Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage
Orientierungssatz
Zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, wann die Sachaufklärung im sozialgerichtlichen Verfahren mit Hilfe eines sogenannten Termins- oder Sitzungsarztes erfolgen kann und ob eine solche Sachaufklärung ausreichend ist.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 19.05.1989; Aktenzeichen L 2a V 56/87) |
Gründe
Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten gesetzlichen Form. Sie war deshalb entsprechend §§ 169, 193 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 39).
Der Beschwerdeführer weist zwar auf Zulassungsgründe hin, die in § 160 Abs 2 SGG aufgeführt sind. Er behauptet, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG und das angegriffene Urteil beruhe auf einem Verfahrensfehler im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Die behaupteten Zulassungsgründe sind aber nicht so dargelegt und bezeichnet, wie dies § 160 Abs 2 Satz 3 SGG verlangt.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden: Zur Begründung der Grundsätzlichkeit der Rechtssache muß erläutert werden, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 44; BSG SozR 1500 § 160a Nr 39). Eine vorschriftsmäßig begründete Verfahrensrüge liegt nur dann vor, wenn die sie begründenden Tatsachen im einzelnen genau angegeben sind und in sich verständlich den behaupteten Verfahrensfehler ergeben (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Diese Erfordernisse betreffen die gesetzliche Form im Sinne des § 169 Satz 1 SGG (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 48).
Die Beschwerde ist in diesem Sinne nicht formgerecht begründet. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn sie geeignet ist, die Rechtseinheit zu erhalten oder die Fortbildung des Rechts zu fördern. Daß und warum dies der Fall ist, muß aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein. Dazu gehört zunächst die Bezeichnung einer Rechtsfrage, und dann die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Soweit sich die Beschwerdebegründung mit den gesundheitlichen Folgen einer intensiven Schwingungsbelastung beschäftigt, wird keine Rechtsfrage bezeichnet. Das gilt insbesondere deshalb, weil das LSG bei unterstellter wehrdiensteigentümlicher Gesundheitsgefährdung durch Schwingungen sein Urteil auf die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles gestützt hat. Es hat die von den Sachverständigen geforderte langjährige Exposition nicht für hinlänglich bewiesen gehalten. Unter Berücksichtigung eines juvenilen Scheuermanns und fortgeschrittener Verschleißerscheinungen an der Halswirbelsäule, die von keinem Sachverständigen auf wehrdiensteigentümliche Verhältnisse zurückgeführt worden sind, hat das LSG die Erkrankung für anlagebedingt gehalten und keinen abgrenzbaren wehrdiensteigentümlichen Verschlimmerungsanteil feststellen können. Diese Beweiswürdigung ist ebenso wie die vom Beschwerdeführer gerügte mangelnde Sachaufklärung der Rüge im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich entzogen (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Diese Beschränkung im Zugang zur Revisionsinstanz kann auch nicht dadurch umgangen werden, daß statt der Verletzung der Aufklärungspflicht eine Verletzung der Hinweispflicht gerügt wird, die darin liegen soll, daß das Gericht nicht die Stellung eines Beweisantrages angeregt hat (BSG SozR 1500 § 160 Nr 13). Demgegenüber ist es allerdings nicht ausgeschlossen, als Verfahrensfehler geltend zu machen, das Gericht habe einen Beweisantrag unter Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verhindert (vgl den zur Veröffentlichung bestimmten Beschluß des Senats vom 6. September 1989 - 9 BV 64/88). Hierfür fehlt es aber an einer überzeugenden Darlegung dazu, inwiefern der Beschwerdeführer von einem geklärten Sachverhalt ausgehen durfte. Eine solche Darlegung erscheint ausgeschlossen, weil die von den Beteiligten aus dem bisherigen Sachstand gezogenen Schlußfolgerungen gegensätzlicher Natur waren. Auch das Gericht ist ersichtlich nicht von einer geklärten Tatsachenlage ausgegangen und hat deshalb zum Termin einen Sachverständigen geladen, dem fünf genau bezeichnete Beweisfragen gestellt worden sind.
Der Beschwerdeführer hat auch nicht dargelegt, daß es eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei, wann die Sachaufklärung im sozialgerichtlichen Verfahren mit Hilfe eines sogenannten Termins- oder Sitzungsarztes erfolgen kann und ob eine solche Sachaufklärung ausreichend ist. Er bezieht sich zutreffend auf die Entscheidungen in SozR 1500 § 160a Nr 60, die alle erforderlichen Hinweise dazu enthält, wie die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache darzulegen ist. Daran fehlt es in der Beschwerdebegründung, die nicht auf die frühere Rechtsprechung eingeht und aufzeigt, welche Fragen bezüglich des Einsatzes von Terminsärzten gleichwohl noch und warum klärungsbedürftig und im vorliegenden Verfahren klärungsfähig sind. Die Beschwerdebegründung zeigt vielmehr lediglich auf, daß nach Auffassung des Klägers die Verwertung des Terminsgutachtens und sein Stellenwert in der Beweiswürdigung deren Ergebnis verfälscht habe. Dies sind aber keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung.
Fundstellen