Leitsatz (redaktionell)
Die Versorgungsverwaltung und auch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit dürfen bei der Neufeststellung nach BVG § 62 Abs 1 aF (vor 1. NOG KOV) die Rente nur entsprechend neu feststellen und nicht die Teil-Minderung der Erwerbsfähigkeit für unverändert gebliebene Leiden niedriger, als in dem früher bindenden Bescheid geschehen, bewerten. Würde eine Neufeststellung auch insoweit möglich sein, als sich die beim früheren Bescheid maßgebenden Verhältnisse nicht geändert haben, dann käme die Neufeststellung einer Berichtigung des verbindlichen früheren Bescheides gleich.
Normenkette
BVG § 62 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart vom 18. Mai 1962 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der am 16. April 1924 geborene Kläger, der von Beruf Mechanikermeister ist, wurde als Soldat im zweiten Weltkrieg mehrfach verwundet. In einem Kurzgutachten vom 4. Juni 1946 wurden eine Bewegungsstörung im rechten Ellenbogengelenk, Reste einer Ellennervenlähmung rechts, Stecksplitter in der linken Muskulatur und ein gut geheilter Oberschenkelschußbruch als Verwundungsfolgen bezeichnet und der Kläger in die Versehrtenstufe II eingestuft bzw. seine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) insgesamt mit 50 v. H. bewertet. Die Gesundheitsstörungen wurden nicht einzeln und getrennt voneinander bewertet. Die Versorgungsbehörde erkannte die erwähnten Gesundheitsstörungen mit vorläufigem Bescheid vom 7. September 1946 nach Versehrtenstufe II an und gewährte mit Bescheid vom 27. Mai 1950 ab 1. Juli 1949 Rente nach einer MdE um 50 v. H. Diese Schädigungsfolgen und die Höhe der MdE wurden von der Versorgungsbehörde ohne ärztliche Untersuchung auch in den Umanerkennungsbescheid vom 10. Oktober 1951 nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) übernommen. Dieser enthielt den Zusatz, daß eine Nachuntersuchung nicht beabsichtigt sei.
Am 26. Januar 1959 wurde der Kläger nachuntersucht. Auf das Ergebnis dieser Untersuchung hin erteilte das Versorgungsamt (VersorgA) den Neufeststellungsbescheid vom 2. März 1959. Es führte darin aus, daß eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 BVG insofern eingetreten sei, als die Streckung des rechten Ellenbogengelenks nunmehr bis 155° gegenüber früher 140° gelinge. Für einen alten Oberschenkelschußbruch bestehe röntgenologisch kein Anhalt mehr. Die jetzigen Schädigungsfolgen bedingten eine MdE um 30 v. H. ab 1. Mai 1959. Als Schädigungsfolgen wurden noch anerkannt: 1. Bewegungsstörung im rechten Ellenbogengelenk, 2. Reste einer Ellennervenlähmung rechts, 3. Stecksplitter in der Rückenmuskulatur, 4. reizlose Narbe rechter Oberschenkel. Der Widerspruch hiergegen war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. April 1959). Das Sozialgericht (SG) Freiburg hat mit Urteil vom 26. Oktober 1960 das beklagte Land unter Abänderung des Bescheides des VersorgA F vom 2. März 1959 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes Baden-Württemberg vom 20. April 1959 verurteilt, dem Kläger für die anerkannten Schädigungsleiden über den 1. Mai 1959 hinaus Rente nach einer MdE um 50 v. H. zu gewähren.
Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) den Oberarzt der Chirurgischen Universitätsklinik F, Prof. Dr. B, gehört (Gutachten vom 8. November 1961) und mit Urteil vom 18. Mai 1962 auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG Freiburg vom 26. Oktober 1960 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 2. März 1959 abgewiesen. Es hat ausgeführt, daß die Versorgungsbehörde durch den im Umanerkennungsbescheid vom 10. Oktober 1951 enthaltenen Vermerk, eine Nachuntersuchung sei nicht mehr beabsichtigt, nicht gehindert war, den Kläger nochmals begutachten zu lassen und den Grad der MdE neu festzustellen, weil mit einer derartigen Erklärung die Versorgungsbehörde sich nur des Rechts auf Neufeststellung nach § 86 Abs. 3 BVG, nicht aber nach § 62 BVG begeben habe. Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 62 BVG aF sei gegenüber der Begutachtung im Jahre 1946, auf die sich der Umanerkennungsbescheid stütze, eingetreten. In dem Gutachten des Jahres 1946 sei eine Streckfähigkeit des rechten Ellenbogengelenks bis zu 140° und eine Verschmächtigung der Muskulatur des Armes gegenüber links von 1,8 cm am rechten Oberarm und um 1 cm am Unterarm sowie 1,2 cm im Bereich der Mittelhand und ein nur teilweise möglicher Faustschluß erhoben worden. Im Vergleich hierzu sei es dem Kläger bei der versorgungsärztlichen Untersuchung am 26. Januar 1959 gelungen, das rechte Ellenbogengelenk bis 155° zu strecken und die Faust vollständig zu schließen. Auch bei der Begutachtung durch Prof. Dr. B seien die gleichen Befunde erhoben worden. Außerdem sei die frühere Muskelatrophie inzwischen bis auf 0,5 cm im Bereich der rechten Mittelhand entfallen. In dieser Steigerung der Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes liege nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. B eine wesentliche Besserung der Verhältnisse, die eine Neufeststellung im Sinne des § 62 Abs. 1 BVG rechtfertige. Auch die Bewertung dieser Besserung mit einer MdE um 20 v. H. sei nicht zu beanstanden. Dabei sei zu berücksichtigen, daß bei der Erstbegutachtung vom 4. Juni 1946, bei der eine MdE um 50 v. H. angenommen worden sei, die Verwundung des rechten Armes erst eineinhalb Jahre zurückgelegen habe und eine MdE in dieser Höhe unter dem Gesichtspunkt der Schonrente angezeigt gewesen sei. Inzwischen hätten sich die Verwundungsfolgen jedoch weitgehend konsolidiert, so daß ein Dauerzustand erreicht sei, der nach übereinstimmender ärztlicher Ansicht mit einer MdE von 30 v. H. zu bewerten sei. Es sei daher gerechtfertigt, die Rente des Klägers in entsprechender Höhe festzusetzen. Eine höhere Bewertung der MdE unter dem Gesichtspunkt einer besonderen beruflichen Betroffenheit im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG könne nicht erfolgen, da der Kläger in seinem erlernten Beruf tätig sei und dieselbe Entlohnung erhalte wie jeder andere gleichaltrige und gleichartige Beschäftigte seiner Beschäftigungsfirma. Soweit der Kläger bei der Arbeit heftige Schmerzen habe, seien diese nicht auf die anerkannte Schädigungsfolge, sondern auf eine davon unabhängige Erkrankung der Wirbelsäule zurückzuführen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Kläger hat gegen dieses ihm am 13. Juni 1962 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 15. Juni 1962, beim Bundessozialgericht (BSG) am 18. Juni 1962 eingegangen, Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 26. Juni 1962, beim BSG am 27. Juni 1962 eingegangen, begründet.
Er beantragt,
1. unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Oktober 1960 zurückzuweisen;
2. hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Baden-Württemberg zurückzuverweisen;
3. den Beklagten ferner zu verurteilen, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des
Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.
Der Kläger rügt in seiner Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird, eine Verletzung des § 62 BVG aF sowie der §§ 103 und 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch das LSG. Er ist der Auffassung, daß eine Änderung der Verhältnisse nicht eingetreten sei. Prof. Dr. B bejahe nur eine Besserung des Zustandes insoweit, als jetzt die Finger der rechten Hand voll zur Faust geschlossen werden könnten und eine Kräftigung der Muskulatur des rechten Armes eingetreten sei. Sein Gutachten enthalte keine Feststellungen darüber, wie hoch die durch diese geringfügige Besserung einer Schädigungsfolge verbliebene MdE sei. Es spreche unter Beurteilung des Gesamtzustandes aller Schädigungsfolgen nur aus, daß die MdE des Klägers vom 1. Mai 1959 an nur noch 30 v. H. betrage. Dennoch habe das LSG den angefochtenen Bescheid bestätigt, weil nach seiner Rechtsauffassung nach § 62 Abs. 1 BVG aF der Grad der MdE unabhängig vom Umfang der seit der letzten Feststellung eingetretenen Änderung neu festgestellt werden könne. Das sei aber unzulässig. Auch nach § 62 BVG aF könne der Grad der MdE nur entsprechend der festgestellten Besserung neu festgesetzt werden. Würde man dieser Auffassung nicht folgen, so würde eine Neufeststellung der Rente nach § 62 BVG in dem vom LSG gemeinten Sinne gleichzeitig eine Berichtigung i. S. des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) beinhalten. Dies sei aber unzulässig. Diese Auffassung werde durch die Neufassung des § 62 BVG durch das Erste Gesetz zur Änderung des Kriegsopferrechts vom 27. Juni 1960 (1. NOG) - BGBl I 453 - bestätigt, durch die das Wort "entsprechend" in § 62 BVG eingefügt worden sei. Das LSG hätte somit den Grad der MdE nur entsprechend der eingetretenen Besserung feststellen dürfen. Es wäre deshalb zunächst verpflichtet gewesen, durch Rückfrage bei dem Sachverständigen oder durch Einholung eines neuen ärztlichen Gutachtens aufzuklären, um wieviel Prozent der Leidenszustand des Klägers gebessert worden sei und in welcher Höhe eine Herabsetzung der bisherigen MdE berechtigt gewesen wäre. Es hätte sich dann herausgestellt, daß die Befundänderungen am rechten Arm und an der rechten Hand, wenn überhaupt, nur eine Besserung um 10 v. H. bedingt hätten. Wegen dieser fehlenden Sachaufklärung habe das LSG § 103 SGG verletzt. Gleichzeitig habe es aber auch gegen § 128 SGG verstoßen, weil die Frage, in welchem Umfange eine Besserung eingetreten sei, vom LSG mangels eigener ausreichender Sachkenntnis allein nicht habe entschieden werden können.
Der Beklagte beantragt,
die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, 8. Senat, vom 18. Mai 1962 - Az.: L 8 V 41/61 - als unbegründet zurückzuweisen.
In seinem Schriftsatz vom 20. August 1962, auf den ebenfalls Bezug genommen wird, vertritt er die Auffassung, daß das LSG § 62 BVG aF nicht verletzt und seine Feststellungen in verfahrensrechtlich einwandfreier Weise getroffen habe.
Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 Abs. 2 SGG). Sie ist daher zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 2. März 1959 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 1959, mit dem die Versorgungsbehörde die Rente für die Zeit ab 1. Mai 1959 wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 Abs. 1 BVG von 50 v. H. auf 30 v. H. herabgesetzt hat.
Zunächst ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, daß der im Umanerkennungsbescheid vom 10. Oktober 1951 ausgesprochene Verzicht auf eine ärztliche Nachuntersuchung nur die Neufeststellung nach § 86 Abs. 3 BVG, nicht aber die nach § 62 BVG ausschließt (BSG 6, 175; 11, 236, 237 und Entscheidung des erkennenden Senats vom 10. Januar 1963 in SozR BVG § 62 Bl. Ca 19 Nr. 20).
Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 2. März 1959 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 1959 ist nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung zu beurteilen, also nach § 62 BVG in seiner vor Inkrafttreten des 1. NOG gültigen Fassung, da es sich bei diesem Bescheid, soweit er die Herabsetzung der Rente ab 1. Mai 1959 betrifft, um einen Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung handelt (BSG 7, 8). Nach § 62 Abs. 1 BVG aF werden die Versorgungsbezüge neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eintritt. Die Frage, ob dann, wenn bei der bindenden Anerkennung mehrerer Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen sich nur eine Gesundheitsstörung wesentlich gebessert hat, die bisherige Gesamt-MdE ohne Rücksicht auf den Umfang dieser Besserung neu geschätzt werden darf, oder ob die MdE - wie die Revision meint - nur "entsprechend der festgestellten Besserung" zu bemessen ist, hat das BSG bereits in seinem Urteil vom 22. März 1963 (BSG 19, 15) beantwortet. Es hat ausführlich seine Auffassung begründet, daß in solchem Falle die Versorgungsbehörde auch bei der Neufeststellung nach § 62 Abs. 1 BVG in seiner früheren Fassung an die für die unverändert gebliebenen Leiden festgesetzte Bewertung der MdE (Teil-MdE) in dem letzten Bescheid gebunden ist. Die Versorgungsverwaltung und auch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit dürfen daher bei der Neufeststellung nach § 62 Abs. 1 BVG aF die Rente nur entsprechend neu feststellen und nicht die Teil-MdE für unverändert gebliebene Leiden niedriger, als in dem früher bindenden Bescheid geschehen, bewerten (s. dazu BSG in SozR BVG § 62 Bl. Ca 19 Nr. 21; BSG 19, 72 = BSG in SozR BVG § 62 Bl. Ca 20 Nr. 23 und BSG in SozR BVG § 62 Bl. Ca 15 Nr. 15). Der erkennende Senat hält diese Auffassung für richtig und schließt sich ihr an. Aus § 62 BVG aF kann nur das Recht hergeleitet werden, einen früher bindend gewordenen Bescheid insoweit abzuändern, als die früher maßgebenden Verhältnisse sich geändert haben. Nur in diesem Umfang ist der ursprünglich bindend gewordene Verwaltungsakt rechtswidrig geworden und nur insoweit darf er zurückgenommen werden. Würde eine Neufeststellung auch insoweit möglich sein, als sich die beim früheren Bescheid maßgebenden Verhältnisse nicht geändert haben, dann käme die Neufeststellung einer Berichtigung des verbindlichen früheren Bescheides gleich. Eine Berichtigung aber ist vom Gesetz nur unter den besonderen Voraussetzungen der §§ 40 ff VerwVG zugelassen worden. Gerade der Gesichtspunkt, daß nur ausnahmsweise die Wirkung bindend gewordener Bescheide zurückgenommen werden darf, macht es erforderlich, daß der frühere verbindliche Bescheid wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gemäß § 62 BVG auch nur in den engen Grenzen dieser Änderung überprüft und das Versorgungsverhältnis nur festgestellt werden darf. Der angefochtene Bescheid wäre demzufolge nur dann rechtswidrig, wenn die Herabsetzung der MdE von 50 v. H. auf 30 v. H. nicht dem Umfang der Besserung der am rechten Arm bei dem Kläger anerkannten Schädigungsfolgen - bei den im übrigen sonst unverändert gebliebenen Gesundheitsstörungen - entsprechen würde. Das LSG hat dieser Auffassung Rechnung getragen und entgegen der Behauptung des Klägers in der Revisionsbegründung § 62 BVG aF nicht verletzt.
Wie aus der Urteilsbegründung hervorgeht, hat das LSG die Befunde des Gutachtens vom 4. Juni 1946 und die der Gutachten vom 26. Januar 1959 und 8. November 1961 gegenübergestellt und daraus die Feststellung getroffen, daß hinsichtlich der bei dem Kläger anerkannten Verwundungsfolgen am Arm deshalb eine wesentliche Änderung (Besserung) im Sinne des § 62 BVG eingetreten ist, weil die Streckbehinderung des rechten Ellenbogens nicht mehr 40°, sondern nur noch 25° beträgt, der früher nur teilweise mögliche Faustschluß der rechten Hand jetzt vollständig möglich und die frühere Muskelatrophie bis auf eine geringe Differenz von 0,5 cm im Bereich der rechten Mittelhand entfallen sind. Für die Behauptung des Klägers, eine Änderung sei nicht eingetreten, mit der offenbar eine Verletzung des § 128 SGG durch das LSG gerügt werden soll, sind weder Tatsachen noch Beweismittel bezeichnet. Der Kläger übersieht, daß sowohl der vom VersorgA gehörte Sachverständige als auch Prof. Dr. B in ihren Gutachten übereinstimmend die Befundänderung hinsichtlich der Maße am rechten Arm, des Faustschlusses und der Streckbehinderung beschrieben haben, so daß das LSG aus der Gegenüberstellung dieser Befunde mit denen des Gutachtens vom 4. Juni 1946 die Überzeugung gewinnen durfte, daß eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Bei dieser Feststellung hat das LSG somit die gesetzlichen Grenzen seines Rechts, die Beweise frei zu würdigen, nicht überschritten und insbesondere nicht gegen Erfahrungssätze des täglichen Lebens oder Denkgesetze verstoßen (BSG 2, 236). Das LSG hat auch den Begriff der "wesentlichen" Änderung der Verhältnisse nicht verkannt. Ob eine Änderung wesentlich ist, ist keine rein medizinisch zu beantwortende Frage, sondern eine Frage, die von dem Gericht anhand der ihm von den Sachverständigen gegebenen Einzelbefunde zu beurteilen ist. In seinem Gutachten vom 8. November 1961 hat Prof. Dr. B eingehend seine Auffassung dargelegt, daß die von ihm erhobenen Befunde im Verhältnis zu den früheren Befunden aus medizinischer Sicht die Annahme einer wesentlichen Besserung rechtfertigen. Wenn unter den obwaltenden Umständen, zumal im Hinblick auf die mit den Befundänderungen nach Auffassung des Gutachters und des Gerichts eingetretene Verringerung der MdE um 20 %, das LSG die Änderung als wesentlich angesehen hat, ist eine Verkennung des Begriffs der wesentlichen Änderung nicht ersichtlich.
Auch soweit das LSG sodann festgestellt hat, daß nach Eintritt der Besserung die ursprünglich auf 50 v. H. festgesetzte MdE nunmehr nur noch in Höhe von 30 v. H. besteht, greifen die gegen diese Feststellung vom Kläger erhobenen Rügen einer Verletzung der §§ 103 und 128 SGG durch das LSG nicht durch. Das LSG brauchte sich nach seiner sachlich-rechtlichen Auffassung (siehe dazu BSG in SozR SGG § 103 Bl. Da 2 Nr. 7) nicht gedrängt zu fühlen, über den Umfang der von ihm festgestellten wesentlichen Besserung der Gesundheitsstörung am rechten Arm und der rechten Hand ein weiteres Gutachten einzuholen. Prof. Dr. B hat in seinem Gutachten vom 8. November 1963 auf Seite 5 zunächst dazu Stellung genommen, in welchem Umfange der Kläger bei der Begutachtung am 4. Juni 1946 durch die einzelnen Verwundungsfolgen in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt gewesen ist. Da in dem Kurzgutachten aus dem Jahre 1946 eine Teil-MdE für die einzelnen Gesundheitsstörungen nicht verzeichnet worden war, hat der Sachverständige selbst dieses Gutachten daraufhin beurteilt, in welchem Verhältnis die Gesundheitsstörungen den Befunden nach an der damals festgestellten MdE beteiligt waren. Hierbei ist Prof. Dr. B zu dem Ergebnis gelangt, daß die verheilte Oberschenkelverletzung und die Stecksplitter in der Rückenmuskulatur den Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit schon damals nicht beeinträchtigt haben, daß vielmehr die Verletzung des rechten Armes und der rechten Hand "die Hauptverwundung" gewesen ist, aus der sich die damalige MdE von 50 v. H. ergeben hat. Weiterhin hat der Sachverständige sodann für die derzeitig vorhandenen Schädigungsfolgen am rechten Arm, mit denen er sich ausschließlich befaßt, eine MdE um 30 v. H. als angemessen angesehen, wenngleich er dabei erwähnt, daß bei dieser Beurteilung evtl. noch auftretende Rückenschmerzen durch Stecksplitter berücksichtigt seien. Wenn das LSG diesem Gutachten gefolgt ist, und zwar sowohl hinsichtlich der Ansicht, daß schon früher nur für die Verwundungsfolgen am rechten Arm die MdE auf 50 v. H. festgesetzt worden war, als auch hinsichtlich der Auffassung, daß derzeitig diese Verwundungsfolgen nur mit einer MdE um 30 v. H. zu bewerten sind, so sind rechtliche Rügen hiergegen nicht erhoben worden. Einer Rückfrage bei dem Sachverständigen Prof. Dr. K oder einer weiteren Begutachtung zur Frage, inwieweit allein die Verwundungsfolgen am rechten Arm eine Herabsetzung der MdE rechtfertigen, bedurfte es nicht, da diese Frage in dem Gutachten des Prof. Dr. B beantwortet war. Mit dieser Bekundung hatte Prof. Dr. B sich zugleich auch zur Frage der "entsprechenden" Herabsetzung der MdE geäußert, so daß das LSG insoweit weder ein weiteres ärztliches Gutachten einzuholen brauchte, noch etwa den § 128 SGG dadurch verletzt hat, daß es dem erwähnten Gutachten eine Stellungnahme unterstellt hätte, die darin nicht enthalten ist. Ist somit vom LSG verfahrensrechtlich einwandfrei festgestellt worden, daß schon im früheren Bescheid lediglich für die Verwundungsfolgen am rechten Arm die MdE mit 50 v. H. bewertet worden ist, daß diese Folgen sich wesentlich gebessert haben und derzeit nur mit einer MdE um 30 v. H. zu bewerten sind, so hat das LSG auch in richtiger Anwendung des § 62 Abs. 1 BVG aF den Versorgungsanspruch des Klägers entsprechend der eingetretenen Änderung neu festgesetzt. Da in dem früheren Bescheid die MdE allein für die Verwundungsfolgen am rechten Arm festgesetzt war, diese Verwundungsfolgen sich aber gebessert haben und mit einer MdE um 30 v. H. zu bewerten sind, so ist die Neufeststellung der Rente nach einer MdE um 30 % entsprechend der eingetretenen Änderung erfolgt, der Neufeststellungsbescheid mithin rechtmäßig, wie das LSG zutreffend entschieden hat.
Auch soweit das LSG eine Höherbewertung der MdE des Klägers wegen wirtschaftlicher Betroffenheit im Sinne des § 30 BVG abgelehnt hat, sind seine Ausführungen frei von Rechtsirrtum. Das LSG hat festgestellt, daß der Kläger in seinem erlernten Beruf trotz der anerkannten Schädigungsfolgen tätig ist, daß er denselben Lohn wie ein gleichaltriger und gleichartig Beschäftigter von seinem Arbeitgeber bezieht und daß die von ihm geklagten Schmerzen nicht auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückzuführen sind. Diese Feststellungen sind von der Revision nicht angegriffen und somit ebenfalls gemäß § 163 SGG für den Senat bindend. Sie rechtfertigen die Annahme, daß der Kläger nicht beruflich besonders betroffen im Sinne der erwähnten Vorschrift ist. Die Revision ist somit nicht begründet und war gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 SGG als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 SGG.
Fundstellen