Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung des Arbeitslosengeldes bei Beschäftigung neben (während) der Berufsausbildung. unbillige Härte
Orientierungssatz
1. Beschäftigungen, die neben oder im Wechsel mit einer Berufsausbildung ausgeübt werden, um die finanziellen Mittel für die Durchführung der Ausbildung zu erzielen, werden von § 112 Abs 5 Nr 2 AFG nicht erfaßt; diese Vorschrift begünstigt vielmehr nur Entgelte, die als Vergütung für eine - beitragspflichtige - Beschäftigung zur Berufsausbildung erzielt werden.
2. Um festzustellen, ob eine unbillige Härte vorliegt, ist das für den Bemessungszeitraum ermittelte Arbeitsentgelt dem Arbeitsentgelt gegenüberzustellen, das der Arbeitslose aus der überwiegend ausgeübten beruflichen Tätigkeit erzielt hat (vgl BSG 1977-10-06 7 RAr 82/76 = BSGE 45, 49).
Normenkette
AFG § 112 Abs 5 Nr 2 Fassung: 1974-08-07; AFG § 112 Abs 7 Fassung: 1969-06-25
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Kläger zu gewährenden Arbeitslosengeldes (Alg).
Der Kläger studierte vom Wintersemester (WS) 1974 bis WS 1977 an der Fachhochschule F. Sozialpädagogik und bestand am 2. Februar 1978 das Examen als Sozialpädagoge. In der Zeit vom 1. Oktober 1973 bis 31. Juli 1975 war er als Aushilfsangestellter bei der Stadt F. beschäftigt, und zwar in der Zeit vom 1. Oktober 1973 bis 30. September 1974 21 Stunden wöchentlich, sowie in der Zeit bis zum 31. Juli 1975 20 Stunden wöchentlich. Im Lohnabrechnungszeitraum Juli 1975 betrug das Monatsentgelt 814,82 DM.
Am 3. Februar 1978 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg. Dieses wurde ihm von der Beklagten unter Zugrundelegung eines Arbeitsentgelts von 814,82 DM nach einem dynamisierten Bemessungsentgelt von wöchentlich 230,-- DM gewährt.
Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers, mit denen er die Gewährung höheren Alg auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 460,-- DM geltend gemacht hat, hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 1978; Urteil des Sozialgerichts -SG- Gießen vom 1. März 1979; Urteil des Hessischen Landessozialgerichts -LSG- vom 24. April 1980). Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Maßgeblicher Abrechnungszeitraum iS des § 112 Abs 3 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) sei der Monat Juli 1975. Als maßgebliche Arbeitszeit iS von § 112 Abs 4 Nr 3 AFG sei zu Recht eine solche von 20 Stunden wöchentlich zugrundegelegt worden; denn während des Beschäftigungsverhältnisses bei der Stadt F. sei nicht nur vorübergehend eine geringere als die tarifliche oder übliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vereinbart gewesen.
Ein Tatbestand, der in Ausnahme von den in § 112 Abs 2 bis 4 AFG enthaltenen Grundsätzen die Berücksichtigung eines höheren Arbeitsentgelts als des im Bemessungszeitraum erzielten bzw einer höheren Arbeitszeit als der im Bemessungszeitraum maßgeblichen zulasse, sei nicht gegeben. Insbesondere könne keine der in § 112 Abs 5 AFG genannten Regelungen, die unter bestimmten Voraussetzungen die Berücksichtigung eines höheren Arbeitsentgelts zuließen, Anwendung finden. Diese Bestimmung enthalte einen abschließenden Katalog von Fallgestaltungen spezieller Art, der eine Erweiterung auf ähnliche Fallgestaltungen wie die des Klägers nicht zulasse. Darüber hinaus sei auch eine unmittelbare Anwendung des § 112 Abs 7 AFG, der ausnahmsweise nicht auf ein tatsächlich erzieltes, sondern auf das für den Betroffenen erzielbare Arbeitsentgelt abstelle, nicht möglich. Der Gesetzgeber habe die für die Anwendung dieser Bestimmung erforderliche unbillige Härte derart festgelegt, daß das nach § 112 Abs 2 und 3 AFG ermittelte Bemessungsentgelt in einem Mißverhältnis zu dem Entgelt stehen müsse, das der Arbeitslose aus dem innerhalb der letzten drei Jahre vor der Arbeitslosmeldung überwiegenden ausgeübten beruflichen Tätigkeit erzielt habe. Damit sei das während des maßgeblichen Bemessungszeitraums ermittelte Entgelt vergleichsweise dem Entgelt gegenüberzustellen, das für den angeführten Dreijahreszeitraum kennzeichnend sei. Dies müsse entsprechend für Fallgestaltungen gelten, in denen die Arbeitszeit innerhalb der genannten Zeiträume schwanke. Schwankungen der genannten Art seien im Falle des Klägers nicht gegeben. Deshalb komme es nicht mehr darauf an, welches Entgelt der Kläger nach Abschluß des Studiums erzielen könne; entscheidend sei auch nicht, daß er gegenüber seiner früheren, die Leistung von Alg begründenden Beschäftigung nunmehr vollschichtig der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen könne. Diese Fallgestaltungen seien von § 112 Abs 7 AFG nicht erfaßt. Weitergehende Rechte könnten schließlich auch nicht im Wege des Umkehrschlusses aus § 112 Abs 8 AFG hergeleitet werden.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 112 Abs 5 und Abs 7 AFG. In § 112 Abs 5 Nr 2 AFG sei bestimmt, daß für die Feststellung des Arbeitsentgelts für die Zeit einer Beschäftigung zur Berufsausbildung mit bestandener Abschlußprüfung 75 % des fiktiven Arbeitsentgelts zugrundezulegen sei. Diese Bestimmung grenze den Begriff Berufsausbildung nicht dahingehend ein, daß hierunter ein Studium nicht zu verstehen wäre; denn im allgemeinen zähle auch ein Studium zur Berufsausbildung. Er sei auch "zur" Berufsausbildung beschäftigt gewesen, da er ohne diese Beschäftigung finanziell nicht in der Lage gewesen sei, das Studium zu absolvieren. Deshalb sei das ihm zustehende Alg zumindest aus 75 % des nach dem Studium erzielbaren Arbeitsentgelts zu berechnen. Wenn demgegenüber das LSG davon ausgehe, daß das 4. AFG-ÄndG in § 112 Abs 5 Nr 2 AFG ein Studium und eine das Studium ermöglichende Halbtagsarbeit nicht erfaßt habe, müsse - wie sich aus der Regierungserklärung zum 4. AFG-ÄndG (BT-Drucks 8/857, S 8) ergebe - für das Studium noch das vor dem Inkrafttreten des 4. AFG-ÄndG geltende Recht Anwendung finden. Danach sei das Alg eines Studierenden nach Abschluß des Studiums nach dem Tariflohn derjenigen Beschäftigung zu bemessen, die von dem Betreffenden aufgrund seines abgeschlossenen Studiums ausgeübt werden könne.
Darüber hinaus sei auch § 112 Abs 7 AFG in seinem Falle anwendbar. Diese Bestimmung, die unbillige Härten bei der Berechnung des Alg verhindern wolle, habe entgegen der Auffassung des LSG die tatbestandlichen Voraussetzungen einer unbilligen Härte nicht abschließend geregelt, sondern lediglich durch ein Regelbeispiel umrissen. Dies werde durch den Sinn der Vorschrift bestätigt. Da von § 112 Abs 5 AFG nur jeweils bestimmte Personengruppen erfaßt seien, habe mit § 112 Abs 7 AFG - gleichsam als Auffangtatbestand - eine Regelung zur Verfügung gestellt werden sollen, die auch für die nichterfaßten Personengruppen die Möglichkeit eines Ausgleichs unbilliger Härten zulasse. Bei anderer Auslegung, wie sie das LSG vorgenommen habe, ergebe sich eine Gesetzeslücke, die der Gesetzgeber nicht gewollt habe und die deshalb durch eine analoge Anwendung der der jeweiligen Gestaltung am nächsten kommenden Vorschrift des § 112 AFG zu schließen sei. Dafür, daß der Gesetzgeber den Fall eines Studierenden, der sich sein Studium durch eine Halbtagsbeschäftigung verdient habe und nach Abschluß des Studiums arbeitslos geworden sei, nicht habe erfassen wollen, bestünden keine Anhaltspunkte. Bei ihm nur die Teilzeitbeschäftigung bei der Bemessung des Alg zu berücksichtigen, sei nicht nur unbillig hart, sondern stehe auch mit der Regelung des § 136 Abs 2 AFG in Widerspruch, wonach bei der Arbeitslosenhilfe (Alhi) eines vergleichbar Beschäftigten das fiktive Arbeitseinkommen nach § 112 Abs 7 AFG zugrundezulegen sei. Daß der Bezieher von Alhi habe günstiger gestellt werden sollen als der von Alg, könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. Deshalb müsse die Bemessung seines Alg, wenn nicht nach § 112 Abs 5 Nr 2 AFG, so doch zumindest nach § 112 Abs 7 AFG erfolgen. Nach beiden Bestimmungen habe er Anspruch auf Auszahlung des beantragten Alg.
Der Kläger beantragt, die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. April 1980 und des Sozialgerichts Gießen vom 1. März 1979 aufzuheben sowie den Bescheid vom 5. April 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 1978 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 46O,-- DM wöchentlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, § 112 Abs 5 Nr 2 AFG begünstige nur Beschäftigungen "zur" Berufsausbildung. Das ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift. Nach deren ursprünglicher Fassung habe sie Bedeutung nur "... für die Zeit einer Beschäftigung als Lehrling ...". Aus der Begründung (s BR-Drucks 517/73, S 78) zu der Änderung des § 112 Abs 5 Nr 2 durch das Rehabilitations-Angleichungsgesetz (RehaAnglG) ab 1. Oktober 1974 ergebe sich, daß diese Bestimmung nur zur Berufsausbildung Beschäftigte erfasse, die während der Berufungsausbildung eine Ausbildungsvergütung erzielt hätten, dh "zur" Berufsausbildung beschäftigt gewesen seien. Der Kläger habe keine Beschäftigung zur Berufsausbildung in diesem Sinne, sondern eine Beschäftigung "während" der Berufsausbildung ausgeübt. Der § 112 Abs 7 AFG sei in Fällen wie dem des Klägers, wie das LSG zu Recht angenommen habe, nicht anwendbar; er enthalte keine allgemeine Klausel für die Beseitigung von Härten.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Zu Recht hat das LSG die Berufung des Klägers, die vom SG gemäß § 150 Nr 1 SGG zugelassen war und daher ungeachtet des § 147 SGG statthaft war, zurückgewiesen. Das SG mußte die Klage abweisen, weil die angefochtenen Bescheide nicht rechtswidrig sind. Dem Kläger steht kein höheres Alg zu.
Das der Bemessung des Alg zugrundezulegende Arbeitsentgelt ist das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt (§ 112 Abs 2 Satz 1 AFG in der durch Art 27 Nr 9 Buchst b des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz -EG-EStRG- vom 21. Dezember 1974, BGBl I 3556 geänderten ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1969, BGBl I 582). Bemessungszeitraum sind die letzten, am Tage des Ausscheidens des Arbeitnehmers abgerechneten, insgesamt 2O Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs (§ 112 Abs 3 Satz 1 AFG). Die Änderungen, die § 112 Abs 2 Satz 1 und Abs 3 Satz 1 AFG durch Art 1 § 1 Nr 40 des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung -AFKG- vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) erfahren hat, finden nach Art 1 § 2 Nr 11 AFKG keine Anwendung, da der Anspruch des Klägers vor dem 1. Januar 1982 entstanden ist. Aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die nicht angegriffen worden sind, ergibt sich, daß maßgeblicher Bemessungszeitraum iS von § 112 Abs 3 Satz 1 AFG der Monat Juli 1975 ist; in diesem Monat hat der Kläger 814,82 DM Arbeitsentgelt in 86,67 Arbeitsstunden (= 20 Arbeitsstunden wöchentlich) erzielt. Als maßgebliche Arbeitszeit iS von § 112 Abs 2 Satz 1 AFG sind 20 Arbeitsstunden wöchentlich zugrundezulegen; denn bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bei der Stadt F. war nicht nur vorübergehend eine geringere als die tarifliche oder übliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vereinbart, so daß gem § 112 Abs 4 Nr 3 AFG die vereinbarte Arbeitszeit von 20 Wochenstunden bei der Bemessung des Alg zu berücksichtigen ist.
Die Beklagte hat daher zutreffend auf der Grundlage des im Juli 1975 erzielten Entgelts und der in diesem Monat vereinbarungsgemäß geleisteten wöchentlichen Arbeitsstunden nach § 112 Abs 2 bis 4 AFG, § 112a AFG das Arbeitsentgelt (Wochensatz) für die Bemessung des Alg ermittelt. Ausnahmen, die eine Feststellung des Arbeitsentgelts abweichend von dieser Regelung gem § 112 Abs 5 Nr 2 AFG (in der hier maßgeblichen Fassung des § 36 Nr 11 des RehaAnglG vom 7. August 1974, BGBl I 1881) oder gemäß § 112 Abs 7 AFG (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1969, BGBl I 582) zulassen, liegen nicht vor.
Nach § 112 Abs 5 Nr 2 AFG ist bei der Feststellung des Arbeitsentgelts für die Zeit einer Beschäftigung zur Berufsausbildung mindestens das Arbeitsentgelt nach Abs 7 zugrundezulegen, wenn der Arbeitslose die Abschlußprüfung bestanden hat. Im Falle des Klägers ist jedoch entgegen seiner Auffassung nicht das Arbeitsentgelt für eine Beschäftigung zur Berufsausbildung festzustellen, sondern das Arbeitsentgelt für eine Beschäftigung als Aushilfsangestellter bei der Stadt F., die der Kläger nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG seit WS 1974 neben seinem Studium, dh nicht etwa als Teil seines Studiums oder zu seiner Berufsausbildung ausgeübt hat. Nur wenn das Arbeitsentgelt für eine Beschäftigung "zur" Berufsausbildung festzustellen ist, kann § 112 Abs 5 Nr 2 AFG zur Anwendung kommen. Das Studium selbst ist nicht als eine "Beschäftigung" zur Berufsausbildung in diesem Sinne anzusehen. Entgelte aus Beschäftigungen, die neben oder im Wechsel mit einer Berufsausbildung ausgeübt werden, um die finanziellen Mittel für die Durchführung der Ausbildung zu erzielen, werden von § 112 Abs 5 Nr 2 AFG nicht erfaßt; diese Vorschrift begünstigt vielmehr nur Entgelte, die als Vergütung für eine - beitragspflichtige - Beschäftigung zur Berufsausbildung erzielt werden. Weil die zur Berufsausbildung Beschäftigten aufgrund der während der Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse nach Abschluß der Ausbildung in aller Regel ein höheres Arbeitsentgelt als die für die Ausbildung gewährte Vergütung erzielen könnten, hält es der Gesetzgeber für gerechtfertigt, in diesen Fällen das Alg mindestens nach dem Tariflohn der Beschäftigung zu bemessen, für die der Arbeitslose nach seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung in Betracht kommt. Diese Auslegung wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt. Sowohl § 112 Abs 5 Nr 2 AFG in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes als auch der vordem geltende § 90 Abs 6 Nr 2 AVAVG hatten vorgesehen, daß für die Zeit einer Beschäftigung als Lehrling mindestens ein Arbeitsentgelt von 10 Deutsche Mark wöchentlich zugrundezulegen ist. Die Neufassung des § 112 Abs 5 Nr 2 AFG durch das RehaAnglG bezweckte lediglich, das Alg der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die mit Abschluß ihrer Ausbildung arbeitslos werden, nicht mehr nach der bisher bezogen Vergütung des versicherungspflichtigen Ausbildungsverhältnisses, sondern zumindest nach dem Maßstab des § 112 Abs 7 AFG zu bemessen (vgl Begründung zum Regierungsentwurf des RehaAnglG BT-Drucks 7/1237 S 78; BR-Drucks 517/73 S 78). Eine Begünstigung von Personen, die - wie der Kläger - neben ihrem Studium oder neben ihrer Ausbildung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, hat die Neufassung nicht bringen sollen (vgl auch Urteil des Senats vom 18. März 1982 - 7 RAr 46/81 -, nicht zur Veröffentlichung bestimmt). Daß der Kläger wegen seines Studiums nur ein geringes Entgelt erzielen konnte, weil ihm dieses nur Zeit für eine Halbtagsbeschäftigung ließ, ist daher im Rahmen von § 112 Abs 5 Nr 2 AFG ohne Belang.
Das LSG hat ferner zutreffend entschieden, daß weder die Voraussetzungen der sonstigen in § 112 Abs 5 AFG erfaßten Tatbestände gegeben sind noch unmittelbar für eine von der Regelbemessung abweichende Bemessung des Alg nach § 112 Abs 7 AFG, Raum ist.
Von dem nach § 112 Abs 7 AFG vorgesehenen fiktiv erzielbaren Arbeitsentgelt ist nur dann auszugehen, wenn es mit Rücksicht auf die von dem Arbeitslosen in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung überwiegend ausgeübte berufliche Tätigkeit unbillig hart wäre, das Arbeitsentgelt nach den Absätzen 2 bis 6 des § 112 AFG zugrundezulegen. Um festzustellen, ob eine unbillige Härte vorliegt, ist das für den Bemessungszeitraum ermittelte Arbeitsentgelt dem Arbeitsentgelt gegenüberzustellen, das der Arbeitslose aus der überwiegend ausgeübten beruflichen Tätigkeit erzielt hat (BSGE 45, 49, 54 = SozR 4100 § 112 Nr 6). In den drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung (3. Februar 1975 bis 2. Februar 1978) ist der Kläger sechs Monate lang gleichzeitig Aushilfsangestellter und Student und dreißig Monate lang nur Student gewesen, ohne als Student ein Arbeitsentgelt erzielt zu haben. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob im Hinblick auf die Dreijahresfrist eine Tätigkeit überwiegend erst dann ausgeübt ist, wenn sie länger als anderthalb Jahre gedauert hat, oder ob es genügt, wenn sie lediglich länger als die anderen Tätigkeiten ausgeübt worden ist. Gleichfalls kann dahingestellt bleiben, ob derjenige, der sich einer Ausbildung widmet bzw studiert, überhaupt eine berufliche Tätigkeit iS des § 112 Abs 7 AFG ausübt. An der Voraussetzung für eine Gegenüberstellung des ermittelten Bemessungsentgelts mit dem Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose aus der überwiegend ausgeübten beruflichen Tätigkeit erzielt hat, fehlt es hier schon deshalb, weil der Kläger nur als Aushilfsangestellter, nicht aber als Student Arbeitseinkommen erzielt hat. Daß die Zugrundelegung des im Monat Juli 1975 als Aushilfsangestellter erzielten Entgelts gegenüber dem in den Vormonaten ab Februar 1975 aus der gleichen Tätigkeit erzielten Entgelt eine unbillige Härte bedeutet, wird vom Kläger selbst nicht geltend gemacht.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann die in § 112 Abs 7 AFG vorausgesetzte unbillige Härte nicht darin gesehen werden, daß er wegen seines Studiums nur einer halbschichtigen Tätigkeit nachgehen konnte bzw nach Abschluß des Studiums für eine entsprechende vollschichtige Tätigkeit als Aushilfsangestellter oder gar - wegen des Abschlusses seiner Ausbildung - als Sozialpädagoge zur Verfügung gestanden und dementsprechend ein höheres Entgelt erzielt hätte. Für eine derartige Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 112 Abs 7 AFG mittels Einbeziehung des Arbeitsentgelts, das der Arbeitslose ohne seine Berufsausbildung erzielt hätte oder nach Abschluß seiner Ausbildung erzielen würde, besteht nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung ebenso wie nach ihrem Sinn und Zweck kein Anhalt. Der Grundgedanke des § 112 Abs 7 AFG besteht darin, einen Ausgleich für die Fälle zu schaffen, in denen der Arbeitnehmer gerade in dem verhältnismäßig kurzen Bemessungszeitraum ein wesentlich geringeres Arbeitsentgelt erzielt hat, als es seiner eigentlichen, während des längeren Zeitraumes ausgeübten Tätigkeit entsprochen hätte (vgl BSG SozR Nr 5 zu § 90 AVAVG; BSGE 45, 49 = SozR 4100 § 112 Nr 6). Dies schließt zwar grundsätzlich auch Fälle ein, in denen die für die Berechnung des Alg maßgebende Arbeitszeit im Bemessungszeitraum im Verhältnis zu der von dem Arbeitslosen sonst überwiegend ausgeübten beruflichen Tätigkeit herabgesetzt war (vgl BSG Urteil vom 31. August 1976 - 7 RAr 128/74, nicht veröffentlicht). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Der Kläger war während des Dreijahreszeitraums niemals mehr als 20 Stunden wöchentlich beschäftigt. Daß der § 112 Abs 7 AFG darüber hinaus auch die Fälle erfaßt, in denen das geringe Entgelt darauf beruht, daß wegen einer Ausbildung oder wegen sonstiger - tatsächlicher oder rechtlicher - Bindungen während des Dreijahreszeitraums überhaupt nur bzw überwiegend Teilzeitarbeit verrichtet werden konnte, trifft nicht zu. Die Vorschrift ist nicht, wie der Kläger meint, als eine Art Auffangtatbestand konzipiert, die auch derartige Fälle als Härtefälle berücksichtigt. Hiergegen spricht bereits, daß es sich bei § 112 Abs 7 AFG um eine Ausnahmeregelung handelt, und solche Regelungen grundsätzlich eng auszulegen sind. Darüber hinaus widerspräche eine Berücksichtigung derartiger Umstände der grundsätzlichen und aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung des § 112 AVG ersichtlichen Ausrichtung des Alg an dem vor Eintritt der Arbeitslosigkeit tatsächlich erzielten Einkommen (Versicherungsprinzip).
Gegen eine Auslegung iS des Klägers spricht auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Zwar sollte mit der Formulierung des § 112 Abs 7 AFG, die auf § 90 Abs 7 AVAVG (idF des Zweiten Änderungsgesetzes zum AVAVG vom 7. Dezember 1959, BGBl I 705) zurückgeht, eine gegenüber § 90 Abs 2 AVAVG (idF der Bekanntmachung vom 3. April 1957, BGBl I 321) "großzügigere Behandlung" der Ausgleichsfälle erreicht werden (vgl die Begründung zu Art I Nr 9 des Regierungsentwurfs zum Zweiten ÄndG-AVAVG, BT-Drucks III/1240 S 14). Die Erweiterung gegenüber dem bisherigen Recht bestand jedoch vor allem in der Rechtsfolge, daß nicht mehr allein von dem erzielten Arbeitsentgelt, sondern von dem erzielbaren Arbeitsentgelt auszugehen ist (vgl dazu BSGE 45, 49, 56 ff = SozR 4100 § 112 Nr 6). Außerdem verlangte § 90 Abs 7 AVAVG nF hinsichtlich der Tatbestandsseite der unbilligen Härte nicht mehr, daß die Minderung des Arbeitsentgelts in der Bemessungszeit auf einer Beschäftigung beruhte, die nicht der bisherigen Tätigkeit des Arbeitslosen entsprach; dies läßt die Annahme einer unbilligen Härte auch dann zu, wenn das geringere Entgelt auf Krankheit oder die Art der Tätigkeit zurückzuführen ist (BSG SozR Nr 3 zu § 90 AVAVG; Urteil des Senats vom 25. August 1981 - 7 RAr 59/80 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Daß darüber hinaus mit dem Begriff der unbilligen Härte beabsichtigt war, eine Bemessung des Alg nach dem fiktiv erzielbaren Arbeitsentgelt auch in anderen Fällen zuzulassen, in denen sich zwischen der Bemessung des Entgelts nach den Absätzen 2 bis 6 im Vergleich zu der Bemessung nach dem fiktiven Entgelt gem Abs 7 eine wesentliche Differenz ergibt, läßt sich angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 112 Abs 7 nicht annehmen (vgl BSGE 45, 49, 54 ff = SozR 4100 § 112 Nr 6; aA zu dem im Wortlaut abweichenden § 90 Abs 7 AVAVG nF Dräger/Buchwitz/Schönefelder, AVAVG, § 90 RdNr 21). Die Bemessung muß jedenfalls im Hinblick auf die bisherige Berufstätigkeit bzw das daraus erzielte Entgelt unbillig hart sein, dh zu einer erheblichen Benachteiligung führen. Fehlt es - wie im vorliegenden Falle - an einer derartigen Benachteiligung schon deshalb, weil der Arbeitslose in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung keine andere berufliche Tätigkeit bzw keine Tätigkeit mit längerer Arbeitszeit ausgeübt hat als in dem nach § 112 Abs 3 AFG maßgeblichen Bemessungszeitraum, so kann eine Anwendung des § 112 Abs 7 AFG weder unmittelbar noch mittelbar in Betracht kommen.
