Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahnersatz als Leistung zur Rehabilitation. Leistungsabgrenzung zwischen Kranken- und Rentenversicherung bei Zahnersatz

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Gewährung eines Zuschusses zu den Kosten einer zahnmedizinischen Behandlung - hier: Versorgung mit festsitzendem Zahnersatz (Kronen und Brücken) - als zahnmedizinische Leistung der beruflichen Rehabilitation iS von RVO § 1236 Abs 1, § 1237 entfällt eine Leistungszuständigkeit des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn der vorrangige Träger der gesetzlichen Krankenversicherung 100 vH der "Vertragsleistungen" (Leistungen unter Anwendung der zwischen den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung bzw den Zahntechniker-Innungen vereinbarten Sätze) bereits erbracht hat (Bestätigung und Weiterführung von BSG 1977-12-07 1 RA 7/77 = BSGE 45, 212; BSG 1979-08-30 4 RJ 63/78 = SozR 2200 § 1239 Nr 1; BSG 1980-06-24 1 RA 51/79 = BSGE 50, 156).

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zu den Leistungen zur Rehabilitation, die der Rentenversicherungsträger nach § 1236 RVO (= § 13 AVG) in dem in §§ 1237 bis 1237b RVO (= §§ 14 bis 14b AVG) bestimmten Umfang gewähren kann, gehören auch zahnärztliche Behandlung und Zahnersatz.

2. Für eine zahnärztliche Behandlung und Zahnersatz ist der Krankenversicherungsträger vor dem Träger der Rentenversicherung leistungspflichtig.

3. In der Krankenversicherung sind die Zuschüsse für Zahnersatz und Zahnkronen an den Verträgen über kassenzahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (§ 368g Abs 5 und Abs 5a S 1 RVO) sowie am einheitlichen Leistungsverzeichnis über zahntechnische Leistungen nach § 368g Abs 4 S 1 RVO, also an den Vertragssätzen, auszurichten.

4. Hat der Träger der Krankenversicherung einen Zuschuß zu den Kosten für Zahnersatz und Zahnkronen in voller Höhe der Vertragssätze erbracht, dann bleibt für den Rentenversicherungsträger kein Raum für eine weitere Kostenbeteiligung.

5. Auch bei einem Bläser in einem Sinfonieorchester ist in der Regel davon auszugehen, daß er bei einer zahnmedizinischen Versorgung zu Vertragssätzen in seiner Berufsfähigkeit nicht gefährdet ist.

 

Normenkette

AVG § 13 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1974-08-07; RVO § 1236 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1974-08-07, § 182 Fassung: 1977-06-27, § 182c Fassung: 1974-08-07, § 182d Fassung: 1974-08-07, § 368g Fassung: 1977-06-27; AVG § 14 Fassung: 1974-08-07; RVO § 1237 Fassung: 1974-08-07, § 1237a Fassung: 1974-08-07; AVG § 14a Fassung: 1974-08-07; RVO § 1237b Fassung: 1974-08-07; AVG § 14b Fassung: 1974-08-07

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Entscheidung vom 24.08.1981; Aktenzeichen L 11/2 An 1185/79)

SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 18.06.1979; Aktenzeichen S 3 An 612/78)

 

Tatbestand

Streitig ist, wieweit die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine zahnärztliche Behandlung zu bezuschussen hat.

Der 1921 geborene Kläger, Mitglied der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK), ist Trompeter im Sinfonieorchester des ...... .................. Er suchte im März 1978 den Zahnarzt Gerhard H. in L.-O. auf, um sich vier Brücken aus Metallkeramik und mehrere Zahnkronen anfertigen zu lassen. Der Zahnarzt stellte ihm hierfür 12.276,35 DM in Rechnung. Davon sind 853,57 DM sog Vertragsleistungen - Leistungen, die der Zahnarzt unter Anwendung der vertraglichen Bestimmungen zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Verband der Angestellten Krankenkassen berechnet hat -, der Rest - 11.422,78 DM - ist zwischen Kläger und Zahnarzt gesondert vereinbart worden (sog außervertragliche Leistung). Die DAK, der der Zahnarzt einen Heil- und Kostenplan vorgelegt hatte, erstattete dem Kläger von dem Rechnungsbetrag 7.449,48 DM. Dieser Betrag setzt sich aus 80 vH der Vertragsleistungen (= 682,86 DM) und einem Zuschuß zu den außervertraglichen Leistungen von 6.766,62 DM zusammen.

Bereits im März 1978 hatte der Kläger auch bei der Beklagten einen Zuschuß zu den Zahnbehandlungskosten beantragt und darauf hingewiesen, daß er den Zahnersatz auf Empfehlung seines Zahnarztes wegen seines Berufs in Metallkeramik habe ausführen lassen müssen. Mit dem Bescheid vom 30. März 1978 und dem ihn bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 28. August 1978 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, daß ihre Richtlinien über die Gewährung von Beihilfen zum Zahnersatz ab 1. Januar 1975 im Hinblick darauf ersatzlos aufgehoben worden seien, daß das Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) Zuschüsse zum Zahnersatz zur Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenversicherung gemacht habe.

Das Sozialgericht (SG) hat im Urteil vom 18. Juni 1979 den Widerspruchsbescheid der Beklagten aufgehoben und die auf Gewährung eines Zuschusses zu den Zahnersatzkosten gerichtete Klage des Klägers abgewiesen. Die Beklagte hat hiergegen zunächst Berufung eingelegt, sodann mit dem streitigen Bescheid vom 17. März 1981 dem Kläger unter Bezug auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats einen Zuschuß von 1.489,89 DM bewilligt: Zu den Restkosten, die nach Berechnung aufgrund der für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Sätze offen geblieben seien, gewähre sie einen Zuschuß von 80 vH. Mit diesem Bescheid hat sich der Kläger für nicht einverstanden erklärt.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 24. August 1981 hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 30. März 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1978 aufgehoben, die Klage gegen den Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 17. März 1981 dagegen abgewiesen. In der Begründung ist im wesentlichen ausgeführt: Der letztgenannte Bescheid sei Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden (Hinweis auf § 153 Abs 1 iVm § 96 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG). Der Kläger könne die volle Erstattung seiner Zahnarztkosten unter Berücksichtigung des von der DAK gewährten Betrags nicht verlangen. Im Blick auf die berufsbedingten Mehrkosten des Zahnersatzes ergebe sich über die Zuständigkeit des Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst a und d der Reichsversicherungsordnung (RVO) sowie nach § 182c RVO hinaus eine Zuständigkeit der Beklagten als Träger der beruflichen Rehabilitation (§ 13 Abs 1 Satz 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes -AVG- idF des RehaAnglG). Die Beklagte sei auch berechtigt, ihren Zuschuß auf 80 vH der dem Versicherten "nach Abzug der 80 %igen Kassenleistungen" verbleibenden 20 vH des Rechnungsbetrages zu begrenzen, zumal eine in diesem Sinne praktizierte gleichmäßige Sachbehandlung jede Willkür ausschließe. Rechne man dem von der Beklagten im streitigen Bescheid gewährten Betrag einen Arbeitgeberzuschuß von 161,-- DM hinzu, so habe der Kläger selbst nur noch 211,57 DM aus eigener Tasche aufzubringen. Das könne dem Kläger zugemutet werden.

Gegen dieses Urteil hat der Senat die Revision zugelassen.

Mit der Revision bringt der Kläger vor: In der Aufspaltung der Zahnbehandlungskosten in vertragliche und außervertragliche Leistungen und mit der Berücksichtigung allein der vertraglichen Leistungen weiche das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ab (Hinweis auf BSGE 44, 234; 46, 292 und 5O, 162). Der Umstand, daß der Zahnarzt die Sätze der Krankenkasse überschritten habe, bedeute nicht, daß sich er und der Patient nicht sachgerecht und kostenbewußt verhalten hätten. Es sei nicht nur darum gegangen, sein Gebiß so zu gestalten, daß es den hohen und schwierigen Anforderungen gerecht werde, die sich aus der Tätigkeit als Blasmusiker ergäben. Darüber hinaus sei gerichtsbekannt, daß qualifizierte Zahnärzte nicht bereit seien, ihre Tätigkeit zu den Sätzen der Krankenkassen auszuüben. Wenn die finale Zielsetzung der Rehabilitation verwirklicht werden und nicht nur auf dem Papier stehen solle, sei es geboten, einem Blasmusiker Zuschüsse des Versicherungsträgers zu gewähren, die sich an dem tatsächlich entstandenen und praktisch für ihn nicht vermeidbaren Kosten orientierten.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 18. Juni 1979 kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. August 1981 zurückzuweisen.

Sie führt aus, sie dürfe sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Fällen der vorliegenden Art auf Zuschüsse beschränken. Sie habe, gebunden an das Gebot der Sparsamkeit, dem Kläger den Zuschuß in ausreichender Höhe bemessen. Sie dürfe und müsse sich an den Sätzen orientieren, die der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung mit den Ärzteverbänden vereinbart habe, zuzüglich solcher zahnärztlicher Leistungen, die die Krankenkasse im Einzelfall - wie hier - auch noch außervertraglich übernehme. Damit seien mehr als die Kosten eines "Normalgebisses" berücksichtigt. Sie habe auch berücksichtigen dürfen, daß der Zahnersatz nicht ausschließlich beruflichen Zwecken diene. Dem Kläger bleibe nur ein Eigenanteil von 4 vH. Unvertretbar hohe berufsspezifische Leistungen seien im vorliegenden Fall nicht erbracht worden, so daß eine 100 %ige Kostenerstattung nicht in Frage komme.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet.

Nach § 13 Abs 1 Satz 1 AVG (= § 1236 Abs 1 Satz 1 RVO) in der - bis zum Inkrafttreten des Haushaltsstrukturgesetzes (HStruktG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1523) am 1. Januar 1982 geltenden - Fassung des RehaAnglG kann die Beklagte Leistungen der Rehabilitation in dem in den §§ 14 bis 14b AVG (= §§ 1237 bis 1237b RVO) bestimmten Umfang gewähren, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte gefährdet oder gemindert ist und sie voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Die der Beklagten - im Rahmen der sog beruflichen Rehabilitation - möglichen Maßnahmen erstrecken sich nach § 14 aaO auch auf medizinische Leistungen, bei Personen mit dem Beruf eines Bläsers in einem Sinfonieorchester ohne Bedenken ua auch auf eine zahnärztliche Behandlung der vorliegenden Art, ersatzweise auf Gewährung eines Kostenzuschusses hierzu (vgl zu alledem den erkennenden Senat zB in BSGE 50, 156, 158 f = SozR 2200 § 1237 Nr 15 mwN). Gestützt auf diese Vorschriften und die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung hat die Beklagte dem Kläger nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 39 Abs 1 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches -SGB 1) mit dem streitbefangenen Bescheid vom 17. März 1981 einen Zuschuß zu den Kosten seiner Behandlung durch den Zahnarzt Gerhard H in L.-O. im Jahre 1978 bewilligt (sog Kannleistung). Die §§ 13 ff AVG finden hier in der Fassung des RehaAnglG deshalb Anwendung, weil sich der zeitliche Geltungsbereich einer Norm, die eine Maßnahme der beruflichen Rehabilitation durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung vorsieht, danach richtet, wann die Maßnahme - hier in Form einer zahnmedizinischen Behandlung - aus den im Gesetz genannten Gründen geboten war (so der erkennende Senat in BSGE 44, 231, 232 = SozR 2200 § 1236 Nr 3; BSGE 45, 212 = SozR 2200 § 182 Nr 29 und in SozR 2200 § 1237 Nr 10; im Anschluß hieran BSG in SozR 2200 § 1236 Nr 16). Die zahnmedizinische Behandlung, die die Beklagte bezuschußt hat, hat im Jahre 1978 stattgefunden, so daß auf den damals geltenden Rechtszustand abzustellen ist.

Hierüber besteht nach dem Vortrag der Beteiligten kein Streit.

Streitig ist dagegen, ob der vorgenannte, einen Zuschuß bewilligende Bescheid der Beklagten vom 17. März 1981 deswegen rechtswidrig und aufzuheben ist - zutreffend hat der Kläger bezüglich der nach Ermessen zu gewährenden Leistungen zur Rehabilitation keine nach § 54 Abs 4 und 5 SGG unzulässige Leistungsklage erhoben -, weil der Zuschuß etwa wegen der Überschreitung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens der Beklagten zu niedrig festgesetzt ist. Das ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht der Fall.

Der von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung als Leistung der beruflichen Rehabilitation gewährte Zuschuß zu den Kosten einer zahnärztlichen Behandlung des Versicherten "vertritt... allein zum Teil die eigentliche Rehabilitationsmaßnahme"; "eigentliche" Rehabilitationsmaßnahme ist die erforderliche zahnärztliche Behandlung selbst (so der erkennende Senat in BSGE 45, 212, 214, 215 = SozR 2200 § 182 Nr 29). Wie der erkennende Senat aaO (217, 218) und in BSGE 50, 156, 160 f, 164 mit eingehender Begründung bereits entschieden hat, ist für jede zahnärztliche Behandlung der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nach §§ 182 ff RVO mit Vorrang vor dem Träger der Rentenversicherung als Träger der beruflichen Rehabilitation leistungszuständig; soweit nach §§ 182 ff RVO der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung zu leisten hat, scheidet eine zahnmedizinische Rehabilitation zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung aus. Das gilt unverändert auch angesichts der Tatsache, daß sich in §§ 182 ff RVO die für die gesetzliche Krankenversicherung geltende Regelung der Versorgung der Versicherten mit Zahnersatz und Zahnkronen in der Vergangenheit mehrfach geändert hat. Auch für die Anwendbarkeit des Rechts der Krankenversicherung gilt in bezug auf zahnmedizinische Leistungen zur Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und dem Träger der Rehabilitation der oben dargestellte Grundsatz, daß maßgeblich das Recht ist, das zur Zeit der aus zahnärztlicher Sicht gebotenen zahnmedizinischen Behandlung des Versicherten gegolten hat.

Zur Zeit der Aufnahme der Behandlung und Versorgung des Klägers mit Brücken und Kronen durch Zahnarzt Gerhard H im März 1978 galt § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst d RVO in der ab 1. Juli 1977 geltenden Fassung des Gesetzes zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherung-Kostendämpfungsgesetz -KVKG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I, 1069; die Neufassung durch das Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz -KVEG- vom 22. Dezember 1981 - BGBl I, 1578 - gilt mit Wirkung vom 1. Januar 1982). Danach hat der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, im Falle des Klägers die DAK als Ersatzkasse, Zuschüsse zu den Kosten für Zahnersatz und Zahnkronen zu gewähren. Das bedeutet zunächst, daß der Kläger im März 1978 gegen die DAK für die Anfertigung von Kronen und Brücken - sie zählen zum festsitzenden "Zahnersatz" (vgl zB Hoernigk/Roman/Schroeter, Krankenversicherung, § 182d Anm 3) - keinen Anspruch als Sachleistung nach § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst a RVO hatte und sohin genötigt war, mit dem Zahnarzt Gerhard H einen Behandlungsvertrag bürgerlich-rechtlicher Natur abzuschließen (vgl BSG in SozR 2200 § 182c Nr 5). Die Höhe des Zuschusses, den die Kasse dem Kläger "zu den Kosten" zu gewähren hatte, die ihm durch den zivilrechtlichen Vergütungsanspruch des Zahnarztes erwuchsen, bestimmte sich nach § 182c Satz 1 RVO nach der Satzung der gesetzlichen Krankenkasse. Dabei durften 80 vH "der Kosten" nicht überschritten werden (§ 182c Satz 2 aaO); nur in "besonderen Härtefällen" durfte die Krankenkasse den vom Versicherten zu zahlenden "Restbetrag" ganz oder teilweise übernehmen (Satz 3 aaO).

Der Teil der Satzung einer Ersatzkasse, die als autonomes Recht einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (vgl Abschnitt II Art 3 § 1 des Gesetzes über den Aufbau der Sozialversicherung vom 5. Juli 1934 - RGBl I 577; §§ 504 ff RVO; § 21 Abs 2 SGB 1; §§ 29 Abs 1, 34 SGB 4) ua die Leistungsansprüche der Mitglieder regelt, wird herkömmlich als Versicherungsbedingungen (VB) bezeichnet. Nach Abschnitt F (Versicherungspflichtige) Unterabschnitt "Zahnersatz und Zahnkronen" Abs 1 Satz 1 der VB der DAK in der ab 1. Januar 1977 und noch im März 1978 geltenden Fassung übernahm die Kasse 80 vH der "Vertragssätze (Honorar)" sowie der "berechnungsfähigen" Material- und Laboratoriumskosten (Gebührentarif C Prothetische Behandlung Anl 3 des Vertrags zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen). Voraussetzung für die Gewährung des Zuschusses durch die DAK war ferner, daß die Anfertigung des Zahnersatzes den Richtlinien für die Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (Anl 11 des Vertrags zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen) entsprach (Satz 2 der VB aaO). Für die nichtversicherungspflichtigen Mitglieder der DAK galt nach Abschnitt G Nr 8 Buchst b Abs 3 der VB Entsprechendes. Damit ist klargestellt, daß die in §§ 182 Abs 1 Nr 1 Buchst d, 182c Satz 1 und 2 RVO genannten zuschußfähigen "Kosten für Zahnersatz und Zahnkronen" nur die Kosten in der Höhe sind, die sich sowohl für das eigentliche Honorar des Zahnarztes wie für die Material- und Laboratoriumskosten aus den entsprechenden Verträgen zwischen gesetzlichen Krankenkassen und Kassenzahnärzten bzw Zahntechniker-Innungen nach § 368g RVO ergaben. Das war auch unbedenklich; an letztgenannter Stelle (Abs 1) war ausdrücklich hervorgehoben, daß die vertraglichen Leistungen eine gleichmäßige, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung des Kranken einerseits und andererseits eine angemessene zahnärztliche Vergütung gewährleisteten (hinsichtlich der ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen kassenzahnärztlichen Versorgung mit Zahnersatz und mit Zahnkronen siehe auch die Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vom 25. November 1977 in BAnz 1977 Nr 230 = DOK 1978, 110).

Folgerichtig war eine ausnahmsweise Beteiligung der Krankenkasse an dem 80 vH der vorgenannten Kosten übersteigenden "Restbetrag" in besonderen Härtefällen nach § 182c Satz 3 RVO nicht über 100 vH der soeben dargestellten "Vertragssätze" möglich. Insbesondere hatte die Kasse auch dann keine höhere Beteiligung als am satzungsmäßigen Eigenanteil des Versicherten - 20 vH der Vertragssätze - zu übernehmen, wenn dieser über die im Rahmen der kassenzahnärztlichen Versorgung gewährleistete zweckmäßige und den Regeln der zahnärztlichen Kunst entsprechende Versorgung hinaus eine abweichende prothetische Versorgung durchführen ließ (vgl Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Stand August 1978, § 182c Anm 5).

Zum gleichen Ergebnis führen folgende rechtssystematische Überlegungen: Nach § 182 Abs 2 RVO ist tragender Grundsatz des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung, daß alle zur Krankenpflege gehörenden Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen "ausreichend und zweckmäßig" sein müssen; hinzu tritt der weitere Grundsatz, daß die Krankenpflege "das Maß des Notwendigen nicht übersteigen darf". Unter Kosten für Zahnersatz, zu denen die gesetzlichen Krankenkassen Zuschüsse zu übernehmen hatten, war daher auch im März 1978 der Betrag der Kosten zu verstehen, der unter Berücksichtigung der durch § 182 Abs 2 RVO gezogenen Grenzen von Notwendigkeit und von Wirtschaftlichkeit bestimmt war. Deshalb ist die Gewährung des Zuschusses sowohl an den Verträgen über kassenzahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen nach § 368g Abs 5 und Abs 5a Satz 1 RVO wie am einheitlichen Leistungsverzeichnis über zahntechnische Leistungen nach § 368g Abs 4 Satz 1 aaO, kurz an den "Vertragssätzen" auszurichten (vgl Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II § 182c Anm b/S 17/338-8). Das KVKG vom 27. Juni 1977 hat erklärtermaßen die in der Krankenversicherung entstehenden Kosten noch weiter dämpfen wollen; dies hat es in der Weise getan, daß es die bis dahin mögliche Erstattung der nach den Vertragssätzen ermittelten Gesamtkosten für Zahnersatz auf Zuschüsse hierzu beschränkte. Klarstellend auch für den vorliegenden Fall bestimmt schließlich § 182c Abs 5 Satz 1 RVO in der Fassung des KVEG ausdrücklich, daß der Versicherte die Mehrkosten zu tragen hat, die ihm durch die Wahl eines "aufwendigeren Zahnersatzes als notwendig" entstehen (vgl auch Peters aaO, Anm 7 und 9).

Waren aber schon 1978 Kosten für Zahnersatz und Zahnkronen iS der §§ 182 Abs 1 Nr 1 Buchst d, 182c RVO sowie der VB der DAK nur solche bis zum Betrag der "Vertragssätze" von 853,57 DM, dann entfiel für die Beklagte die rechtliche Möglichkeit, ihrerseits einen Zuschuß zu gewähren: Da die DAK dem Kläger mit einem Betrag von 7.449,48 DM eine Geldleistung in Höhe von mehr als 100 vH des Vertragssatzes für die notwendige zahnmedizinische Behandlung gewährt hatte, bleibt für die Beklagte wegen ihrer nur subsidiären "Zuständigkeit" - siehe oben - kein Raum für eine Kostenbeteiligung an der zahnmedizinischen Versorgung des Klägers. Was für die DAK nicht notwendig iS des Krankenversicherungsrechts war, kann auch für den nur nachrangig eintretenden Träger der beruflichen Rehabilitation nicht notwendig sein. Für die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gelten für die Verwendung ihrer Mittel im übrigen ebenfalls die Grundsätze der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit (§ 69 Abs 2 SGB 4).

Die Auffassung des Klägers, zuschußfähig seien immer die Kosten, die der Zahnarzt dem Versicherten für nach des ersteren Auffassung sachlich angemessene Leistungen in Rechnung gestellt hat, findet weder im Gesetz noch in den VB der DAK noch in der Rechtsprechung des erkennenden Senats eine Stütze.

Der Kläger kann auch nicht aus dem Umstand, daß er von Beruf Bläser in einem Sinfonieorchester ist, anderes zu seinen Gunsten herleiten. Zum einen hat das LSG unangegriffen und damit bindend festgestellt (§ 163 SGG), bei dem Kläger habe keine Notwendigkeit bestanden, gerade den von ihm gewählten Zahnarzt in Anspruch zu nehmen. Auch der Kläger selbst hat nicht behauptet, daß er bei einer zahnmedizinischen Versorgung zu "Vertragssätzen" in seiner Berufsfähigkeit gefährdet gewesen wäre. Er hat sich sinngemäß allein darauf beschränkt darzutun, daß er die von ihm gewählte anspruchsvolle zahnmedizinische Behandlung im Hinblick auf seinen Beruf für besser gehalten habe. Im einzelnen mag das dahinstehen. Das geltende Recht nötigte den Kläger im Jahre 1978 nicht, eine "gesonderte Vereinbarung" mit seinem Zahnarzt abzuschließen. Die vorgenannten Prothetik-Richtlinien vom 25. November 1977 verpflichteten unter Nr I/12 Satz 1 den Kassenzahnarzt, bei der kassenzahnärztlichen Versorgung mit Brücken und Kronen nur solche klinisch erprobte Werkstoffe zu verwenden, "bei denen ausreichend gesichert ist, daß sie der Gesundheit nicht schaden, den chemischen und physikalischen Auswirkungen im Mund widerstehen und der zu erwartenden Beanspruchung genügen". Es besteht hiernach auch unter Berücksichtigung des Berufs des Klägers kein Anhalt dafür - und auch das Berufungsgericht hat in dieser Richtung nichts festgestellt -, daß eine zahnärztliche Behandlung nach den angegebenen Richtlinien nicht ausreichend gewesen wäre. Weiter ist entgegen der Meinung des Klägers auch nicht gerichtsbekannt, daß er zu Vertragssätzen arbeitende qualifizierte Zahnärzte nicht hätte finden können. Auch das LSG hat dazu nichts festgestellt.

Hat nach allem der Kläger bei der zahnmedizinischen Versorgung mit Brücken und Kronen vom vorrangigen Träger der Krankenversicherung bereits erhalten, worauf er nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung im Höchstfall Anspruch haben konnte, so stehen keine zuschußfähigen Kosten des Klägers mehr offen, die in die subsidiäre Leistungszuständigkeit der Beklagten fallen könnten (vgl dazu den erkennenden Senat in BSGE 45, 212, 221). Das LSG hat es sonach im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den streitigen Bescheid der Beklagten in dem - weitere - Leistungen ablehnenden Teil als rechts- oder ermessensfehlerhaft zu beanstanden. Die Revision des Klägers gegen das angefochtene Urteil war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beklagte hat dem Kläger außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten (§ 193 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1660472

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