ist klargestellt, dass es letztlich allein Sache der Klägerin ist den abstrakten Charakteren des Drehbuchs ein reales Bild in Form des auszuwählenden Darstellers/in zu verleihen, denn die Auswahl der in Betracht kommenden Schauspieler ist Ergebnis allein ihrer Leistung. Im speziellen kommt bei der Klägerin hinzu, dass ihr, ausweislich der Stellungnahmen der Regisseure, besondere Fähigkeiten bei der Auswahl geeigneter Schauspieler zuerkannt werden und die Regisseure im Falle der Zusammenarbeit mit ihr ihrem Urteil vertrauen und dieses akzeptieren. So gelingt es ihr auch gegen die Bedenken eines Regisseurs unbekannte Darsteller/innen durchzusetzen und dergestalt ihre eigenen Ideen bei der Komposition eines Darstellerensembles zu verwirklichen. Dergestalt liegt der maßgebliche Einfluss auf die Rollenbesetzungen bei der Klägerin. Durch die Komposition des Schauspielerensembles erreicht ihre Tätigkeit künstlerische Gestaltungshöhe, da sie damit die dem Film Bild gebenden Akteure bestimmt und auf einen der primären künstlerischen Wirkungsgrade des Films - die personelle Bildgebung einer Geschichte - in entscheidender Weise Einfluss nimmt. Der jeweilige Film erhält durch ihre spezielle Komposition des Ensembles ihre persönliche Prägung. Die freie schöpferische Gestaltung kommt dadurch zum Ausdruck, dass sie sich bei der Auswahl der Charaktere ihrer eigenen Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse bedient und diese durch das Medium der realen Bildgebung bislang nur abstrakt existierenden Charaktere eines Drehbuchs zur unmittelbaren Anschauung bringt."

Die Beklagte wies d...

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