Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezeichnung der Divergenz in Beschwerdebegründung

 

Orientierungssatz

Gemäß § 160a Abs 2 S 3 SGG ist die Divergenz in der Beschwerdebegründung zu "bezeichnen". Dazu ist nicht nur erforderlich, daß die Entscheidung des BSG, von der das Landessozialgericht abgewichen sein soll, so genau bezeichnet wird, daß das Revisionsgericht sie ohne Schwierigkeiten heranziehen kann (vgl BSG vom 29.9.1975 § 160a Nr 14); es muß vielmehr auch dargetan werden, zu welcher spezifischen Rechtsfrage eine Abweichung vorliegt, dh in welchem abstrakt formulierten Rechtssatz sich das vorinstanzliche Urteil von welchem abstrakt formulierten Rechtssatz der divergenzbegründenden BSG-Entscheidung unterscheidet (vgl BSG 21.4.1978 1 BJ 12/78 = SozR 1500 § 160a Nr 29). Mit Beanstandungen bloß der Subsumtion unter einen rechtlichen Obersatz kann die Divergenz nicht begründet werden.

 

Normenkette

SGG § 160a Abs 2 S 3

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 21.12.1987; Aktenzeichen L 2 J 304/86)

 

Gründe

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig, denn die Begründung entspricht nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form.

Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung, Divergenz oder Verfahrensfehler - zugelassen werden. Der Kläger hat sich zwar auf alle drei Gründe berufen. Er hat aber keinen davon in der erforderlichen substantiierten Weise vorgetragen.

Der Kläger macht zunächst geltend, es handele sich um eine Rechtssache von grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Diese muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG in der Beschwerdebegründung dargelegt werden. Der Beschwerdeführer hat mindestens eine Rechtsfrage klar zu bezeichnen. Schon dieser Anforderung genügt die Beschwerdebegründung nicht. Von grundsätzlicher Art ist die Rechtsfrage dann, wenn sie über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt; die Entscheidung der Frage also im allgemeinen Interesse liegt, weil das Recht fortentwickelt oder vereinheitlicht wird. Das ist hier nicht aufgezeigt worden. Schließlich ist darzulegen, daß die Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig ist, inwiefern folglich ihre Beantwortung zweifelhaft und im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist (vgl Bundessozialgericht -BSG- in SozR 1500 § 160a Nrn 17 und 54, Bundesverfassungsgericht -BVerfG- aaO Nr 48). Auch insoweit ist die Beschwerde nicht formgerecht begründet worden.

Der Kläger beruft sich weiterhin auf Divergenz. Gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG ist die Divergenz in der Beschwerdebegründung zu "bezeichnen". Dazu ist nicht nur erforderlich, daß die Entscheidung des BSG, von der das Landessozialgericht (LSG) abgewichen sein soll, so genau bezeichnet wird, daß das Revisionsgericht sie ohne Schwierigkeiten heranziehen kann (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14); es muß vielmehr auch dargetan werden, zu welcher spezifischen Rechtsfrage eine Abweichung vorliegt, dh in welchem abstrakt formulierten Rechtssatz sich das vorinstanzliche Urteil von welchem abstrakt formulierten Rechtssatz der divergenzbegründenden BSG-Entscheidung unterscheidet (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 14, 21, 29). Das ist von dem Kläger nicht aufgezeigt worden. Mit Beanstandungen bloß der Subsumtion unter einen rechtlichen Obersatz kann die Divergenz nicht begründet werden.

Der Kläger rügt schließlich noch ohne genauere rechtliche Qualifizierung Verfahrensmängel, wenn er ein nervenfachärztliches Gutachten anmahnt und die Begutachtung durch Dr. M    angreift. Sofern hierin die Rüge einer Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG zu sehen sein sollte, wäre dies schon gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG unbeachtlich. Auf eine möglicherweise auch gemeinte Verletzung des § 103 Satz 1 SGG kann die Beschwerde nur dann gestützt werden, wenn sich die Rüge auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Hierfür muß nicht nur vorgetragen sein, daß das LSG einen Beweisantrag abgelehnt hat, obwohl es sich zu einer Beweisaufnahme hätte gedrängt fühlen müssen; es muß vielmehr auch ein solcher Beweisantrag so genau bezeichnet werden, daß er für das BSG ohne weiteres auffindbar ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 10). In beiden Beziehungen genügt die Beschwerdebegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Die somit nicht formgerecht begründete und damit unzulässige Beschwerde des Klägers mußte als unzulässig verworfen werden; dies konnte gemäß § 202 SGG iVm § 574 der Zivilprozeßordnung und § 169 SGG analog auch ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter erfolgen (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1 und 5; BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1665647

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