Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherungsschutz für Blutspender
Leitsatz (amtlich)
Begibt sich ein Versicherter von einer versicherten Tätigkeit (hier als Blutspender) zu einer anderen versicherten Tätigkeit, so beginnt mit dem Verlassen des Ortes der ersten Tätigkeit der Weg zum Ort der zweiten Tätigkeit. Danach bestimmt sich auch der zuständige Unfallversicherungsträger für die Entschädigung eines Arbeitsunfalls auf diesem Weg.
Orientierungssatz
1. Zum Begriff des Blutspenders iS von § 539 Abs 1 Nr 10 RVO.
2. Auch Blutspenden zu gewerblichen Zwecken fallen unter den Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 10 RVO.
Normenkette
RVO § 539 Abs 1 Nr 1 Fassung: 1963-04-30, § 539 Abs 1 Nr 10 Fassung: 1963-04-30, § 548 Abs 1 S 1 Fassung: 1963-04-30, § 550 Abs 1 Fassung: 1974-04-01
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin gewährt der Beigeladenen zu 2) aus Anlaß des Todes ihres Ehemannes H K (K.) am 21. Januar 1976 Witwenrente, Überbrückungshilfe und Sterbegeld als vorläufige Leistungen gem § 1735 der Reichsversicherungsordnung -RVO- (Bescheid vom 25. Oktober 1976). Die Beklagte hat die Erstattung der gewährten Leistungen abgelehnt, weil sie nicht der für die Leistungen sachlich zuständige Unfallversicherungsträger sei (Schreiben an die Klägerin vom 15. Februar 1977).
Am 14. Januar 1976 veranstaltete die Firma B in M (Firma B.), die eine Tochtergesellschaft der Firma F H in F (Firma H.) ist, mit eigenen Mitarbeitern auf dem Betriebsgelände der Firma H. in F einen Blutspendetermin. Damit wandte sich die Firma B. in regelmäßigen Abständen an die Beschäftigten der Firma H. Betriebsfremde Personen konnten an der Blutspendeaktion ebenfalls teilnehmen. Jedem Spender wurden etwa 500 ml Vollblut entnommen, um aus dem Blutplasma (etwa 250 ml) die spezielle Blutplasma-Konserve "Seretin" (etwa 225 ml) herzustellen. Die Spender erhielten für ihre Blutspende 40,-- DM. Die Blutplasma-Konserve "Seretin" unterscheidet sich von der herkömmlichen Frischblutkonserve dadurch, daß sie 3 Jahre anstatt nur 21 Tage haltbar und bei der Übertragung die Blutgruppe des Empfängers unerheblich ist. Sie dient in erster Linie der postoperativen Versorgung, kann aber auch bei Unfällen eingesetzt werden.
Der bei der Firma H. beschäftigte Ehemann der Beigeladenen zu 2) beabsichtigte am 14. Januar 1976, bei dem Blutspendetermin der Firma B. Blut zu spenden, wie er das bereits früher mehrfach getan hatte. Zu diesem Zweck wurde er von der Betriebsleitung von der Arbeit unter Fortzahlung des Gehalts freigestellt. Er begab sich zu dem Gebäude der werksärztlichen Abteilung, in dem die Mitarbeiter der Firma B. die Blutentnahme durchführten. Bei der Voruntersuchung wurde bei ihm ein für die Blutentnahme zu schwacher Gesundheitszustand festgestellt; er wurde deshalb ohne Blutentnahme als Blutspender abgelehnt. Auf dem Rückweg zu seinem Arbeitsplatz wurde der Ehemann der Beigeladenen zu 2) auf dem Betriebsgelände beim Überqueren einer Straße von einem Kraftwagen angefahren. An den dabei erlittenen Verletzungen verstarb er am 21. Januar 1976.
Aufgrund der von der Klägerin beim Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main erhobenen Klage hat das SG antragsgemäß festgestellt, daß die Beklagte zuständig ist zur Anerkennung und Entschädigung des von dem Ehemann der Beigeladenen zu 2) am 14. Januar 1976 erlittenen Unfalls (Urteil vom 23. September 1980). Die Berufung der Beklagten hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) in der Sache zurückgewiesen (Urteil vom 6. Juli 1983). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei begründet, weil nicht die Klägerin, sondern die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger für den Unfall des Ehemannes der Beigeladenen zu 2) am 14. Januar 1976 sei. Der Ehemann der Beigeladenen zu 2) habe den Unfall auf einem mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weg von dem Ort der Tätigkeit (§ 550 Abs 1 RVO) erlitten. Er sei nach § 539 Abs 1 Nr 10 RVO als Blutspender gegen Arbeitsunfall versichert gewesen, auch wenn ihm wegen seines unbefriedigenden Gesundheitszustandes kein Blut abgenommen worden sei. Der Begriff des Blutspenders ziele nicht auf eine bestimmte Motivation des Spenders ab, sondern auf die objektive Rohstoffgewinnung menschlichen Blutes für dritte Personen. Das sei wegen des mittelbaren oder unmittelbaren Heilzweckes von allgemeinem öffentlichen Interesse. Um den Blutspender von dem mit der Blutspende zusammenhängenden Unfallrisiko zu schützen, habe der Gesetzgeber die Regelung des § 539 Abs 1 Nr 10 RVO eingeführt. Dabei handele es sich, wie auch schon in § 539 Abs 1 Nr 9 RVO, um eine Regelung ohne Zusammenhang mit der Arbeitswelt. Es fehle jeder versicherungsorganisatorisch ausgeformte Risikoausgleich und eine Beitragszahlung von Beteiligten. Die Unfallversicherungsleistungen seien den Ländern auferlegt, die ermächtigt seien, die Last auf die Gemeindeunfallversicherungsverbände (GUV) und auf Städte mit wenigstens 500.000 Einwohnern abzuwälzen (§§ 655 Abs 2 Nr 3, 656 RVO). Damit würden die Leistungen aus allgemeinen Steuermitteln abgedeckt. Der Gesetzgeber habe mit den Tatbeständen des § 539 Abs 1 Nr 9 und 10 RVO einen Aufopferungsanspruch anerkannt und demgemäß unter Verzicht auf die Organisierung eines eigentlichen Versicherungsträgers das politische Gemeinwesen zum Verpflichteten erklärt. Das habe zweierlei zur Folge. Zum einen sei es gleichgültig, ob und wieviel ein Blutspender als Entgelt für seine Blutspende erhalte. Denn durch die Zahlung eines Entgelts oder Gewährung einer Aufwandsentschädigung werde der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck nicht vereitelt. Zum zweiten sei die von der Firma B. praktizierte Form der Blutgewinnung nicht als unmittelbarer oder mittelbarer Teil ihres Arzneimittel-Unternehmens zu beurteilen. Die rechtmäßige Blutspende sei keine abhängige Tätigkeit iS des § 539 Abs 1 Nr 1 RVO, sondern eine selbständige, eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Aus diesen Gründen habe der Ehemann der Beigeladenen zu 2) auch keine Tätigkeit für die Firma H. als deren Angestellter verrichtet. Eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit iS des § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO scheide gleichfalls aus. Die Zuständigkeit der Beklagten sei auch nicht nach § 655 Abs 3 RVO ausgeschlossen, denn der Ehemann der Beigeladenen zu 2) sei nicht Unternehmer oder Beschäftigter des Blutspendedienstes der Firma B. gewesen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Die Blutspendeerhebung durch die Firma B. sei, zumal wenn sie wie hier regelmäßig erfolge, Bestandteil des bei der Klägerin versicherten Chemiekonzerns. Sie habe privatwirtschaftlichen Interessen des Unternehmens gedient. Der Ehemann der Beigeladenen zu 2) sei zwar nicht ständig in diesem Blutspendeunternehmen als Spender tätig gewesen. Solange er sich aber dort Blut abnehmen lasse bzw am Unfalltag beabsichtigt habe, sich Blut abnehmen zu lassen, sei er dafür nicht aus seiner Arbeitstätigkeit für die Firma H. ausgeschieden. Diese habe ihm auch für die Dauer seiner Blutspendetätigkeit das Gehalt weitergezahlt. Es könne nicht den Ausführungen des LSG beigetreten werden, daß das Blutspenden keine versicherte Arbeitstätigkeit sei. Schon ein Betriebsfremder, der sich bei der Blutspendeaktion des Konzerns Blut abnehmen lasse, gehöre nach § 539 Abs 2 RVO zu den versicherten Personen, während die Blutspende von Angestellten des Konzerns, zumindest während ihrer Arbeitsschicht, nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO geschützt sei. Da sich der Unfall des Ehemannes der Beigeladenen zu 2) überdies auf dem Weg an seinen Arbeitsplatz bei der Firma H. ereignet habe, ergebe sich der Versicherungsschutz ebenfalls aus seiner Zugehörigkeit zur Firma H. Blutspenden zu privaten und gewerblichen Zwecken fielen nicht unter § 539 Abs 1 Nr 10 RVO. Wenn man den Eintritt des Ehemannes der Beigeladenen zu 2) in den Betrieb der Firma B. oder in das Blutspendeunternehmen der Firma H. für die Teilnahme an der Blutspendeaktion verneine, gehöre er ebenso wie jeder andere Blutspender außerhalb von Spendenaktionen im öffentlichen und allgemeinen Interesse nicht zu dem Kreis der versicherten Personen.
Die Beklagte beantragt, die vorinstanzlichen Entscheidungen, insbesondere das Urteil des SG Frankfurt vom 23. September 1980 und das Urteil des Hessischen LSG vom 6. Juli 1983, soweit sie zu ihren Ungunsten und Lasten ergangen seien aufzuheben und die Klage der Klägerin abzuweisen, hilfsweise, das angefochtene LSG-Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, daß der Ehemann der Beigeladenen zu 2) in bezug auf die von ihm beabsichtigte Blutspende nicht nach § 539 Abs 1 Nr 1 oder Abs 2 RVO versichert gewesen sei. Ein Blutspender leiste keine Arbeit und das Blutspenden sei auch keine Beschäftigung. Der Unfall des Ehemannes der Beigeladenen zu 2) sei auch nicht als Unfall auf dem Rückweg zu seiner Arbeitsstelle bei der Firma H. iS des § 539 Abs 1 Nr 1 iVm § 550 Abs 1 RVO anzusehen. Zum einen habe sich der Unfall auf dem Werksgelände ereignet und zum anderen habe der Weg zur Blutspende und zurück in keinem inneren Bezug zur Arbeitstätigkeit bei der Firma H. gestanden. Zutreffend habe das LSG den Ehemann der Beigeladenen zu 2) als Blutspender iS des § 539 Abs 1 Nr 10 RVO angesehen. Der Gesetzgeber sehe das Blutspenden, unabhängig davon, durch wen die Blutspende veranlaßt worden ist, als im öffentlichen Interesse liegend an, wie auch die Betätigungen in Nrn 7 bis 9 und 13 des § 539 Abs 1 RVO und habe sie deshalb in die gesetzliche Unfallversicherung einbezogen. Unerheblich sei daher, ob die Spende zur unmittelbaren Blutübertragung auf einen Empfänger, für die Blutbank einer Institution oder zum Zwecke medizinischer Versuche und Forschung erfolge. Der Begriff der Blutspende umfasse alle Blutspenden ohne Rücksicht auf den Verwendungszweck der Spende. Die Spende von Blut liege immer im öffentlichen Interesse.
Der Beigeladene zu 1) schließt sich dem Antrag der Revisionsklägerin an.
Die Beigeladene zu 2) schließt sich dem Antrag der Revisionsbeklagten an. Sie trägt vor, es sei ihr gleichgültig, welcher Unfallversicherungsträger für die Erbringung der Leistungen zuständig sei, solange nicht in Zweifel gezogen werde, daß ihr Ehemann zur Zeit des Unfalls unter Versicherungsschutz gestanden habe. Im übrigen sei sie der Auffassung, daß im vorliegenden Fall Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 10 RVO bestanden habe. Ohne Blutspende könne die Blutplasma-Konserve "Seretin" nicht hergestellt und zur Erhaltung von Menschenleben bereitgestellt werden. Es liege somit im allgemeinen menschlichen wie öffentlichen Interesse, daß Blut zur Herstellung von "Seretin" gespendet werde. Für die Bejahung des Versicherungsschutzes ihres Ehemannes sei es zudem unerheblich, daß er zur Blutspende nicht angenommen worden sei. Der Wille zur Spende und das Aufsuchen der Stelle, die solche Spenden entgegennehme, reiche aus. Eine vertragliche Verpflichtung ihres Ehemannes, für die Firma B. Blut zu spenden, habe nicht bestanden; er sei insoweit auch nicht wie ein Arbeitnehmer für die Firma B. tätig geworden.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Der Ehemann der Beigeladenen zu 2) hat auf dem Weg von dem Gebäude der werksärztlichen Abteilung der Firma H., wohin er sich begeben hatte, um Blut zu spenden, aber als Blutspender abgelehnt wurde, zurück zu seinem Arbeitsplatz einen Arbeitsunfall erlitten. Die Klägerin ist der für die Entschädigung zuständige Träger der Unfallversicherung.
Nach § 548 Abs 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeit erleidet. Als Arbeitsunfall gilt gemäß § 550 Abs 1 RVO auch ein Unfall auf einem mit einer dieser Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit.
Der Weg des Ehemannes der Beigeladenen zu 2) von seinem Arbeitsplatz zum Gebäude der werksärztlichen Abteilung und sein Aufenthalt dort waren von der Absicht geprägt, Blut zu spenden. Dabei stand der Ehemann der Beigeladenen zu 2) unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Denn nach § 539 Abs 1 Nr 10 RVO sind Blutspender und Spender körpereigener Gewebe gegen Arbeitsunfall versichert.
Zu den Blutspendern gehören nicht nur Personen, die sich Blut zur unmittelbaren direkten Übertragung auf andere Personen abnehmen lassen, sondern auch jene, deren gespendetes Blut erst später, evtl nach Aufbereitung, für klinische Zwecke verwendet wird (vgl Vollmar BG 1969, 267, 268; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl S 474e; Gitter in SGB-Sozialversicherung-Gesamtkommentar, § 539 Anm 34). Dem Unfallversicherungsschutz wurden Blutspender erstmalig durch § 537 Nr 5 Buchst a RVO idF des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung - 6. ÄndGes - vom 9. März 1942 (RGBl I 107) unterstellt. Danach waren Personen gegen Arbeitsunfall versichert, die ohne besondere rechtliche Verpflichtung einen anderen aus gegenwärtiger Lebensgefahr retten oder zu retten unternehmen, bei sonstigen Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten, oder unentgeltlich oder als Inhaber des amtlichen Blutspenderausweises Blut spenden. Nach dem Aufbau dieser Vorschrift war die Blutspendung als Sonderfall des Unternehmens einer Lebensrettung anzusehen (Bescheid des Reichsversicherungsamts vom 20. April 1943 - EuM 50, 250). Durch die Erste Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des 6. ÄndGes vom 20. August 1942 (RGBl I 532) wurde der Versicherungsschutz für Blutspender erweitert. Unentgeltlichkeit oder Besitz des amtlichen Blutspenderausweises war nicht mehr Voraussetzung für den Versicherungsschutz. Versichert waren nunmehr alle Personen, die "zu Blutspenden herangezogen werden". Grund dieser Änderung war, auch diejenigen Personen gegen Arbeitsunfall zu versichern, die vor allem bei Katastrophen, ohne im Besitz des amtlichen Blutspenderausweises zu sein, Blut spenden und dafür eine Vergütung erhalten, wie sie für die amtlichen Blutspender vorgesehen war. Ferner sollten auch diejenigen Personen berücksichtigt werden, die an Kinderlähmung erkrankt gewesen waren und gegen eine festgesetzte Vergütung Blut zur Gewinnung des dringend benötigten Rekonvaleszentenserums spenden (vgl Kilian in Beilage zu AN 1942 Nr 26).
Zu den Blutspendern gehörten demnach schon damals auch Personen, deren Blut erst in Form eines daraus herzustellenden Heilserums verwendet werden sollte. In diesem Sinn ist auch heute der Begriff des Blutspenders in § 539 Abs 1 Nr 10 RVO zu verstehen. Für die rechtliche Qualifikation des Ehemannes der Beigeladenen zu 2) als Blutspender ist es daher nicht erheblich, daß seine angebotene Blutspende erst nach Aufbereitung durch die Firma B. zur Blutplasma-Konserve "Seretin" gebraucht werden sollte. Die Auffassung der Revision, daß Blutspenden zu gewerblichen Zwecken nicht unter § 539 Abs 1 Nr 10 RVO fallen, teilt der Senat nicht. Der Gesetzeswortlaut enthält keine entsprechende Einschränkung. Die dargelegte Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift zeigt vielmehr, daß seit der Erweiterung des Versicherungsschutzes für Blutspender durch die Erste Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des 6. ÄndGes (aaO), die wie das 6. ÄndGes am 1. Januar 1942 in Kraft trat, auch die Aufbereitung des Spenderblutes durch gewerbliche Unternehmen zu Heilmitteln den Versicherungsschutz nach § 537 Nr 5 Buchst a RVO aF und § 539 Abs 1 Nr 10 RVO nicht in Frage stellen kann. Darin dokumentiert sich das besondere öffentliche Interesse an Blutspenden (vgl BT-Drucks IV/120 S 51; Linthe BG 1963 Sonderheft "Das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963"; Linthe BABl 1963, 343, 344; für die Gewebespende Ecker SGb 1972, 81, 82), so daß auch Sinn und Zweck des § 539 Abs 1 Nr 10 RVO gegen die Auffassung der Revision sprechen. Unabhängig davon, ob einem nicht gewerblichen oder einem gewerblichen Unternehmen gespendet wird, um daraus nach Aufbereitung Heilmittel für Menschen herzustellen, verdient der Blutspender gleichermaßen im Falle eines damit zusammenhängenden Unfalls geschützt zu werden.
Ob Versicherungsschutz für Blutspender außer gem § 539 Abs 1 Nr 10 RVO auch oder gar vorrangig aufgrund anderer Vorschriften in Betracht kommen kann (vgl Vollmar SozVers 1961, 20), bedarf nach Lage des vorliegenden Falles keiner abschließenden Entscheidung. Zwar kann ein Hilfeleistender iS des § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst c RVO zugleich wie ein in einem Beschäftigungsverhältnis stehender Versicherter iS des § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO tätig sein (BSG SozR Nr 4 zu § 1739 RVO). Es ist aber kaum denkbar, daß ein Blutspender iS des § 539 Abs 1 Nr 10 RVO zugleich als Beschäftigter oder wie ein Beschäftigter tätig ist. Denkbar wäre allenfalls, daß ein Beschäftigter bei einem Unglücksfall im Beschäftigungsunternehmen durch direkte Blutübertragung auf einen verunglückten anderen Beschäftigten des Unternehmens Hilfe leistet. Aber auch in diesem Fall bedürfte es noch einer eingehenden Prüfung, ob rechtlich diese Hilfe im inneren Zusammenhang mit der Beschäftigung oder nur gelegentlich der Beschäftigung als Blutspender iS des § 539 Abs 1 Nr 10 RVO geleistet wird. Ebenso ist trotz der durch die Entstehung des Versicherungsschutzes für Blutspender bestehenden Verbindung mit dem Versicherungsschutz für Lebensretter und sonstige Hilfeleistende bei Blutspendungen die Tätigkeit des Blutspenders in der Regel nicht auf die Unterstützung des die Spende entgegennehmenden Unternehmens gerichtet, sondern Ausdruck der Opferbereitschaft des Spenders für die Allgemeinheit. Die Tatsache, daß der Ehemann der Beigeladenen zu 2) Beschäftigter der Firma H. war und sein Blut der Tochtergesellschaft, der Firma B., spenden wollte, hat keinen unfallversicherungsrechtlichen Bezug zu seinem Beschäftigungsverhältnis mit der Firma H. Der vom LSG festgestellte Sachverhalt gibt keinen Anhalt dafür, daß es dem Ehemann der Beigeladenen zu 2) um die Unterstützung der Firma H. oder B. ging. Daß die Firma B. das Blut nach Aufbereitung zur Blutplasma-Konserve "Seretin" im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit verwerten wollte und die Blutspender für ihre Spende 40,-- DM erhielten, ist unerheblich. Ob ein Versicherungsschutz des Blutspenders nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO - auch iVm § 539 Abs 2 RVO - außerdem deshalb ausgeschlossen ist, weil die Verpflichtung zur Blutspende im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sittenwidrig iS des § 138 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wäre, wie das LSG angenommen hat, braucht nicht weiter erörtert zu werden.
Ungeachtet der Tatsache, daß der Ehemann der Beigeladenen zu 2) als Blutspender nach § 539 Abs 1 Nr 10 RVO versichert war, solange er sich im Gebäude der werksärztlichen Abteilung der Firma H. aufhielt, ist für die Entschädigung des auf dem Weg zurück zu seinem Arbeitsplatz erlittenen Unfalls nicht die Beklagte, sondern die Klägerin der sachlich zuständige Unfallversicherungsträger.
Mit dem Verlassen des Ortes, an dem der Ehemann der Beigeladenen zu 2) eine nach § 539 Abs 1 Nr 10 RVO versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, begann - worauf die Revision in dem Schriftsatz vom 25. November 1983 im Ergebnis zutreffend hinweist - die nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO versicherte Zurücklegung des Weges zum Ort seiner Tätigkeit bei der Firma H., um dort seine versicherte Tätigkeit fortzusetzen. Nach der vom Bundessozialgericht (BSG) fortgeführten und auch vom Schrifttum übernommenen Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (RVA) beginnt nach Beendigung einer versicherten Tätigkeit der Weg zur Aufnahme einer neuen versicherten Tätigkeit versicherungsrechtlich bereits mit dem Verlassen des Ortes, der zunächst ausgeübten versicherten Tätigkeit, so daß nicht ein Weg von dieser vorliegt (vgl RVA EuM 30, 3; BSGE 17, 217, 219; Brackmann aaO S 485n; Lauterbach aaO § 550 Anm 14; Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, 3. Aufl, Kennzahl 070 S 8; Wussow BKK 1964, 115). Ob es sich bei diesem Weg, da er auf dem Betriebsgelände der Firma H. zurückgelegt wurde, um einen Betriebsweg (§ 548 Abs 1 RVO) oder um einen Weg nach dem Ort der Tätigkeit (§ 550 Abs 1 RVO) gehandelt hat, ist für die Bejahung eines Arbeitsunfalles des Ehemannes der Beigeladenen zu 2) aufgrund seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma H. unerheblich. Denn ein Entschädigungsanspruch der Klägerin wäre in jedem der beiden Fälle gegeben. Regelmäßig wird in Fällen der vorliegenden Art ein Arbeitsunfall iS des § 548 Abs 1 RVO anzunehmen sein (vgl Brackmann aaO S 485n mwN; s aber auch BSG-Urteil vom 11. Februar 1981 - 2 RU 87/79 -). Die Rechtsprechung des BSG, daß ein Weg, dessen Ziel die Arbeitsstätte ist, dann nicht unter Versicherungsschutz steht, wenn es sich um den Rückweg von einer Verrichtung handelt, die nicht in rechtlich wesentlichem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht (s ua BSGE 1, 171, 173; 8, 53, 55; 32, 38, 41; BSG SozR 2200 § 550 Nr 6 und § 548 Nr 23; Brackmann aaO S 485s II mwN), bezieht sich nur auf Wege von Verrichtungen, bei denen kein Versicherungsschutz bestanden hat (s BSG BG 1967, 115; Die Leistungen 1973, 90).
Da der Ehemann der Beigeladenen zu 2) den Arbeitsunfall im Zusammenhang mit seiner Beschäftigung bei der Firma H. erlitten hat, ist für die aus Anlaß des Unfalls zu erbringenden Entschädigungsleistungen die Klägerin der sachlich zuständige Unfallversicherungsträger, denn die Firma H. ist Mitglied der Klägerin. Die vorinstanzlichen Urteile waren daher zu ändern und die Klage der Klägerin abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen