Entscheidungsstichwort (Thema)
Rehabilitationsmaßnahme. Höhe des Übergangsgeldes und maßgebender Zeitpunkt der Bewilligung. Klageänderung. Verurteilung der Beigeladenen*
Leitsatz (amtlich)
Zur Verfassungsmäßigkeit des RVO § 1241 Abs 4 idF 20. RAG.
Orientierungssatz
1. Das Übergangsgeld ist auch dann nach dem ab 1. Juli 1977 geltenden Recht einschließlich der Kürzungsvorschrift des § 18 Abs 4 AVG (= § 1241 Abs 4 RVO) zu berechnen, wenn eine berufsfördernde Maßnahme zur Rehabilitation zwar vor diesem Zeitpunkt notwendig geworden, aber erst nach diesem Zeitpunkt bewilligt worden ist (vgl BSG 1982-04-27 1 RA 71/80 = BSGE 53, 229).
2. Ein Verstoß gegen die Verfassungsgrundsätze des Art 3 Abs 1 und Art 20 Abs 1 GG liegen erst vor, wenn die gewährte Hilfe nicht den Anforderungen sozialer Gerechtigkeit entspricht, sei es, daß der Kreis der Empfänger einer bestimmten Leistung sachwidrig abgegrenzt ist oder daß bei einer Gesamtbetrachtung der soziale Schutz einer ins Gewicht fallenden Gruppe vernachlässigt wird (vgl BVerfG 1976-06-18 1 BvL 4/74 = SozR 2400 § 44 Nr 1).
3. Auch eine nach § 99 Abs 1 SGG zulässige Klage gegen eine Beigeladene auf Zahlung von Übergangsgeld setzt einen von dieser erlassenen Verwaltungsakt voraus (§ 54 Abs 1 SGG) (vgl BSG 1974-05-22 5 RKn 7/73 = SozR 2600 § 2 Nr 1).
4. Eine Beigeladene kann nicht iS eines Hilfsantrags nach § 75 Abs 5 SGG verurteilt werden. Einer solchen Verurteilung darf ein inhaltlich anderer Anspruch als der gegen die Beklagte erhobene nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sich die Ansprüche gegen die Beklagte und gegen die Beigeladene gegenseitig ausschließen (vgl BSG 1979-11-15 11 RA 9/79 = SozR 5090 § 6 Nr 4).
Normenkette
RVO § 1241 Abs 4 Fassung: 1977-06-27; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 20; AVG § 18 Abs 4 Fassung: 1977-06-27; SGG § 99 Abs 1 Fassung: 1953-09-03, § 54 Abs 1 Fassung: 1953-09-03, § 75 Abs 5 Fassung: 1953-09-03; RVO § 1236 Fassung: 1974-08-07, § 1237a Fassung: 1974-08-07; GG Art 20 Abs 1; GG Art 14 Abs 1; RVO § 1235 Nr 1, § 1237b Abs 1 Nr 1; AFG § 59
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 20.10.1980; Aktenzeichen L 3 J 98/80) |
SG Dortmund (Entscheidung vom 23.01.1980; Aktenzeichen S 9 J 232/78) |
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe des dem Kläger ab 1. März 1978 zustehenden Übergangsgeldes.
Der 1941 geborene Kläger ist von Beruf Bäcker und ledig. 1974 beantragte er bei der Beklagten wegen eines chronischen Lumbalsyndroms die berufliche Rehabilitation. Durch Bescheid vom 27. Mai 1975 bewilligte die Beklagte zunächst eine Berufsfindungsmaßnahme, die vom 29. September bis zum 10. Oktober 1975 in einem Berufsförderungswerk durchgeführt wurde. Während dieser Zeit erhielt der Kläger Übergangsgeld von 49,38 DM täglich. Auch für eine gezielte Erprobung seiner Eignung zum Zahntechniker am 11. und 12. Mai 1977 trug die Beklagte die Kosten (Bescheid vom 27. Dezember 1976). Auf Vorschlag des zuständigen Arbeitsamtes bewilligte die Beklagte sodann mit Bescheid vom 10. Oktober 1977 die Ausbildung des Klägers zum Sozialversicherungsangestellten mit Vorschulung und anschließender internatsmäßiger Ausbildung in der Fachrichtung Krankenversicherung. Diese Maßnahme wurde in der Zeit vom 1. März 1978 bis zum 27. Juni 1980 durchgeführt. Die Beklagte setzte das für die Dauer dieser beruflichen Rehabilitation zu zahlende Übergangsgeld mit Bescheid vom 22. Februar 1978 auf 40,40 DM täglich fest. Sie ging dabei von der Höchstgrenze des Regellohnes mit 53,86 DM aus und kürzte den Betrag gemäß § 1241 Abs 4 Reichsversicherungsordnung (RVO) auf 75 vH. Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 3. August 1978).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage gegen die Beklagte wegen der Kürzung des Übergangsgeldes abgewiesen (Urteil vom 23. Januar 1980). Im Berufungsverfahren hat der Kläger in erster Linie von der Beklagten ein ungemindertes Übergangsgeld begehrt. Darüber hinaus hat er nun hilfsweise beantragt, entweder die Beigeladene zu 1) oder die zu 2) zu verurteilen, den Unterschiedsbetrag (Aufstockungsbetrag) zwischen dem geminderten Übergangsgeld und dem - nach den für die Beigeladenen geltenden Bestimmungen zu zahlenden - Kranken- bzw Übergangsgeld zu gewähren. Durch Urteil vom 20. Oktober 1980 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurückgewiesen und die hilfsweise gegen die Beigeladenen erhobenen Klagen abgewiesen: Die Voraussetzungen zur Anwendung der Kürzungsvorschrift des § 1241 Abs 4 RVO in der ab 1. Juli 1977 gültigen Fassung seien erfüllt, denn die den Anspruch des Klägers auslösende berufsfördernde Maßnahme sei von der Beklagten erst am 10. Oktober 1977 bewilligt worden. Auf den Zeitpunkt der Antragstellung komme es nicht an. Die am 1. März 1978 begonnene Maßnahme sei auch nicht schon vorher im Zusammenhang mit den zunächst gewährten Maßnahmen bewilligt worden. Die Vorschrift des § 1241 Abs 4 RVO sei nicht verfassungswidrig. Die im zweiten Rechtszug hilfsweise gegen die Beigeladenen erhobenen Klagen seien unzulässig, weil beide Versicherungsträger nicht durch Verwaltungsakt über die gegen sie erhobenen Ansprüche entschieden hätten und eine Leistungsklage nach § 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hier nicht in Betracht komme.
Der Kläger hat dieses Urteil mit der vom LSG zugelassenen Revision angefochten. Das gegen die Beigeladene zu 1) gerichtete Klagebegehren verfolgt er nicht weiter. Der Kläger rügt eine Verletzung des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) sowie der §§ 57 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), 1241 RVO, 54 und 75 Abs 5 SGG durch das Berufungsgericht.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil, das Urteil des SG sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten aufzuheben und diese unter Abänderung ihres Bescheides vom 22. Februar 1978 zu verurteilen, ihm für die gesamte Dauer der am 1. März 1978 begonnenen Umschulungsmaßnahme ein ungekürztes Übergangsgeld zu zahlen, hilfsweise, die Beigeladene zu 2) zu verurteilen, für denselben Zeitraum den Unterschiedsbetrag (Aufstockungsbetrag) zwischen dem um 25 vH geminderten Übergangsgeld und dem nach § 59 AFG festzusetzenden Übergangsgeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 2) beantragt, soweit ihre Verurteilung begehrt wird, die Revision zurückzuweisen.
Beklagte und Beigeladene zu 2) halten das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Er kann für die Dauer der am 1. März 1978 begonnenen Umschulung weder von der Beklagten das ungekürzte Übergangsgeld beanspruchen, noch in diesem Rechtsstreit eine Verurteilung der Beigeladenen zu 2) zur Aufstockung des von der Beklagten gewährten Übergangsgeldes erreichen.
Entgegen der Ansicht des Klägers richtet sich die Kürzung seines Übergangsgeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung für die streitige Zeit nach § 1241 Abs 4 RVO in der vor dem 1. Januar 1982 gültigen Fassung, die diese Vorschrift durch Art 2 § 1 Nr 7 des 20. Rentenanpassungsgesetzes (20. RAG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I, 1040) erhalten hat und die am 1. Juli 1977 in Kraft getreten ist (Art 3 § 6 des 20. RAG). Zwar hatte die Beklagte dem Kläger bereits mit Bescheid vom 27. Mai 1975 eine Berufsfindungsmaßnahme gewährt, die vom 29. September bis zum 10. Oktober 1975 durchgeführt wurde; für das nun streitige Übergangsgeld ist aber die mit Bescheid vom 10. Oktober 1977 bewilligte und ab 1. März 1978 durchgeführte Maßnahme entscheidend.
Wie der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) bereits entschieden hat (Urteil vom 27. April 1982 - 1 RA 71/80 -) ist das Übergangsgeld auch dann nach dem ab 1. Juli 1977 geltenden Recht einschließlich der Kürzungsvorschrift des § 18 Abs 4 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG = § 1241 Abs 4 RVO) zu berechnen, wenn eine berufsfördernde Maßnahme zur Rehabilitation zwar vor diesem Zeitpunkt notwendig geworden, aber erst nach diesem Zeitpunkt bewilligt worden ist. Einmal bestimmt sich das anzuwendende Recht nach dem Zeitpunkt, in dem die konkrete Leistung des - von der Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme abhängigen - Übergangsgeldes notwendig geworden ist (vgl Urteil des 1. Senats vom 27. April 1982 mwN aus der Rechtsprechung des BSG). Zum anderen läßt sich dieses Ergebnis für das streitige Übergangsgeld des Klägers auch aus Art 3 § 1 Abs 1 des 20. RAG ableiten. Danach wird, wenn dem Leistungsbezieher vor dem 1. Juli 1977 eine medizinische oder berufsfördernde Maßnahme zur Rehabilitation bewilligt worden ist, Übergangsgeld nach den am 30. Juni 1977 geltenden Vorschriften gewährt. Umgekehrt ist daraus zu schließen, daß bei Bewilligung der Maßnahme nach dem 30. Juni 1977 das Übergangsgeld nach den von diesem Zeitpunkt an geltenden Vorschriften zu gewähren ist und somit § 1241 Abs 4 RVO idF des 20. RAG angewendet werden muß. Dies gilt auch im Falle des Klägers. Die Beklagte hat die Vorschulung und die daran anschließende Ausbildung zum Sozialversicherungsangestellten durch Bescheid vom 10. Oktober 1977 - also nach dem 30. Juni 1977 - bewilligt.
Auch die Tatsache, daß dem Kläger bereits vor dem 1. Juli 1977 mit Bescheid vom 27. Mai 1975 eine Berufsfindungsmaßnahme gewährt worden ist, vermag hier nicht zur Anwendung des damals geltenden Rechts auf die Übergangsgeldzahlung ab 1. März 1978 zu führen. Dieses Übergangsgeld ist eine ergänzende, unselbständige Leistung zur Rehabilitation (§§ 1235 Nr 1, 1237b Abs 1 Nr 1 RVO), worauf nur Anspruch zusammen mit medizinischen oder beruflichen Leistungen zur Rehabilitation besteht (vgl BSGE 47, 47, 48 = SozR 2200 § 1237 Nr 9). Diese Akzessorietät des Übergangsgeldes hat zur Folge, daß allenfalls dann, wenn bereits die vor dem 1. Juli 1977 bewilligte Maßnahme die später nach diesem Zeitpunkt bewilligte weitere zwangsläufig zur Folge gehabt hätte, eine einheitliche Maßnahme der Rehabilitation in Betracht gezogen werden könnte. Davon kann hier aber keine Rede sein. Die Gewährung der Rehabilitation ist in das pflichtgemäße Ermessen des Versicherungsträgers gestellt (§ 1236 Abs 1 Satz 1 RVO). Die zunächst durchgeführte Erprobung des Klägers für den Beruf des Zahntechnikers (§ 1237a Abs 1 Nr 2 RVO) kann nicht als Beginn der später ab 1. März 1978 durchgeführten beruflichen Ausbildung und Umschulung zum Sozialversicherungsangestellten (§ 1237a Abs 1 Nr 3 RVO) und als einheitliche berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation angesehen werden. Vielmehr bedurfte es zuvor einer Ermessensentscheidung der Beklagten darüber, ob die Umschulung des Klägers zum Sozialversicherungsangestellten - anstelle der zunächst erwogenen zum Zahntechniker - bewilligt werden sollte. Erst als diese Entscheidung getroffen war, konnte sie die davon abhängende, unselbständige und die konkrete berufsfördernde Maßnahme ergänzende Übergangsgeldzahlung zur Folge haben.
Die Vorschrift des § 1241 Abs 4 RVO in der ab 1. Juli 1977 gültigen Fassung verletzt nicht die Rechte des Klägers aus Art 3 Abs 1 GG. Zwar weist der Kläger richtig darauf hin, daß er allein wegen der Regelung des § 1236 Abs 1a RVO in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten als Rehabilitationsträger fällt und daß bei einer Leistungspflicht der Bundesanstalt für Arbeit (Beigeladene zu 2)) die Kürzungsvorschrift des § 1241 Abs 4 in der vor dem 1. Januar 1982 gültigen Fassung nicht anzuwenden gewesen wäre. Eine dieser Regelung entsprechende Kürzungsvorschrift fehlte bei Bewilligung der hier entscheidenden Maßnahme in § 59 AFG, der die Berechnung des Übergangsgeldes bei einer von der Bundesanstalt für Arbeit durchgeführten Rehabilitation betrifft. Diese Ungleichbehandlung der Leistungsempfänger führt jedoch nicht zur Verfassungswidrigkeit der angewendeten Vorschrift.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Beschluß vom 18. Juni 1975 (SozR 2400 § 44 Nr 1) dargelegt, daß ein Verstoß gegen die Verfassungsgrundsätze des Art 3 Abs 1 und Art 20 Abs 1 GG erst vorliegt, wenn die gewährte Hilfe nicht den Anforderungen sozialer Gerechtigkeit entspricht, sei es, daß der Kreis der Empfänger einer bestimmten Leistung sachwidrig abgegrenzt ist oder daß bei einer Gesamtbetrachtung der soziale Schutz einer ins Gewicht fallenden Gruppe vernachlässigt wird. Mit der Vorschrift § 1241 Abs 4 RVO in der ab 1. Juli 1977 gültigen Fassung hat der Gesetzgeber eine Kürzung des Übergangsgeldes für eine bestimmte Personengruppe vorgenommen, die objektiv jedenfalls geringer belastet ist als die übrigen, ebenfalls erwähnten Personen. Diese haben durch Unterhaltsverpflichtungen einen wesentlich größeren finanziellen Bedarf. Die angegriffene Vorschrift trifft danach eine sachlich angemessene Unterscheidung aufgrund objektiver Kriterien. Der Schutz der Gruppe, der der Kläger angehört, wird durch eine Kürzung um 25 vH auch nicht unzumutbar vernachlässigt.
Zwar erscheint eine nicht auf alle Rehabilitationsbereiche gleichermaßen angewandte Kürzung von Leistungen den davon Betroffenen wenig verständlich. Das BVerfG hat in der obengenannten Entscheidung jedoch darauf hingewiesen, daß ein solcher Unterschied allein für die Annahme eines Verfassungsverstoßes noch nicht ausreicht. Angesichts der Verzweigtheit und Vielgestaltigkeit der historisch, ohne einheitlichen Plan gewachsenen Regelungen, müsse es jedoch dem Gesetzgeber überlassen bleiben, in welcher Zeitfolge er gebotene Änderungen und Verbesserungen auf den verschiedenen Einzelgebieten vornehmen wolle. Die Forderung, der Gesetzgeber müsse im Interesse sozialer Gerechtigkeit überall strikte Gleichförmigkeit schaffen und auch bei zukünftigen Änderungen wahren, könne dazu führen, daß Reformen, die sich etwa aus finanziellen Gründen oder wegen der beschränkten Kapazität des Gesetzgebungs- und Verwaltungsapparates nur schrittweise verwirklichen ließen, von vornherein unterblieben - ein Ergebnis, das sozialer Gerechtigkeit nicht entsprechen würde. Diese Grundsätze hält der erkennende Senat auch für die hier zu prüfende Vorschrift der RVO für anwendbar.
Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, sollte nach dem Entwurf des 20. RAG zunächst die Zuständigkeit der Rentenversicherung für die berufliche Rehabilitation auf die Beigeladene zu 2) übergehen. Im Laufe des Vermittlungsverfahrens gelangte dann in das 20. RAG die später Gesetz gewordene Regelung, die auf eine Teilung der bisherigen Zuständigkeit der Rentenversicherung auf diese und die Beigeladene zu 2) hinausläuft. Angesichts dieses Ablaufs ist es erklärlich, daß eine in einzelnen Auswirkungen zu Ungleichbehandlungen führende Bestimmung als Gesetz verabschiedet worden ist. Inzwischen hat der Gesetzgeber jedoch die Übergangsgeldzahlungen im Bereich der Rentenversicherung und der Arbeitsförderung harmonisiert. Durch das Gesetz zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz -AFKG-) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I, 1497) sind die Vorschriften über die Höhe des Übergangsgeldes mit Wirkung ab 1. Januar 1982 geändert worden. Das Übergangsgeld soll nun bei Behinderten bzw. Betreuten, bei denen selbst oder bei deren Ehegatten Pflegebedürftigkeit besteht und die deshalb eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben können, sowie bei Behinderten (Betreuten), die mindestens ein Kind haben, das vom Träger der Rehabilitation zu berücksichtigen ist, 90 vH, bei allen übrigen 75 vH des früheren Nettoentgeltes nicht übersteigen (§§ 13 Abs 3 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation - RehaAnglG -, 1241b RVO, 59 Abs 2 AFG, jeweils in der ab 1. Januar 1982 geltenden Fassung).
Ein Verstoß gegen ein Verbot rückwirkender Verschlechterung durch ein belastendes Gesetz (§ 1241 Abs 4 RVO in der ab 1. Juli 1977 gültigen Fassung und damit eine Verletzung des Gebotes der Rechtssicherheit liegt nicht vor. Unechte - retrospektive - Rückwirkung entfaltet eine Norm, wenn sie zwar nicht auf vergangene, aber nicht nur auf zukünftige, sondern auch auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich im ganzen entwertet (vgl BVerfG 39, 128, 143f und 48, 403, 415 jeweils mwN). Derartige Gesetze sind grundsätzlich zulässig. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes kann aber hier je nach Lage der Verhältnisse im einzelnen Falle der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers Schranken setzen. Selbst wenn das Klagebegehren des Klägers im vorliegenden Falle nicht auf die Zahlung des Übergangsgeldes als konkrete Leistung abgestellt wäre, sondern als insgesamt zu erbringende berufliche Rehabilitation beurteilt werden müßte, würde die Rechtsposition des Klägers durch die Kürzung des Übergangsgeldes um 25 vH nicht "im ganzen entwertet" sein. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rechtssicherheit und gegen einen Vertrauensschutz des Klägers liegt diesbezüglich ebenfalls nicht vor. Soweit der vom Gesetzgeber mit dem Inkrafttreten der Neuregelung in § 1241 Abs 4 RVO am 1. Juli 1977 gewählten Stichtagregelung (Art 3 § 1 des 20. RAG) Härten zur Folge hatte, müssen diese hingenommen werden, wenn die Einführung eines Stichtages notwendig und die Wahl des Zeitpunkts, orientiert am gegebenen Sachverhalt, damit sachlich vertretbar ist (so BVerfG in SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 22 mwN). Ziel des 20. RAG war es ua, die Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung zu verbessern, und wegen dieses Zieles bedurfte es des Stichtages. Die Regelung ist nach alledem unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.
Dem Hilfsantrag des Klägers, die Beigeladene zu 2) zu verurteilen, den sogenannten Aufstockungsbetrag zu zahlen, kann in diesem Rechtsstreit nicht entsprochen werden. Zutreffend hat das LSG dieses erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachte Begehren als einen neuen prozessualen Anspruch und damit als eine nach § 99 Abs 1 SGG zwar an sich zulässige Klageänderung angesehen (vgl Urteil des 1. Senats des BSG vom 27. April 1982 aaO unter Hinweis auf das Urteil des 5. Senats in SozR 2600 § 2 Nr 1 S 4). Eine zulässige Klage gegen die Beigeladene zu 2) auf Zahlung von Übergangsgeld setzt indes einen von dieser erlassenen Verwaltungsakt voraus (§ 54 Abs 1 SGG), der hier fehlt.
Die Beigeladene zu 2) kann auch nicht im Sinne des Hilfsantrags nach § 75 Abs 5 SGG verurteilt werden. Nach der Rechtsprechung des 11. Senats des BSG (vgl SozR 5090 § 6 Nr 4 und SozR 2200 § 1237a Nr 10) darf einer solchen Verurteilung ein inhaltlich anderer Anspruch als der gegen die Beklagte erhobene nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sich die Ansprüche gegen die Beklagte und gegen die Beigeladene gegenseitig ausschließen. An einer derartigen, sich gegenseitig ausschließenden Wechselwirkung fehlt es bei dem hier geltend gemachten Aufstockungsanspruch naturgemäß.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen