Leitsatz (amtlich)
1. Fällt ein landwirtschaftlicher Betrieb in den Nachlass einer durch gesetzliche Erbfolge entstandenen Erbengemeinschaft, setzt eine gerichtliche Zuweisung der Betriebsgrundstücke an einen Miterben voraus, dass die sachlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG im Zeitpunkt des Erbfalls vorliegen und zur Zeit der Zuweisungsentscheidung nicht entfallen sind. Demgegenüber kommt es für die persönliche Eignung des Zuweisungsempfängers nach § 15 Abs. 1 Satz 3 GrdstVG allein auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Zuweisungsentscheidung an.
2. Für die ausreichende Ertragsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG kommt es nicht auf die tatsächlich erwirtschafteten, sondern auf die erwirtschaftbaren Erträge an.
Normenkette
GrdstVG § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2024 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Antrag der Beteiligten zu 1 auf Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 150.728 €.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Beteiligten zu 1 bis 3 bilden eine durch gesetzliche Erbfolge entstandene Erbengemeinschaft nach ihrer am 11. April 2017 verstorbenen Mutter (nachfolgend: Erblasserin). Eine Einigung über die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft konnte bislang nicht erzielt werden. Zum Zeitpunkt des Erbfalls war die Erblasserin Alleineigentümerin mehrerer landwirtschaftlicher Grundstücke. Zudem war sie neben den Beteiligten zu 1 und 3 Mitglied einer ungeteilten Erbengemeinschaft nach ihrem im Jahr 1985 vorverstorbenen Ehemann, zu dessen Nachlass ebenfalls - in dessen Eigentum stehende - landwirtschaftliche Grundstücke gehörten. Die Beteiligte zu 1 (nachfolgend: Antragstellerin) hat die gerichtliche Zuweisung der insgesamt rund 25 ha großen landwirtschaftlichen Grundstücke einschließlich der Hofstelle und des landwirtschaftlichen Inventars und Zubehörs beantragt und zur Begründung darauf verwiesen, dass sie den landwirtschaftlichen Betrieb zusammen mit der Erblasserin bewirtschaftet und ihn nach deren Tod auf ökologischen Landbau umgestellt habe. Mittlerweile würden auf einer Fläche von insgesamt 31,8 ha (25 ha zuzüglich von ihr zum 1. Januar 2020 hinzugepachteten 4 ha und in ihrem Alleineigentum stehenden weiteren 2,8 ha) gewinnbringend Bioprodukte erzeugt; die Erträge reichten zum Unterhalt einer bäuerlichen Familie aus.
Rz. 2
Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer von dem Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Rz. 3
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts, dessen Entscheidung in AUR 2024, 346 veröffentlicht ist, liegen die Voraussetzungen für die gerichtliche Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes nach den §§ 13 ff. GrdstVG nicht vor. Ob eine zur Bewirtschaftung geeignete Hofstelle vorhanden sei, könne offenbleiben, weil jedenfalls die Erträge entgegen § 14 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG zum Unterhalt einer bäuerlichen Familie - abzustellen sei insoweit auf eine bäuerliche Durchschnittsfamilie bestehend aus den Eltern mit zwei minderjährigen Kindern - nicht ausreichten. Für die Ertragsfähigkeit des Betriebes komme es entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht auf den Zeitpunkt der Zuweisungsentscheidung, sondern allein auf den Zeitpunkt des Erbfalls am 11. April 2017 an. Aus dem Vorbringen der Beteiligten ergäben sich für diesen Zeitpunkt aber lediglich Erträge weit unterhalb der Regelsätze der Sozialhilfe, was für den Unterhalt einer bäuerlichen Durchschnittsfamilie nicht ausreiche. Hinzu komme, dass die Zuweisung eines Betriebes das Alleineigentum des Erblassers voraussetze. Ein Gesamthandsanteil an einer landwirtschaftlichen Besitzung sei grundsätzlich nicht zuweisungsfähig, so dass die Grundstücke aus dem Nachlass des vorverstorbenen Ehemannes der Erblasserin, die einen wesentlichen Teil des Zuweisungsantrags ausmachten, außer Betracht bleiben müssten. Eine rein wirtschaftliche Betrachtung der einzelnen Anteile scheide aus. Darüber hinaus stehe dem Gericht bei Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes ein Ermessen zu. Bei einem eklatanten Missverhältnis zwischen dem Verkehrswert und dem Ertragswert biete die nach § 16 GrdstVG vorgesehene Abfindung des weichenden Erben kein geeignetes Regulativ, um ein unbilliges Ergebnis auszuschließen. Dies spreche hier gegen eine Zuweisung, weil die Antragstellerin im Zeitpunkt des Erbfalls lediglich geringe Erträge erwirtschaftet und erst nach dem Erbfall einen Betrieb für ökologischen Landbau aufgebaut habe, während der Verkehrswert des Grundbesitzes ganz erheblich sei. Allein für zwei näher bezeichnete Grundstücke, darunter die angebliche Hofstelle, errechneten sich Bodenwerte von mehreren Millionen EUR.
III.
Rz. 4
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit der von dem Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann der Antrag auf Zuweisung des landwirtschaftlichen Betriebs nicht zurückgewiesen werden.
Rz. 5
1. Der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist allerdings zutreffend. Gehört ein landwirtschaftlicher Betrieb einer durch gesetzliche Erbfolge entstandenen Erbengemeinschaft, so kann das Gericht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG auf Antrag eines Miterben die Gesamtheit der Grundstücke, aus denen der Betrieb besteht, ungeteilt einem Miterben zuweisen. Dies setzt unter anderem voraus, dass der Betrieb mit einer zur Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle versehen ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 HS 1 GrdstVG). Hierzu hat das Beschwerdegericht keine Feststellungen getroffen, so dass zugunsten der Antragstellerin davon auszugehen ist, dass diese Voraussetzung im Zeitpunkt des Erbfalls gegeben und im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht entfallen war. Außerdem müssen die Erträge des Betriebs ohne Rücksicht auf die privatrechtlichen Belastungen im Wesentlichen zum Unterhalt einer bäuerlichen Familie ausreichen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GrdstVG). Fehlt es hieran zur Zeit des Erbfalls, scheidet eine Zuweisung aus, wie das Beschwerdegericht richtig sieht.
Rz. 6
a) Allerdings wird in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beantwortet, zu welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes nach den §§ 13 ff. GrdstVG vorliegen müssen.
Rz. 7
aa) Nach einer Ansicht genügt es, wenn sämtliche Zuweisungsvoraussetzungen der §§ 13 bis 15 GrdstVG zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Zuweisungsverfahren (vgl. OLG Naumburg, VIZ 2004, 538, 539; Graß, Landwirtschaftserbrecht, 12. Aufl., § 14 GrdstVG Rn. 3 ff.) bzw. der Beschlussfassung (vgl. v. Selle/Huth, LwVG, § 1 Rn. 125) erfüllt sind. Anders als bei einer letztwilligen Verfügung oder der Höfeordnung gehe das Eigentum nämlich nicht mit dem Erbfall auf einen (Mit-)Erben über, sondern erst kraft Richterspruchs (vgl. Graß, Landwirtschaftserbrecht, 12. Aufl., § 14 GrdstVG Rn. 3 f.). Erforderlich sei aber, dass im Zeitpunkt des Erbfalls überhaupt noch ein landwirtschaftlicher Betrieb vorhanden gewesen sei (vgl. Graß, aaO, § 14 GrdstVG Rn. 3.).
Rz. 8
bb) Die Gegenansicht stellt auf den Zeitpunkt des Erbfalls ab (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 6. Februar 2007 - 23 WLw 6/06, juris Rn. 34; so wohl auch OLG Koblenz, AgrarR 1988, 45: Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nur für Bestimmung des Ertragswerts im Rahmen der Abfindung des weichenden Erben maßgeblich), während wieder andere differenzieren. Zum Teil wird vertreten, dass im Zeitpunkt des Erbfalls lediglich eine zur Bewirtschaftung geeignete Hofstelle vorhanden sein müsse, während die übrigen Zuweisungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Zuweisungsverfahren erfüllt sein müssten (vgl. OLG Stuttgart, FamRZ 2009, 80, 81; Netz, GrdstVG, 9. Aufl., § 14 Rn. 3419; wohl auch Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl., § 14 GrdstVG Rn. 3, § 15 GrdstVG Rn. 8). Teilweise wird zwischen den sachlichen und den persönlichen Zuweisungsvoraussetzungen unterschieden. Während für die persönliche Eignung des Zuweisungsempfängers allein auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Zuweisungsentscheidung abzustellen sei, müsse in sachlicher Hinsicht der landwirtschaftliche Betrieb sowohl im Zeitpunkt des Erbfalls als auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Zuweisungsentscheidung zuweisungsfähig sein (vgl. AG Bitburg, AUR 2007, 311, 312; Dingerdissen in: Frieser, Fachanwaltskommentar Erbrecht, 4. Aufl., Landgut- und Höfeerbrecht mit Zuweisungsverfahren nach §§ 13 ff. GrdstVG, Rn. 52).
Rz. 9
b) Der Senat entscheidet die Streitfrage wie folgt: Fällt ein landwirtschaftlicher Betrieb in den Nachlass einer durch gesetzliche Erbfolge entstandenen Erbengemeinschaft, setzt eine gerichtliche Zuweisung der Betriebsgrundstücke an einen Miterben voraus, dass die sachlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG im Zeitpunkt des Erbfalls vorliegen und zur Zeit der Zuweisungsentscheidung nicht entfallen sind. Demgegenüber kommt es für die persönliche Eignung des Zuweisungsempfängers nach § 15 Abs. 1 Satz 3 GrdstVG allein auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Zuweisungsentscheidung an. Durch eine solche Differenzierung wird der Zweck des Zuweisungsverfahrens erreicht, ohne dass unverhältnismäßig in das verfassungsrechtlich geschützte Erbrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) der weichenden Erben eingegriffen wird.
Rz. 10
aa) Der Gesetzgeber bezweckt mit den §§ 13 ff. GrdstVG, lebensfähige landwirtschaftliche Betriebe geschlossen zu erhalten und eine Teilung gesunder Betriebe in eine Vielzahl kleiner Ackerstücke zu vermeiden. Eine solche Teilung ist nicht nur meist unwirtschaftlich, weil sie den wirtschaftlichen Wert des Betriebes und der Hofstelle vermindert, sondern auch agrarpolitisch unerwünscht, weil sie eine selbstständige Wirtschaftseinheit zerstört und oft auch die Ergebnisse der Flurbereinigung wieder zunichtemacht (vgl. BT-Drucks. 3/119 S. 13, 15; BT-Drucks. 3/2635 S. 3). Zu diesem Zweck soll das Zuweisungsverfahren nach §§ 13 ff. GrdstVG bei landwirtschaftlichen Betrieben, die einer durch gesetzliche Erbfolge entstandenen Erbengemeinschaft angefallen sind und unter kein besonderes Anerbenrecht fallen, vermeiden, dass eine Zerschlagung eintritt, weil eine gütliche Auseinandersetzung unter den Miterben nicht zu erreichen ist. Der landwirtschaftliche Betrieb soll vielmehr in der Hand eines Miterben als Bewirtschafter zum Alleineigentum erhalten bleiben. Dies beruht auf der Erwägung, dass das Gericht auf Antrag eines Miterben nachholen soll, was der Erblasser, der es zu seinen Lebzeiten versäumt hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten, verständigerweise angeordnet hätte, wenn er die weitere Entwicklung bedacht hätte (vgl. BT-Drucks. 3/119 S. 23; vgl. zu dem Zuweisungsverfahren nach der VO Nr. 84 Art. VI Ziff. 17 auch bereits Senat, Beschluss vom 9. Juli 1956 - V BLw 8/56, RdL 1956, 280, 281). Diese Erwägungen des Gesetzgebers kommen nicht zum Tragen, wenn im Zeitpunkt des Erbfalls kein ertragsfähiger Betrieb i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz GrdstVG (mehr) vorhanden war, sondern ein solcher erst nachträglich durch einen der Miterben geschaffen wurde. Zweck des Zuweisungsverfahrens ist nicht generell, einen funktionierenden landwirtschaftlichen Betrieb zu erhalten; vielmehr muss ein solcher in den Nachlass gefallen sein (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 6. Februar 2007 - 23 WLw 6/06, juris Rn. 38).
Rz. 11
bb) Das in der Literatur (vgl. oben Rn. 7) angeführte Argument, das Eigentum bei einem Zuweisungsverfahren gehe anders als bei einer letztwilligen Verfügung oder der Höfeordnung nicht mit dem Erbfall, sondern erst kraft Richterspruchs auf den Miterben über, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Strukturelle Unterschiede bestehen insoweit nicht. Die Zielsetzung des Zuweisungsverfahrens, lebensfähige landwirtschaftliche Betriebe geschlossen zu erhalten und deren agrarpolitisch unerwünschte Aufteilung zu verhindern, entspricht derjenigen der Höfeordnung und der nach Maßgabe von Art. 64 EGBGB geltenden landesrechtlichen Anerbengesetze. Innerhalb des Anerbenrechts lassen sich im Wesentlichen zwei Systeme unterscheiden, mit denen das genannte Ziel verfolgt wird. Entweder wird die Erbfolge dahin ausgestaltet, dass der landwirtschaftliche Betrieb mit dem Erbfall im Wege einer Sonderrechtsnachfolge unmittelbar einem der Miterben zufällt (so etwa § 4 HöfeO), oder der Hof fällt zwar zunächst in den allgemeinen Nachlass, es wird aber für einen Miterben die Möglichkeit begründet, ihn allein zu übernehmen. Bei der zweiten Gruppe, der auch das Zuweisungsverfahren nach den §§ 13 ff. GrstVG zuzuordnen ist, erlangen die weichenden Miterben zunächst eine Miterbenstellung an dem gesamten Nachlass einschließlich des landwirtschaftlichen Betriebs (§ 1922 Abs. 1, §§ 2032 ff. BGB); die Alleinberechtigung des Anerben an dem landwirtschaftlichen Betrieb wird erst nachträglich begründet. Die einschlägigen Vorschriften enthalten jedoch insoweit der Sache nach eine Auseinandersetzungsregelung, die - ebenso wie etwa § 2049 BGB - ausschließlich erbrechtlichen Charakter hat. Dass die weichenden Miterben zunächst auch an dem landwirtschaftlichen Betrieb eine (gesamthänderisch gebundene) Miterbenstellung erlangen, hat nur rechtstechnische Gründe. Es wird dadurch ermöglicht, den Übernehmer des landwirtschaftlichen Betriebs erst nach dem Eintritt des Erbfalls unter Berücksichtigung der dann gegebenen Umstände zu bestimmen, die bei einer Festlegung des Nachfolgers im Vorhinein nicht vorhersehbar wären und deshalb auch nicht zugrunde gelegt werden könnten. Auch bei diesem Regelungssystem steht jedoch von vornherein fest, dass der Betrieb nach Maßgabe der Auseinandersetzungsregelung einem der Miterben übertragen wird oder jedenfalls übertragen werden kann. Die Beeinträchtigung, die die weichenden Miterben insoweit hinnehmen müssen, ist schon beim Erwerb der Miterbenstellung vorgegeben (vgl. zum Ganzen BVerfGE 91, 346, 356 ff.).
Rz. 12
cc) Erlaubte man vor diesem Hintergrund eine Zuweisung an einen Miterben, obwohl die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG zeitlich erst nach dem Erbfall durch einen Miterben geschaffen wurden, führte dies zu einer verfassungswidrigen Beeinträchtigung des nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Erbrechts der weichenden Miterben. Diesen steht nach §§ 16 f. GrdstVG nur ein anteilsmäßiger Zahlungsanspruch gegen den Erwerber auf der Grundlage des Ertragswerts des Betriebes zu, der deutlich geringer ist als der bei freihändigem Verkauf erzielbare Verkehrswert (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit des Zuweisungsverfahrens BVerfGE 91, 346, 361 f.).
Rz. 13
dd) Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Verhältnisse im Zeitpunkt der Zuweisungsentscheidung gänzlich unerheblich sind.
Rz. 14
(1) Würde nur auf den Zeitpunkt des Erbfalls abgestellt, blieben zeitlich nachfolgende Veränderungen im Bestand des landwirtschaftlichen Betriebes außer Betracht. Dadurch würde der Zweck des Zuweisungsverfahrens, nur lebensfähige landwirtschaftliche Betriebe ungeteilt zu erhalten, verfehlt werden. So wäre es etwa möglich, dass ein zum Zeitpunkt des Erbfalls noch zuweisungsfähiger landwirtschaftlicher Betrieb zeitlich nach dem Erbfall (etwa auf Grund von Flächenveräußerungen durch die Erbengemeinschaft, Bodenveränderungen, veränderte Landwirtschaftsförderung, etc.) nicht mehr den wesentlichen Unterhaltsbedarf einer bäuerlichen Familie decken kann. Solche nachträglichen Umstände müssen berücksichtigt werden.
Rz. 15
(2) Darüber hinaus kommt es für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der persönlichen Voraussetzungen für eine Zuweisung ausschließlich auf den Zeitpunkt der Zuweisungsentscheidung an. Nach § 15 Abs. 1 Satz 3 GrdstVG ist die Zuweisung ausgeschlossen, wenn der Miterbe zur Übernahme des Betriebes nicht bereit oder zu seiner ordnungsgemäßen Bewirtschaftung nicht geeignet ist. Dass insoweit der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist, ergibt sich schon daraus, dass § 15 Abs. 1 Satz 3 GrdstVG anders als § 14 GrdstVG keine Zuweisungsvoraussetzung, sondern einen Ausschlussgrund für die gerichtliche Zuweisung enthält. Diese Sichtweise entspricht zudem der Gesetzesbegründung; danach wird die Zuweisungsentscheidung in das Ermessen der Gerichte gelegt, damit unter anderem berücksichtigt werden könne, dass "unter den Antragstellern Minderjährige sind, deren Eignung zur Übernahme der Besitzung erst später beurteilt werden kann" (BT-Drucks. 3/119 S. 23). Es wird dadurch ermöglicht, den Übernehmer des landwirtschaftlichen Betriebes erst nach dem Eintritt des Erbfalls unter Berücksichtigung der dann gegebenen Umstände zu bestimmen, die bei einer Festlegung des Nachfolgers im Vorhinein nicht vorhersehbar wären und deshalb auch nicht zugrunde gelegt werden könnten (so auch BVerfGE, 91, 346, 357).
Rz. 16
2. Auch wenn hiernach das Beschwerdegericht für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GrdstVG zutreffend auf den Zeitpunkt des Erbfalls abstellt, sind seine weiteren Ausführungen dazu, dass die danach erforderliche Ertragsfähigkeit nicht gegeben sei, von Rechtsfehlern beeinflusst.
Rz. 17
a) Das Beschwerdegericht stützt sich dabei maßgeblich auf die von der Antragstellerin vorgelegten und ansonsten bekanntgewordenen Unterlagen. Der Betriebsentwicklungsplan für die Jahre 2017/2018 weise lediglich ein Betriebsergebnis von -294 € aus, und auch ein Bescheid des Finanzamts stelle als Besteuerungsgrundlage der Erbengemeinschaft für das Jahr 2017 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von nur insgesamt 6.507,59 € fest. Ähnliches ergebe sich aus der Gewinnermittlung der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis zum 30. Juni 2017, welche einen steuerpflichtigen Gewinn von 2.203,20 € ausweise. Da diese Beträge weit unter den Regelsätzen der Sozialhilfe für eine bäuerliche Durchschnittsfamilie lägen, fehle es dem Betrieb zum Zeitpunkt des Erbfalls an der erforderlichen Ertragsfähigkeit.
Rz. 18
b) Hieran ist zutreffend, dass bei der Bestimmung der aus dem landwirtschaftlichen Betrieb notwendig zu erzielenden Erträge nicht auf den konkreten Unterhaltsbedarf der Familie des Erwerbers abzustellen ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers muss außer Betracht bleiben, "wie groß die aus der Besitzung zu unterhaltende Familie im konkreten Fall ist" (BT-Drucks. 3/119 S. 24). Es entspricht daher allgemeiner Meinung, dass grundsätzlich eine bäuerliche Durchschnittsfamilie bestehend aus den Eltern und zwei minderjährigen Kindern maßgeblich ist (vgl. OLG Naumburg, VIZ 2004, 538, 539; OLG München, AgrarR 1995, 56; Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl., § 14 Rn. 6; Graß, Landwirtschaftserbrecht, 12. Aufl., § 14 GrdstVG Rn. 10; Burandt/Rojahn/Ruby, Erbrecht, 4. Aufl., § 14 GrdstVG Rn. 9; Netz, GrdstVG, 9. Aufl., § 14 Rn. 3440; Booth in: Münchener Anwaltshandbuch Agrarrecht, 3. Aufl., § 8 Rn. 350; Pikalo/Bendel, GrdstVG, 1963, S. 769).
Rz. 19
c) Nicht zu beanstanden ist zudem die Auffassung des Beschwerdegerichts, wonach jedenfalls dann, wenn die Erträge des landwirtschaftlichen Betriebes die Regelsätze der Sozialhilfe erheblich unterschreiten, von einer fehlenden Ertragskraft des Betriebes auszugehen ist. Die Regelsätze der Sozialhilfe nach dem SGB XII markieren - zusammen mit den Wohnkosten - das soziokulturelle Existenzminium, sodass jedenfalls bei einem erheblichen Unterschreiten der in der Regelsatzverordnung nach § 40 SGB XII i.V.m. der Anlage zu § 28 SGB XII fortgeschriebenen Beträge kein im Wesentlichen ausreichender Unterhaltsertrag des landwirtschaftlichen Betriebes angenommen werden kann (ausführlich zum Ganzen Burandt/Rojahn/Ruby, Erbrecht, 4. Aufl., § 14 GrdstVG Rn. 9 ff.).
Rz. 20
d) Die Rechtsbeschwerde rügt jedoch zu Recht, dass es für die ausreichende Ertragsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG nicht auf die tatsächlich erwirtschafteten, sondern auf die erwirtschaftbaren Erträge ankommt. Es entspricht insoweit allgemeiner Auffassung, dass diejenigen Erträge entscheidend sind, die der landwirtschaftliche Betrieb nach seiner wirtschaftlichen Bestimmung und den anerkannten Regeln der Landwirtschaft bei durchschnittlichen Fähigkeiten des Betreibers nachhaltig erzielen kann (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 6. Februar 2007 - 23 WLw 6/06, juris Rn. 39; OLG Koblenz, AgrarR 1988, 45, 46; OLG München, AgrarR 1975, 158, 159; Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl., § 14 GrdstVG Rn. 14; Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl., § 14 Rn. 6; Vorwerk/von Spreckelsen, GrdstVG, 1963, §§ 13-15 Rn. 27; Ruby in: Groll/Steiner, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, 6. Aufl., § 17 Landwirtschaftliches Sondererbrecht Rn. 17.93 f.; Rißmann, Die Erbengemeinschaft, 3. Aufl., § 16 Rn. 51; Pikalo/Bendel, GrdstVG, 1963, S. 767; Ehrenfort, Reichssiedlungsgesetz und Grundstücksverkehrsgesetz, 1965, S. 476; Booth in: Münchener Anwaltshandbuch Agrarrecht, 3. Aufl., § 8 Rn. 351). Feststellungen dazu, welche Erträge der gegenständliche landwirtschaftliche Betrieb bei einer solchen Bewirtschaftung zum Zeitpunkt des Erbfalls hätte nachhaltig erzielen können, fehlen jedoch.
IV.
Rz. 21
Die Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 1 Nr. 2, § 9 LwVG i.V.m. § 74 Abs. 2 FamFG). Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts steht nicht fest, dass im Rahmen der Ermessensentscheidung eine Zuweisung an die Antragstellerin jedenfalls deshalb ausscheidet, weil der Verkehrswert der Grundstücke außer Verhältnis zu dem zu erwartenden Ertragswert steht.
Rz. 22
a) Richtig ist, dass den Gerichten bei der Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes ein Ermessensspielraum zusteht. Dies folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG, wonach das Gericht auf Antrag eines Miterben die Gesamtheit der Grundstücke, aus denen der Betrieb besteht, ungeteilt einem Miterben zuweisen "kann" (vgl. auch OLG Stuttgart, FamRZ 2009, 80, 83; OLG Karlsruhe, AgrarR 1995, 217, 218; Vorwerk/von Spreckelsen, GrdstVG, 1963, §§ 13-15 Rn. 85; Pikalo/Bendel, GrdstVG, 1963, S. 748 ff.).
Rz. 23
b) Das Beschwerdegericht verkennt auch nicht, dass - sofern sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind - die Zuweisung grundsätzlich erfolgen muss. Nur dann, wenn unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls besondere Gründe vorliegen, die eine Zuweisung als ungerecht erscheinen lassen, kann sie vorläufig oder endgültig unterbleiben (vgl. Pikalo/Bendel, GrdstVG, 1963, S. 748 ff.; Vorwerk/von Spreckelsen, GrdstVG, 1963, §§ 13-15 Rn. 85 ff.; Graß, AuR 2010, 228, 229; zur VO Nr. 84 Art. VI Ziff. 17 bereits Senat, Beschluss vom 9. Juli 1956 - V BLw 8/56, RdL 1956, 280, 281; restriktiv Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl., § 13 GrdstVG Rn. 14). Nach der Gesetzesbegründung ist davon unter anderem auszugehen, wenn eine zumutbare Regelung der Abfindung für die weichenden Erben nicht möglich ist (vgl. BT-Drucks. 3/119 S. 23). Daher kann auch ein eklatantes Missverhältnis zwischen dem Verkehrswert des landwirtschaftlichen Betriebes und dem Ertragswert, mit dem die weichenden Miterben nach § 16 Abs. 1 GrdstVG abzufinden sind, die Zuweisung ausschließen (so auch OLG Karlsruhe, AgrarR 1995, 217, 218 f.; Düsing/Martinez, aaO, § 13 GrdstVG Rn. 14; Graß, AuR 2010, 228, 229).
Rz. 24
c) Wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, hat das Beschwerdegericht aber keine näheren Feststellungen zum Verkehrswert oder zum Ertragswert des landwirtschaftlichen Betriebes getroffen. Seine Ausführungen beschränken sich darauf, dass bereits die Bodenwerte für einzelne Grundstücke voraussichtlich mehrere Millionen Euro betrügen und damit der anzusetzende Verkehrswert zu dem zu erwartenden Ertragswert in keinem Verhältnis stehen werde. Diese Vermutungen zu den zwischen den Beteiligten umstrittenen Werten reichen nicht aus, um ein vom Regelfall abweichendes Absehen von der beantragten Zuweisung zu rechtfertigen. Es hätte vielmehr konkreter Feststellungen zum Verkehrs- und Ertragswert des zuweisungsfähigen Teils des landwirtschaftlichen Betriebes bedurft, um eine unbillige Härte für die Beteiligten zu 2 und 3 anzunehmen. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Frage, ob eine Zuweisung vorzunehmen oder abzulehnen ist, davon abhängt, ob der mit der Zuweisung vom Gesetz erstrebte Zweck erreicht wird oder nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Juli 1956 - V BLw 8/56, RdL 1956, 280). Der Zweck wird nicht erreicht, wenn davon auszugehen ist, dass es im Hinblick auf den beträchtlichen Verkehrswert der Grundstücke über kurz oder lang zu einer Realisierung dieses Wertes kommt (vgl. OLG Karlsruhe, AgrarR 1995, 217, 218 f.).
V.
Rz. 25
Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist daher aufzuheben und zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuweisen, da die Sache mangels hinreichender Feststellungen nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 1 Nr. 2, § 9 LwVG, § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Rz. 26
1. Zunächst wird das Beschwerdegericht die bislang offen gelassene Frage zu klären haben, ob im Zeitpunkt des Erbfalls ein landwirtschaftlicher Betrieb mit einer zur Bewirtschaftung geeignete Hofstelle im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 HS 1 GrdstVG vorhanden war. Hierbei müssen die Grundstücke, die aus dem Nachlass des Ehemannes der Erblasserin stammen, außer Betracht bleiben, da sie nicht zuweisungsfähig sind.
Rz. 27
a) Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG ist eine Zuweisung von Grundstücken an einen Miterben möglich, wenn der landwirtschaftliche Betrieb einer durch gesetzliche Erbfolge entstandenen Erbengemeinschaft gehört. § 13 Abs. 3 GrdstVG präzisiert insoweit, dass dies nur gilt, soweit die Sachen und Rechte gemeinschaftliches Vermögen der Erben sind. Deshalb ist es grundsätzlich für die Zuweisung der landwirtschaftlichen Grundstücke erforderlich, dass diese einer einheitlichen Erbengemeinschaft gehören, ohne dass es darauf ankommt, ob ein Erbfall oder verschiedene Rechtsvorgänge zur Entstehung der Erbengemeinschaft geführt haben (ausdrücklich zur VO Nr. 84 Art. VI Ziff. 17 bereits Senat, Beschluss vom 9. Februar 1955 - V BLw 64/54, RdL 1955, 141, 142). Vorliegend gehören die zum Zeitpunkt des Erbfalls bewirtschafteten Grundstücke jedoch nicht zum Vermögen einer einzelnen, sondern zwei verschiedener Erbengemeinschaften mit unterschiedlichen Nachlässen. In dem Vermögen der Erbengemeinschaft nach der Erblasserin befinden sich diejenigen Grundstücke, die zuvor im Alleineigentum der Erblasserin standen, und zum Vermögen der Erbengemeinschaft nach dem vorverstorbenen Ehemann der Erblasserin gehören diejenigen Grundstücke, die zuvor im Alleineigentum des vorverstorbenen Ehemanns standen.
Rz. 28
b) Ob eine Zuweisung nach §§ 13 ff. GrdstVG ausnahmsweise auch bei einem sogenannten Ehegattenbetrieb nach dem Tod beider Ehegatten in Betracht kommt (dafür etwa Graß, Landwirtschaftserbrecht, 12. Aufl., § 13 GrdstVG Rn. 15; Dingerdissen in: Frieser, Fachanwaltskommentar Erbrecht, 4. Aufl., Landgut- und Höfeerbrecht mit Zuweisungsverfahren nach §§ 13 ff. GrdstVG, Rn. 53 f.; Pikalo/Bendel, GrdstVG, 1963, S. 736; ablehnend Burandt/Rojahn/Ruby, Erbrecht, 4. Aufl., § 13 GrdstVG Rn. 30; Netz, GrdstVG, 9. Aufl., § 13 Rn. 3370 f.; Ruby in: Groll/Steiner, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, 6. Aufl., § 17 Landwirtschaftliches Sondererbrecht Rn. 17.100), bedarf keiner Entscheidung. Bei einem Ehegattenbetrieb steht ein zuweisungsfähiger landwirtschaftlicher Betrieb im gemeinschaftlichen Eigentum beider Ehegatten. Das ist hier nicht der Fall, weil die in den jeweiligen Nachlass gefallenen Grundstücke jeweils im Alleineigentum des Erblassers standen; die Beteiligten bilden lediglich zwei personenidentische Erbengemeinschaften.
Rz. 29
2. Hinreichende Feststellungen dazu, ob die von dem Betrieb im Zeitpunkt des Erbfalls erzielbaren Erträge zum Unterhalt einer bäuerlichen Familie ausreichten (§ 14 Abs. 1 Satz 1 HS 2 GrdstVG), hat das Beschwerdegericht bislang nicht getroffen (vgl. oben Rn. 20). Bei der Frage, welche Grundstücke hierbei - abgesehen von den im Alleineigentum der Erblasserin stehenden Grundstücken - zu berücksichtigen sind, ist Folgendes zu beachten.
Rz. 30
a) Die - nicht zuweisungsfähigen - Grundstücke aus dem Nachlass des Ehemannes der Erblasserin können nur herangezogen werden, wenn die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG vorliegen. Hiernach sind Erträge aus zugepachtetem Land insoweit als Erträge des Betriebes anzusehen, als gesichert erscheint, dass das zugepachtete Land oder anderes gleichwertiges Pachtland dem Erwerber zur Bewirtschaftung zur Verfügung stehen wird. Im Hinblick auf den oben dargelegten (vgl. Rn. 10) Zweck des Zuweisungsverfahrens und unter Berücksichtigung der Interessen der weichenden Erben werden insoweit nur Grundstücke erfasst, die bereits von dem Erblasser gepachtet worden sind, während Grundstücke, die der die Zuweisung beantragende Miterbe als Alleinpächter gepachtet hat, keine Berücksichtigung finden. Entsprechendes gilt für Eigenland, das dem Antragsteller bereits gehört (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 6. Februar 2007 - 23 WLw 6/06, juris Rn. 38; aA Netz, GrdstVG, 9. Aufl., § 14 Rn. 3432). Soweit die Antragstellerin deshalb auf einen mit der Erblasserin am 4. April 2016 geschlossenen - von den Beteiligten zu 2 und 3 bestrittenen - Pachtvertrag verweist, durch den sie die alleinige Bewirtschaftung des ackerbaulich geführten Betriebs übernommen habe, ist dies für die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG erforderliche Ertragsfähigkeit des Betriebs unerheblich. Ebenso wenig sind die Erträge zu berücksichtigen, die aus dem von ihr im Jahr 2020 hinzugepachteten 4 ha und den in ihrem Alleineigentum stehenden weiteren 2,8 ha stammen.
Rz. 31
b) Erträge aus Grundstücken, die zwar in den Nachlass der Erblasserin gefallen sind, bei einer Zuweisung aber nicht auf den Erwerber übergehen, weil nach ihrer Lage und Beschaffenheit anzunehmen ist, das sie in absehbarer Zeit anderen als landwirtschaftlichen Zwecken dienen werden (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG), können folgerichtig bei der Höhe der Ertragskraft des landwirtschaftlichen Betriebes keine Berücksichtigung finden. Das Beschwerdegericht wird sich daher, wenn es darauf noch ankommt, mit den Einwendungen der Beteiligten zu 2 und 3 befassen müssen, inwieweit es sich bei den von dem Zuweisungsantrag umfassten Grundstücken (nur) der Erblasserin um Bau- oder Bauerwartungsland handelt, welche genauen Teilflächen einzelner Grundstücke für die geplante Errichtung der Regionaltangente West benötigt werden und inwieweit sich dies auf die Ertragskraft des zuweisungsfähigen Teils des Betriebes zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts auswirkt. Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend anmerkt, sind insoweit aber auch Ausgleichsflächen in die Überlegungen miteinzubeziehen, die der Antragstellerin bzw. den Beteiligten zur Verfügung gestellt werden, die wiederum bei der Berechnung des erzielbaren Ertrages herangezogen werden können.
Rz. 32
3. Keine Feststellungen hat das Beschwerdegericht - aus seiner Sicht folgerichtig - zu den persönlichen Voraussetzungen für eine Zuweisung getroffen. Dies richtet sich nach § 15 Abs. 1 Satz 3 GrdstVG und setzt die Bereitschaft der Antragstellerin zur Übernahme des Betriebes sowie ihre Eignung zu seiner ordnungsgemäßen Bewirtschaftung voraus. Richtig ist insoweit die Überlegung des Beschwerdegerichts, dass der Antrag für sich genommen nicht ausreicht, um die Bereitschaft anzunehmen; vielmehr muss im Rahmen einer Prognose zuverlässig festgestellt werden, dass die Antragstellerin zur Übernahme des Betriebes bereit ist. Ebenso wird der Eignung der Antragstellerin unter Berücksichtigung der von den Beteiligten zu 2 und 3 insoweit erhobenen Einwendungen nachzugehen sein.
Rz. 33
4. Sollte das Beschwerdegericht in dem wieder eröffneten Verfahren die Voraussetzungen der §§ 13 ff. GrdstVG bejahen, wird es sich erneut mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob trotz Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zuweisung im Rahmen einer Ermessensentscheidung hiervon abgesehen werden kann. Wie oben ausgeführt (Rn. 24), bedarf es auch insoweit weiterer Feststellungen.
VI.
Rz. 34
Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 61 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 1 GNotKG. Es entspricht billigem Ermessen, entsprechend § 48 Abs. 1 GNotKG auf das Vierfache des letzten Einheitswertes des landwirtschaftlichen Betriebes abzustellen (4 x 37.682 € = 150.782 €). Auch wenn das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mit der Zuweisung des landwirtschaftlichen Betriebes endet (§ 48 Abs. 3 Nr. 2 GNotKG) und deshalb § 48 Abs. 1 GNotKG nicht unmittelbar anwendbar ist, dürfen hierdurch jedenfalls nicht mehr Kosten anfallen als bei einem mit einer Zuweisung endenden Verfahren (so auch Fackelmann in: Schneider/Volpert/Flösch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., § 48 Rn. 69).
Brückner Göbel Laube
Fundstellen
Dokument-Index HI16717368 |