Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhenstreit. Berufungsausschluß. Arbeitslosenhilfe. Einkommensanrechnung. Freibetrag
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkommensarten ist seit der Neufassung des § 138 Abs 2 AFG durch das AFGÄndG 5 vom 23.7.1979 (BGBl I 1979, 1189) auch bei der Feststellung des Einkommens des Angehörigen des Arbeitslosen nach § 138 Abs 1 Nr 2 AFG nicht mehr möglich.
2. Zahlt der Ehegatte des Arbeitslosen eine gegen die Überlassung eines Hausgrundstücks übernommene Leibrente, die dem Wert des übernommenen Wirtschaftsguts entspricht, gewährt der Ehegatte insoweit nicht iS des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG auf Grund rechtlicher Pflicht Unterhalt.
Orientierungssatz
1. Hat eine Einkommensanrechnung nach §§ 137, 138 AFG zum Fortfall des (Zahlungs-)Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe geführt, so betrifft die Berufung auch dann nicht die Höhe der Leistung iS des § 147 SGG, wenn lediglich um den Umfang der Einkommensanrechnung gestritten wird (vgl BSG 20.10.1983 7 RAr 18/82 = SozR 1500 § 147 Nr 9).
2. § 138 Abs 1 Nr 2 AFG ordnet die volle Anrechnung des Einkommens des von dem Arbeitslosen nicht ständig getrenntlebenden Ehegatten an, soweit es die in der Vorschrift genannten Freibeträge überschreitet (vgl BSG 24.7.1986 7 RAr 9/85 = SozR 4100 § 138 Nr 14).
3. Um die tatsächlichen Aufwendungen, die der Ehegatte für den eigenen Unterhalt oder den Unterhalt Dritter macht, ist das Einkommen nicht zu kürzen. Sie berücksichtigt das Gesetz pauschal durch den in § 138 Abs 1 Nr 2 AFG genannten Freibetrag bzw dadurch, daß der Freibetrag für jede Person, der der Angehörige aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht nicht nur geringfügig Unterhalt gewährt, um einen im Gesetz genannten festen Betrag erhöht wird.
Normenkette
SGG § 147; AFG § § 137, 138 Abs 1 Nr 2 Fassung: 1979-07-23, § 138 Abs 2 Fassung: 1979-07-23
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 28.06.1985; Aktenzeichen L 1 Ar 121/84) |
SG Itzehoe (Entscheidung vom 01.10.1984; Aktenzeichen S 2 Ar 77/84) |
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger Arbeitslosenhilfe (Alhi) zusteht.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers, ihm im Anschluß an das bis zum 24. März 1984 gezahlte Arbeitslosengeld (Alg) Alhi zu gewähren, mit der Begründung ab, daß der Kläger mit Rücksicht auf das Einkommen seiner von ihm nicht getrenntlebenden Ehefrau nicht bedürftig sei (Bescheid vom 6. April 1984, Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 1984). Nach Abzug von Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 170,-- DM und Versicherungsbeiträgen von 225,91 DM monatlich verblieben von dem (um Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge verminderten) Arbeitsentgelt der Ehefrau von 1.764,73 DM noch 1.368,81 DM oder 315,87 DM wöchentlich. Unter Berücksichtigung des gesetzlichen Freibetrages von 75,-- DM wöchentlich seien somit 240,87 DM wöchentlich anrechenbar. Dieser Betrag übersteige den Alhi-Leistungssatz des Klägers von 221,40 DM wöchentlich.
Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, von dem Einkommen seiner Ehefrau seien die vertraglich vereinbarten 300,-- DM monatlich abzusetzen, die seine Ehefrau an ihre Mutter zahlen müsse, ferner 52,50 DM monatlich an Parkgebühren sowie weitere regelmäßig anfallende Kosten (Telefon, Hypothekenabtrag, Wasser, Strom, Heizung, Grundsteuer und Müllabfuhr sowie Lebens-, Feuer-, Haftpflicht-, Hausrat-, Rechts- und Kraftfahrzeugversicherungen).
Die erwähnte Verpflichtung der Ehefrau des Klägers, an ihre Mutter eine Geldrente von 300,-- DM monatlich zu zahlen, beruht auf dem notariellen Vertrag vom 21. Mai 1982. In diesem Vertrag setzten die Erben des Vaters der Ehefrau des Klägers, nämlich die Mutter (zu 1/2), die Ehefrau und deren Bruder (zu je 1/4) sich hinsichtlich des aus zwei benachbarten Grundstücken bestehenden Gesamthandsvermögens auseinander. Die Ehefrau übernahm das von ihr und dem Kläger bewohnte Hausgrundstück, während der Bruder das Nachbargrundstück erhielt. Der Bruder räumte der Mutter auf dem Nachbargrundstück ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht ein, während die Ehefrau des Klägers sich bis zum Lebensende der Mutter zur Zahlung der monatlichen Geldrente von 300,-- DM verpflichtete, die sich nach Maßgabe der Entwicklung der Lebenshaltungskosten für einen Rentnerhaushalt mit zwei Personen erhöhen oder erniedrigen kann. Das Wohnrecht und die Rentenleistung sollten dinglich gesichert werden. Die Ehefrau des Klägers und ihr Bruder übernahmen zudem je zur Hälfte die in den Grundbüchern abgesicherten Darlehensverbindlichkeiten ihrer Eltern.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, außer den von der Beklagten berücksichtigten Belastungen seien nur noch 12,12 DM wöchentlich für die Garage am Arbeitsplatz der Ehefrau von deren Einnahmen abzusetzen, jedoch liege auch dann das anzurechnende Einkommen mit 228,75 DM wöchentlich über der dem Kläger zustehenden Alhi von 221,40 DM wöchentlich (Urteil vom 1. Oktober 1984).
Die Berufung, mit der der Kläger nur noch geltend machte, die Leibrente, auf die seine Schwiegermutter angesichts ihrer geringen Renteneinkünfte von insgesamt 529,91 DM zum Lebensunterhalt angewiesen sei, sei nach § 138 Abs 1 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) als Unterhaltsleistung seiner Ehefrau zu berücksichtigen, hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen; gleichzeitig hat das LSG die Anschlußberufung der Beklagten, mit der sich diese dagegen wendete, daß sie die Parkgebühren berücksichtigen müsse, zurückgewiesen (Urteil vom 28. Juni 1985).
Das LSG hat die Berufung für zulässig erachtet; ein Höhenstreit sei nicht gegeben (BSG SozR 1500 § 147 Nr 9). In der Sache hat das LSG ausgeführt, der Kläger könne nicht gemäß § 138 Abs 1 Nr 2 AFG geltend machen, daß seine Ehefrau ihre Mutter unterhalte. Sprachlich wie systematisch seien nur solche Leistungen Unterhaltsleistungen, die ihren Rechtsgrund in Ansprüchen auf verwandtschaftlichen oder, was hier nicht in Betracht komme, ehelichen Unterhalt hätten. Demgegenüber erfolge die Zahlung der Leibrente aufgrund einer Rechtspflicht, die die Ehefrau im Rahmen einer Erbauseinandersetzung eingegangen sei, um Alleineigentümerin des von ihr und dem Kläger bewohnten Hausgrundstücks zu werden. Die Geldrente fließe der Mutter nicht familienrechtlich, sondern als Gegenleistung für die Hingabe von Vermögensbeteiligungen zu. Daß die Mutter von der Rente ihren Lebensunterhalt bestreite und womöglich auch bestreiten müsse, bleibe unerheblich, solange die Leibrenteneinnahmen in etwa den hingegebenen Vermögenswerten entsprächen bzw diese nicht etwa überstiegen. Von letzterem könne indes keine Rede sein. Deshalb bleibe dahingestellt, ob dann etwas anderes gelte, wenn ein Auseinandersetzungsvertrag die Unterhaltsgewährung des sonst familienrechtlich Verpflichteten nur verschleiern solle. Die Anschlußberufung der Beklagten sei zwar zulässig, aber unbegründet, weil die damit erhobene nachträgliche Widerklage auf negative Feststellung eines Anspruchselements unzulässig sei. Es fehle am Feststellungsinteresse der Beklagten, weil sich die Berücksichtigung der Miete des Garagenplatzes für die Vergangenheit auf den Alhi-Anspruch nicht auswirke und sich die Frage künftig nicht mehr stelle, da die Ehefrau den Garagenplatz seit Anfang 1985 aufgegeben habe.
Der Kläger rügt mit der Revision eine Verletzung des § 138 Abs 1 Nr 2 AFG. Diese Vorschrift sei schon dann anwendbar, wenn der Unterhalt auch aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht gewährt werde. Aus dem vom LSG richtig wiedergegebenen Sachverhalt ergebe sich, daß die Ehefrau auch aus einer rechtlichen Pflicht an die Mutter zahlen müsse, da die Mutter nur über Einkünfte von 529,91 DM monatlich verfüge. Die Anrechnung könne nicht dann entfallen, wenn gleichzeitig eine vertragliche Pflicht zur Zahlung dieses Unterhalts begründet worden sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die ergangenen Urteile des SG und LSG sowie die ablehnenden Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 26. März 1984 Alhi zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen des LSG hinsichtlich der Leibrente, die sie für zutreffend hält. Die Leibrente sei im vorliegenden Falle keine Unterhaltsleistung, sondern Gegenleistung für die Hingabe von Vermögensbeteiligungen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Zutreffend ist das LSG von der Zulässigkeit der Berufung ausgegangen, eine Frage, die bei einer zulässigen Revision das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen hat. Die Berufung ist nach § 143 SGG gegeben. Sie betrifft nicht die Höhe der Alhi und unterfällt daher nicht dem Berufungsausschluß des § 147 SGG.
Ein Höhenstreit im Sinne des § 147 SGG liegt begrifflich nur vor, wenn bereits eine (Teil-)Leistung feststeht, der Berufungskläger mehr, eine höhere Leistung erhalten oder weniger, nur eine geringere Leistung zahlen möchte. Wird jedoch, wie das hier der Fall ist, eine Leistung völlig verweigert, wird nicht darum gestritten, in welcher Höhe sie zu gewähren ist, sondern ob sie überhaupt zusteht. Die Klage und bei ihrer Abweisung die Berufung betrifft dann den Grund des Anspruchs. Mit dieser Erwägung hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß kein Höhenstreit iS des § 147 SGG vorliegt, wenn eine Leistung, die, wie die Alhi, Bedürftigkeit voraussetzt, mit der Begründung abgelehnt wird, daß Bedürftigkeit nicht vorliege; der Streit betreffe dann die Frage nach dem Vorhandensein von Anspruchsvoraussetzungen, mithin dessen Grund (BSGE 8, 92, 94 f; Breithaupt 1967, 610; SozR 1500 § 147 Nrn 2 und 9).
Das gilt auch, wenn wie hier streitig ist, welches Einkommen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist; denn die Anwendung des § 138 AFG kann sich auf den Grund des Anspruchs auswirken. Nach § 137 Abs 1 AFG erfüllt der Arbeitslose die Anspruchsvoraussetzung der Bedürftigkeit nämlich nur, soweit ua das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG nicht erreicht. Aus letzterem folgt übrigens, daß bei der Alhi auch ein Streit über die "Alhi nach § 136 AFG", dh den ungekürzten Leistungssatz, der für den Arbeitslosen in Betracht kommt, also ein Streit über das Bemessungsentgelt (Arbeitsentgelt iS des § 138 Abs 2 - 2c AFG), die Leistungsgruppe (§§ 136 Abs 3 Satz 2, 111 Abs 2 AFG) oder die Nettolohnersatzquote (§ 136 Abs 1 AFG) nicht immer die Höhe der Leistung betrifft, sondern im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Einkommen den Grund des Anspruchs betreffen kann (vgl Urteil des Senats vom 12. Mai 1982 - 7 RAr 7/81 - DBl BA R 2781a § 137 AFG).
Diese ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats steht nicht im Widerspruch zu Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG), denen zufolge eine Berufung, mit der die Anwendung von reinen, den Grund des Anspruchs unberührt lassenden Anrechnungsvorschriften beanstandet wird, die Höhe der Leistung betrifft und dem Berufungsausschluß nach § 147 oder § 148 Nr 4 SGG selbst dann unterfällt, wenn bei Anwendung der Anrechnungsvorschriften die Leistung nicht zu zahlen ist (vgl zu § 147 SGG Urteil des Senats vom 21. September 1967 - 7 RAr 31/65 - Breithaupt 1968, 523; Beschluß des Senats vom 26. September 1972 - 7 RAr 22/72 - DBl BA C Nr 1681 § 147 SGG; nichtveröffentlichtes Urteil des 11. Senats vom 30. Mai 1985 - 11b/7 RAr 36/84 -; vgl zu § 148 SGG BSGE 1, 62, 66 f; 3, 124, 126 f; 4, 70, 72; BVBl 1962, 100 sowie die nichtveröffentlichten Urteile vom 17. April 1964 - 10 RV 359/62 - und vom 16. Mai 1968 - 8 RV 77/67 -). Ob an dieser vom LSG kritisierten Rechtsprechung festzuhalten ist, ist in Fällen wie dem vorliegenden nicht zu entscheiden; denn da die die Bedürftigkeit regelnden Vorschriften bei der Alhi auch den Grund des Anspruchs betreffen, geht es nicht um die Anwendung einer reinen Höhenvorschrift.
In der Sache kann das Urteil des LSG keinen Bestand haben.
Nach dem Zusammenhang der Feststellungen des LSG kann davon ausgegangen werden, daß der Kläger arbeitslos war, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand, sich arbeitslos gemeldet und im Anschluß an einen nicht nach § 119 Abs 3 AFG erloschenen, aber erschöpften Anspruch auf Alg Alhi beantragt hat, also mit Ausnahme der Bedürftigkeit (§ 134 Abs 1 Nr 3 AFG) alle übrigen Voraussetzungen des Anspruchs auf Alhi nach § 134 Abs 1 AFG erfüllt hat. Die Beklagte hat einen Anspruch auf Alhi verneint, weil das Einkommen, das nach § 138 AFG bei der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG übersteigt. Dieser Ausgangspunkt ist nicht zu beanstanden; daß in einem solchen Falle mangels Bedürftigkeit kein Anspruch auf Alhi besteht, folgt unmittelbar aus §§ 134 Abs 1 Nr 3, 137 Abs 1 AFG. Das die Klagabweisung durch das SG bestätigende Urteil des LSG träfe daher zu, wenn das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG übersteigt. Ob das der Fall ist, läßt sich indessen aufgrund des Urteils des LSG nicht entscheiden.
Zutreffend hat das LSG allerdings erkannt, daß das Einkommen der vom Kläger nicht getrenntlebenden Ehefrau aus ihrer Beschäftigung, das nach § 138 Abs 1 Nr 2 AFG bis auf einen Freibetrag zu berücksichtigen ist, nicht um bzw wegen der Geldrente zu vermindern ist, die die Ehefrau des Klägers aufgrund des Erbauseinandersetzungsvertrages an ihre Mutter zu zahlen hat.
Einkommen im Sinne der Vorschriften über die Alhi sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert (§ 138 Abs 2 Satz 1 AFG), also auch der Mietwert eines selbst bewohnten Eigenheims. Abzusetzen sind ua die notwendigen Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 138 Abs 2 Satz 2 Nr 3 AFG). Wird also bei den Einnahmen der Mietwert eines selbst bewohnten Eigenheims veranschlagt, sind auch die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung dieser Einnahmen notwendigen Aufwendungen abzusetzen. Ob die Geldrente oder jedenfalls ein Teil der Rente, zu deren Entrichtung sich die Ehefrau anläßlich der Übernahme des Alleineigentums des von ihr und dem Kläger bewohnten Hausgrundstücks verpflichtet hat, notwendiger Aufwand zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen aus dem Grundbesitz ist, kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben; denn der Mietwert ist im vorliegenden Falle nicht bei den Einnahmen angesetzt worden. Das ist auf eine ständige Verwaltungspraxis der Beklagten zurückzuführen. Diese geht davon aus, daß sich der Mietwert des vom Hauseigentümer und seinen Familienangehörigen bewohnten Einfamilienhauses bzw der Eigentumswohnung und die hierauf entfallenden notwendigen Ausgaben ausgleichen. Der Mietwert der vom Arbeitslosen und seinen Angehörigen bewohnten eigenen Wohnung bleibt daher als Einkommen regelmäßig unberücksichtigt (Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 138 Rz 9; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand Februar 1987, § 138 Anm 3b). Diese Praxis begünstigt den Arbeitslosen, solange die notwendigen Aufwendungen den Mietwert nicht erreichen. Gegen sie kann aber auch in den Fällen, in denen neben Einnahmen aus Grundbesitz Einnahmen aus anderen Einkommensarten erzielt werden und die notwendigen Aufwendungen zur Erhaltung der Einnahmen aus dem Grundbesitz die Einnahmen (dh den Mietwert) übersteigen, nicht eingewendet werden, daß der Verlust festgestellt werden müsse, weil er sich mit den Einnahmen aus einer anderen Einkommensart (hier aus der Beschäftigung) ausgleichen lasse; denn letzteres ist nicht mehr zulässig. An der zu dem früher in § 138 Abs 2 AFG verwendeten Begriff der Werbungskosten entwickelten Rechtsprechung, daß ein Verlustausgleich bei verschiedenen Einkommensarten beim Ehegatten des Arbeitslosen uneingeschränkt zulässig sei (BSGE 45, 60, 65 = SozR 4100 § 138 Nr 2), kann seit der Neufassung des § 138 Abs 2 AFG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des AFG vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) nicht festgehalten werden. Es war nämlich die erklärte Absicht der Gesetzesänderung, den Einkommensbegriff für die Alhi eigenständig zu gestalten und von der Beachtung steuerrechtlicher Gesichtspunkte zu lösen; insbesondere sollte ein Verlustausgleich, wie er im Steuerrecht zwischen den Einkommensarten möglich ist, bei der Alhi zwischen den einzelnen Arten von Einkommen nicht stattfinden (Begründung zur Neufassung des § 138 Abs 2 AFG, BT-Drucks 8/2624 S 30). Der Einkommensbegriff des § 138 Abs 2 AFG ist ein einheitlicher und gilt sowohl für das Einkommen des Arbeitslosen (§ 138 Abs 1 Nr 1 AFG) als auch für das Einkommen des von dem Arbeitslosen nicht dauernd getrenntlebenden Ehegatten und der Eltern eines minderjährigen unverheirateten Arbeitslosen (§ 138 Abs 1 Nr 2 AFG). Daher ist nicht nur hinsichtlich des Einkommens des Arbeitslosen, sondern auch bei der Feststellung des Einkommens eines Angehörigen des Arbeitslosen ein Verlustausgleich nicht mehr gestattet (anderer Ansicht Knigge/Ketelsen/ Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, § 138 Rz 37). Auf die Frage, ob die notwendigen Aufwendungen für den Grundbesitz im vorliegenden Falle den Mietwert übersteigen, und damit die weitere Frage, inwieweit die Geldrente zum notwendigen Aufwand zählt, kommt es mithin nicht an.
Zu einer Verminderung des anrechenbaren (Netto-)Einkommens der Ehefrau des Klägers führt auch nicht der Umstand, daß die von der Ehefrau an ihre Mutter gezahlte Geldrente von dieser zu ihrem Unterhalt benötigt wird. Der § 138 Abs 1 Nr 2 AFG ordnet, worauf der Senat wiederholt hingewiesen hat, die volle Anrechnung des Einkommens des von dem Arbeitslosen nicht ständig getrenntlebenden Ehegatten an, soweit es die in der Vorschrift genannten Freibeträge überschreitet (BSGE 53, 115, 116 = SozR 4100 § 138 Nr 7; SozR 4100 § 138 Nr 10; Urteil vom 24. Juli 1986 - 7 RAr 9/85 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Auch um die tatsächlichen Aufwendungen, die der Ehegatte für den eigenen Unterhalt oder den Unterhalt Dritter macht, ist das Einkommen nicht zu kürzen. Sie berücksichtigt das Gesetz pauschal durch den in § 138 Abs 1 Nr 2 AFG genannten Freibetrag bzw dadurch, daß der Freibetrag für jede Person, der der Angehörige aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht nicht nur geringfügig Unterhalt gewährt, um einen im Gesetz genannten festen Betrag erhöht wird. Aber auch auf den erhöhten Freibetrag kann sich der Kläger nicht berufen, weil seine Ehefrau, wenn sie, was bislang nicht festgestellt ist, die Geldrente auch nach Erschöpfung des Anspruchs auf Alg zahlt, nicht im Sinne der genannten Vorschrift aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht Unterhalt gewährt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob aufgrund einer rechtlichen Pflicht Unterhalt nur gewährt, wer hierzu nach dem gesetzlichen Unterhaltsrecht verpflichtet ist, wie das LSG angenommen hat (in diesem Sinne wohl auch Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand Februar 1987, § 138 Anm 4b und § 141k Anm 5; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, § 138 Rz 20, 34; Schönefelder/ Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 138 Rz 18, 24). Jedenfalls soll die Erhöhung des Freibetrages den Angehörigen des Arbeitslosen nicht schon in die Lage versetzen, Leistungen an Dritte zu erbringen, die diese zu ihrer Unterhaltung verwenden oder benötigen. Vielmehr bezweckt die Erhöhung des Freibetrages lediglich, dem Angehörigen die Erfüllung von solchen rechtlichen oder sittlichen Pflichten zu ermöglichen, die die Erbringung von Unterhaltsleistungen zum Inhalt haben. Unterhaltsgewährung aufgrund einer rechtlichen Pflicht setzt mithin voraus, daß die Leistung ihren Grund gerade in der (Mit-)Verantwortung für den Lebensbedarf des Dritten hat. Eine solche Verpflichtung der Ehefrau des Klägers liegt hier indessen nicht vor.
Die Leibrente fließt der Mutter der Ehefrau des Klägers, wie das LSG zutreffend herausgestellt hat, zusammen mit den Gebrauchsvorteilen des Wohnrechts als Gegenleistung für die Überlassung ihrer Anteile an den Grundstücken an ihre Kinder zu. Es liegt mithin weder eine Versorgungsrente noch eine Schadensersatzrente, sondern eine sogenannte Veräußerungsleibrente vor. Eine solche Rente wird aber, obwohl sie auf einem rechtlich verselbständigten Stammrecht beruht, der Gegenleistung wegen erbracht, dh wegen der Überlassung eines Wirtschaftsguts, nach dessen Wert und unter Berücksichtigung der Lebenserwartung des Rentenempfängers die Höhe der Leibrente bestimmt zu werden pflegt, wie das nach den Feststellungen des LSG auch im gegebenen Falle geschehen ist. Daß Grund der Zahlung der 300,-- DM für die Ehefrau des Klägers der Erwerb des Alleineigentums an dem Hausgrundstück ist und die Zahlung nicht einer (Mit-)Verantwortung für den Unterhalt der Mutter entspringt, ergibt sich auch daraus, daß die Ehefrau des Klägers in dem Erbauseinandersetzungsvertrag sich nicht zur Deckung eines Fehlbetrags zum Unterhalt der Mutter, sondern zu einer Rente bestimmter Höhe verpflichtet hat. Auch ist die Höhe der Rente nicht nach der Differenz zwischen dem, was die Mutter für ihren angemessenen Unterhalt benötigt, und ihrem Einkommen bestimmt worden. Die Möglichkeit, daß der Mutter mit der Geldrente mehr aus der Erbschaft zugewandt wurde, als ihr wertmäßig aus ihrer Beteiligung an der Erbschaft zukam, um eine Unterhaltsgewährung durch die Kinder zu verschleiern, hat das LSG ausdrücklich verneint. Die Mutter lebt daher, wenn sie die 300,-- DM monatlich zu ihrem Lebensunterhalt verwendet, nicht auf Kosten ihrer Tochter; sie verzehrt vielmehr, was sie aus ihrem Anteil aus der Erbschaft nach ihrem Ehemann erlangt hat.
Der Einwand der Revision, die Berücksichtigung der gesetzlichen Unterhaltspflicht, die § 138 Abs 1 Nr 2 AFG vorsehe, könne nicht deshalb entfallen, weil gleichzeitig eine vertragliche Pflicht zur Zahlung dieses Unterhalts begründet worden sei, geht im vorliegenden Falle fehl. Gewiß steht eine vertraglich geregelte Zahlungspflicht der Erhöhung des Freibetrages wegen Unterhaltsgewährung an Dritte nicht entgegen, wenn der Vertrag die gesetzliche Unterhaltspflicht lediglich konkretisiert oder aber verschleiert, daß Unterhalt gewährt wird. So liegt der Fall hier indes mangels Bedürftigkeit der Mutter der Ehefrau des Klägers nicht. Unterhaltsberechtigt ist grundsätzlich nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 1602 Abs 1 BGB). Wie die Mutter sich bis zur Erbauseinandersetzung auf die Verwertung ihres Erbteils hätte verweisen lassen müssen, ist sie nach der Erbauseinandersetzung in Höhe dessen, was ihr aufgrund der Auseinandersetzung zusteht, also auch in Höhe der Geldrente, nicht außerstande, sich selbst zu unterhalten. Soweit ein an sich Unterhaltsberechtigter infolge eines anderen als unterhaltsrechtlichen Anspruchs nicht außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, hat er keinen Anspruch auf gesetzlichen Unterhalt; das gilt auch dann, wenn Schuldner des anderen Anspruchs ein Verwandter ist, der sonst unterhaltspflichtig wäre. Unterhalt gewährte die Ehefrau des Klägers ihrer Mutter daher nur, wenn sie über die 300,-- DM monatlich hinaus Leistungen an sie erbrächte, für die es keinen anderen Rechtsgrund gibt. Das ist jedoch nicht geltend gemacht worden.
Dennoch kann das die Klagabweisung durch das SG bestätigende Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben. Das LSG hat nämlich Feststellungen zur Höhe des Arbeitseinkommens der Ehefrau, zur Höhe der auf dieses Arbeitseinkommen entfallenden Steuern, Versicherungsbeiträge, den insoweit notwendigen Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung dieser Einnahmen und Feststellungen zu dem in Betracht kommenden Alhi-Leistungssatz des Klägers nicht getroffen. Das LSG hat im Tatbestand seines Urteils lediglich wiedergegeben, von welchen Beträgen die Beklagte ausgegangen ist, ohne die Beträge selbst als richtig zu befinden. Schon weil es an Feststellungen fehlt, auf die sich die Abweisung der Klage stützen läßt, kann das Urteil des LSG nicht aufrechterhalten bleiben.
Das Urteil des LSG könnte im übrigen auch keinen Bestand haben, wenn die im Tatbestand des Urteils wiedergegebenen Beträge, von denen die Beklagte ausgegangen ist, richtig sind. Trifft es nämlich zu, daß die Alhi nach § 136 AFG 221,40 DM beträgt und daß von dem Erwerbseinkommen der Ehefrau nach Abzug der Lohnsteuer, der Sozialversicherungsbeiträge und der Beiträge zu weiteren Versicherungen, soweit diese nach Grund und Höhe angemessen sind, 315,87 DM wöchentlich verbleiben, könnten dem Kläger wöchentlich 20,53 DM an Alhi zustehen. Das ergibt sich aus der nach der Entscheidung des LSG erfolgten rückwirkenden Erhöhung der Freibeträge.
Nach § 138 Abs 1 Nr 2 AFG in der bis zum Siebten Gesetz zur Änderung des AFG vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484) geltenden Fassung, die das LSG seiner Entscheidung zugrundezulegen hatte, war im Rahmen der Bedürftigkeit Einkommen des von dem Arbeitslosen nicht dauernd getrenntlebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es 75,-- DM in der Woche überstieg. Das genannte Änderungsgesetz hat diesen Freibetrag erhöht, und zwar für 1986 auf 115,-- DM und ab 1. Januar 1987 auf 150,-- DM wöchentlich (vgl §§ 138 Abs 1 Nr 2, 242f Abs 11 Satz 1 AFG nF). Der Freibetrag von 115,-- DM ist auch auf Zeiten mit Anspruch auf Alhi vor dem 1. Januar 1986 anzuwenden, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf Alhi am 1. Januar 1986 noch nicht unanfechtbar war (§ 242f Abs 11 Satz 2 AFG), wie das hier infolge der Revisionseinlegung der Fall gewesen ist. Diese Änderung des für den Rechtsstreit maßgeblichen materiellen Rechts ist vom Revisionsgericht zu berücksichtigen. Dieses entscheidet den Rechtsstreit zwar aufgrund der vom Tatrichter getroffenen Feststellungen, aber nach Maßgabe des im Zeitpunkt seiner eigenen Entscheidung geltenden Rechts; es muß deshalb grundsätzlich auch noch jedes nach Erlaß des angefochtenen Urteils ergangene neue Gesetz berücksichtigen, sofern dies nach seinem Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfaßt (BSGE 2, 188, 192; 3, 95, 103 f; 3, 234, 237; 19, 260, 261; 54, 223, 224).
Wird aber von den 315,87 DM statt des Freibetrages von 75,-- DM ein solcher von 115,-- DM abgezogen, verbleiben 200,87 DM mit der Folge, daß das nach § 138 AFG zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nach § 136 AFG von 221,40 DM in Höhe der Differenz von 20,53 DM nicht erreicht. Die Beträge, von denen die Beklagte ausgegangen ist, schließen daher einen Anspruch des Klägers auf Alhi nicht aus.
Sofern diese Beträge zutreffen, insbesondere nicht noch weiteres Einkommen, etwa Unterhaltsleistungen, die der Kläger von seinem Vater verlangen kann, im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zusätzlich zu berücksichtigen sind (§ 138 Abs 1 Nr 1 AFG), kommt auch ein über 20,53 DM hinausgehender Anspruch auf Alhi in Betracht. Das wäre der Fall, wenn auch die für den Einstellplatz am Ort der Beschäftigung der Ehefrau entstandenen Kosten als notwendige Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus abhängiger Beschäftigung abzusetzen sind, was vom LSG bisher weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht geprüft worden ist.
Ist dem Senat infolge unzureichender Feststellungen eine abschließende Entscheidung nicht möglich, muß das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden, das bei seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Fundstellen