Leitsatz (amtlich)
1. Zur kollisionsrechtlichen Beurteilung des Personalstatuts eines in Deutschland geborenen Kindes aus Vietnam stammender Eltern, die als Flüchtlinge anerkannt sind.
2. Die Erteilung des Familiennamens des Vaters als Geburtsnamen des nichtehelichen Kindes aufgrund Einbenennung oder Rechtswahl bedurfte vor dem 1.7.1998 der Zustimmung des Jugendamtes als gesetzlicher Amtspfleger.
Normenkette
PStG §§ 29a, 31a; EGBGB Art. 3 Abs. 2 S. 1, Art. 223 Abs. 1, Art. 224 § 3 Abs. 1 S. 1; Genfer Flüchtlingskonvention Art. 12 Abs. 1; BGB § 1617a Abs. 2, § 1617c Abs. 1; BGB a.F. § 1618
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 17.07.1998; Aktenzeichen 7 T 458/98) |
AG Regensburg (Beschluss vom 26.05.1998; Aktenzeichen UR II-11/98) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 werden die Beschlüsse des Landgerichts Regensburg vom 17. Juli 1998 und des Amtsgerichts Regensburg vom 26. Mai 1998 aufgehoben.
II. Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Regensburg zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Im Geburtenbuch des Standesamtes wurde am 7.12.1993 das 1993 nichtehelich geborene Kind mit dem Familiennamen seiner Mutter, der Beteiligten zu 1, eingetragen. Sie stammt wie der Vater des Kindes, der Beteiligte zu 2, aus Vietnam. Ihre Staatsangehörigkeit konnte vom Standesamt nicht geklärt werden. Der Vater ist mit Wirkung vom 26.1.1995 aus der vietnamesischen Staatsbürgerschaft entlassen worden. Die nicht verheirateten Eltern sind anerkannte Flüchtlinge im Sinne von § 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge und haben seit 1981 ihren Wohnsitz in Deutschland.
Am 6.12.1993 hat der Vater gegenüber dem Standesamt mit Zustimmung der Mutter und des Amtspflegers die Vaterschaft anerkannt. Das Protokoll des Standesbeamten enthält den von den Eltern unterschriebenen Vermerk:
Das Kind soll nach Wunsch der Kindseltern den Familiennamen des Vaters „P.” erhalten.
Am 11.12.1997 haben die Eltern beim Standesamt beantragt, den im Geburtenbuch eingetragenen Familiennamen des Kindes entsprechend ihrer Erklärung vom 6.12.1993 zu berichtigen.
Der Standesbeamte hat Zweifel, ob das Kind nach der Vaterschaftsanerkennung und aufgrund der Erklärung der Eltern vom 6.12.1993 unter Anwendung vietnamesischen Heimatrechts den Familiennamen des Vaters erhalten habe oder ob es unter Anwendung deutschen Rechts den Familiennamen seiner Mutter weiterführe. Er hat gemäß § 45 Abs. 2 PStG die gerichtliche Entscheidung beantragt. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 26.5.1998 den Antrag der Eltern auf Berichtigung zurückgewiesen. Hiergegen haben die Eltern Beschwerde eingelegt, die das Landgericht mit Beschluß vom 17.7.1998 zurückgewiesen hat. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 3 ist als unbefristete weitere Beschwerde (§ 49 Abs. 1 Satz 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1 FGG) zulässig. Als Aufsichtsbehörde des Standesbeamten kann sie die weitere Beschwerde ohne Rücksicht darauf einlegen, ob sie beschwert ist; dieses Recht ist ihr gegeben, um eine Klärung streitiger Rechtsfragen durch obergerichtliche Entscheidungen herbeizuführen (§ 49 Abs. 2 PStG; vgl. BayObLGZ 1996, 55/57).
2. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, daß der Familienname des Kindes im Geburtenbuch richtig eingetragen sei. Das Kind habe gemäß § 1617 BGB den Familiennamen erhalten, den die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes geführt habe. Für die Namensführung sei ausnahmsweise nicht seine Staatsangehörigkeit (Art. 10 Abs. 1 EGBGB) maßgeblich, sondern gemäß Art. 12 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.1951 (Genfer Flüchtlingskonvention) deutsches Recht, weil das Kind in Deutschland lebe und einen von seinen Eltern abgeleiteten Flüchtlingsstatus habe. Nach deutschem Recht habe das Vaterschaftsanerkenntnis keine Auswirkung auf die Namensführung des Kindes.
3. Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse des Landgerichts sowie des Amtsgerichts und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht zur Entscheidung, ob der Familienname des Vaters als Familienname des Kindes beim Geburtenbucheintrag beizuschreiben ist.
a) Verfahrensgegenstand ist die von den Standesbehörden gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 PStG vorgelegte Frage, ob die Eintragung des nach deutschem Recht von der Mutter abgeleiteten Familiennamens des nichtehelichen Kindes zu berichtigen oder zu ändern ist, weil das Kind vietnamesischer Staatsangehöriger sei und die Eltern auf der Grundlage seines Heimatrechts nach Anerkennung der Vaterschaft den Familiennamen des Vaters zum Familiennamen des Kindes bestimmt hätten. Hinzu kommt, daß das Amtsgericht den Berichtigungsantrag der Eltern zurückgewiesen hat.
b) Das Landgericht ist im Hinblick auf die vietnamesische Staatsangehörigkeit des Vaters im Zeitpunkt des Geburtseintrags des Kindes von der internationalen Zuständigkeit ...