Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Übergang von Unterhaltsansprüchen. Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs gegen den Unterhaltspflichtigen. Bezug von Unterkunftsleistungen durch das Kind vom kommunalen Träger. Deckung des Regelbedarfs durch andere Leistungen. kein Auskunftsanspruch der Agentur für Arbeit. fehlender Leistungsbezug, fehlender Anspruchsübergang und fehlende Inhaberschaft der Unterhaltsforderung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Übergang eines Anspruchs des § 33 SGB II ist Voraussetzung für einen Auskunftsanspruch gegen den Unterhaltspflichtigen.
2. Der Verwaltungsakt, mit dem der Auskunftsanspruch verfolgt wird, muss hinreichend bestimmt sein.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts
München vom 27. März 2013 sowie der Bescheid des Beklagten vom 01.04.2012 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 26.04.2012 aufgehoben.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens in vollem Umfang. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger zu vier Zehntel, der Beklagte zu sechs Zehntel.
III. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 20.000,00 € festgesetzt.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen Auskunftsverlangen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zur Durchsetzung möglicherweise auf den Beklagten übergegangener Unterhaltsansprüche.
Die Agentur für Arbeit A-Stadt und das Landratsamt A-Stadt hatten für eine Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus dem am 19.06.2008 geborenen Sohn des Klägers und der mit dem Kläger nicht verheirateten Kindsmutter Leistungen nach dem SGB II in getrennter Trägerschaft erbracht.
Seitens der Agentur für Arbeit wurde für die Bedarfsgemeinschaft Frau N. der Regelbedarf wie folgt bewilligt, wobei das Kind wegen Einkommensanrechnung keinen Regelbedarf erhielt:
* Bescheid vom 15.12.2009 für den Zeitraum 03.12.2009 bis 28.02.2010,
* Bescheid vom 11.03.2010 für den Zeitraum vom 01.03.2010 bis 31.08.2010,
* Bescheid vom 06.08.2010 für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis 28.02.2011,
* Änderungsbescheid vom 25.03.2011 für den Zeitraum vom 01.02.2011 bis 28.02.2011,
* Bescheid vom 11.02.2011 für den Zeitraum vom 01.03.2011 bis 31.08.2011.
Vom Landratsamt A-Stadt wurden im streitigen Zeitraum durch folgende Bescheide Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung an die Bedarfsgemeinschaft Frau N. wie folgt bewilligt, wobei das Kind und die Kindsmutter Leistungen erhielten:
* Bescheid vom 12.01.2010 für den Zeitraum für 04.11.2009 bis 30.04.2010,
* Bescheid vom 25.05.2010 für den Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.10.2010,
* Bescheid vom 21.10.2010 für den Zeitraum vom 01.11.2010 bis 30.04.2011,
* Bescheid vom 14.04.2011 für den Zeitraum vom 01.05.2011 bis 31.10.2011.
Rechtsnachfolger wurde für die beiden Leistungsträger mit Wirkung ab 01.01.2012 der nunmehrige Beklagte, das Jobcenter Landkreis A-Stadt.
Mit Schreiben vom 15.02.2011 informierte die Rechtsvorgängerin des Beklagten, die Agentur für Arbeit A-Stadt, den Kläger davon, dass der Kläger als unterhaltspflichtige Person für Frau S. N., geb. 1969 und deren Sohn R. V. S. N., geb. 2008, benannt wurde und dass eventuelle Unterhaltsansprüche insoweit ab 01.09.2010 gemäß § 33 SGB II übergegangen seien. Mit dem Unterhaltsanspruch sei auch der zivilrechtliche Auskunftsanspruch auf die Agentur für Arbeit A-Stadt als Leistungsträger übergegangen; daneben stünde dem Leistungsträger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ein öffentlich-rechtlicher Auskunftsanspruch gemäß § 60 Abs. 2 SGB II zu. Der Kläger werde demgemäß aufgefordert, im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruchs seine wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse darzulegen und die beigefügte Erklärung samt Nachweisen dem Beklagten bis 08.03.2011 zurückzugeben. Im Ergebnis seien eine umfassende Erklärung für seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse für die Zeit ab 2008 abzugeben anhand des übermittelten Formulars, das regelmäßig bei der Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II seine Verwendung findet, dazu Einkommenssteuererklärungen ab dem Jahr 2008 vorzulegen.
Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 27.02.2011 gegen das öffentlich-rechtliche Auskunftsersuchen Widerspruch eingelegt hatte, da die Vaterschaft noch nicht festgestellt sei, wurde der angefochtene Bescheid von der Agentur für Arbeit A-Stadt mit Abhilfebescheid vom 16.03.2011 aufgehoben. Im Abhilfebescheid wurde darauf hingewiesen, dass Unterhalt ab 01.03.2010 gefordert werden könne, wenn die Vaterschaft des Klägers festgestellt werden sollte.
Nachdem die Vaterschaft des Klägers rechtskräftig festgestellt worden war, erging am 01.04.2011 von der Agentur für Arbeit A-Stadt ein Schreiben an den Kläger, das die Überschrift "Mahnung zum Auskunftsersuchen vom 15.02.2011 gemäß § 60 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) wegen Überprüfung ihrer Leistungsfähigkeit zur Zahlung eines Unterhaltsbeitrags" trug. Unter Verweis auf das Auskunftsersuchen vom 15.02.2011 wurde der Kläger nochmals d...