Verfahrensgang
SG Hamburg (Urteil vom 14.03.1978) |
Tenor
Die Sprungrevision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. März 1978 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Auflage, die die Beklagte ihrem Bescheid vom Mai 1977 beigefügt hat, mit dem sie der Klägerin die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung für die Zeit von Mai 1977 bis Mai 1978 erteilt hatte.
Die Klägerin, die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betreibt, erhielt von der Beklagten erstmals 1973 eine auf ein Jahr befristete Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz –AÜG–) vom 6. August 1972 (BGBl I 1393).
In der Folgezeit wurde die Erlaubnis jeweils um ein Jahr verlängert. Auf den Antrag der Klägerin vom 28. Januar 1977 erteilte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Mai 1977 erneut nur eine auf ein Jahr befristete Erlaubnis bis zum 14. Mai 1978.
Die Beklagte hatte bei einer Überprüfung der Zweigniederlassungen der Klägerin festgestellt, daß die Klägerin in mehreren Fällen solche Leiharbeitnehmer während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses bei nur einem Entleiher eingesetzt hatte, mit denen sie wegen eines in deren Person liegenden Grundes einen befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hatte. Deshalb verband die Beklagte die Erlaubnis mit einem weiteren Bescheid vom gleichen Tage, in dem es heißt:
„Leiharbeitnehmer, mit denen infolge eines in der Person des Leiharbeitnehmers liegenden sachlichen Grundes ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wird, sind nicht während der gesamten Dauer des Arbeitsvertrages nur einem Entleiher zu überlassen”.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 19. August 1977).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. März 1978), Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Beklagte sei gemäß Art. 1 § 2 Abs. 2 AÜG berechtigt, angesichts der bei der Klägerin festgestellten Praxis die Erlaubnis mit der Auflage zu verbinden. Nach Art. 1 § 3 Abs. 2 Nr. 5 AÜG (Verbot der Deckungsgleichheit, Synchronisationsverbot) stelle die Praxis der Klägerin einen Grund für die Versagung der Erlaubnis dar. Die Auslegung des Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 5 AÜG bestätige nicht die Auffassung der Klägerin, daß keine Beschränkung der Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Leiharbeitnehmer auf die Zeit der erstmaligen Überlassung durch den Verleiher stattfinde, wenn das Leiharbeitsverhältnis aus einem in der Person des Leiharbeitnehmers liegenden sachlichen Grundes zulässigerweise befristet sei, und wenn sich wegen der daraus ergebenden Kürze eine Beschränkung auf eine einzige Überlassung ergebe. Das Gesetz unterscheide nicht zwischen einer vom Verleiher ausgehenden und einer vom Leiharbeitnehmer veranlaßten Beschränkung. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle das Verbot der Deckungsgleichheit uneingeschränkt gelten. Durch die lückenlose Anwendung der Vorschrift solle der Gefahr einer Umgehung begegnet werden.
Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 5 AÜG solle auch dem Schutz des Vermittlungsmonopols der Bundesanstalt für Arbeit (BA) dienen. Daneben solle verhindert werden, daß der Verleiher das Lohnfortzahlungsrisiko auf den Leiharbeitnehmer abwälzen könne, indem er die Dauer des Einsatzes bei dem Entleiher mit der Dauer des Arbeitsverhältnisses abstimme. Diese Ziele rechtfertigten es, die Regelung unter Umständen auch entgegen den Interessen eines Leiharbeitnehmers im Einzelfall anzuwenden.
Das Verbot der Deckungsgleichheit stelle lediglich eine Regelung der Berufsausübung dar, die das Grundrecht der freien Berufswahl weder hinsichtlich der Verleiher noch der Leiharbeitnehmer verletze. Selbst wenn die Klägerin wegen der Befolgung des Verbots der Deckungsgleichheit aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten gezwungen sein sollte, Arbeitsverhältnisse unter einer bestimmten Dauer nicht mehr einzugehen, würde das Grundrecht der Leiharbeitnehmer auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nicht betroffen. Den betreffenden Arbeitnehmern bliebe auf jeden Fall die Möglichkeit, sich durch die Arbeitsvermittlung der Beklagten in kurzfristige Arbeitsverhältnisse vermitteln zu lassen.
Mit der Sprungrevision macht die Klägerin geltend: Das Synchronisationsverbot des Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 5 AÜG greife nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer das Leiharbeitsverhältnis kündige oder wenn eine im gegenseitigen Einvernehmen vereinbarte Aufhebung des Arbeitsverhältnisses auf seine Veranlassung zurückgehe. In einer nach Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG zulässigen Befristung könne keine Beschränkung durch den Verleiher liegen.
Das Arbeitgeberrisiko des Verleihers, durch den sich seine Tätigkeit von der eines Arbeitsvermittlers abgrenze, bestehe auch im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses, bei dem der Leiharbeitnehmer nur bei einem Entleiher eingesetzt werde. Der Verleiher müsse nämlich auch in diesem Falle bei einer Krankheit den Lohn fortzahlen.
Das Synchronisationsverbot dürfe auch nicht zu Nachteilen für Leiharbeitnehmer führen, die ein Interesse an einem befristeten Arbeitsverhältnis und darüber hinaus den Wunsch hätten, nur bei einem Kunden eingesetzt zu werden. Wenn ein solcher Arbeitnehmer auf die Job-Arbeitsvermittlung verwiesen werde, mute man ihm die Eingehung eines rechtlich schlechter geschützten Aushilfsarbeitsverhältnisses zu.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Arbeitsvermittlungsmonopol sei dieses kein Selbstzweck, sondern lediglich ein Mittel zum Schutz von wichtigen Gemeinschaftsgütern. Insbesondere für die Grenzbereiche müsse die Berechtigung des Arbeitsvermittlungsmonopols kritisch geprüft werden. Für den Verleiher stelle das Synchronisationsverbot im übrigen eine Zulassungsregelung dar. Selbst wenn darin aber nur eine Ausübungsregelung erblickt werde, sei es in dem Verständnis, die das SG der Vorschrift gegeben habe, verfassungswidrig, da der Schutz des Leiharbeitnehmers eine solche Belastung nicht erforderlich mache.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß die Klägerin den Inhalt der Auflage falsch verstehe, wenn sie darin eine Beschneidung der nach Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG zulässigen Möglichkeit der Befristung eines Arbeitsverhältnisses sehe. Die Auflage solle vielmehr nur verhindern, daß ein befristetes Leiharbeitsverhältnis mit nur einer Überlassung ausgefüllt werde. Das Leiharbeitsverhältnis solle den erstmaligen Einsatz überdauern.
Als Arbeitgeber des überlassenen Arbeiters könne die Klägerin nur dann angesehen werden, wenn sie das volle Arbeitgeberrisiko trage. Tue sie das nicht, betreibe sie in Wahrheit Arbeitsvermittlung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Beklagte durfte der Klägerin aufgeben, Leiharbeiter auch dann nicht bei nur einem Entleiher einzusetzen, wenn bei diesen Arbeitnehmern ein in ihrer Person liegender Grund vorlag, nur einen befristeten Vertrag einzugehen.
Der Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte der Klägerin diese Auflage erteilte, ist, wie das SG richtig ausgeführt hat, selbständig anfechtbar. Er ist formell von der Erlaubniserteilung getrennt und kann unabhängig von ihr gesehen werden. Die der Klägerin erteilte Auflage tritt damit selbständig neben die Erteilung der Erlaubnis (vgl. Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, § 54 Anm. 17).
Seine Rechtsgrundlage findet der Verwaltungsakt in Art. 1 §§ 2 Abs. 2; 3 Abs. 1 Nrn 3 und 5 AÜG. Art. 1 § 3 AÜG begründet Verbote gegenüber dem Verleiher. Bei Verstoß gegen diese Verbote hat die Beklagte die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung zu versagen oder die Verlängerung der Erlaubnis abzulehnen (Art. 1 § 3 Abs. 1 AÜG). Die Befolgung der Verbote des Art. 1 § 3 AÜG kann die Beklagte aber nicht nur durchsetzen, indem sie die Erlaubnis nicht erteilt, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Verleiher werde gegen die Verbote verstoßen (Art. 1 § 3 Abs. 1 AÜG). Sie kann auch die Erlaubnis unter Bedingungen erteilen und Auflagen machen (Art. 1 § 2 Abs. 2 AÜG). Sie wählt damit den für den Verleiher günstigeren und weniger belastenden Weg.
Die Auslegung, die die Klägerin Art. 1 § 3 Abs. 1 Nrn 3 und 5 AÜG gibt, nämlich daß das Synchronisationsverbot nur gilt, wenn sich aus der Person des Arbeitnehmers für die zeitliche Begrenzung seines Arbeitsvertrages kein sachlicher Grund ergibt, ist nicht richtig. Sie trifft bereits nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu. Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG verbietet dem Verleiher, mit dem Leiharbeitnehmer befristete Arbeitsverträge abzuschließen und macht von diesem Verbot nur für den Fall eine Ausnahme, daß sich aus der Person des Arbeitnehmers hierfür ein sachlicher Grund ergibt, Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 5 AÜG verbietet dem Verleiher, die Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer auf die Zeit der erstmaligen Überlassung an einen Entleiher zu beschränken, ohne in gleicher Weise wie Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG hiervon eine Ausnahme vorzusehen. Es wäre eine Auslegung entgegen dem klaren Wortlaut, wollte man die Ausnahme, die das Gesetz lediglich zu Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG vorsieht, auch auf Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 5 AÜG übertragen.
Für eine solche Auslegung besteht im übrigen kein Anlaß. Das wortgetreue Verständnis des Art. 1 § 3 AÜG entspricht vielmehr Sinn und Zweck des Gesetzes und verstößt nicht, wie die Klägerin meint, gegen das Grundgesetz (GG).
Das AÜG hat insbesondere zwei Ziele. Es will die (erlaubte) Arbeitnehmerüberlassung von der (unerlaubten) Arbeitsvermittlung abgrenzen, und es will Mißbräuchen entgegentreten, die sich aus der Arbeitnehmerüberlassung ergeben können – und wie die historische Erfahrung gezeigt hat, auch schon ergeben haben – (zum Zweck des Gesetzes: Bundesratsdrucksache – BR-Drs – 200/71, Begründung A 1 S. 9). Beide Zwecke rechtfertigen es, den Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 5 AÜG seinen Wortlaut entsprechend auszulegen.
Wie das BVerfG entschieden hat (Urteil vom 4. April 1967, BVerfGE 21, 245) ist es verfassungsgemäß und insbesondere mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn ein Gesetz – damals noch das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16. Juli 1927 (RGBl I 187 idF der Bekanntmachung vom 3. April 1957, BGBl I 321, 706), heute das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) – der BA das Vermittlungsmonopol auf dem Arbeitsmarkt vorbehält. Als nicht mit der Verfassung vereinbar hat das BVerfG das Verbot der privaten Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet (Urteil vom 4. April 1957, BVerfGE 21, 261). Das BVerfG hat die Zulässigkeit der Arbeitnehmerüberlassung ua mit deren geringer Bedeutung und der daraus sich ergebenden Unschädlichkeit begründet. Zu diesem Schluß ist es deshalb gelangt, weil es die Arbeitnehmerüberlassung sehr eng bestimmt und scharf von der Arbeitsvermittlung abgegrenzt hat. Arbeitsvermittlung und nicht mehr Arbeitnehmerüberlassung hat es schon dann als gegeben angesehen, wenn der zugewiesene Arbeitnehmer in den Betrieb des Entleihers derart eingeordnet wird, daß er nach der ganzen Gestaltung der gegenseitigen Beziehungen – wenn auch nur auf kurze Dauer – der Arbeitnehmer des Entleihers wird. Diese Eingliederung in den Betrieb, so hat das BVerfG ausgeführt, genüge, um den Arbeitnehmer in ein Arbeitsverhältnis zu dem Entleiher zu bringen mit der Folge, daß bei dem den Arbeitnehmer zuweisenden Arbeitgeber verbotene Arbeitsvermittlung und nicht mehr erlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorliege. Unerheblich sei, ob der zugewiesene Arbeitnehmer gleichzeitig an ein irgendwie geartetes Vertragsverhältnis zu dem zuweisenden Unternehmer gebunden bleibe (BVerfGE 21, 261, 266, 267).
Bei strengem Zugrundelegen dieses Maß Stabes kann zweifelhaft sein, ob nicht manches, was heute als Arbeitnehmerüberlassung unbeanstandet bleibt, schon als verbotene Arbeitsvermittlung anzusehen ist. Der Erfahrung entsprechend, daß Arbeitnehmerüberlassung überhaupt nur funktionieren kann, wenn gewisse Arbeitgeberrechte und -pflichten auch in der Person des Entleihers bestehen, hat der Senat in der Entscheidung vom 29. Juli 1970 (BSGE 31, 235, 242) ausgeführt, daß solche Vertragsverhältnisse nicht verbotene Arbeitsvermittlung sind, „bei denen zwar arbeitsrechtliche Beziehungen zwischen dem einen Arbeitsplatz vergebenden Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer begründet werden, daneben aber ein diese Beziehungen überdauerndes und davon unabhängiges Arbeitsverhältnis zwischen dem Vermittler und Arbeitnehmer besteht, sofern in diesem Rechtsverhältnis der Schwerpunkt der arbeitsrechtlichen Beziehungen liegt”. In diesem Falle, so hat der Senat ausgeführt, ist Arbeitsvermittlung deshalb nicht gegeben, weil das Bedürfnis des Arbeitnehmers, eine Stelle zu finden, bereits zu dem Zeitpunkt befriedigt ist, zu dem er für die „entleihende” Firma tätig wird. Es hängt aber nicht von begriffsjuristischen Konstruktionen ab, ob gegen das Vermittlungsmonopol verstoßen wird. Entscheidend bleibt, wo der Schwerpunkt der arbeitsrechtlichen Beziehungen nach der tatsächlichen Gestaltung der Vertragsverhältnisse liegt. Der Senat hat ausgeführt, daß der Umgehung des Vermittlungsmonopols der Beklagten durch Verschleierung privater Stellenvermittlung mittels begriffsjuristischer Konstruktionen in der Form des unechten Leiharbeitsverhältnisses entgegenzutreten ist (BSGE 31, 235, 243).
Wenn ein Unternehmer einen Arbeitnehmer für eine begrenzte Zeit einstellt und ihn für dieselbe Zeit einem anderen Unternehmer überläßt, so überdauert das Verhältnis zwischen dem überlassenden Unternehmer und dem Arbeitnehmer bereits zeitlich nicht das Verhältnis, in das notwendigerweise der Arbeitnehmer zu dem entleihenden Unternehmer tritt. Auch alle Verfügungsrechte über die Arbeitskraft liegen bei dem Entleiher. Es läßt sich dann nicht mehr sagen, daß die eigentliche Arbeitgeber-Arbeitnehmerbeziehung zwischen der verleihenden Firma und dem Arbeitnehmer liegt. Begriffsjuristische Konstruktionen vermögen an dieser Tatsache nichts zu ändern.
Wie das BVerfG ausgeführt hat (BVerfGE 21, 261, 268) ist die Arbeitsvermittlung, vergleichbar der Tätigkeit eines Maklers, letztlich darauf gerichtet, daß zwischen einem arbeitsuchenden Arbeitnehmer und einem einen Arbeitsplatz anbietenden Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis zustande kommt. Dementsprechend erschöpft sie sich darin, daß der Vermittler einen arbeitsuchenden Arbeitnehmer einem Arbeitgeber mit dem Ziel der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zuführt. Beim Arbeitnehmerüberlassungsvertrag dagegen sind die Rechtsbeziehungen zwischen dem Verleiher und dem überlassenen Arbeitnehmer von anderer Art; sie sind nicht auf einen einzelnen Fall beschränkt, sondern sind von Dauer und bleiben insbesondere während der Zeit, in der der Arbeitnehmer in dem fremden Betrieb tätig wird, weiterbestehen.
Wie der Senat entschieden hat, kommt es bei dieser Betrachtung nicht auf die juristische Konstruktion, sondern auf die tatsächlichen Lebensverhältnisse an. Die tatsächlichen Lebensverhältnisse zeigen aber dann eine viel größere Übereinstimmung mit der Tätigkeit eines Maklers als mit der eines Verleihers, der dem Arbeitnehmer als Arbeitgeber gegenübersteht, wenn der Verleiher einen Arbeitnehmer nur einstellt, um ihn für dieselbe Zeit einem anderen – und zwar ein und denselben – Arbeitgeber (Entleiher) zu überlassen. In diesem Falle tritt das Verhältnis des Arbeitnehmers zu dem Verleiher so stark gegenüber dem Verhältnis zurück, das der Arbeitnehmer zu dem entleihenden Unternehmer hat, daß bei dem Verleiher die Vermittlung im Vordergrund steht.
Verfehlt ist es auch, wenn die Klägerin aus dem Wortlaut des Art. 1 § 3 Abs. 1 Nrn 3 und 5 AÜG herleitet, ein Verleiher beschränke die Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht auf die Zeit der erstmaligen Überlassung an einen Entleiher, wenn der Anstoß zu dieser Beschränkung nicht vom Verleiher, sondern von dem Arbeitnehmer ausgeht oder sogar bereits dann, wenn in der Person des Arbeitnehmers für eine solche Beschränkung ein sachlicher Grund besteht Eine solche Auffassung würde die Nrn 3 bis 6 des Art. 1 § 3 Abs. 1 AÜG praktisch beseitigen, die im Ergebnis darauf zielen, die Arbeitnehmerüberlassung von der Vermittlung iSd AFG abzugrenzen. Subjektive Vorstellungen über die Dauer des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf die erstmalige Überlassung des Arbeitnehmers an einen Entleiher sind sowohl nach Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck jener Vorschriften rechtlich ohne Belang, jedenfalls kann nicht die in Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG geregelte Ausnahme einer Befristung des Arbeitsvertrages aus sachlichem Grunde schlicht auf die gleiche Ausnahme in den übrigen Nummern, insbesondere Nr. 5, geschlossen werden. Anderenfalls würde – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – die so gestaltete Arbeitnehmerüberlassung zur reinen Vermittlung des Arbeitnehmers an einen Arbeitgeber über den Verleiher werden.
Da somit die von der Beklagten der Klägerin erteilte Auflage sowohl vom Wortlaut wie auch vom Sinn des Art. 1 § 3 Abs. 1 Nrn 3 und 5 AÜG gedeckt ist, ist sie rechtmäßig. Sie verstößt nicht gegen Art. 12 GG; denn da, wie dargelegt, Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 5 AÜG eine Konkretisierung der Abgrenzung zwischen Arbeitsvermittlung und Arbeitnehmerüberlassung enthält, und da das Gesetz die von Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 5 AÜG verbotene Tätigkeit zu Recht der Arbeitsvermittlung zuordnet, kann diese Bestimmung verfassungsrechtlich nicht anders beurteilt werden als das Vermittlungsmonopol der BA (BVerfGE 21, 245). Dabei kann es dahinstehen, inwieweit Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 5 AÜG eine Einschränkung der Berufszulassung oder der Berufsausübung enthält. Die Klägerin hat wegen des überragenden Wertes des Vermittlungsmonopols der BA eine Beschränkung ihres Rechtes auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) hinzunehmen. Auch soweit sich daraus Nachteile für Arbeitnehmer ergeben würden, wären sie in Kauf zu nehmen.
Im übrigen ist es nicht einleuchtend, daß für Arbeitnehmer wesentliche Nachteile daraus erwachsen, daß sie nur noch über die BA, nicht aber über Verleihunternehmer für nur kurze Zeit mit nur ein und demselben Arbeitgeber in ein Arbeitsverhältnis gelangen können. Die Auffassung der Klägerin, auf diese Weise erhielten die Arbeitnehmer eine geringere soziale Sicherheit, geht fehl. Wenn Art. 1 § 11 Abs. 4 AÜG vorschreibt, daß § 622 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der die Vereinbarung kürzerer Kündigungsfristen zuläßt, nicht auf Arbeitsverhältnisse zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern anzuwenden ist, so nicht deshalb, weil in dem Verhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer eine höhere soziale Sicherheit entsteht oder entstehen soll als bei anderen Arbeitsverhältnissen, sondern weil die Gestattung kürzerer Kündigungsfristen gerade im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Verleiher besondere Gefahren für den Leiharbeitnehmer eröffnen würde. Die Gestattung kürzerer Kündigungsfristen könnte zur Umgehung anderer Vorschriften des AÜG, etwa des Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 und § 9 Nr. 2 AÜG führen.
Da somit das Urteil des SG zu Recht ergangen ist, ist die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
Haufe-Index 926286 |
BSGE, 115 |