Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung eines Anspruchs auf Geldleistung. erforderliche Reisekosten
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Linderung krankheitsbedingter Beschwerden und damit zur Krankenpflege iS von § 182 Abs 1 Nr 1 RVO gehört die ärztlich verordnete Beschäftigungstherapie in Form der Eßtherapie auch, wenn sie dazu dient, durch Unterweisung des Pflegepersonals in der passiven Ernährung und Lagerung des Betreuten die für diesen bislang unangenehme Art der Nahrungsaufnahme zu verbessern.
2. Ist am gleichen Tag der Transport eines Schwerbehinderten in eine Sonderkindertagesstätte (zur Betreuung) und in das ihr angegliederte Behandlungszentrum (zur ärztlich verordneten Behandlung) erforderlich, so verdrängt die Pflicht der Krankenkasse zur Übernahme der im Zusammenhang mit ihrer Leistung erforderlichen Fahrkosten (§ 194 Abs 1 S 1 RVO) die Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers; auf die Dauer der Betreuung und der Behandlung kommt es nicht an.
Orientierungssatz
1. Stützt ein Sozialleistungsträger im Widerspruchsverfahren seinen Anspruch auf einen abgetretenen Familienhilfeanspruch (hier: Transportkosten), so unterliegt der übertragene Anspruch der bescheidmäßig zu vollziehenden Beurteilung durch den Versicherungsträger.
2. Versicherte können lediglich die durch die medizinische Behandlung "erforderlich" gewordenen Mehrkosten des Transports verlangen, dh, sie müssen sich die ohnehin aus anderen Gründen entstandenen "normalen" Fahrkosten anrechnen lassen (vgl BSG vom 1983-02-09 5a RKn 24/81 = SozR 2200 § 194 Nr 9).
Normenkette
RVO § 182 Abs 1 Nr 1 Fassung: 1974-08-07, § 194 Abs 1 S 1 Fassung: 1974-08-07; BSHG § 2; RVO § 182 Abs 2 Fassung: 1930-07-26
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 23.02.1982; Aktenzeichen L 6 Kn 51/81) |
SG Gießen (Entscheidung vom 22.07.1981; Aktenzeichen S 6 Kn 129/80) |
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Erstattung von Fahrkosten. Diesen macht die Klägerin als Träger einer Sonderkindertagesstätte für behinderte Kinder gegenüber dem beklagten Krankenversicherungsträger mit der Begründung geltend, am 10. und 17. Juli sowie am 23. August 1979 sei der schwer cerebral geschädigte Sohn R. des Beigeladenen zu 2), einer ärztlich verordneten, von der Beklagten genehmigten und hinsichtlich der Behandlungskosten auch getragenen Beschäftigungstherapie unterzogen worden. Da die Therapie in einem Behandlungszentrum erfolgt sei, das der Sonderkindertagesstätte angegliedert sei, deren Kostenträger nach § 100 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) der Beigeladene zu 1) sei, müsse die Beklagte die anteiligen Fahrkosten in Höhe von 74,20 DM erstatten. Dies lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 31. Juli 1980 ab, weil der von der Klägerin durchgeführte tägliche Sammeltransport von der elterlichen Wohnung zur Sonderkindertagesstätte das rechtliche Schicksal der Unterbringung teile.
Widerspruch und Klage blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. November 1980, Urteil des Sozialgerichts -SG- Gießen vom 22. Juli 1981). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) für das Land Niedersachsen das Urteil des SG dahin geändert, daß der Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben wurde; die weitergehende Berufung der Klägerin hat das LSG jedoch zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die Ablehnung des Erstattungsanspruchs habe nicht im Wege des Bescheides und Widerspruchsbescheides erfolgen dürfen, weil die Klägerin der Beklagten gegenüber hinsichtlich des Erstattungsanspruchs nicht untergeordnet sei; diese Bescheide seien daher aufzuheben. Sachlich sei jedoch die Ablehnung des Erstattungsanspruchs zutreffend. Der Beigeladene zu 2), der im Widerspruchsverfahren seinen Anspruch auf Erstattung von Fahrkosten gegen die Beklagte der Klägerin abgetreten habe, habe nämlich im Rahmen der Familienhilfe einen Anspruch auf Beschäftigungstherapie als Heilmaßnahme nicht gehabt. Beschäftigungs- und Bewegungstherapie seien nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Mai 1976 (BSGE 42, 16) nur bei gezieltem Einsatz zur Bekämpfung der Krankheit Maßnahmen der Krankenpflege. Hier habe die beschäftigungstherapeutische Behandlung aber nur darin bestanden, die Mitarbeiter der Kindertagesstätte darüber zu unterrichten, wie sie R. am besten füttern könnten, da dies zuvor in einer für ihn unangenehmen Weise erfolgt sei. Ferner seien die Mitarbeiter über das richtige Sitzen und Lagern des R. informiert worden. Die Fahrkosten seien für die Beschäftigungstherapie nicht erforderlich iS von § 194 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gewesen. Ähnlich den Kosten des Rücktransportes eines während des Auslandsurlaubs erkrankten Versicherten an seinen Wohnort (BSGE 47, 79; 48, 139) seien nämlich die für R. entstandenen Fahrkosten an den Behandlungstagen primär nicht der Behandlung, sondern der Betreuung in der Sonderkindertagesstätte zuzurechnen. Denn im Vergleich zur ganztägigen Betreuung sei die jeweils nur 45 Minuten dauernde Beschäftigungstherapie nicht wesentliche Bedingung des Transports. Deshalb komme es auf den Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 BSHG) nicht mehr an. Die Vereinbarung über die Kostenteilung bei Untersuchung und Behandlung cerebral Geschädigter in Sonderkindertagesstätten und Spastikerzentren sowie deren Behandlungsstellen vom 12. Dezember 1977 führe wegen der darin enthaltenen Verweisung auf das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung hinsichtlich der Fahrkosten zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin, das LSG habe den Begriff der Heilmaßnahme verkannt, weil es nicht beachtet habe, daß die Beschäftigungstherapie auf Linderung der Folgen der cerebralen Lähmung des R. bei der Nahrungsaufnahme gerichtet war. Die Fahrkosten seien auch erforderlich iS von § 194 RVO gewesen, denn die vom LSG angewandte Ursachenlehre müsse hier dem Grundsatz des Nachrangs des Sozialleistungsträgers (§ 2 BSHG) weichen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 23. Februar 1982 und des Urteils des Sozialgerichts Gießen vom 22. Juli 1981 zu verurteilen, an die Klägerin 74,20 DM zu zahlen; hilfsweise, die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält mit dem LSG eine Maßnahme der Heilbehandlung nicht für gegeben und den Transport des R. zur Sonderkindertagesstätte aus Anlaß der Heilbehandlung nicht für erforderlich.
Der Beigeladene zu 1) schließt sich der Auffassung und den Anträgen der Klägerin an.
Hilfsweise beantragt er zusätzlich, die Beklagte zur Zahlung von 74,20 DM an den Beigeladenen zu 1) zu verurteilen.
Der Beigeladene zu 2) ist im Revisionsverfahren nicht gemäß § 166 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vertreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet.
Die Beklagte ist unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen zur Zahlung des geforderten Betrages von 74,20 DM an die Klägerin zu verurteilen.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die Stellungnahme eines Sozialleistungsträgers zum Erstattungsanspruch eines anderen Sozialleistungsträgers nicht durch Verwaltungsakt, sondern auf der Ebene Gleichgeordneter durch Willenserklärung erfolgt. Hier hat aber die Klägerin im Widerspruchsverfahren ihren Anspruch auf den ihr vom Beigeladenen zu 2) abgetretenen Familienhilfeanspruch in bezug auf die Transportkosten gestützt. Eine derartige Übertragung eines Anspruchs auf Geldleistung war - wie das LSG richtig erkannt hat - gemäß § 53 Abs 2 Nr 1 des Sozialgesetzbuches -Allgemeiner Teil- (SGB 1) zulässig. Dieser übertragene Anspruch unterliegt indes der bescheidmäßig zu vollziehenden Beurteilung durch den Versicherungsträger. Da die Klägerin diesen Anspruch seit dem Widerspruchsverfahren in erster Linie verfolgt hat, muß der Widerspruchsbescheid dahin verstanden werden, daß er sich - und nunmehr auch den angefochtenen Bescheid der Beklagten - auf den der Klägerin übertragenen Anspruch des Versicherten auf Transportkosten im Rahmen der Familienhilfe bezieht. Zu Recht hat die Beklagte darüber hoheitlich - durch Verwaltungsakt - entschieden, denn die - zulässige - Übertragung eines Leistungsanspruchs aus der Sozialversicherung ändert nichts an der Regelungsbefugnis des zuständigen Sozialversicherungsträgers. Die vom LSG ausgesprochene Aufhebung der Bescheide der Beklagten kann deshalb keinen Bestand haben.
Neben dem abgetretenen Anspruch auf Ersatz der Kosten des Transports zur Heilbehandlung im Rahmen der Familienhilfe kommen als Rechtsgrundlage des Klageanspruchs zwar womöglich auch die mit Wirkung vom 1. Juli 1983 an für bereits begonnene Verfahren geltenden §§ 102 ff des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 10) in Betracht, das die Bestimmung des früheren § 1531 RVO aufgehoben und ersetzt hat (vgl SGB 10, Art II §§ 3 Nr 1 21, SGB 10). Indessen bedarf es eines näheren Eingehens hierauf nicht, weil sich bereits der vom Beigeladenen zu 2) auf die Klägerin übertragene Anspruch als begründet erweist.
Nach § 20 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) führt die Beklagte die Krankenversicherung nach den Vorschriften der RVO durch. Gegenstand der Versicherung ist gemäß § 179 Abs 1 Nr 2 RVO ua die Gewährung von Krankenhilfe. Als Krankenhilfe wird gemäß § 182 Abs 1 Nr 1 die Krankenpflege gewährt, welche die Dienstleistungen und Sachmittel umfaßt, die erforderlich sind, um die Krankheit zu heilen, zu bessern oder zu lindern (vgl hierzu BSGE 26, 240, 242, 243 mwN). Nach den Feststellungen des LSG leidet R. an einer schweren cerebralen Schädigung, die ua zur Folge hatte, daß das übliche Füttern durch Pflegepersonen bei Berücksichtigung des für ihn richtigen Sitzens und Lagerns in einer für ihn unangenehmen Weise erfolgte. Die Beschäftigungstherapie bestand nach den Feststellungen des LSG vornehmlich in einer Eßtherapie: Die Mitarbeiter der Gruppe der Sonderkindertagesstätte, in der sich R. befand, wurden von einer Beschäftigungstherapeutin unterrichtet, wie er am besten zu füttern sei. Das Umstellen der passiven Ernährung von der bisherigen und für den schwerbehinderten R. unangenehmen auf eine für ihn weniger unangenehme Methode stellt aber eine Linderung der durch seine Krankheit bedingten Beschwerden dar. Denn anders als die fachkundige Hilfe zur Beschäftigung (BSGE 42, 16, 18) dient die Verbesserung der passiven Nahrungsaufnahme dem besseren Ausgleich einer durch die schwere cerebrale Schädigung stark behinderten elementaren Lebensfunktion und lindert somit die leidensbedingten Behinderungen und Erschwernisse auf diesem Gebiet. Dies rechtfertigt es, die auf ärztliche Verordnung hin bei R. durchgeführte Eßtherapie der Heilbehandlung zuzurechnen. Dazu ist die Beklagte somit dem Beigeladenen zu 2) gegenüber unter dem Gesichtspunkt der Familienhilfe (§ 205 RVO) verpflichtet gewesen. Sie hat dies auch anerkannt, indem sie die Kosten der Behandlung in voller Höhe übernommen hat.
Dabei ist unbeachtlich, daß die Beklagte nach § 1 Abs 1 der Vereinbarung über die Kostenteilung bei Untersuchung und Behandlung Cerebralgeschädigter in Sonderkindertagesstätten und Spastikerzentren sowie deren Behandlungsstellen vom 12. Dezember 1977 bei krankenversicherten Cerebralgeschädigten in solchen Fällen davon absieht, durch sozialärztliche Gutachten zu prüfen, ob eine Krankheit iS des 2. Abschnitts des II. Buches der RVO besteht. Denn die Beklagte ist nicht befugt, im Einzelfall Leistungen zu erbringen, ohne daß die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen (vgl § 20 RKG iVm §§ 182 Abs 2, 364 Abs 1 und § 31 SGB 1). Die Regelung in § 1 Abs 1 der genannten Vereinbarung kann deshalb nur so verstanden werden, daß die Beklagte als Träger der Krankenversicherung in den dort aufgeführten Fällen ihre gesetzliche Leistungspflicht allgemein bejaht und deswegen eine sozialärztliche Begutachtung im Einzelfall nicht für erforderlich hält. Damit ist aber die Behandlung des schwer cerebral geschädigten Sohnes des Beigeladenen zu 2) in Form der Eßtherapie eine Leistung der Krankenkasse iS des § 194 Abs 1 Satz 1 RVO.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen und der Beklagten waren die geltend gemachten Fahrkosten auch im Zusammenhang mit der Gewährung dieser Leistung iS der genannten Vorschrift erforderlich. Die verordnete Behandlung konnte nämlich dem R. nur zuteil werden, wenn entweder ein Beschäftigungstherapeut sich zu ihm in die Wohnung begab oder wenn R. in das der Sonderkindertagesstätte angegliederte Behandlungszentrum gebracht wurde. Daß Hausbesuche eines Beschäftigungstherapeuten bei R. weniger Fahrkosten verursacht hätten als die hier geltend gemachten 74,20 DM oder daß R. per Einzeltransport mit Begleitperson unter geringeren Fahrkosten zu einem seinem Wohnort näheren Behandlungstherapeuten hätte gelangen können, als durch den Sammeltransport zum Behandlungszentrum der Klägerin, ist von der Beklagten nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Schon aus diesem Grunde können die vom LSG zitierten Entscheidungen des BSG über den Heimtransport eines auf der Urlaubsreise im Ausland erkrankten Versicherten (BSGE 47, 79 = SozR 2200 § 194 Nr 3) und über den Weitertransport in ein Krankenhaus, das nicht der Voraussetzung des § 184 Abs 2 RVO entsprach (BSGE 48, 139 = SozR 2200 § 194 Nr 4), das angefochtene Urteil nicht stützen.
Auch mit der Theorie der wesentlichen Bedingung, die in der Rechtsprechung zur Unfallversicherung und zur Kriegsopferversorgung zu Abgrenzungszwecken entwickelt worden ist, kann die angefochtene Entscheidung nicht gerechtfertigt werden. Dieses Abgrenzungskriterium kann nämlich dann keine Bedeutung haben, wenn gesetzlich eine andere Abgrenzung - insbesondere eine andere Rangfolge der Leistungspflicht - vorgeschrieben ist. Das trifft im Verhältnis der Sozialhilfeträger zu den Trägern der Sozialversicherung nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 2 BSHG zu (vgl BSGE 31, 112, 114 = SozR Nr 27 zu § 184 RVO Aa 20; SozR Nr 34 aaO). Auf die Frage, welche Zeit der Aufenthalt in der Sonderkindertagesstätte und welche Zeit die ärztlich verordnete Eßtherapie in Anspruch genommen haben, kommt es unter diesen Umständen nicht an.
R. mußte an den drei Behandlungstagen sowohl zur Betreuung in die Sonderkindertagesstätte als auch zur Therapie in das dieser Einrichtung angeschlossene Behandlungszentrum gebracht werden. Die streitigen Fahrkosten waren somit iS von § 194 Abs 1 Satz 1 RVO im Zusammenhang mit der Gewährung der Heilbehandlung durch die Beklagte erforderlich. Dafür genügt allerdings nicht stets eine räumliche Entfernung zwischen Wohn- und Behandlungsort. Das folgt aus dem Wesen der krankenversicherungsrechtlichen Solidargemeinschaft. Sie stellt den Versicherten nämlich nur von den Belastungen frei, die ihm ohne die Versicherung aus der eigenen und der Krankheit seiner Familienangehörigen iS von § 205 RVO konkret entstehen würden. Er erhält nur das Ausreichende, Zweckmäßige und Notwendige an Krankenpflege (§ 182 Abs 2 RVO) und nur das Erforderliche an Reisekosten (§ 194 RVO). Dafür ist seine Lebenssituation beim Einsetzen der Behandlungsbedürftigkeit maßgebend. Das kommt auch in den §§ 184 Abs 2 Satz 2, 185 Abs 1 und 3, 185b Abs 1 und 2, 185c Abs 1 RVO zum Ausdruck. Beginnt etwa die Behandlungsbedürftigkeit an einem Feiertag, während sich der Versicherte an seinem Wohnort aufhält, wird die Fahrt zur nächstgelegenen Behandlungsmöglichkeit vom Wohnort aus "erforderlich". Hält sich der Versicherte aber an diesem Tag zufällig in der Nähe einer Behandlungsmöglichkeit auf, ist nur der kürzere Weg dorthin "erforderlich". Entsprechendes gilt an Werktagen und auch für Familienangehörige iS von § 205 RVO. Auch den ohnehin konkret anfallenden Ortswechsel - etwa die tägliche Fahrt zur Arbeit in die Stadt - muß der Versicherte sich - abgesehen von Notfällen - in der Frage der "erforderlichen" Reisekosten anrechnen lassen. In diesen Fällen kann der Versicherte lediglich die durch die medizinische Behandlung "erforderlich" gewordenen Mehrkosten des Transports verlangen, dh, er muß sich die ihm ohnehin aus anderen Gründen entstandenen "normalen" Fahrkosten anrechnen lassen (vgl hierzu das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des Senats vom 9. Februar 1983 - 5a RKn 24/81 -).
Zur konkreten Lebenssituation des Versicherten gehören zwar auch die ihm von einem Sozialhilfeträger verschafften Ortswechsel. So sind für den in einem Heim des Sozialhilfeträgers untergebrachten Versicherten die Kosten der Reise in ein Spezialkrankenhaus vom Heim - nicht von der Wohnung des Versicherten - aus erforderlich, auch wenn dies der weitere Weg sein sollte. Handelt es sich aber wie im vorliegenden Fall darum, daß der Transport von der Wohnung an einen anderen Ort sowohl Zwecken der Sozialhilfe als auch der Heilbehandlung dient, dann greift der von § 2 BSHG festgelegte Nachrang der Sozialhilfe gegenüber allen anderen Sozialleistungen Platz. Daraus folgt, daß der Versicherte mangels eines Anspruchs gegen den Sozialhilfeträger auf Durchführung des Transports (vgl § 2 Abs 2 BSHG) nur den krankenversicherungsrechtlichen Anspruch aus § 194 RVO hat. Unter diesen Umständen kann nicht bezweifelt werden, daß die Kosten des Transports erforderlich im Sinne dieser Bestimmung sind. Der Anspruch der Klägerin erweist sich demnach hier aus dem ihr übertragenen Anspruch auf Reisekosten nach § 194 Abs 1 Satz 1 RVO als begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1658809 |
BSGE, 241 |
Breith. 1984, 637 |