Leitsatz (amtlich)

Aus bundesrechtlichen Vorschriften ergibt sich nicht, daß die Kassenärztlichen Vereinigungen einen zur kassen-/vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arzt für Anästhesie nicht als Belegarzt anerkennen können.

 

Normenkette

RVO § 368g

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Entscheidung vom 14.03.1984; Aktenzeichen L 7 Ka 709/82)

Hessisches LSG (Entscheidung vom 14.03.1984; Aktenzeichen L 7 Ka 342/82)

SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 10.02.1982; Aktenzeichen S 5 Ka 1/81)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung des Klägers als Belegarzt am Krankenhaus B. (B.) in F..

Der Kläger ist Facharzt für Anästhesie und zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen sowie an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt. Im Oktober 1980 beantragte er bei der Beklagten die Anerkennung als Belegarzt am B.-Krankenhaus, das ihm bescheinigt hatte, ihm stünden dort ab 1. Januar 1979 zur belegärztlichen Tätigkeit Betten zur Verfügung. Die Beklagte hatte bereits im August 1980 mit einem Schreiben an die Beigeladenen zu 1) bis 7) die Frage der formellen Anerkennung von Anästhesisten in Belegkrankenhäusern als selbständige Belegärzte aufgeworfen. In den Antwortschreiben hatten die Beigeladenen zu 1) bis 7) ihre Auffassung bekräftigt, daß ein Facharzt für Anästhesie auch ohne formellen Belegarztstatus für seine stationären Leistungen zu honorieren sei, wenn er von einem Belegarzt herangezogen werde. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers unter Berufung auf diese Auffassung der Krankenkassen ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie zurück mit der Begründung, die Vergütung der stationären Leistungen von Anästhesisten sei in den Verträgen mit den RVO- und den Ersatzkassen abschließend dahingehend geregelt, daß sie nicht an die Anerkennung als selbständiger Belegarzt, sondern an die Zuziehung zur Narkose bei Operationen durch den behandelnden Belegarzt geknüpft sei (§ 11 Ziff 10 und 11 des Arzt/Ersatzkassenvertrages -EKV/Ärzte-; § 4 der Gesamtverträge der Beklagten mit den hessischen RVO-Krankenkassen). Mit der Klage hat der Kläger vorgebracht, der Anästhesist habe neben der Zusammenarbeit mit den für das Grundleiden zuständigen Ärzten im Laufe der Zeit ein konkretes selbständiges Leistungsbild erhalten; er habe die fachliche Zuständigkeit für die Therapie akuter und chronischer Schmerzzustände. In diesem Bereich träten Fälle auf, die nicht in ambulanter, sondern in stationärer Behandlung versorgt werden müßten. Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Klage im übrigen (nämlich soweit sie auf Verurteilung zur Anerkennung als Belegarzt gerichtet ist) abgewiesen.

Gegen dieses Urteil haben der Beklagte Berufung sowie der Beigeladene zu 2) und der Kläger Anschlußberufungen eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, die in § 4 Ziff 3 des Vertrages über die stationäre kassenärztliche Behandlung in Krankenhäusern zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Bundesverbänden der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen sowie der landwirtschaftlichen Krankenkassen vom 16. August 1978 (DOK 1979, 56) - Belegarztvertrag - und § 10 Ziff 7 EKV/Ärzte geforderte vorherige Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) bis 7) habe die Beklagte mit ihrer Anfrage vom 1. August 1980 eingeholt. Entgegen der Auffassung des SG habe dieses Schreiben auch die Frage zum Inhalt gehabt, ob ein Facharzt für Anästhesie als formeller Belegarzt zugelassen werden könne. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung als Belegarzt am Krankenhaus B., denn er sei angestellter Facharzt für Anästhesie an diesem Krankenhaus. Beim Belegarzt liege das Schwergewicht der ärztlichen Tätigkeit in der freien Praxis. Er gewähre die ärztlichen Leistungen dem Krankenhauspatienten unmittelbar und nicht als Arbeitnehmer des Krankenhausträgers. Daraus ergebe sich, daß eine Zulassung eines Facharztes für Anästhesie als Belegarzt schon deshalb nicht in Frage komme, weil der Anästhesist nicht für die ambulante kassenärztliche Versorgung, sondern für die stationäre Versorgung zur Verfügung stehe. Der angestellte Facharzt für Anästhesie übe überhaupt keine ambulante Tätigkeit aus. In der Empfehlungsvereinbarung vom 28. Juli 1972 werde der Anästhesist nicht als Belegarzt bezeichnet. Der Belegarztbegriff umfasse weder nach der Rechtsentwicklung noch nach dem Sprachgebrauch den am Krankenhaus angestellten Anästhesisten. Für eine belegärztliche Tätigkeit reiche normalerweise die Qualifikation des Anästhesisten gar nicht aus. Das qualifizierende Merkmal der Berufsordnung des "Selbstbehandelns" sei nicht der Aufgabenbereich des Anästhesisten, er sei reiner Diagnostiker, kein Therapeut.

Der Kläger hat Revision eingelegt und macht geltend, nach der tragenden Begründung des LSG-Urteils sei er angestellter Arzt. Damit habe das LSG seine Aufklärungspflicht und die Grundsätze der Beweiswürdigung verletzt, "obwohl in den Instanzen ausreichend dargelegt und in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert, ist diese Feststellung und die entsprechende Schlußführung unrichtig". Außerdem sei Grundlage der Entscheidung des LSG eine unzutreffende Auslegung des Begriffs des Belegarztes. Der Belegarzt sei ein überwiegend freiberuflich tätiger Arzt, der eigene oder ihm überwiesene Patienten auch stationär weiter behandele. In seiner Person lägen diese Voraussetzungen vor. Das LSG verkenne, daß diese selbständige stationäre Behandlung des niedergelassenen Arztes nicht identisch sei mit seiner Tätigkeit, die er beispielsweise im Zusammenwirken mit einem Operateur gegenüber dessen Patienten erbringe. Schwerpunkt der Behandlung eigener Patienten durch den Anästhesisten sei die Schmerztherapie.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 1984 - L 7/Ka 342 und 709/82 - abzuändern und unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt vom 10. Februar 1982 die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Belegarzt im Krankenhaus B. F. anzuerkennen.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1), 2), 3), 4) und 6) beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Sie meinen, die vom Kläger angesprochenen Fragen seien nicht in einem gerichtlichen Verfahren zu klären, sondern von der Selbstverwaltung der Ärzte und der Krankenkassen zu erörtern. Nach geltendem Vertragsrecht sei die Anerkennung von Anästhesisten als selbständige Belegärzte nicht vorgesehen. Anästhesisten betrieben bei stationärem Aufenthalt keine Therapie im belegärztlichen Sinn. Vorwiegend erbrächten sie anästhesiologische Leistungen im Zusammenhang mit operativen Eingriffen im Rahmen der Assistenz. Es fehle an der rechtlichen Beschwer, denn der Zulassungsausschuß habe inzwischen der Festlegung des Klägers auf "Arzt für Allgemeinmedizin" zugestimmt. Außerdem halte das Krankenhaus B. keine Anästhesieabteilung im Rahmen des Bettenbedarfsplans vor.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig. Insbesondere genügt die Begründung den Erfordernissen des § 164 Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Der Kläger rügt einen Verfahrensmangel und hat die Tatsachen, die den Mangel ergeben, bezeichnet. Als verletzte Rechtsnorm bezeichnet er §§ 103 und 128 SGG. Dazu führt der Kläger aus, nach der tragenden Begründung des LSG-Urteils sei er angestellter Arzt; "daß dies nicht richtig ist, beruht auf einer Verletzung der Beweiswürdigung einerseits und der dem Richter obliegenden Aufklärungspflicht andererseits, obwohl in den Instanzen ausreichend dargelegt und in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert, ist diese Feststellung ... unrichtig". Dieser Satz in der Revisionsbegründung ist dahin zu verstehen, daß der Kläger danach in den Vorinstanzen und insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG erklärt hat, er sei kein angestellter Arzt, und daß das LSG dieses Vorbringen übergangen habe.

Die Revision ist im Sinn der Zurückverweisung der Sache an das LSG zu neuer Verhandlung und Entscheidung begründet.

Die Klage ist nicht wegen fehlender rechtlicher Beschwer oder wegen mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Insbesondere hätte sich der angefochtene Verwaltungsakt nicht erledigt, wenn der Kläger nicht mehr als Anästhesist zugelassen wäre, denn nach dem Verfügungssatz hat die Beklagte den Antrag auf Anerkennung eines selbständigen Belegarztverhältnisses am Krankenhaus B. abgelehnt; daß der Kläger als Anästhesist zugelassen war, wurde nur zur Begründung des Bescheids angeführt. Der Kläger hätte auch dann, wenn er jetzt als Allgemeinarzt niedergelassen wäre, nicht das Interesse an einer Verurteilung zur Anerkennung als Belegarzt verloren.

Mit Recht hat das LSG die angefochtenen Bescheide nicht wegen mangelnder Mitwirkung der Krankenkassen aufgehoben. Die Beklagte hat die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung des Klägers als Belegarzt erfüllt sind, nach vorheriger Einholung der Stellungnahmen der Landesverbände der Krankenkassen sowie der örtlich zuständigen landwirtschaftlichen Krankenkassen und des Beigeladenen zu 7) getroffen. Damit sind die Voraussetzungen des § 4 Nr 3 des Belegarztvertrages und des § 10 Nr 7 und 8 EKV/Ärzte erfüllt. Die allgemeine Äußerung der Krankenkassen zur Frage, ob ein Facharzt für Anästhesie als formeller Belegarzt zugelassen werden könne, genügt dafür. Wie sich aus § 4 Nr 3 und 4 des Belegarztvertrages und § 10 Nr 7 und 8 EKV/Ärzte ergibt, sind Gegenstand der Stellungnahmen der Landesverbände der Krankenkassen sowie der örtlich zuständigen landwirtschaftlichen Krankenkasse bzw der Beigeladenen zu 7) nicht die Entscheidung über den Antrag auf Anerkennung als Belegarzt, sondern nur die Voraussetzungen für die Anerkennung. Die Entscheidung über den Antrag trifft die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV), ohne an die Stellungnahmen der Krankenkassen bzw ihrer Verbände gebunden zu sein. Das LSG hat es auch mit Recht als unerheblich angesehen, daß die Antworten der Krankenkassenverbände teilweise auf die Frage der Abrechnung von Leistungen eines Anästhesisten innerhalb einer Belegarztbehandlung beschränkt waren; es genügt, daß die Antworten der Krankenkassen als Stellungnahme zu der Frage der Beklagten nach den Voraussetzungen für die Anerkennung gelten sollten.

Das Urteil des LSG kann keinen Bestand haben, da es auf dem vom Kläger gerügten Verfahrensmangel beruht. Mit der Feststellung in den Gründen des Urteils, der Kläger sei angestellter Facharzt für Anästhesie am B.-Krankenhaus, hat das LSG gegen das Gebot verstoßen, seiner Überzeugung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrundezulegen (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Es hat (unbestrittenes) Vorbringen des Klägers unberücksichtigt gelassen. Bereits im Widerspruchsschreiben, dann im Schriftsatz vom 22. Januar 1982 hat der Kläger angegeben, er sei als niedergelassener Arzt tätig. Damit im Einklang steht die Angabe im Tatbestand des Urteils, der Kläger sei zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen. Als angestellter Krankenhausarzt hätte er unter den Voraussetzungen des § 368a Abs 8 der Reichsversicherungsordnung (RVO) an der kassenärztlichen Versorgung nur beteiligt werden können. Die Feststellung, der Kläger sei angestellter Arzt am B.-Krankenhaus hat das LSG nicht begründet. Die Akten enthalten keinen Anhaltspunkt, aus dem sich diese Feststellung ergeben könnte. Auf der Feststellung beruht das angefochtene Urteil, denn das LSG hat unmittelbar im Anschluß an die Feststellung ausgeführt, schon allein diese Tatsache schließe nach den vertraglichen und gesetzlichen Grundlagen eine Tätigkeit als selbständiger Belegarzt am gleichen Krankenhaus aus. Mit den weiteren Ausführungen stützt sich das LSG nicht auf eine von der (angenommenen) Anstellung des Klägers unabhängige und selbständige Begründung. Zwar befaßt sich das LSG auch mit dem allgemeinen Berufsbild des Anästhesisten, wenn es darlegt, der Anästhesist stehe nicht für die ambulante kassenärztliche Versorgung zur Verfügung (Seite 8 des Urteils). Dieser Satz wird aber abgeleitet aus dem vorangegangenen Absatz, der nach den einleitenden Worten dazu dient, darzustellen, warum der Kläger als angestellter Arzt nicht als Belegarzt zugelassen werden kann. Die Anstellung des Klägers ist hier, wie auch in dem Absatz vor der Begründung der Kostenentscheidung, die Tatsache, von der das LSG bei allen Überlegungen ausgeht.

Anhand der weiteren Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend in der Sache entscheiden, so daß die Zurückverweisung geboten ist. Die Klage ist insbesondere nicht etwa schon deshalb unbegründet, weil der Kläger nach den Feststellungen des LSG Facharzt für Anästhesie ist. Aus den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen ergibt sich nicht, daß Anästhesisten keine Belegärzte sein können. Die gesetzliche Bestimmung des § 368g Abs 6 RVO enthält keinen Anhaltspunkt für eine Beschränkung der belegärztlichen Tätigkeit auf Ärzte bestimmter Fachgebiete. Geregelt ist im Gesetz, daß die stationäre Behandlung durch Kassenärzte Gegenstand der Verträge nach § 368g RVO ist, soweit die Vergütung nicht durch das Krankenhaus aus dem Pflegesatz abgegolten wird. Das Gesetz enthält außerdem Regelungen über die Vergütung der belegärztlichen Tätigkeit und bestimmt, daß die Vertragsparteien auf eine leistungsfähige belegärztliche Versorgung hinzuwirken haben. Für die Anerkennung als Belegarzt ist nach § 3 des aufgrund des § 368g Abs 6 RVO und § 36 Abs 2 des Bundesmantelvertrages/Ärzte vereinbarten Belegarztvertrages und nach § 10 Ziff 2 EKV/Ärzte Voraussetzung, daß die stationäre Tätigkeit des Kassenarztes nicht das Schwergewicht seiner Gesamttätigkeit bildet, sondern von nebengeordneter Bedeutung ist. Das LSG hat dazu und insbesondere zur Zahl der vom Kläger zu versorgenden Betten und dem Umfang seiner ambulanten Tätigkeit keine Feststellungen getroffen. Allerdings geht es davon aus, daß der Anästhesist nicht für die ambulante kassenärztliche Versorgung zur Verfügung stehe. Es beruft sich dafür auch auf die Empfehlungsvereinbarung über die Teilnahme der Fachärzte für Anästhesie an der kassenärztlichen Versorgung zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Bundesverbänden der Orts-, Land-, Betriebs- und Innungskrankenkassen vom 28. Juli 1972 (DOK 1972, 645). Aus dieser Vereinbarung kann aber nichts dafür entnommen werden, daß Anästhesisten nicht ambulant tätig sein und zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen werden könnten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Bundesverbände der Krankenkassen gehen lediglich davon aus, daß Fachärzte für Anästhesie in Ausübung ihres Berufes in der Regel nur stationär tätig werden und nicht als Kassenärzte zugelassen werden sollten (so die Eingangsbestimmung der Vereinbarung). Indessen empfehlen sie den Mitgliedern der Zulassungsinstanzen zu prüfen, ob nach den besonderen Umständen, unter denen der Antragsteller seine Tätigkeit auszuüben beabsichtigt, eine Zulassung oder Beteiligung möglich ist (§ 1 Abs 2 der Vereinbarung). Der Kläger ist dementsprechend als Kassenarzt zugelassen worden.

Auch zu den Merkmalen des § 3 Nr 2 und 3 des Belegarztvertrages sowie § 10 Ziff 3 und 4 EKV/Ärzte kann den Feststellungen des LSG nichts entnommen worden. Ein Ausschluß der Anerkennung von Anästhesisten als Belegärzte läßt sich ferner nicht aus den Vergütungsvereinbarungen herleiten. Geregelt ist darin die Vergütung von Ärzten, die von einem Belegarzt zur Mitbehandlung hinzugezogen werden (§ 11 Ziff 6 ff EKV/Ärzte; § 4 Ziff 3 ff des Gesamtvertrages zwischen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und die entsprechenden Bestimmungen in den Verträgen mit den Beigeladenen zu 2) bis 6). Dem Kläger geht es aber nicht um eine Mitbehandlung oder Narkose bei Patienten anderer Belegärzte. Er will vielmehr selbständig eigene Patienten behandeln. Diese Tätigkeit wird von den genannten vertraglichen Vergütungsbestimmungen nicht erfaßt. Entgegen der im Widerspruchsbescheid vertretenen Ansicht gilt das insbesondere für diejenigen Regelungen, die eine Abrechnung stationärer Leistungen der von einem Belegarzt zugezogenen Anästhesisten ausschließen, wenn sie von einem geeigneten Krankenhausarzt sichergestellt werden (§ 11 Ziff 10 EKV/Ärzte). Wenn die Anästhesisten die in Anlage 1 zur Ersatzkassengebührenordnung (E-GO) Ziffer 1.2 für die meisten Facharztgruppen vorgesehenen pauschalen Vergütungen nicht erhalten, dann wird damit nicht die Vergütung einer selbständigen belegärztlichen Tätigkeit von Anästhesisten gänzlich ausgeschlossen.

Der Anerkennung des Klägers als Belegarzt steht schließlich auch nicht das Berufsbild der Anästhesisten entgegen. Nach der Definition des Fachgebietes in der Anlage zur Weiterbildungsordnung (DÄ 1979, 2763) ist der Anästhesist nicht auf die stationäre Tätigkeit beschränkt und auch nicht auf bloße Mitbehandlung neben dem für das Grundleiden zuständigen Arzt in einer Weise, die eine Anerkennung als selbständiger Belegarzt ausschließen könnte. Die Anästhesiologie umfaßt nach Abschnitt I Nr 2 der Anlage zur Weiterbildungsordnung die allgemeine und lokale Anästhesie einschließlich deren Vor- und Nachbehandlung, die Aufrechterhaltung der vitalen Funktionen während operativer Eingriffe, die Wiederbelebung und die Intensivtherapie in Zusammenarbeit mit den für das Grundleiden zuständigen Ärzten. Da "Anästhesie" allgemein Unempfindlichkeit gegen Schmerz-, Temperatur- oder Berührungsreize bedeutet (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 255. Aufl), steht dieser Begriff einer Anerkennung von Anästhesisten als Belegärzte nicht entgegen. Der letzte Satzteil der Definition - in Zusammenarbeit mit den für das Grundleiden zuständigen Ärzten - mag sich zwar allgemein auf alle Einzelmerkmale der Definition beziehen, also auch auf die allgemeine und lokale Anästhesie. Wenn danach der Anästhesist mit einem anderen Arzt zusammenzuarbeiten hat, so bedeutet das doch nicht, daß er etwa nicht selbst Verträge mit den Patienten schließen oder daß er nicht selbständig Patienten ins Krankenhaus einweisen dürfte.

Das LSG wird bei seiner neuen Verhandlung und Entscheidung folgendes zu beachten haben:

Da nach den übereinstimmenden Angaben aller Beteiligter der Kläger nicht am Krankenhaus B. angestellt ist, es sich vielmehr um ein reines Belegkrankenhaus ohne angestellte Ärzte handelt, geht der Senat davon aus, daß insoweit die Anerkennung des Klägers als Belegarzt nicht ausgeschlossen ist. Voraussetzung dafür ist nach § 3 des Belegarztvertrages/§ 10 Nr 2 EKV/Ärzte, daß die stationäre Tätigkeit des Klägers voraussichtlich nicht das Schwergewicht seiner Gesamttätigkeit bilden wird. Zur ambulanten Tätigkeit, die mit der stationären zu vergleichen ist, würden auch solche kassenärztlichen Leistungen gehören, die der Kläger außerhalb seiner Praxis in Zusammenarbeit mit einem niedergelassenen Arzt erbringt. Fraglich ist dagegen, ob zur stationären Tätigkeit iS des § 3 des Belegarztvertrages/§ 10 Nr 2 EKV/Ärzte nicht nur die (beabsichtigten) belegärztlichen, sondern auch etwaige sonstige Tätigkeiten im Krankenhaus gehören würden, nämlich wenn der Kläger von einem angestellten Arzt oder einem Belegarzt zugezogen wird.

Zu ermitteln ist weiter, ob eine den Anforderungen des § 4 Nr 2 Belegarztvertrag/§ 10 Nr 6 EKV/Ärzte entsprechende Erklärung des Beigeladenen zu 8) vorliegt; sie muß im Zeitpunkt der neuen mündlichen Verhandlung des LSG gelten.

Der Beigeladene zu 2) macht geltend, das Krankenhaus des Beigeladenen zu 8) sei in den hessischen Bettenbedarfsplan nicht mit einer Anästhesieabteilung aufgenommen worden. Der Einwand zielt darauf, daß die Anerkennung als Belegarzt ausscheide, weil die Voraussetzungen für die Gewährung von Krankenhauspflege durch die Krankenkassen hinsichtlich dieser Abteilung nach § 371 RVO nicht gegeben seien (vgl § 1 Buchst a des Belegarztvertrages). Möglicherweise will der Beigeladene zu 2) behaupten, daß unter Berücksichtigung des Landesrechts, das gemäß § 6 Abs 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (idF des Krankenhaus-Neuordnungsgesetzes vom 20. Dezember 1984 - BGBl I 1716 -) das Nähere bestimmt, das B.-Krankenhaus nicht insgesamt ohne Einschränkung und Bedingungen, sondern nur mit bestimmten Abteilungen und ohne eine Anästhesieabteilung in den Krankenhausplan aufgenommen ist. Wenn es danach an den Voraussetzungen der ersten Alternative des § 371 Abs 1 RVO fehlen sollte, ist deshalb die Anerkennung des Klägers als Belegarzt noch nicht ausgeschlossen. Es wäre dann vielmehr zur prüfen, ob eine Bereiterklärung des Beigeladenen zu 8) hinsichtlich der Anästhesieabteilung vorliegt, die nicht nach § 371 Abs 2 RVO abgelehnt ist.

Das LSG wird über die Kosten des Revisionsverfahrens mitzuentscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1656907

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office enthalten. Sie wollen mehr?