Der Einwand des Klägers, der Bemessung eines Anspruchs auf Alhi sei gem § 136 Abs 2 Nr 2 AFG (hier in der ab 1. Januar 1978 geltenden Fassung durch Art 1 Nr 11b des 4. AFG-ÄndG vom 12. Dezember 1977, BGBl I 2557) grundsätzlich das Arbeitsentgelt nach § 112 Abs 7 AFG zugrundezulegen, falls er keinen Anspruch auf Alg hätte, ändert hieran nichts. Der Gesetzgeber hat mit § 136 Abs 2 AFG die früher geltende Bestimmung über die Bemessung der Alhi in § 148 AVAVG vereinfachen wollen (vgl BT-Drucks V/2291 zu § 134 Abs 2 AFG) und hierbei in Kauf genommen, daß Alg-Bezieher (und Bezieher von Anschluß-Alhi) uU schlechter gestellt sind als Empfänger von originärer Alhi. Daß eine derartige Regelung, die den Kläger ungünstiger stellt als wenn er einen originären Alhi-Anspruch hätte, nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) und auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip verstößt, hat der Senat bereits ausgesprochen (vgl Urteil vom 18. März 1982 - 7 RAr 46/81 -).
Zutreffend hat das LSG schließlich entschieden, daß ein Anspruch auf höheres Alg auch nicht im Wege des Umkehrschlusses aus § 112 Abs 8 AFG hergeleitet werden kann.
Nach § 112 Abs 8 Satz 1 AFG, der hier in der bis zum 31. Dezember 1980 geltenden ursprünglichen Fassung anzuwenden ist, ist bei Feststellung des Arbeitsentgelts nach Abs 2 für die Zeit, während der der Arbeitslose wegen tatsächlicher oder rechtlicher Bindungen nicht mehr die Zahl von Arbeitsstunden leisten kann, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im (Regel-)Bemessungszeitraum ergibt, bei der Bemessung des Alg die Zahl von Arbeitsstunden zugrundezulegen, die der Arbeitslose wöchentlich zu leisten imstande ist. Diese Regelung ist Ausdruck des Grundsatzes, daß Leistungen wegen Arbeitslosigkeit nur in dem Umfange zu gewähren sind, in dem eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt möglich ist; der Arbeitslose muß dann, wenn er in der Zeit, für die ihm Alg zusteht, die für die Bemessung seines Alg maßgebliche Anzahl von Arbeitsstunden nicht mehr leisten kann, eine entsprechende Minderung seines Bemessungsentgelts hinnehmen. Diese Vorschrift betrifft damit allein eine Minderung - nicht Erhöhung - des Alg während des Bezuges dieser Leistung und kann schon im Hinblick auf ihren eindeutigen Wortlaut nicht zu der vom Kläger begehrten Rechtsfolge führen, bei der Regelbemessung des Alg nach § 112 Abs 2 und 4 AFG die Anzahl von Arbeitsstunden zugrundezulegen, die er (erst) als Arbeitsloser leisten könnte.
Die von der Beklagten vorgenommene Bemessung des Alg ist daher nicht zu beanstanden. Über die Bemessung der Anschluß-Alhi, die die Beklagte mit Bescheid vom 22. Mai 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 1978 bewilligt hat, ist hier nicht zu entscheiden. Die gegen diese Bescheide erhobene Klage ist vom SG Gießen mit Urteil vom 13. Dezember 1979 (S 5 Ar 161/78) abgewiesen worden.
Nach allem war die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen