Entscheidungsstichwort (Thema)
Qualitativer Wert der Tätigkeit eines Postzustellers
Leitsatz (amtlich)
An der Bewertung der Tätigkeit des Briefzustellers bei der Deutschen Bundespost als Facharbeitertätigkeit (BSG 28.6.1979 4 RJ 1/79 = SozR 2200 § 1246 Nr 46, BSG 1.12.1983 5b RJ 114/82 = SozR 2200 § 1246 Nr 111) wird festgehalten, wenn der Briefzusteller zwar nur in eine Lohngruppe für angelernte Arbeiter eingereiht ist, aber gemäß § 10 des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost eine Tätigkeitszulage in Höhe des Unterschiedes zu einer Lohngruppe für Facharbeiter erhält.
Orientierungssatz
1. Neben bestimmten intellektuellen Voraussetzungen sind auch die Anforderungen in bezug auf Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Verantwortung (vgl insoweit BSG vom 14.7.1982 - 5a RKn 7/81 - = SozR 2200 § 1246 Nr 95), physische Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit, die mit dem Ziel einer geregelten Postzustellung gestellt werden müssen, zu den Merkmalen zu rechnen, die den qualitativen Wert der Tätigkeit ausmachen und in der tariflichen Wertung zum Ausdruck kommen.
2. Die Wertung durch die Tarifpartner ist zu akzeptieren und kann nicht durch eine eigene - abweichende - Bewertung der Gerichte ersetzt werden.
Normenkette
RVO § 1246 Abs 2 S 2 Fassung: 1957-02-23
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 26.01.1984; Aktenzeichen L 1 J 1997/82) |
SG Heilbronn (Entscheidung vom 09.09.1982; Aktenzeichen S 8 J 741/80) |
Tatbestand
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Sie ist 1926 geboren, hat keinen Beruf erlernt und von 1946 bis 1951 als Hilfsarbeiterin gearbeitet. 1961 nahm sie bei der Deutschen Bundespost eine Tätigkeit im Reinigungsdienst an und wurde ab Mai 1963 zusätzlich auch als Urlaubs- und Krankenvertretung im Postzustelldienst beschäftigt. Ab Oktober 1965 erhielt sie deshalb einen Ausgleich zwischen Lohngruppe VII und Lohngruppe V des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost. Ab Oktober 1966 wurde sie in die Lohngruppe V Nr 1 eingestuft und es wurde ihr, weil sie einen Beamtendienstposten der Besoldungsgruppe A 4 bekleidete, eine Tätigkeitszulage in Höhe des Unterschiedes zwischen den Lohngruppen V und II gezahlt. Hinzu kam eine allgemeine Zulage in Höhe von 40,-- DM monatlich. Ab Dezember 1969 war die Klägerin ausschließlich als Briefzustellerin beschäftigt, ab 1. Juli 1970 vollschichtig. Sie hat an einem berufsbegleitenden Fortbildungslehrgang von viertägiger Dauer teilgenommen, eine besondere Ausbildung zur Postzustellerin aber nicht durchlaufen.
Am 30. Juni 1980 schied die Klägerin aus dem Dienst der Bundespost wegen ärztlich festgestellter Dienstunfähigkeit als Briefzustellerin aus und erhält seither von der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost eine vorläufige Versorgungsrente. Im Februar 1980 beantragte sie Versichertenrente. Ihre ärztliche Beurteilung ergab, daß sie noch leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen ohne besonderen Zeitdruck und längere Anmarschwege sowie ohne überwiegend einseitige Körperhaltung und ohne häufiges Bücken vollschichtig verrichten konnte. Mit dem Hinweis darauf lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 19. Mai 1980 ab.
Zur Klagebegründung hat die Klägerin geltend gemacht, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Briefzustellerin in der Lohngruppe V mit einer Ausgleichszulage zur Lohngruppe II gehöre zu den Facharbeitertätigkeiten. Zumutbare Verweisungstätigkeiten, die sie mit ihrer körperlichen Beeinträchtigung vollschichtig ausüben könne, gebe es nicht. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte am 9. September 1982 verurteilt, der Klägerin ab 1. Februar 1980 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Es hat sich der Auffassung der Klägerin angeschlossen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 26. Januar 1984 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Ausgehend von der Feststellung, daß die Klägerin mit dem verbliebenen Leistungsvermögen den Beruf der Briefzustellerin nicht mehr ausüben könne, wohl aber noch überwiegend im Sitzen leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig auszuführen vermöge, hat es die Einstufung der Tätigkeit der Briefzustellerin in die Gruppe der Facharbeiter entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für unzutreffend erachtet, diese Tätigkeit vielmehr nur als angelernte Tätigkeit im Sinne des Mehrstufenschemas angesehen und die Klägerin deshalb auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen.
Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 1246 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und der §§ 62 und 128 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Klägerin beantragt, das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26. Januar 1984 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Heilbronn vom 9. September 1982 zurückzuweisen, hilfsweise, den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des LSG ist wegen Verletzung des § 1246 RVO aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, ohne daß es auf die zusätzlich erhobenen Verfahrensrügen ankommt.
Berufsunfähig nach § 1246 Abs 2 Satz 1 RVO ist die Klägerin, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Satz 2 der genannten Vorschrift schreibt vor, daß der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten umfaßt, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Nach der Rechtsprechung des BSG wird die Qualität des "bisherigen Berufs" (Hauptberufs), der bei der Klägerin unstreitig die zuletzt vollschichtig ausgeübte Tätigkeit der Briefzustellerin ist, und dementsprechend auch die Breite der zulässigen Verweisung auf einen anderen Beruf durch Einordnung in eine von mehreren Gruppen von Arbeiterberufen näher bestimmt. Dabei wird jede Berufsgruppe jeweils durch bestimmte "Leitberufe" charakterisiert (so Urteil des erkennenden Senats vom 15. März 1978 in BSGE 43, 243, 245 = SozR 2200 § 1246 Nr 16 S 48 mwN). Als Berufsgruppen hat das BSG die durch den Leitberuf des Facharbeiters, des angelernten Arbeiters und des ungelernten Arbeiters charakterisierten Gruppen unterschieden und dabei betont, daß die Charakterisierung der Berufsgruppen durch Leitberufe den Einschluß aller Berufe in die Gruppe bedeute, die etwa wie diese tariflich eingestuft sind. Die tarifliche Einstufung bringt nämlich am zuverlässigsten zum Ausdruck, welchen qualitativen Wert die am Berufsleben teilnehmenden Bevölkerungskreise, die Tarifpartner, einer bestimmten Berufstätigkeit zumessen (so im Anschluß an das Urteil des erkennenden Senats vom 15. März 1978 aaO auch der 1. Senat in SozR aaO Nr 29 und der 4. Senat in SozR aaO Nr 46). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn eine - relativ hohe - tarifliche Einstufung im wesentlichen nicht auf die Qualität der Berufstätigkeit, sondern auf die mit ihrer Verrichtung verbundenen Nachteile und Erschwernisse zurückzuführen ist (zB Akkord-, Nacht-, Schmutzarbeit uä) oder auf sozialen Gründen wegen in der Person des Versicherten liegender Umstände beruht (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 Nr 69). Weitere Ausnahmefälle hat die Rechtsprechung des BSG nicht zugelassen (vgl SozR aaO Nrn 71, 77, 98, 101, 102, 106 und die zur Veröffentlichung bestimmten Urteile des Senats vom 1. Dezember 1983 - 5b RJ 114/82 - und 1. Februar 1984 - 5b RJ 80/83 -). An dieser Rechtsprechung, in der das LSG eine "Verabsolutierung der tariflichen Einstufung" sieht, ist festzuhalten, weil sie eine von der Massenverwaltung der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu bewältigende Kasuistik vermeidet und durch Einführung eines für alle Versicherten geltenden objektiven Maßstabes eine jedenfalls in den Grundzügen revisionsrechtlich überprüfbare Entscheidung und damit weitgehend eine zur Rechtssicherheit beitragende richterliche Gleichbehandlung der Versicherten im ganzen Bundesgebiet gewährleistet (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 Nrn 11, 95, 107; SozR 2600 § 46 Nr 3).
Der Entscheidung des LSG könnte deshalb nur dann gefolgt werden, wenn die Klägerin die Tätigkeitszulage in Höhe des Unterschiedes zu einer Lohngruppe für Facharbeiter aus Erschwernis- oder sozialen Gründen erhalten hätte. Beides kann indes unter Zugrundelegung der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht angenommen werden. Dessen gegenteilige Beurteilung ist bereits mit der Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 23. Juni 1979 (SozR 2200 § 1246 Nr 46) nicht zu vereinbaren, die ebenfalls einen Versicherten betrifft, der eine Tätigkeitszulage in Höhe des Unterschieds zwischen der Lohngruppe V und II erhalten hat. In dieser Entscheidung hat der 4. Senat nämlich ausdrücklich betont, daß diese Zulage - entsprechend ihrer Bezeichnung als Tätigkeits-, dh als Funktionszulage - wegen der Art und Qualität der Tätigkeit gezahlt worden ist und deshalb bei der Beurteilung des "bisherigen Berufs" der Versicherte nur dann einem Facharbeiter nicht gleichzustellen ist, wenn die nicht abgelegte Prüfung für den einfachen Postdienst sich auf die Qualität seiner Arbeit im Postzustellungsdienst mindernd ausgewirkt hat. Derartiges ist indes dem hier angefochtenen Urteil des LSG nicht zu entnehmen.
Wie der erkennende Senat bereits im Urteil vom 24. Juni 1983 (5b RJ 74/82) im Anschluß an die genannte Entscheidung des 4. Senats ausgeführt hat, sind Dauer und Umfang der Ausbildung des Versicherten zwar ein gesetzlicher Maßstab für den Kreis der ihm berufsmäßig zumutbaren Tätigkeiten iS des § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO. Sie sind jedoch nach dieser Bestimmung nicht der alleinige Maßstab. Es kommt danach vielmehr auch auf die Kräfte und Fähigkeiten des Versicherten, auf seinen bisherigen Beruf und auf die besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit an. Deshalb verbietet sich eine schematische Einordnung nach der Dauer der Ausbildung oder nach dem Überwiegen physischer oder psychischer Anforderungen, wie sie das LSG vorgenommen hat. Versicherte, die sich Kenntnisse und Fähigkeiten nicht innerhalb eines förmlichen Ausbildungsganges, sondern auf andere Weise - etwa im Verlaufe langjähriger Berufserfahrung - angeeignet haben, oder die erforderlichen Fähigkeiten in so ausgeprägtem Maße mitbringen, daß es einer formalen Ausbildung von der üblichen Dauer nicht bedarf, dürfen nach dem in § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers im Vergleich zu einem durch Ausbildung mit den entsprechenden Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestatteten Versicherten nicht benachteiligt werden, jedenfalls dann nicht, wenn sie wegen ihrer Fähigkeiten tariflich diesem ausgebildeten Versicherten entsprechend eingestuft sind (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 8. September 1982 - 5b RJ 88/81 - mwN).
Dem LSG kann darin zugestimmt werden, daß den physischen Anforderungen an den Postzusteller, soweit sie nicht durch technische Hilfsmittel ausgeglichen werden, eine wesentliche Bedeutung für seine Tätigkeit zukommt. Damit allein kann der qualitative Wert der Tätigkeit jedoch nicht erfaßt werden. Die vom LSG gleichfalls erwähnte Bedeutung von Zuverlässigkeit und Verantwortung für die Postzustellung kann nicht außer Betracht bleiben. Denn Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewußtsein sind für den Ablauf eines geregelten Postverkehrs unabdingbare Merkmale der Tätigkeit des Postzustellers an sich, nicht aber besondere Erschwernisse, die allein durch die Verrichtung dieser Tätigkeit entstehen, wie es beispielsweise bei einer auf die Nachtstunden verlegten Postzustellung der Fall wäre. Es muß deshalb davon ausgegangen werden, daß neben bestimmten intellektuellen Voraussetzungen auch die Anforderungen in bezug auf Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Verantwortung (vgl insoweit BSG in SozR 2200 § 1246 Nr 99), physische Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit, die mit dem Ziel einer geregelten Postzustellung gestellt werden müssen, zu den Merkmalen zu rechnen sind, die den qualitativen Wert der Tätigkeit ausmachen und in der tariflichen Wertung zum Ausdruck kommen.
Diese Bewertung durch die Tarifpartner ist - wie der Senat bereits in den zur Veröffentlichung bestimmten Urteilen vom 1. Dezember 1983 und 1. Februar 1984 aaO betont hat - zu akzeptieren und kann nicht durch eine eigene - abweichende - Bewertung der Gerichte ersetzt werden. Insoweit verkennt das LSG, daß tarifliche Regelungen dynamischen Faktoren unterworfen sind, die dem fortgesetzten Wandel in der Berufs- und Arbeitswelt aus der Sicht der Tarifvertragsparteien Rechnung tragen. Die tariflich orientierte Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO schafft damit einen flexiblen Rahmen, der es erlaubt, gesellschaftliche Entwicklungsprozesse und einen Wandel der sie begleitenden Wertungen auch ohne entsprechende Gesetzesänderung zu berücksichtigen (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 Nrn 59, 70), was nicht zuletzt für die Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsprechung des BSG über die Voraussetzungen einer Rente wegen Berufsunfähigkeit im Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1981 - 1 BvL 18/77, 19/77 - (SozR 2200 § 1246 Nr 83) mit entscheidend war.
Soweit das LSG - abweichend von dem einen vergleichbaren Fall betreffenden Urteil des 4. Senats des BSG vom 28. Juni 1979 aaO - meint, die den Unterschied zwischen den Lohngruppen V und II ausgleichende Zulage beruhe nicht auf den qualitativen Anforderungen der Tätigkeit des Briefzustellers, sondern sei eine der lohnmäßigen Gleichstellung der Arbeiter auf Beamtendienstposten mit der jeweiligen Beamtenbesoldung dienende und damit auf sozialen Gründen beruhende Maßnahme, verkennt es den Unterschied zwischen qualitativ und sozial bedingten Zulagen, wie er sich aus § 10 Abschnitt II Abs 6 und § 11 des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost ergibt. Sozialzuschlag ist nach § 11 Abs 1 dieses Tarifvertrages der Zuschlag, den der Arbeiter der Bundespost neben dem Lohn für die Kinder erhält, die bei einem Angestellten der Bundespost nach den für ihn jeweils geltenden Bestimmungen für die Zuordnung zu den Stufen des Ortszuschlages zu berücksichtigen wären. Der Zuschlag dient hier ohne Rücksicht auf die Art und die Qualität der Tätigkeit der Gleichstellung der Arbeiter mit den Angestellten der Deutschen Bundespost in bezug auf einen Lohnzuschlag für die Kinder. Im Gegensatz dazu sieht § 10 Abschnitt II Abs 6 bei der Lohnbildung Tätigkeitszulagen vor, wenn Arbeiter Tätigkeiten verrichten, die einer Lohngruppe zugeordnet sind, in die sie wegen der in den Vorbemerkungen zum Lohngruppenverzeichnis genannten Voraussetzungen nicht eingestuft werden können. Diese Tätigkeitszulagen sind also ausschließlich durch die Qualität der Tätigkeit und den Grundsatz des gleichen Lohnes für gleiche Arbeit, nicht aber von sozialen Erwägungen bestimmt. Das wird aus Abs 12 der Vorbemerkungen zum Lohngruppenverzeichnis und der diesem Absatz beigefügten Gegenüberstellung deutlich. Die Lohngruppe V umfaßte nämlich ua unter Nr 1 der Tätigkeitsmerkmale "Arbeiter, die Beamtentätigkeiten verrichten, soweit sie nicht höher eingereiht sind". Zu den Beamtentätigkeiten gehört auch die Tätigkeit eines Postzustellers, die nach der Regelbewertung im Tätigkeitskatalog für die Ämter des Postwesens der Besoldungsgruppe A 5 und A 4 der Besoldungsordnung A des Bundesbesoldungsgesetzes im Verhältnis von 11 Stellen in A 5 und 89 Stellen in A 4 zugeordnet ist. Wird diese Tätigkeit von Arbeitern verrichtet, so wird sie nach den Vorbemerkungen zum Lohngruppenverzeichnis als Tätigkeit der Lohngruppe II entlohnt. In die Lohngruppe II konnte die Klägerin aber deshalb nicht eingereiht werden, weil sie nicht die Prüfung für den einfachen Postdienst abgelegt hatte, deren Bestehen für die Einstufung in die Lohngruppen von IV an aufwärts, also in die Lohngruppen für Handwerker und ihnen gleichgestellte Facharbeiter, erforderlich war (vgl hierzu BSG aaO S 137). Es war mithin die Orientierung an der Qualität der gleichartigen Beamtentätigkeit, die bei fehlender Prüfung für den einfachen Postdienst und gleichwohl verrichteter Briefzustellertätigkeit zur Gewährung der Zulage in Höhe des Lohnunterschiedes zwischen den Gruppen V und II führte. Damit ist aber die Tätigkeit des Briefzustellers tariflich ihrem qualitativen Wert nach denjenigen Tätigkeiten gleichgestellt worden, welche die in der Lohngruppe II genannten Handwerker ausüben. Die letzte von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit muß mithin bei Anwendung des § 1246 Abs 2 RVO nach den nicht angegriffenen und deshalb gemäß § 163 SGG für den Senat bindenden Feststellungen des LSG als Facharbeitertätigkeit gewertet werden. Dabei ist nicht von Bedeutung, daß die Beamtentätigkeiten des einfachen Dienstes von der zeitlichen Dauer der Ausbildung her einer Facharbeiterausbildung nicht gleichstehen, wie das LSG ausgeführt hat. Maßgebend ist vielmehr, daß die bei der Briefzustellung von beamteten oder nicht beamteten Kräften verrichtete Tätigkeit wegen der mit dieser Tätigkeit verbundenen Anforderungen in bezug auf Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Verantwortung, physische Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit von den Tarifpartnern eine Bewertung erfahren hat, die der der bei der Bundespost beschäftigten Handwerker entspricht. Wie bereits des näheren ausgeführt, ist diese Bewertung auch von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu beachten. Das angefochtene Urteil muß daher aufgehoben werden.
Bei Zuordnung der Klägerin zur Gruppe der Facharbeiter kann sie nur auf solche Tätigkeiten im Sinne des § 1246 Abs 2 RVO zumutbar verwiesen werden, die entweder zu dieser Gruppe oder zur Gruppe der anerkannten oder sonstigen Ausbildungsberufe gehören bzw wegen der ihnen anhaftenden Qualitätsmerkmale tariflich wie diese bewertet werden. Dazu können auch Tätigkeiten ungelernter Art gehören, sofern sie sich aus dem Kreis der sonstigen einfachen Arbeiten deutlich herausheben und deshalb mindestens wie ein sonstiger Ausbildungsberuf tariflich bewertet werden (SozR aaO Nr 21). Ob dies auf die Klägerin zutrifft, hat das LSG nicht festgestellt und mußte es auch von seinem sachlich-rechtlichen Ausgangspunkt her nicht feststellen. Für die Entscheidung des Senats, ob der Klägerin, die unstreitig gesundheitlich die zuletzt ausgeübte Facharbeitertätigkeit einer Postzustellerin nicht mehr verrichten kann, eine der genannten anderen Tätigkeiten zuzumuten ist, fehlt es somit an den erforderlichen Tatsachenfeststellungen. Diese wird das LSG nachzuholen haben.
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit sachlich abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen