Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Kommanditisten bei Mitarbeit in ihrer Gesellschaft als Schlachter. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung
Leitsatz (amtlich)
Kommanditisten, die in ihrer Kommanditgesellschaft als Schlachter arbeiten, sind regelmäßig abhängig Beschäftigte, sofern sie nicht über die Rechtsmacht in der Kommanditgesellschaft verfügen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 22. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen einer Statusfeststellung, ob die Beigeladenen zu 1) bis 3) als Kommanditisten der Klägerin abhängig beschäftigt waren, als sie von der Klägerin abgeschlossene Werkverträge gegenüber deren Kunden als Schlachter erfüllten.
Die Klägerin ist ein Zusammenschluss ungarischer Schlachter in Form einer Kommanditgesellschaft zum Zwecke der Schweine- und Rinderschlachtung. Komplementär der Klägerin ist die UD Schlachtservice GmbH, wobei alleiniger Gesellschafter der GmbH Herr E. ist. Geschäftsführer der GmbH und auch der Klägerin ist Herr S., der für seine Tätigkeit bei der GmbH und bei der Klägerin keine Vergütung erhält. Bei den Kommanditisten handelt es sich um ungarische Schlachter, die Aufträge der Klägerin von Dritten als Schlachter erfüllten.
Die Summe aller Kapitaleinlagen der Klägerin betrug zunächst 3.000 EUR; laut Niederschrift zur Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 02.12.2012 war die Komplementärin, die GmbH, an der Klägerin mit einer Kapitalanlage von 1.500 EUR beteiligt. Als Kommanditisten waren zu diesem Zeitpunkt 31 Personen am Festkapital beteiligt, wobei die gesellschaftsrechtliche Haftung der Kommanditisten ihrer jeweiligen Kommanditeinlage zwischen 62,50 EUR und 168,75 EUR entsprach. Die Berechnung der Gewinnanteile der Kommanditisten erfolgte gemäß diesem Anteil der Kommanditisten am Festkapital der Klägerin. Eine Ausschüttung dieser Gewinnanteile am Jahresende war die einzige Vergütung der Kommanditisten für ihre Tätigkeit als Schlachter. Monatlich erhielten die Kommanditisten im Vorgriff auf die Jahresanrechnung mit Gewinnausschüttung eine Abschlagszahlung zwischen 1.500 EUR und 2.700 EUR. Am Jahresende kam es entweder zu Nachzahlungen oder einem offenen Betrag, den der betroffene Kommanditist in der Folgezeit abarbeiten konnte. Urlaubszeiten und sonstige Ausfallzeiten, wie z.B Krankheit, wurden dadurch aufgefangen, dass entsprechend mehr Kommanditisten in die Gesellschaft aufgenommen wurden; damit wurde sichergestellt, dass immer in etwa die zur Auftragserfüllung notwendige Anzahl an Schlächtern einsatzbereit war.
Die Klägerin war aufgrund dieses Modells tätig in der Zeit von Mai 2011 bis einschließlich September 2014. In dieser Zeit veränderte sich die Zahl der Kommanditisten und auch die Einlagesumme wiederholt, wobei die Kommanditisten regelmäßig - auch nach einer Erhöhung der jeweiligen Kommanditeinlagen auf Beträge mit ca. 1.500 EUR - zwischen 2 % und 4 % am Festkapital der Klägerin innehatten. Anteile der ausgeschiedenen Kommanditisten kaufte die GmbH vorübergehend auf, ohne allerdings für diese Zeit an der Gewinnausschüttung für die Kommanditisten beteiligt zu werden.
Am 30.05.2011 schloss die Klägerin mit der Fleisch-, Schlacht- und Zerlegebetriebe GmbH U-Stadt einen "Werkvertrag" mit u.a. folgendem Inhalt:
- Gegenstand des Vertrages ist die Herstellung von Tierkörperhälften und Nebenprodukten der Ausschlachtung von Rindern (Art. 1)
- Die Klägerin hat die vertragsgegenständlichen Tierkörperhälften herzustellen und zu liefern (Art. 2a)
- Die Klägerin zahlt Vertragsstrafen bei Nichteinhaltung von Hygienevorschriften und sonstigen Verstößen (Art. 2b)
- Die Klägerin hat einen verantwortlichen Leiter mit ausreichenden deutschen Sprachkenntnissen zu beauftragen (Art. 2c)
- Die Klägerin verpflichtet sich zur Einhaltung von Terminen (Art. 2d)
- Die Klägerin verpflichtet sich, die für die Betriebsstätte geltenden Vorschriften einzuhalten und ihr "Personal" täglich mit sauberer Arbeits- und Schutzkleidung auszustatten. Dabei haben die "Mitarbeiter" der Klägerin aus hygienischen Gründen die von dieser zur Verfügung gestellte Berufs- und Straßenkleidung und Werkzeuge ordnungsgemäß zu benutzen (Art. 2e)
- Betriebseinrichtung und Geräte, die von der Auftragsgeberin zur Verfügung gestellt werden, sind sorgfältig zu behandeln (Art. 2f)
- Die Klägerin verpflichtet sich, die notwendigen Aufenthalts- und Arbeitspapiere für ihr Personal auf eigene Kosten zu beschaffen, darunter auch das Formular E101
- Sozialversicherung - (Art. 2g)
- Die Klägerin hat für ausreichenden Versicherungsschutz im Hinblick auf ihr Personal zu sorgen (Art. 2h)
- Die Klägerin hat ihr Personal entsprechend den deutschen Vorschriften, insbesondere den sozialversicherungsrechtli...