Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
Orientierungssatz
Zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, ob Voraussetzung für eine Unternehmensüberweisung nach § 667 Abs 1 RVO das Vorhandensein einer Eintragung dieses Unternehmens im Unternehmerverzeichnis ist.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160a Abs 2 S 3; RVO § 667 Abs 1
Verfahrensgang
Gründe
Die klagende landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft ist mit ihrem Begehren auf Verpflichtung der beklagten gewerblichen Berufsgenossenschaft, ihr den Viehhandel des Beigeladenen förmlich zu überweisen, ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. Mai 1988 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg -LSG- vom 11. Mai 1989). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, das förmliche Überweisungsverfahren nach § 667 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) setze voraus, daß der überweisende Versicherungsträger formell für das zu überweisende Unternehmen noch zuständig sei. Hier bestehe aber keine formelle Zuständigkeit der Beklagten mehr; sie sei vielmehr durch die Löschung des Betriebes nach § 667 Abs 2 RVO im Jahre 1965 entfallen. Auch wenn eine - evtl zu Unrecht erfolgte - Löschung im Unternehmerverzeichnis ein tatsächlich bestehendes Versicherungsverhältnis (Versicherungsschutz) nicht berühre, könne hier kein Interesse der Klägerin an einer förmlichen Überweisung anerkannt werden, wenn Einigkeit zwischen den Beteiligten darüber bestehe, daß eine materiell rechtliche Zuständigkeit der Beklagten für den Nebenbetrieb "Viehhandel" des Beigeladenen ab dem Jahre 1966 nicht mehr bestanden habe. Zur gerichtlichen Bestätigung dieser nach der unstreitigen formellen Löschung im Unternehmerverzeichnis der Beklagten bestehenden materiellen Zuständigkeit der Klägerin könne hier ein förmliches Überweisungsverfahren nicht dienen, zumal im übrigen die Klägerin auch nach dem 1. Januar 1966 ohne weiteres den in ihre materiell-rechtliche Zuständigkeit fallenden Arbeitsunfall des K. S. im Bereich "Viehhandel" des Beigeladenen vom 20. Mai 1974 als eigene Angelegenheit abgewickelt habe.
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). Es sei zu klären, ob Voraussetzung für eine Unternehmensüberweisung nach § 667 Abs 1 RVO das Vorhandensein einer Eintragung dieses Unternehmens im Unternehmerverzeichnis sei. Zum Anwendungsbereich des § 667 Abs 1 RVO praktizierten die gewerblichen Berufsgenossenschaften unterschiedliche Auslegungen, die im wesentlichen dadurch veranlaßt sein dürften, daß diese Versicherungsträger ihre Unternehmerverzeichnisse, insbesondere hinsichtlich der Löschung nicht nach einheitlichen Kriterien führten.
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den in § 160 Abs 2 Nr 1 und § 160a Abs 2 Satz 3 SGG festgelegten Erfordernissen. Die Klägerin hat den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht schlüssig dargetan (s BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 44; BSG SozR 1500 § 160 Nrn 34, 47 und 58).
Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden. Grundsätzliche Bedeutung hat das angestrebte Revisionsverfahren nur, wenn der Rechtsstreit sich in seiner Bedeutung nicht in diesem Einzelfall erschöpft, sondern dazu dienen kann, die Rechtseinheit zu wahren oder die Entwicklung des Rechts zu fördern. Das ist dann der Fall, wenn die für grundsätzlich gehaltene Rechtsfrage klärungsbedürftig ist (Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, 1971, S 29 mwN). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die Beantwortung der vom Beschwerdeführer bezeichneten Rechtsfrage unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen ist, also schon aus sich heraus klar ist und die Antwort außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17). Das ist hier der Fall.
Wie das angegriffene Urteil zu Recht ausgeführt hat, setzt das förmliche Überweisungsverfahren von einer Berufsgenossenschaft an den zuständigen Träger der Unfallversicherung voraus, daß der in Anspruch genommene Versicherungsträger formell für das zu überweisende Unternehmen noch zuständig ist. Dieses formelle Überweisungsverfahren soll verhindern, daß der materiell zuständige Träger der Unfallversicherung in den Kataster- bzw den Beitragsbestand der formell zuständigen Berufsgenossenschaft dadurch eingreift, daß er gegen deren Willen dem Unternehmer einen Aufnahmebescheid erteilt. Das fehlende Erfordernis einer förmlichen Überweisung ist somit unmittelbar und unmißverständlich der Bestimmung in § 667 Abs 1 RVO zu entnehmen, wenn - wie hier nach den Feststellungen des LSG - zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber besteht, daß die Klägerin seit 1966 für den Nebenbetrieb "Viehhandel" des Beigeladenen materiell-rechtlich zuständig ist, unstreitig eine formelle Löschung im Unternehmerverzeichnis vor mehr als 20 Jahren erfolgte und der Beigeladene von der Beklagten seitdem auch nicht mehr zu Beiträgen herangezogen wurde.
Davon abgesehen handelt es sich hier um einen Einzelfall ohne weitergehende rechtliche Bedeutung. Weitere - uU auch noch zu erwartende - einschlägige Fälle hat die Klägerin nicht vorgetragen (s auch Stellungnahme des Bundesverbandes der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften vom 7. Juni 1984 - Bl 76 der Verwaltungsakten der Klägerin -).
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen