Leitsatz (redaktionell)
1. Ein beachtlicher Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten muß in die Lohnsteuerkarte des laufenden Jahres eingetragen werden.
2. Tatbestandsvoraussetzungen, die außerhalb der Zuständigkeit der Bundesanstalt für Arbeit liegen, können nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden.
3. Für die vor dem 1.1.1981 entstandenen Ansprüche gilt § 113 Abs 2 AFG idF des Steuerentlastungsgesetzes 1981 vom 16.8.1980 (BGBl 1980, 1381) nur dann, wenn die Versicherten dadurch besser gestellt werden.
Orientierungssatz
Anwendung der Übergangsregelungen in § 113 Abs 3 und 4 AFG:
Die Übergangsregelung in § 113 Abs 3 AFG bedeutet, daß die Neufassung des § 113 Abs 2 durch das AFGÄndG 5 auch in den Fällen anzuwenden ist, in denen zwar die Anfechtung eines Verwaltungsaktes schon vor deren Inkrafttreten (1. August 1979) erfolgt ist, der Streit hierüber an diesem Tage aber noch anhängig ist (vgl BSG 1980-08-14 7 RAr 39/79 = SozR 4100 § 113 Nr 1). Der gleiche Grundsatz muß aber wegen der Gesetzesidentität in § 113 Abs 4 AFG auch für die Neuregelung des § 113 Abs 2 AFG durch das StEntlG 1981 gelten (vgl BSG 1981-10-08 7 RAr 85/80).
Normenkette
AFG § 113 Abs. 2 Fassung: 1975-12-18, Abs. 2 Fassung: 1979-07-23, Abs. 2 Fassung: 1980-08-16, Abs. 3 Fassung: 1979-07-23, Abs. 4 Fassung: 1980-08-16
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 14.03.1978; Aktenzeichen L 5 Ar 2012/77) |
SG Konstanz (Entscheidung vom 20.09.1977; Aktenzeichen S 7 Ar 1427/76) |
Tatbestand
Die verheiratete Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg) unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe A statt D nach § 111 Abs 2 Nr 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG).
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde von ihrem Arbeitgeber am 18. Mai 1976 zum 30. September 1976 gekündigt. In der Lohnsteuerkarte der Klägerin für das Jahr 1976 war bis zum 30. April 1976 die Steuerklasse V eingetragen. Ab 1. Mai 1976 wurde ihr monatliches Gehalt von 1.444,-- DM auf 1.921,-- DM erhöht. Die Klägerin und ihr Ehemann, der eine Vollzeitbeschäftigung ausübte, wählten nunmehr statt der bisherigen Steuerklassenkombination V/III die Steuerklassenkombination IV/IV. Die Änderung der Lohnsteuerklasse der Klägerin wurde am 1. Juli 1976 mit Wirkung ab 1. Mai 1976 in ihre Lohnsteuerkarte eingetragen.
Am 1. Oktober 1976 meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheid vom 15. Oktober 1976 wurde ihr Alg für 312 Tage ab 1. Oktober 1976 unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe D und des zuletzt erzielten Entgelts in Höhe von 1.960,-- DM bewilligt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch, mit dem die Klägerin die Zugrundelegung der Leistungsgruppe A begehrte, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 18. November 1976).
Nachdem die Klägerin vom 12. bis 27. Oktober 1976 in einem befristeten Arbeitsverhältnis gestanden hatte, meldete sie sich am 27. Oktober 1976 erneut arbeitslos und beantragte die Wiederbewilligung von Alg, das die Beklagte wie zuvor berechnete und mit Bescheid vom 29. November 1976 ab 28. Oktober 1976 bewilligte. Auch der gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 1977). Die gegen die beiden Bescheide erhobenen und zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen sind erfolglos geblieben (Urteil SG Konstanz vom 20. September 1977). Die vom Sozialgericht (SG) zugelassene Berufung ist mit Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 14. März 1978 zurückgewiesen worden. Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die nach § 150 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung sei unbegründet, weil die Änderung der Lohnsteuerklasse der Klägerin ab 1. Mai 1976 bei der Bemessung ihres Alg nicht zu berücksichtigen sei. Nach der hier einschlägigen Regelung des § 113 Abs 2 AFG (idF des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes vom 18. Dezember 1975, BGBl I 3113 -HStruktG-AFG-) werde ein Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten nur berücksichtigt, wenn der Wechsel vorgenommen werde, weil der Ehegatte des Arbeitslosen keine oder nur noch eine Teilzeitbeschäftigung ausübe. Diese Voraussetzung sei hier nicht gegeben. Es sei verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn nach den genannten Vorschriften die Beachtlichkeit des Lohnsteuerklassenwechsels nur auf Fälle besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit beschränkt worden sei. Allerdings greife die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck möglicherweise dann nicht ein, wenn die Ehegatten die Steuerklasse gewechselt hätten, bevor der Antragsteller arbeitslos gewesen sei oder ihm Arbeitslosigkeit konkret gedroht habe. So verhalte es sich hier aber nicht, denn nach den Angaben der Klägerin sei die Änderung ihrer Steuerklasse rückwirkend ab 1. Mai 1976 erst eineinhalb Monate nach der bereits am 18. Mai 1976 ausgesprochenen Kündigung, nämlich am 1. Juli 1976 in die Lohnsteuerkarte eingetragen worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin damit rechnen müssen, daß sie ab 1. Oktober 1976 arbeitslos werden und Alg beziehen würde. Es sei daher nicht ausgeschlossen, daß die Klägerin ihre Steuerklasse nicht doch im Hinblick auf die drohende Arbeitslosigkeit in der Absicht verbessert habe, dadurch die Höhe ihres Alg zu beeinflussen. Ob sie diese Absicht tatsächlich gehabt habe oder daneben oder ausschließlich steuerrechtliche Gründe maßgebend gewesen seien, könne dahinstehen; denn sobald Arbeitslosigkeit eingetreten sei oder konkret drohe, sei der Steuerklassenwechsel grundsätzlich unbeachtlich, ohne daß es im Einzelfalle auf den Nachweis der Manipulationsabsicht ankomme. Hierfür sprächen auch Gründe der Praktikabilität.
Ob die auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift gestützte Auffassung der Klägerin zutreffe, daß der Steuerklassenwechsel auch dann zu berücksichtigen sei, wenn er aus anderen als den in § 113 Abs 2 AFG angeführten Gründen objektiv geboten sei, könne dahinstehen. Auch wenn diese Auffassung zuträfe, wäre das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal "objektiv geboten" nicht nach steuerrechtlichen Grundsätzen, sondern nach dem Regelungszweck des § 113 Abs 2 AFG zu beurteilen. Danach wäre ein Steuerklassenwechsel nicht schon dann objektiv geboten, wenn er steuerrechtlich sinnvoll sei, sondern erst dann, wenn die bisherigen Einkommensverhältnisse durch die neuen Umstände verschlechtert würden und der Wechsel der Steuerklasse erforderlich sei, um diese Schmälerung der wirtschaftlichen Basis auszugleichen oder zu mildern. Daran fehle es im vorliegenden Falle, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin und ihres Ehemannes nicht verschlechtert, sondern verbessert worden seien. Maßgebend bleibe daher die zu Beginn des Kalenderjahres 1976 eingetragene Steuerklasse V, der hinsichtlich der Bemessung des Alg die Leistungsgruppe D entspreche (§ 111 Abs 2 Nr 1 Buchst d AFG).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 103 SGG und 113 Abs 2 AFG. Das LSG habe bei seiner Entscheidung wesentlich darauf abgestellt, daß die Änderung der Steuerklasse erst am 1. Juli 1976 rückwirkend zum 1. Mai 1976 in die Lohnsteuerkarte eingetragen worden sei und daß sie, die Klägerin, zum 1. Juli 1976 damit habe rechnen müssen, ab 1. Oktober 1976 arbeitslos zu werden. Damit habe es unterstellt, daß sie einen Antrag auf Änderung der Steuerklasse erst am 1. Juli 1976 gestellt habe. Aus der Tatsache, daß an diesem Tage die Eintragung erfolgt sei, könne aber nicht geschlossen werden, daß der Antrag nicht schon vor dem 18. Mai 1976 (Kündigung) gestellt worden sei. Aus den Gründen des angefochtenen Urteils gehe insoweit hervor, daß die Entscheidung auf dieser Annahme beruhe.
Hinsichtlich des nach ihrer Ansicht zu berücksichtigenden Steuerklassenwechsels verweist die Klägerin sinngemäß auf die Neufassung des § 113 Abs 2 AFG durch das Steuerentlastungsgesetz 1981 (StEntlG) vom 16. August 1980, die in ihrem Falle zu beachten sei. Danach müsse der zum 1. Mai 1976 durchgeführte Steuerklassenwechsel bei der Bemessung ihres Alg berücksichtigt werden, weil er nach ihren und ihres Ehemannes monatlichen Einkommensverhältnissen objektiv geboten gewesen sei. Jedenfalls habe die Wahl der Steuerklassenkombination IV/IV zum 1. Mai 1976 nicht offensichtlich dem Verhältnis ihrer beiderseitigen Erwerbseinkünfte widersprochen. Insoweit sei allerdings eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch das LSG geboten, die eine Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht erfordere.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg
vom 14. März 1978 sowie das Urteil des Sozialgerichts
Konstanz vom 20. September 1977 aufzuheben und die Beklagte
unter Abänderung ihrer Bescheide vom 15. Oktober und
18. November 1976 sowie vom 29. November 1976 und
12. Januar 1977 zu verurteilen, ihr höheres Arbeitslosengeld
unter Berücksichtigung der Lohnsteuerkarte IV nach der
Leistungsgruppe A zu gewähren,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg
vom 14. März 1978 aufzuheben und die Sache zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht
zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuverweisen.
Nach Überprüfung des Sachverhalts habe sich keine Möglichkeit ergeben, die Klägerin aufgrund der rückwirkenden Neufassung des § 113 Abs 2 AFG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des AFG (5. AFG-ÄndG) und das StEntlG 1981 klaglos zu stellen.
Beide Beteiligte sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Nach den bisherigen Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die angefochtenen Bescheide des Arbeitsamtes rechtmäßig sind bzw ob der Klägerin ein höheres Alg nach §§ 111, 113 AFG zusteht. Die Höhe des für die Bemessung dieses Anspruches maßgeblichen Arbeitsentgelts ist nach den Feststellungen des LSG nicht streitig, ebenso nicht das Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen. Nach § 111 Abs 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz (EG-EStRG) vom 21. Dezember 1974 (BGBl I 3656) beträgt das Alg grundsätzlich 68 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts, wobei der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung nach § 111 Abs 2 AFG (hier idF des HStruktG-AFG vom 18. Dezember 1975, BGBl I 3113) ermächtigt ist, die Leistungssätze jeweils für ein Kalenderjahr durch Rechtsverordnung zu bestimmen unter Beachtung der in § 111 Abs 2 Satz 2 aufgeführten Sachverhalte. Nach § 111 Abs 2 Nr 1 Buchst d AFG ist danach bei verheirateten Arbeitnehmern, auf deren Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse V eingetragen ist, als Lohnsteuer die Steuer nach der Lohnsteuertabelle für die Lohnsteuerklasse V zugrunde zu legen und demgemäß die Leistungsgruppe D nach bestimmten Leistungssätzen zu bilden; bei verheirateten Arbeitnehmern, auf deren Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse IV eingetragen ist, ist nach § 111 Abs 2 Nr 1 Buchst a AFG als Lohnsteuer die Steuer nach der Lohnsteuertabelle für die Lohnsteuerklasse I zugrunde zu legen und demgemäß die Leistungsgruppe A nach bestimmten Leistungssätzen zu bilden. Dies ist für das Kalenderjahr 1976 durch die AFG-Leistungsverordnung 1976 vom 2. Januar 1976 (BGBl I 17) geschehen.
Maßgebend für die Frage, nach welcher Leistungsgruppe sich die Höhe eines geltend gemachten Anspruchs auf Alg richtet, ist - soweit dies von der auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnsteuerklasse abhängt - grundsätzlich die Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen war, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 113 Abs 1 Satz 1 AFG idF des HStruktG-AFG). Im Falle der Klägerin ist dies die Lohnsteuerklasse V; denn diese war auf ihrer Lohnsteuerkarte für das Jahr 1976 mit Wirkung ab 1. Januar 1976 eingetragen. Das Gesetz sieht aber in bestimmten Fällen, von denen hier nur der Fall des Steuerklassenwechsels zwischen Ehegatten nach § 113 Abs 2 AFG in Betracht kommt, die Berücksichtigung späterer Änderungen der Steuerklasse auf der Lohnsteuerkarte des Antragstellers vor. Eine solche Änderung ist hier nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG am 1. Juli 1976 mit Wirkung vom 1. Mai 1976 - Eintragung der Steuerklasse IV statt bisher V - erfolgt, nachdem sich die Ehegatten wegen der Einkommenserhöhungen der Klägerin für die Steuerklassenkombination IV/IV entschieden hatten.
Ob es sich hierbei um einen nach § 113 Abs 2 AFG beachtlichen Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten handelt, läßt sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Der § 113 Abs 2 AFG, der durch das HStruktG-AFG ab 1. Januar 1976 eingefügt wurde (vgl Art 5 § 1 HStruktG-AFG) und zunächst im Falle der Klägerin anzuwenden war, ließ die Berücksichtigung eines Steuerklassenwechsels zwischen Ehegatten nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nur zu, wenn der Wechsel vorgenommen wurde, weil der Ehegatte des Arbeitslosen keine oder nur noch eine Teilzeitbeschäftigung ausübte. Dies war hier nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG nicht der Fall. Ob § 113 Abs 2 AFG in der vorgenannten Fassung auch weitere Fälle eines "objektiv gebotenen" Steuerklassenwechsels erfaßt, kann hier dahingestellt bleiben, weil § 113 Abs 2 AFG inzwischen geändert worden ist und diese Änderung im Falle der Klägerin Anwendung findet. Nach der zunächst mit Wirkung vom 1. August 1979 geltenden Neufassung des § 113 Abs 2 AFG durch das 5. AFG-ÄndG vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) war ein Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten - abgesehen von den bisher zu berücksichtigenden Fällen - auch zu berücksichtigen, wenn der Arbeitslose dies beantragte und der Wechsel vorgenommen wurde, weil die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragene Lohnsteuerklasse dem für die Wahl der Lohnsteuerklasse maßgebenden Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten zu diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht entsprach. Durch das Gesetz zur Steuerentlastung und Familienförderung vom 16. August 1980 (BGBl I 1381) ist § 113 Abs 2 AFG ab 1. Januar 1981 (Art 7 Abs 2 Nr 1 StEntlG 1981) erneut geändert worden. Nach der derzeit geltenden Fassung ist der Steuerklassenwechsel von Ehegatten grundsätzlich von dem Tage an zu berücksichtigen, an dem die Änderung wirksam wird. Entsprechen die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen an diesem Tag offensichtlich nicht dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten, so sind die diesem Verhältnis entsprechenden Lohnsteuerklassen für die Höhe des Alg maßgebend. Nach der geltenden Fassung bestimmt § 113 Abs 3 AFG die Anwendung des § 113 Abs 2 in der seit 1. August 1979 geltenden Fassung und § 113 Abs 4 die Anwendung des § 113 Abs 2 in der seit 1. Januar 1981 geltenden Fassung für alle Fälle, in denen die Entscheidung über den Anspruch zu dem jeweils genannten Zeitpunkt noch in zulässiger Weise angefochten werden konnte. Wie der Senat bereits entschieden hat, bedeutet die Übergangsregelung in § 113 Abs 3 AFG, daß die Neufassung des § 113 Abs 2 durch das 5. AFG-ÄndG auch in den Fällen anzuwenden ist, in denen - wie hier - zwar die Anfechtung eines Verwaltungsaktes schon vor deren Inkrafttreten (1. August 1979) erfolgt ist, der Streit hierüber an diesem Tage aber noch anhängig ist (vgl BSG SozR 4100 § 113 Nr 1). Der gleiche Grundsatz muß aber wegen der Gesetzesidentität in § 113 Abs 4 AFG auch für die Neuregelung des § 113 Abs 2 AFG durch das StEntlG 1981 gelten, wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat (vgl Urteil vom 8. Oktober 1981 - 7 RAr 85/80 -, nicht veröffentlicht). Danach muß für alle im Zeitpunkt des Inkrafttretens des StEntlG 1981 anhängigen Verfahren dieser Art die geltende Fassung des § 113 Abs 2 AFG angewendet werden. Über die Frage, ob dies auch dann gilt, wenn die Anfechtung vor dem Inkrafttreten des 5. AFG-ÄndG erfolgt ist, der Rechtsstreit bei Inkrafttreten des StEntlG 1981 noch anhängig ist und die Regelung des § 113 Abs 2 AFG idF des 5. AFG-ÄndG für den Arbeitslosen günstiger sein sollte, braucht der Senat im vorliegenden Falle nicht zu entscheiden, denn die Anwendung des § 113 Abs 2 AFG idF des 5. AFG-ÄndG ist nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG für die Klägerin nicht günstiger als die idF des StEntlG 1981. Der Steuerklassenwechsel ist nicht vorgenommen worden, weil die zu Beginn des Kalenderjahres 1976 eingetragene Lohnsteuerklasse V den maßgebenden Verhältnissen der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten zum Jahresbeginn offensichtlich nicht entsprochen hätte, sondern deshalb, weil die Klägerin im Mai des Jahres 1976 eine erhebliche Gehaltserhöhung erhalten hat.
Nach § 113 Abs 2 AFG in der geltenden Fassung muß der zum 1. Mai 1976 wirksam gewordene Steuerklassenwechsel bzw die entsprechende Änderung der Steuerklasse von V auf IV in der Lohnsteuerkarte der Klägerin von diesem Tage an grundsätzlich berücksichtigt werden; dies gilt nur dann nicht, wenn die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen IV/IV am 1. Mai 1976 offensichtlich nicht dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten entsprochen haben. Ob dieser Ausnahmefall vorliegt, kann nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht entschieden werden. Hierzu bedarf es, wovon auch die Klägerin ausgeht, zunächst der Feststellung, wie hoch das monatliche Bruttoeinkommen des Ehemannes der Klägerin - nach Abzug etwaiger Freibeträge - an diesem Stichtage gewesen ist. Erst dann kann durch Gegenüberstellung mit dem monatlichen Bruttoeinkommen der Klägerin - ebenfalls nach Abzug etwaiger Freibeträge - ein Vergleich darüber angestellt werden, ob die Wahl der Steuerklassenkombination IV/IV zu diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht dem Verhältnis ihrer beiderseitigen Arbeitseinkünfte entsprochen hat. Einen verfahrensmäßigen Anhalt für die Beurteilung dieser Frage bietet hierbei die für den Steuerklassenwechsel von Ehegatten geltende Tabelle für das Jahr 1976 (vgl Bl 50 der Verwaltungsakten), die der Bundesminister der Finanzen und die obersten Finanzbehörden der Länder für dieses Jahr herausgegeben haben. In dieser Tabelle wird dem monatlichen Arbeitslohn (A*) des höherverdienenden Ehegatten jeweils der monatliche Arbeitslohn (B*) des geringerverdienenden Ehegatten gegenübergestellt, der bei einer Steuerklassenkombination III (für den Höherverdienenden) und V (für den Geringerverdienenden) nicht überschritten werden darf, wenn der geringste Lohnsteuerabzug erreicht werden soll. Übersteigt der monatliche Arbeitslohn des geringerverdienenden Ehegatten den nach den Spalten 2 bis 5 der Tabelle (in der die Kinderzahl berücksichtigt ist) in Betracht kommenden Betrag, so führt die Steuerklassenkombination IV/IV für die Ehegatten zu einem geringeren oder zumindest nicht höheren Lohnsteuerabzug als die Steuerklassenkombination III/V. (Die Kennzeichnung *) bedeutet: "nach Abzug etwaiger Freibeträge").
Da der Senat die hiernach noch erforderlichen Feststellungen hinsichtlich eines offensichtlichen Mißverhältnisses zwischen der gewählten Steuerklassenkombination und dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten nicht selbst treffen kann, ist das Urteil des LSG daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Fundstellen