Leitsatz (amtlich)

Die Erstattung der Angestelltenversicherungsbeiträge an die Versicherte wegen Heirat nach AVG § 47 in Verbindung mit § 46 idF des Gesetzes vom 1936-12-23 (RGBl 1 1128) ließ die Wirksamkeit von Beiträgen, welche die Versicherte von 1931 bis 1937 zur damaligen Invalidenversicherung geleistet hatte, auch dann unberührt, wenn die Invalidenversicherungsbeiträge die Anwartschaft in der Angestelltenversicherung erhalten und damit die Leistungsvoraussetzungen für den Erstattungsanspruch mitbegründet hatten.

 

Normenkette

AVG § 46 Fassung: 1936-12-23, § 47 Fassung: 1934-05-17; RVO § 1309a Fassung: 1937-12-21

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 10. Juli 1968 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

Die Klägerin bezieht seit dem 1. November 1964 eine Rente aus der Rentenversicherung der Angestellten wegen Berufsunfähigkeit (BU). Streitig ist die Höhe dieser Rente; im einzelnen geht es darum, ob bei der Rentenberechnung Beiträge zu berücksichtigen sind, welche die Klägerin in den Jahren von 1931 bis 1937 zur damaligen Invalidenversicherung (JV - jetzt Rentenversicherung der Arbeiter) geleistet hat, oder ob diese Beiträge, wie die Beklagte meint, außer Ansatz bleiben müssen, weil sie im Jahre 1939 im Zusammenhang mit der Erstattung von Angestelltenversicherungs-Beiträgen (AnV-Beiträgen) an die Klägerin "verfallen" sind.

Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) hatte die Klägerin von 1922 bis 1931 Beiträge zur Angestelltenversicherung (AnV) und anschließend bis 1937 Beiträge zur JV entrichtet. Die Beiträge zur AnV sind ihr auf Antrag (vom 26. Juli 1939) anläßlich der im November 1936 erfolgten Heirat am 13. August 1939 zur Hälfte erstattet worden (§ 47 des Angestelltenversicherungsgesetzes alter Fassung - AVG aF). Von 1939 an ist die Klägerin erneut angestelltenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen.

Im Rentenfeststellungsbescheid vom 10. März 1965 ließ die Beklagte nicht nur die bis 1931 geleisteten und erstatteten AnV-Beiträge, sondern auch die von 1931 bis 1937 geleisteten JV-Beiträge unberücksichtigt und begründete dies damit, die Anwartschaft aus den bis 1931 zur AnV geleisteten Beiträgen sei in der Zeit bis zur Heirat der Klägerin nur mit Hilfe der JV-Beiträge erhalten gewesen. Deshalb hätten diese Beiträge nach dem damals geltenden Recht den Erstattungsanspruch mitbegründet und seien ebenso wie die erstatteten AnV-Beiträge verfallen bzw. verbraucht.

Das Sozialgericht (SG) Berlin verurteilte die Beklagte, der Klägerin die Rente unter Anrechnung der von 1931 bis 1937 zur JV entrichteten Beiträge zu gewähren (Urt. v. 17. Januar 1967). Das LSG Berlin wies die Berufung der Beklagten unter Zulassung der Revision zurück: Die AnV-Beiträge der Klägerin seien 1939 noch nach § 47 AVG idF der VO vom 17. Mai 1934 (RGBl I 419) erstattet worden. In Abs. 1 Satz 3 dieser Vorschrift sei gesagt, die Erstattung schließe weitere Ansprüche an die Reichsversicherungsanstalt aus den erstatteten Beiträgen aus. Deshalb könnten die JV-Beiträge der Klägerin durch die Erstattung der AnV-Beiträge nicht verbraucht sein. Dem stehe das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15. Oktober 1957 (BSG 6, 57) nicht entgegen; denn es beziehe sich nur auf die zu demselben Versicherungszweig vor dem 1. Januar 1924 entrichteten, aber nicht erstatteten Beiträge. Die Entscheidung befasse sich nicht mit der hier streitigen Frage, ob durch die Erstattung auch Ansprüche gegen einen anderen Versicherungsträger aus den zu ihm entrichteten Beiträgen ausgeschlossen werden. Auch aus früheren Entscheidungen des Reichsversicherungsamtes (RVA) sei nichts zu entnehmen. Auf die vom SG angeschnittene Frage, ob infolge der Außerkraftsetzung der Anwartschaftsbestimmungen (durch die Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze - RVNG -) auch die s.Zt. nur anwartschaftserhaltenden JV-Beiträge der Klägerin wieder voll gültig geworden sind, komme es nicht an (Urt. v. 10. Juli 1968).

Mit der Revision beantragt die Beklagte,

die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie rügt die Verletzung von § 27 AVG nF i.V.m. § 47 AVG aF. Das Urteil BSG 6, 57 enthalte grundsätzliche und allgemeine Ausführungen über die Rechtsfolgen einer Beitragserstattung. Diese führe zu einem Rechtsverlust als Folge eigenen Verhaltens des Versicherten, der mit dem Antrag auf Beitragserstattung aus der Versicherung austrete. Mit der Versicherungsleistung, nämlich der Beitragserstattung, würden die durch die bisherige Versicherung begründeten Rechte in vollem Umfang abgegolten und sämtliche Rechtsbeziehungen zwischen dem Versicherten und dem Versicherungsträger beseitigt. Diese Folgen träten auch für die hier streitigen - nicht miterstatteten - Beiträge zur JV jedenfalls dann ein, wenn sie zur Erhaltung der Anwartschaft auf die Beitragserstattung gemäß §§ 47, 46 Abs. 3 AVG aF erforderlich waren und die Voraussetzungen für die Erstattung überhaupt erst mitbegründet hatten. Dann seien diese Beiträge durch die Erstattung verbraucht.

Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten; sie ist jedoch - ebenso wie die Beklagte - mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (vgl. SozR Nr. 5 zu § 124 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Die Auffassung des LSG, die Zeiten von 1931 bis 1937, in denen die Klägerin Beiträge zur damaligen JV geleistet hat, seien bei der Berechnung der Rente als Versicherungszeiten (§ 27 AVG = § 1250 der Reichsversicherungsordnung - RVO) zu berücksichtigen, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Entgegen der Meinung der Beklagten hat die im Jahre 1939 erfolgte Erstattung allein der AnV-Beiträge keine Rechtswirkungen auf die vorausgegangenen Versicherungszeiten in der JV gehabt und nicht zu einem Verbrauch auch der in diesem Versicherungszweig geleisteten Beiträge geführt.

Die Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze vom 23. Februar 1957 bestimmen in Art. 1 § 82 Abs. 7 AVG = § 1303 Abs. 7 RVO (und bestimmten in den - inzwischen durch das Finanzänderungsgesetz - FinÄndG - vom 21. Dezember 1967 aufgehobenen - Vorschriften des Art. 1 § 83 Abs. 3 AVG = § 1304 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung - RVO -), die Erstattung der Beiträge schließe weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten und das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung aus. Doch beziehen sich diese Vorschriften nur auf Beitragserstattungen, die auf Grund des vom 1. Januar 1957 an geltenden Rechts und für Beitragszeiten seit Juni 1948 erfolgt sind; überdies bestimmt Art. 2 § 27 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) = Art. 2 § 28 Arbeiterversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG), § 83 AVG = § 1304 RVO gelte nur, wenn die Versicherte nach dem Inkrafttreten der Neuregelungsgesetze geheiratet hat. Es fehlt eine Vorschrift darüber, wie reichsgesetzliche Versicherungszeiten zu beurteilen sind, wenn die geleisteten Beiträge auf Grund früherer Vorschriften erstattet worden sind. Der Wortlaut der §§ 26 und 27 AVG = §§ 1249 und 1250 RVO, nach welchen die Anrechenbarkeit der reichsgesetzlichen Versicherungszeiten zu beurteilen ist, enthält insoweit keine ausdrückliche Einschränkung. Doch verlangt § 27 Abs. 1 Buchst. a AVG = § 1250 Abs. 1 Buchst. a RVO, daß Beiträge "wirksam" entrichtet sind. Es genügt deshalb nicht, daß in der Vergangenheit nach den Vorschriften der reichsgesetzlichen Rentenversicherung Beiträge wirksam geleistet worden sind, vielmehr ist erforderlich, daß diese Beiträge beim Versicherungsträger auch als wirksam verblieben sind, daß insbesondere die Rechte aus der Beitragsleistung nicht durch eine Erstattung untergegangen sind. Dies hat der Gesetzgeber anscheinend als so selbstverständlich angesehen, daß er eine ausdrückliche Einschränkung in § 27 AVG = § 1250 RVO für überflüssig gehalten hat. Immerhin hat er seine Auffassung in Art. X Abs. 1 Satz 3 des 2. Gesetzes zur Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG-Schlußgesetz) vom 14. September 1965 (BGBl I 1315) zu erkennen gegeben; hier wird verfolgten Frauen zur Wiedergutmachung für Schäden, die sie durch eine in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis 8. Mai 1945 erfolgte Beitragserstattung wegen Heirat erlitten haben, ein besonderes Recht der Beitragsnachentrichtung bis zum 1.Januar 1924 zurück eingeräumt. Dieser Sonderregelung hätte es nicht bedurft - ein Schaden wäre gar nicht eingetreten -, wenn eine in der genannten Zeit vorgenommene Beitragserstattung wegen Heirat im Rahmen von § 27 AVG = § 1250 RVO unbeachtlich und die Zeiten, auf welche die erstatteten Beiträge entfielen, dennoch als Versicherungszeiten anzurechnen wären. Eine ähnliche Regelung ist nach dem 3. Rentenversicherungs-Änderungsgesetz (RVÄndG) für alle Frauen vorgesehen, die sich früher bei der Heirat ihre Beiträge haben erstatten lassen (vgl. Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 90/1969 S. 774, 775). Dies zeigt, daß § 27 AVG = § 1250 RVO nicht anzuwenden ist, wenn die Rechte aus wirksam entrichteten Beiträgen durch eine Beitragserstattung verloren gegangen sind (vgl. auch BSG 20, 287, 290). Ob dies der Fall ist, muß nach dem früheren, zur Zeit der Beitragserstattung geltenden Recht beurteilt werden (im Ergebnis ebenso BSG 6, 58).

Dementsprechend hat das LSG die Frage, welche Rechtsfolgen die im August 1939 erfolgte Erstattung der AnV-Beiträge für die Wirksamkeit der hier streitigen JV-Beiträge der Klägerin gehabt hat, nach dem zur Zeit der Beitragserstattung geltenden Recht geprüft. Es ist dabei mit Recht nicht von der zum 1. Januar 1938 in Kraft getretenen Vorschrift in § 47 AVG i.V.m. § 1309 a RVO idF des sogen. Ausbaugesetzes vom 21. Dezember 1937 (RGBl I 1393) ausgegangen, weil § 1309 a RVO, der auch in der JV die Beitragserstattung wegen Heirat erstmals wieder (seit dem Wegfall zum 31. Dezember 1912) eingeführt hat und auf den § 47 AVG aF verweist, nach § 120 des Ausbaugesetzes nur anzuwenden war, wenn die Ehe nach dem 31. Dezember 1937 geschlossen worden war (vgl. Entsch. des RVA Nr. 5358 AN 1940 II 164 = EuM 46, 348). Die Klägerin hatte jedoch schon 1936 geheiratet. Für die Beitragserstattung an sie war deshalb noch das bis zum 31. Dezember 1938 geltende Recht maßgebend. Es sah eine Erstattung von JV-Beiträgen nicht vor.

Entgegen der Meinung des LSG und der Revision richtete sich die Erstattung der Beiträge an die Klägerin im Jahre 1939 aber auch nicht nach § 47 i.V.m. § 46 AVG idF der Verordnung vom 17. Mai 1934 (RGBl I 419). Läge der Fall so, dann wäre es überhaupt nicht zweifelhaft, daß von der Erstattung der AnV-Beiträge die Versicherungszeiten der Klägerin in der JV unberührt geblieben sind. Denn nach diesen Vorschriften schloß die Erstattung der Beiträge weitere Ansprüche an die Reichsversicherungsanstalt ausdrücklich nur "aus den erstatteten Beiträgen" aus, hier also aus den Beiträgen zur AnV; sie ließ also die Rechte aus den zuvor zu einem anderen Versicherungszweig entrichteten Beiträgen, hier zur JV, unberührt. Jedoch galt für die Beitragserstattung an die Klägerin im Jahre 1939 anderes Recht.

Wie das LSG in den Gründen des angefochtenen Urteils erwähnt, haben die §§ 46 und 47 AVG aF durch das Gesetz über die Änderung einiger Vorschriften der Reichsversicherung vom 23. Dezember 1936 (RGBl I 1128) eine neue Fassung erhalten; das LSG hat jedoch übersehen, daß die Neufassungen nach Abschn. III § 21 Abs. 2 des Gesetzes rückwirkend mit dem 1. Mai 1934 in Kraft getreten sind und damit nachträglich seit dem 1.Mai 1934 die Stelle der entsprechenden Vorschriften der Verordnung vom 17. Mai 1934 eingenommen haben (wobei nach Abs. 3 sogar die Rechtskraft früherer Entscheidungen nicht entgegenstehen sollte). Nach diesen Vorschriften ist daher die Beitragserstattung an die Klägerin zu beurteilen. Die durch Abschnitt II Art. 9 § 19 des Gesetzes vom 23. Dezember 1936 geänderte Fassung besagte aber, daß die Erstattung der für die Zeit vom 1. Januar 1924 an geleisteten Beiträge weitere Ansprüche an die Reichsversicherungsanstalt "aus den bisher entrichteten Beiträgen" ausschloß. Erst diese Fassung des Gesetzes läßt es zweifelhaft erscheinen, ob von der Erstattung der AnV-Beiträge auch die Wirksamkeit der JV-Beitragszeiten der Klägerin berührt wurde, zumal § 46 Abs. 3 AVG (auf den § 47 Abs. 3 AVG verweist) bei der Neufassung ebenfalls eine Änderung insofern erfahren hat, als nunmehr die Vorschriften über die Wanderversicherung in den §§ 1544a bis 1544 n der RVO entsprechend gelten sollten.

Jedoch kann trotz der allgemeinen Fassung des Gesetzes von 1936: "bisher entrichtete Beiträge" und trotz der Verweisung auf die Vorschriften über die Wanderversicherung nicht geschlossen werden, daß die Klägerin mit der Erstattung der AnV-Beiträge auch die Rechte aus den von ihr von 1931 bis 1937 geleisteten JV-Beiträgen verloren hätte. Diese Folgerung verbietet sich schon deshalb, weil auch unter der Geltung des Gesetzes von 1936 Beiträge allein aus der AnV erstattet werden konnten - eine Gesamtleistung also nicht zu gewähren war - und weil die geänderte Fassung der Erstattungsfolgen nur einem bestimmten Zweck gedient hat. Nach der amtlichen Begründung (AN 1937, 4, 6) sollte die Gesetzesänderung die Frage der Wirksamkeit von Beiträgen aus der Zeit vor dem 1. Januar 1924 klären; sie sollte das Mißverständnis beseitigen, als ob aus diesen wegen der Geldentwertung von der Erstattung ausgeschlossenen Beiträgen noch weitere Ansprüche gegen den Versicherungsträger geltend gemacht werden könnten. Es handelte sich also insoweit um die nachträgliche Beseitigung einer Unklarheit. Von dieser Rechtsänderung ist aber allein die AnV betroffen gewesen; die Annahme liegt daher nahe, sie habe sich auch nur auf AnV-Beiträge bezogen, die in der Zeit vor dem 1. Januar 1924 geleistet worden sind. Aber selbst wenn man wegen des Hinweises auf die Vorschriften über die Wanderversicherung im Gesetz annimmt, daß das gleiche hinsichtlich der vor 1924 liegenden Beitragszeiten in der JV beabsichtigt war, so erfaßte diese Regelung nicht auch Beiträge dieses Versicherungszweiges aus späteren Zeiten, wie diejenigen der Klägerin aus den Jahren 1931 bis 1937. Diese sind vielmehr von der Beitragserstattung in der AnV unberührt geblieben; sie fallen nicht unter die "bisher entrichteten Beiträge" im Sinne von Abschnitt II Art. 9 § 19 des Gesetzes vom 23. Dezember 1936.

Dem steht nicht entgegen, daß die Erstattung der AnV-Beiträge an die Klägerin im Jahre 1939 nach dem damals geltenden Recht nur dadurch möglich gewesen ist, daß die Anwartschaft - allein - mit Hilfe der JV-Beiträge erhalten war und diese Beiträge daher die Leistungsvoraussetzungen für den Erstattungsanspruch mitbegründet haben. Das frühere RVA hat zwar in einem im Jahre 1941 ergangenen Urteil (GE Nr. 5417, AN 1941 II 140 = EuM 48, 44) für den Fall, daß einer Wanderversicherten die Beiträge nur eines Versicherungszweiges erstattet worden waren, die Auffassung vertreten, daß sie durch diese Beitragserstattung die Rechte aus den Beiträgen des anderen Versicherungszweiges (nur dann) nicht verloren habe, wenn diese Beiträge nicht die Leistungsvoraussetzungen für den Erstattungsanspruch mitbegründet haben. Es hat diese Auffassung aus dem Recht der Wanderversicherung hergeleitet, das auch bei der Beitragserstattung Anwendung finden müsse und das für einen Versicherten, der zu mehreren Versicherungszweigen Beiträge entrichtet habe, einen einheitlichen Versicherungsschutz durch Berücksichtigung aller Beiträge für die Erfüllung der Wartezeit, die Erhaltung der Anwartschaft und die Feststellung der Gesamtleistung getroffen habe. Jedoch werde - wie es in dieser Entscheidung heißt - die Selbständigkeit in den einzelnen Versicherungszweigen durch das Recht der Wanderversicherung nicht berührt; auch behielten die verschiedenen Leistungen aus den einzelnen Versicherungszweigen trotz der Verbindung in Form einer Gesamtleistung eine gewisse Selbständigkeit. Es stelle auch nicht jede an eine Wanderversicherte gewährte Leistung eine Gesamtleistung dar, was schon daraus folge, daß der Leistungsantrag auf einzelne Versicherungszweige beschränkt werden könne. In dem damals entschiedenen Fall waren allerdings die vor 1924 zur JV geleisteten (und nicht erstatteten) Beiträge nicht hinzuzuziehen gewesen, um die sonstigen Leistungsvoraussetzungen für den Erstattungsanspruch in der AnV zu schaffen, insbesondere die Wartezeit zu erfüllen und die Anwartschaft zu erhalten; das RVA sah deshalb die bis zum Jahre 1923 entrichteten JV-Beiträge für die Beitragserstattung nicht in der Weise als verbraucht an, daß aus ihr alle Ansprüche erloschen seien.

Diese Rechtsprechung des RVA will die Beklagte auch im vorliegenden Rechtsstreit angewendet wissen, allerdings mit der (hier umgekehrten) Folge, daß die Rechte der Klägerin aus den von 1931 bis 1937 geleisteten JV-Beiträgen erloschen sind, weil diese Beiträge den Erstattungsanspruch mitbegründet hatten. Die erwähnte Rechtsprechung des RVA ist aber, worauf das LSG mit Recht hingewiesen hat, erst unter der Geltung der - hier gerade nicht anwendbaren - Vorschriften in § 47 AVG und § 1309 a RVO idF des Ausbaugesetzes vom 21. Dezember 1937 (RGBl I 1393) ergangen, also unter einer wesentlich anderen Rechtslage, als sie der Beitragserstattung an die Klägerin zugrundegelegen hat. Der wesentliche Unterschied lag darin, daß das vom 1. Januar 1938 an geltende Recht die Beitragserstattung auch in der JV wieder eingeführt und damit die Voraussetzungen für die Gewährung einer Gesamtleistung geschaffen hat, während für die Klägerin das Recht, die Beiträge zur JV erstattet zu erhalten, nicht bestanden hat; für sie kam von vornherein nur eine Beitragserstattung aus der AnV in Betracht. Unter diesen Umständen können aber die Grundsätze der genannten Entscheidung des RVA im vorliegenden Fall nicht angewandt werden. Auch wenn die JV-Beiträge der Klägerin für die Erhaltung der Anwartschaft in der AnV zur Ermöglichung der Erstattung aus diesem Versicherungszweig angerechnet worden sind, so sind sie deshalb nicht verbraucht und weiterhin wirksam geblieben (Hartmann in Deutsche Renten-Versicherung (DRV) 1939, 23).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der bisherigen Rechtsprechung des BSG. Im Urteil des 3. Senats vom 15. Oktober 1957 (BSG 6, 57) ist allerdings unter Darlegung der geschichtlichen Entwicklung gesagt, die Beitragserstattung wegen Heirat habe von Anfang an zu einem Erlöschen der Rechte aus allen bis dahin geleisteten Beiträgen geführt, wobei es sich um einen Rechtsverlust als Folge eigenen Verhaltens des Versicherten gehandelt habe; mit der beantragten Versicherungsleistung - der Beitragserstattung - seien die durch die bisherige Versicherung begründeten Rechte in vollem Umfang abgegolten und die Versicherte endgültig aus der Versicherung ausgeschieden, so daß daraus auch späterhin keine Ansprüche mehr erwachsen könnten. Wie aber der diesem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt erkennen läßt, hat es sich bei der damaligen Klägerin nicht um eine Wanderversicherte gehandelt; vielmehr hatte sie Beiträge nur zu einem Versicherungszweig, nämlich zur JV geleistet. Die Ausführungen des früheren Urteils beziehen sich deshalb, wie das LSG mit Recht angenommen hat, auch nur auf "alle" Beiträge des Versicherungszweiges, aus dem die Beitragserstattung erfolgt ist. Das Gleiche trifft für die Ausführungen in BSG 5, 153 zu, "daß unter den bisher entrichteten Beiträgen alle Beiträge verstanden werden müssen, die für die Zeit bis zum Ende des Antragsmonats entrichtet wurden".

Hat aber die 1939 erfolgte Beitragserstattung aus der Rentenversicherung der Angestellten keine Rechtswirkungen für die Beitragszeiten gehabt, welche die Klägerin in den Jahren von 1931 bis 1937 in der JV zurückgelegt hat, so sind diese Beitragszeiten auch als Versicherungszeiten bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen. Dies haben die Vorinstanzen zutreffend entschieden. Die Revision der Beklagten muß deshalb als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2285149

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