Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsberechtigung. Artikel-Rentner. Hauptantrag. Hilfsantrag
Orientierungssatz
1. Die sogenannten "Artikel-Rentner" (AnVNG Art 2 § 49a Abs 4, ArVNG Art 2 § 51a Abs 4) gehören nicht zum berechtigten Personenkreis des § 176 Abs 1 S 1 Nr 9 RVO (Festhaltung BSG vom 1983-04-28 12 RK 13/81 = SozR 2200 § 176 Nr 2).
2. Hat in einem Rechtsstreit, in dem ein Haupt- und ein Hilfsantrag gestellt worden sind, das Gericht dem Hauptantrag des Klägers entsprochen und der Beklagte gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel eingelegt, so gelangt nach der - schon vom ehemaligen Reichsgericht begründeten und vom BGH fortgeführten - Rechtsprechung der Zivilgerichte auch der Hilfsantrag des Klägers in die Rechtsmittelinstanz, ohne daß es dazu eines Anschlußrechtsmittels des Klägers bedarf; das Rechtsmittelgericht hat deshalb, wenn es den Hauptantrag des Klägers abweisen will, auch über dessen Hilfsantrag zu entscheiden.
Normenkette
RVO § 176 Abs 1 S 1 Nr 9 Fassung: 1977-06-27; AnVNG Art 2 § 49a Abs 4 Fassung: 1977-06-27; ArVNG Art 2 § 51a Abs 4 Fassung: 1977-06-27; ZPO § 537
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin berechtigt ist, gemäß § 176 Abs 1 Satz 1 Nr 9 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der ab 1. Juli 1977 geltenden Fassung der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig beizutreten, oder - verneinendenfalls - Anspruch auf Beitragszuschuß nach § 83e des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) gegen die Beklagte zu 1) hat.
Die Klägerin bezieht seit dem 1. Januar 1980 Altersruhegeld aus der Rentenversicherung der Angestellten (Bescheid der Beklagten zu 1) vom 31. August 1979). Mit Bescheid vom 17. September 1979 verweigerte ihr die Beklagte zu 2) den am 13. September 1979 erklärten freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung. Am 10. Januar 1980 beantragte sie die Zahlung eines Beitragszuschusses zu ihrer privaten Krankenversicherung, den die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 9. Juli 1980 ablehnte. Beide ablehnenden Entscheidungen wurden darauf gestützt, daß das Altersruhegeld nur aufgrund nachentrichteter Beiträge gewährt werde. Die dagegen und gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten zu 2) vom 2. September 1981 erhobenen Klagen blieben erfolglos (Urteile des Sozialgerichts -SG- Duisburg vom 30. Juli 1981 und 28. Oktober 1981). Gegen beide Urteile legte die Klägerin Berufung ein. Das Landessozialgericht -LSG- für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Berufungsverfahren gemäß § 113 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verbunden und mit Urteil vom 7. April 1982 das Urteil des SG vom 28. Oktober 1981 abgeändert sowie die Beklagte zu 2) unter Aufhebung des Bescheides vom 17. September 1979 und des Widerspruchsbescheides vom 2. September 1981 verurteilt, die Klägerin als freiwilliges Mitglied in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen. Das LSG hat die Beitrittsvoraussetzungen des § 176 Abs 1 Satz 1 Nr 9 RVO bejaht und für unerheblich gehalten, daß die von der Klägerin bezogene Rente ausschließlich auf nach Art 2 § 49a des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) nachentrichteten Beiträgen beruht. Die Vorschrift des § 176 Abs 1 Satz 1 Nr 9 RVO enthalte nicht die Einschränkung, daß Rentner mit einer Sondernachentrichtung freiwilliger Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung nur beitreten könnten, wenn es sich bei ihrer Rente an sich um einen Rentenbezug iS von § 165 Abs 1 Nr 3 Buchst a RVO handle, die Aufnahme in den Personenkreis der in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) Pflichtversicherten aber an dem Fehlen persönlicher Voraussetzungen scheitere. Über das gegen das Urteil des SG vom 30. Juli 1981 gerichtete Berufungsbegehren auf Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Zahlung eines Beitragszuschusses, das vor dem LSG in dem verbundenen Verfahren nur als Hilfsantrag weiterverfolgt worden war, hat das LSG nicht entschieden.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte zu 2) eine Verletzung des § 176 Abs 1 Satz 1 Nr 9 RVO. Es sei der Wille des Gesetzgebers gewesen, Rentenbezieher, deren Rente im wesentlichen auf nachentrichteten Beiträgen beruht, nicht in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen. Dies ergebe sich nicht nur aus Art 2 § 49a Abs 4 AnVNG. Um möglichen Zweifeln zu begegnen, habe der Gesetzgeber im Entwurf des Rentenanpassungsgesetzes 1982 in § 165 Abs 8 RVO die Formulierung vorgesehen, daß als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung die Renten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten mit Ausnahme der Renten gelten, auf die Art 2 § 51a Abs 4 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter - Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz - (ArVNG) oder Art 2 § 49 Abs 4 AnVG Anwendung finde.
Die Beklagte zu 2) beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG vom 28. Oktober 1981 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Für den Fall, daß die Revision Erfolg hat, wiederholt sie ihren vor dem LSG gestellten Hilfsantrag,
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihr den Beitragszuschuß gemäß § 83e AVG zu gewähren.
Die Beklagte zu 1) hat keinen Antrag gestellt. Sie weist darauf hin, daß sie von der Einlegung der Revision durch die Beklagte zu 2) nicht betroffen sei.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten zu 2) ist begründet.
Entgegen der Auffassung des LSG ist die Klägerin nicht befugt, der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig beizutreten, denn sie gehört nicht zum berechtigten Personenkreis des § 176 Abs 1 Satz 1 Nr 9 RVO. Daß die sogenannten "Artikel-Rentner" nicht unter diese Vorschrift fallen, hat der Senat bereits entschieden (Urteil vom 28. April 1983 - 12 RK 13/81).
Die Klägerin bezieht seit Januar 1980 ein Altersruhegeld, das lediglich auf den von ihr nach Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG nachentrichteten Beiträgen beruht. Da bei ihr auch die Voraussetzungen des § 36 Abs 3 AVG (Halbbelegung) nicht vorliegen, gilt ihr Altersruhegeld nicht als Rente iS der §§ 165 RVO und 83e AVG (Art 2 § 49a Abs 4 AnVNG); sie begründet mithin weder Versicherungspflicht in der KVdR noch einen Anspruch auf Beitragszuschuß für eine freiwillige Krankenversicherung (vgl dazu BT- Drucks VI/2916 S 48 zu Nr 10). Den Ausschluß der genannten "Artikel- Rentner" von der Mitgliedschaft in der KVdR hat der Gesetzgeber - bei der Einfügung des Art 2 § 49a in das AnVNG im Rentenreformgesetz (RRG) vom 16. Oktober 1972 (BGBl I, 1965) - auch nicht dadurch gemildert, daß er den betroffenen Rentnern eine Versicherungsberechtigung in der gesetzlichen Krankenversicherung eingeräumt hat, obwohl bereits früher eine ähnliche Versicherungsberechtigung der von der KVdR ausgeschlossenen Rentner (§ 176 Abs 1 Satz 1 Nr 4 RVO idF des Gesetzes vom 12. Juni 1956, BGBl I, 500) bestanden hatte, die erst durch das Finanzänderungsgesetz 1967 (FinÄndG 1967) vom 21. Dezember 1967 (BGBl I, 1259) nach Einbeziehung aller Rentner in die Versicherungspflicht mit Wirkung vom 1. Januar 1968 aufgehoben worden war (Art 1 § 1 Nr 4 FinÄndG 1967; vgl dazu die Begründung in BT-Drucks zu V/2341 S 4 unter Nr 4). Wenn der Gesetzgeber im Jahre 1972 - trotz dieses naheliegenden Vorbildes - auf eine entsprechende Regelung für die nach Art 2 § 49a Abs 4 AnVNG von der KVdR ausgeschlossenen "Artikel-Rentner" verzichtet hat, so läßt dies nur den Schluß zu, daß er den genannten Rentnern eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung - auch auf eigene Kosten - nicht hat ermöglichen wollen.
Nach Ansicht des Senats gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber seinen Willen später geändert hat. Das gilt namentlich für die durch das Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I, 1069) in die RVO eingefügte Nr 9 des § 176 Abs 1 Satz 1. Diese Vorschrift erklärt zwar ihrem Wortlaut nach grundsätzlich alle Personen, "die eine Rente aus der ... Rentenversicherung der Angestellten beziehen", für versicherungsberechtigt, ohne dabei nach der Art der bezogenen Rente zu unterscheiden, ohne insbesondere die genannten "Artikel-Rentner" ausdrücklich auszunehmen. Dennoch macht der Bezug einer solchen Rente nach Ansicht des Senats ihren Bezieher nicht nach § 176 Abs 1 Satz 1 Nr 9 RVO versicherungsberechtigt. Schon der Regelungszusammenhang der genannten Vorschrift mit der Einschränkung der Versicherungspflicht in der KVdR durch § 165 Abs 1 Nr 3 RVO idF des KVKG - beide Vorschriften sind als Nrn 1 und 3 in Art 1 § 1 des KVKG enthalten - legt die Annahme nahe, der Gesetzgeber habe die Versicherungsberechtigung in § 176 Abs 1 Satz 1 Nr 9 RVO nur mit Rücksicht auf die Einschränkung der KVdR in § 165 Abs 1 Nr 3 RVO nF und deshalb nur für den von dieser Einschränkung betroffenen Personenkreis geschaffen.
In die gleiche Richtung weist auch die Entstehungsgeschichte der beiden genannten Vorschriften. So ist in der Begründung zu § 165 Abs 1 Nr 3 RVO nF ua ausgeführt, es erscheine nicht unbillig, daß diejenigen, die der Rentenversicherung nach dem RRG von 1972 freiwillig beigetreten seien - soweit sie die in § 165 Abs 1 Nr 3 Buchstaben b und c genannten Voraussetzungen nicht erfüllten - nicht Pflichtmitglieder der Krankenversicherung der Rentner würden. Sie könnten zur Sicherung ihres Versicherungsschutzes der Krankenversicherung freiwillig beitreten und erhielten einen Beitragszuschuß von der Rentenversicherung (BT-Drucks 8/166 S 24 zu Art 1 § 1 Nr 1). Diese Begründung läßt erkennen, daß der Gesetzgeber bei der neugeschaffenen Versicherungsberechtigung von Rentnern offenbar nicht an solche gedacht hat, die - wie die Klägerin - keinen Beitragszuschuß erhalten können, weil ihre Rente gemäß Art 2 § 49a Abs 4 AnVNG nicht als Rente iS des § 83e AVG gilt. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 176 Abs 1 Satz 1 Nr 9 RVO, damit werde eine Regelung aufgenommen, die bis zum 1. Januar 1968 bestanden habe (BT-Drucks aaO zu Art 1 § 1 Nr 3). Die hier angesprochene Regelung (§ 176 Abs 1 Satz 1 Nr 4 RVO aF) hatte indes nur Rentner begünstigt, die - anders als die Klägerin - wegen Nichterfüllung der Vorversicherungszeit nicht versicherungspflichtig gewesen waren.
Wenn der Gesetzgeber im übrigen den im RRG 1972 angeordneten Ausschluß der "Artikel-Rentner" von der gesetzlichen Krankenversicherung, und zwar auch von einer auf eigene Kosten durchgeführten Versicherung, später im KVKG hätte "korrigieren" wollen, also den genannten Rentnern nunmehr ebenfalls ein Beitrittsrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung hätte einräumen wollen, so hätte er eine solche Korrektur der eigenen früheren Entscheidung schwerlich auf die Neurentner, dh die nach dem Inkrafttreten des KVKG (1. Juli 1977) anspruchsberechtigt gewordenen Rentner beschränkt, da für eine unterschiedliche Behandlung von Alt- und Neurentnern insoweit kein sachlicher Grund bestanden hätte. § 176 Abs 1 Satz 1 Nr 9 RVO kann aber auf Altrentner schon deswegen nicht angewendet werden, weil für sie die Antragsfrist für den Beitritt zur Krankenversicherung - einen Monat nach Zustellung des die Rente gewährenden Bescheides (§ 176 Abs 1 letzter Satz RVO) - bei Inkrafttreten des § 176 Abs 1 Satz 1 Nr 9 RVO (1. Juli 1977) in der Regel bereits verstrichen war. Zwar wäre ein solcher Mangel unter Umständen durch die Rechtsprechung im Wege der Lückenfüllung zu beheben (vgl zB BSG SozR 4100 § 141e Nr 4). Das würde aber voraussetzen, daß sonstige Anhaltspunkte, die sich dem Gesetz entnehmen ließen, für einen Willen des Gesetzgebers sprächen, auch Altfälle zu begünstigen. Hier ergänzt das Fehlen von Übergangsvorschriften jedoch die übrigen gegen eine Einbeziehung von "Artikel-Rentnern" sprechenden Gründe und verstärkt die Erkenntnis, daß nach dem Willen des Gesetzgebers "Artikel-Rentner" insgesamt auch nach dem Inkrafttreten des KVKG vom Beitrittsrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen bleiben sollen.
Für diese Annahme spricht schließlich eine allgemeine Erwägung, die sich auf den erklärten Zweck des KVKG gründet, zur Kostenentlastung der Krankenversicherungsträger beizutragen. Wären nämlich auch "Artikel-Rentner" nach § 176 Abs 1 Satz 1 Nr 9 RVO versicherungsberechtigt, so würden damit den Krankenkassen mit Sicherheit neue Kostenbelastungen erwachsen. Denn anders als bei denjenigen Rentnern, die wegen der Einschränkung der KVdR durch das KVKG versicherungsberechtigt geworden sind (und deren Lasten die Versichertengemeinschaft auch ohne die Einschränkung der KVdR hätte mittragen müssen), würde der Beitritt von bisher von der Krankenversicherung ausgeschlossen gewesenen "Artikel-Rentnern", zumal wenn sie beitragsfreie Familienhilfeansprüche in die Versicherung einbrächten, für die Krankenkassen nicht unerhebliche zusätzliche Lasten bedeuten. Wenn der Gesetzgeber des KVKG dies beabsichtigt oder auch nur in Kauf genommen hätte, hätte es in irgendeiner Form im Gesetz selbst oder mindestens in seiner Begründung Ausdruck finden müssen. Da dies - wie ausgeführt - nicht der Fall ist, nimmt der Senat an, daß "Artikel-Rentner" auch nach dem Inkrafttreten des § 176 Abs 1 Satz 1 Nr 9 RVO von der Versicherungsberechtigung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind (ebenso im Ergebnis Peters/Mengert, Handbuch der Krankenversicherung, 17. Aufl, Stand November 1982, § 176 RVO Anm 10 und § 165 Anm 7 d aa; Laufer- Eibs-Ott, KVdR, Stand März 1982, § 176 Anm 2; Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, 2. Aufl, Stand Januar 1981, § 176 RVO Anm 9).
Das Urteil des LSG ist demnach aufzuheben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 28. Oktober 1981 ist zurückzuweisen.
Die Aufhebung des LSG-Urteils führt außerdem auch zur Zurückweisung der gegen das Urteil des SG vom 30. Juli 1981 gerichteten Berufung der Klägerin. Das LSG hat, da es das Beitrittsrecht der Klägerin zur Krankenversicherung bejaht hat, über den Anspruch auf Beitragszuschuß nach § 83e AVG in der vom 1. Juli 1977 bis 31. Dezember 1982 geltenden Fassung nicht entschieden, weil dieser Anspruch im Berufungsverfahren nur noch hilfsweise geltend gemacht worden war. Mit der Aufhebung des LSG-Urteils und der Verneinung des Beitrittsrechts muß nun auch über den jetzt nicht mehr subsidiären Anspruch auf Beitragszuschuß entschieden werden, der zwar nicht Gegenstand des Revisionsbegehrens der Beklagten zu 2) ist, der aber dessenungeachtet vom Revisionsverfahren erfaßt worden ist.
Hat in einem Rechtsstreit, in dem ein Haupt- und ein Hilfsantrag gestellt worden sind, das Gericht dem Hauptantrag des Klägers entsprochen und der Beklagte gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel eingelegt, so gelangt nach der - schon vom ehemaligen Reichsgericht begründeten und vom Bundesgerichtshof (BGH) fortgeführten - Rechtsprechung der Zivilgerichte auch der Hilfsantrag des Klägers in die Rechtsmittelinstanz, ohne daß es dazu eines Anschlußrechtsmittels des Klägers bedarf; das Rechtsmittelgericht hat deshalb, wenn es den Hauptantrag des Klägers abweisen will, auch über dessen Hilfsantrag zu entscheiden (vgl zuletzt BGH in NJW 1979, 2096, hier 2097 linke Spalte unten; ferner BGHZ 25, 79, 85 und 41, 38, 39 f). Ob dieser Rechtsprechung angesichts der dagegen im neueren Schrifttum erhobenen Einwände (vgl die Nachweise bei BGH in NJW aaO) weiterhin uneingeschränkt zu folgen ist, läßt der Senat offen (vgl aus der neuesten Literatur: einerseits Baumbach ua, ZPO, 41. Aufl, § 537 Anm 1 C, und Wieczorek, ZPO, 2. Aufl, § 537 Anm C III, andererseits Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 13. Aufl, § 140 III 3 b, S 848, jeweils mwN). Der Senat braucht auch nicht zu entscheiden, ob es sich bei dem von der Klägerin als "Hilfsantrag" gestellten Antrag überhaupt um einen echten und als solchen zulässigen Hilfsantrag handelt (vgl dazu Rosenberg/Schwab aaO § 100 III 3, S 575).
Hier hat die Klägerin im Revisionsverfahren ausdrücklich eine Entscheidung des Revisionsgerichts über ihren "Hilfsantrag" begehrt; die Beklagte zu 1), gegen die sich dieser Antrag richtet, hat dem Begehren nicht widersprochen. Daß bei übereinstimmender Willensrichtung der Beteiligten das Rechtsmittelgericht einen von der Vorinstanz nicht erledigten Teil des Rechtsstreits an sich ziehen kann, hat das BSG schon wiederholt entschieden (BSGE 27, 146, 149; SozR 2200 § 313a Nr 6, vgl auch SozR 5310 § 6 Nr 2). Im vorliegenden Fall war im übrigen die Frage, ob der Klägerin der von ihr "hilfsweise" beanspruchte Beitragszuschuß zusteht, schon bei der Entscheidung über ihren Hauptantrag mit zu prüfen. Es wäre deshalb auch unter dem Gesichtspunkt der Prozeßökonomie nicht sinnvoll, allein wegen des "Hilfsantrags" den Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen und ihm insoweit die Entscheidung zu überlassen.
Ein Anspruch der Klägerin auf Beitragszuschuß nach § 83e AVG ist nicht begründet. Ihr Rentenanspruch beruht nur auf Beiträgen, die nach Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG nachentrichtet worden sind. In der ab 1. Juli 1977 geltenden Fassung des Absatzes 4 dieser Vorschrift ist ausdrücklich bestimmt, daß eine solche Rente nicht als Rente iS von § 83e AVG gilt. Die von der Klägerin hiergegen vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken überzeugen nicht. Die Vorschrift greift nicht in verfassungsrechtlich geschützte Positionen der Klägerin ein. Als sie nämlich durch Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG im Jahre 1975 der Angestelltenversicherung beitrat, war bereits durch Abs 4 der genannten Vorschrift (idF des RRG vom 16. Oktober 1972) bestimmt, daß eine Rente, deren Wartezeit ohne Anrechnung von nachentrichteten Beiträgen nach Abs 2 dieser Vorschrift nicht erfüllt ist und bei der auch die Halbdeckung nach § 36 Abs 3 AVG nicht vorliegt, nicht als Rente iS des - ab 1. Juli 1977 durch § 83e AVG (= 1304e RVO) ersetzten - § 381 Abs 4 RVO gilt, daß der Bezug einer solchen Rente also schon damals nicht zu einem Beitragszuschuß berechtigte. Die in Art 2 § 49a Abs 4 AnVNG (= Art 2 § 51 Abs 4 ArVNG) getroffene Regelung liegt auch sonst im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers und verletzt keine verfassungsrechtlich geschützten Grundrechte (BSG SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 1). Da sonach die Klägerin von Anfang an nicht zu dem zuschußberechtigten Personenkreis gehörte, was sich eindeutig aus dem Gesetz ergab, kann sie sich nicht darauf berufen, sie habe mit ihrer Beitragsnachentrichtung auch einen Anspruch auf Beitragszuschuß erlangen wollen.
Demnach ist auch das Urteil des SG vom 30. Juli 1981 zu bestätigen und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen