Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragspflichtiger Arbeitgeber für Entwicklungshelfer
Leitsatz (amtlich)
1. Die sozialgerichtliche Klage auf Feststellung, daß ein privatrechtlicher Träger der Entwicklungshilfe gegenüber dem Entwicklungshelfer allein die Beiträge zur Rentenversicherung zu tragen habe, wird durch die Möglichkeit einer Leistungsklage vor dem Arbeitsgericht nicht ausgeschlossen (Anschluß an BVerwG 1971-02-17 V C 68.69 = BVerwGE 37, 243).
2. Wird ein Antrag auf Versicherungspflicht von Entwicklungshelfern nach AVG § 2 Abs 1 Nr 10 gestellt, so hat die antragstellende Stelle die Beiträge nach AVG § 112 Abs 4 Buchst e allein zu tragen. Sie hat die Mittel aus eigenem Vermögen aufzubringen und darf sie nicht dem Einkommen des Entwicklungshelfers entnehmen. Abweichende Vereinbarungen sind nichtig.
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach SGG § 51 Abs 1 entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ua über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung. Zu ihnen gehört auch der Streit, der zwischen einem Entwicklungshelfer und der Organisation, die nach ihrer Satzung Entwicklungshelfer zu gewinnen, für ihren Dienst vorzubereiten und während ihres Auslandsaufenthalts zu betreuen hat, über die Frage entsteht, wer die Beiträge zur Angestelltenversicherung zu entrichten hat.
2. Soweit die amtliche Begründung zur Einführung des AVG § 2 Abs 1 Nr 10 davon ausgeht, daß abweichende Vereinbarungen über die Verteilung der Beitragslast zwischen der antragstellenden Einrichtung und dem Entwicklungshelfer zulässig seien, hat diese Auffassung im Gesetz keinen Niederschlag gefunden.
Normenkette
SGG § 51 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1953-09-03, § 59 Fassung: 1953-09-03; AVG § 2 Abs. 1 Nr. 10 Fassung: 1965-06-09, § 112 Abs. 4 Buchst. e Fassung: 1965-06-09; RVO § 1227 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 Fassung: 1965-06-09, § 1385 Abs. 4 Buchst. e Fassung: 1965-06-09, § 139 Abs. 2 Fassung: 1924-12-15; EhfG § 11 S. 1 Fassung: 1969-06-18
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. Juli 1975 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die für den Kläger in der Zeit vom 29. Oktober 1968 bis zum 28. Oktober 1971 zur Angestelltenversicherung (AV) entrichteten Beiträge allein zu tragen.
Im Juli 1968 schloß der Kläger mit der Diözese Bujumbura in Burundi einen Vertrag, nach dem ihm im Rahmen der Entwicklungshilfe Verwaltungs- und Ausbildungsaufgaben an einer dortigen Handwerkerschule übertragen wurden. Dieser Vertrag war nach Vermittlung der Beklagten zustande gekommen. Die Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein, der nach seiner Satzung die Aufgabe hat, Fachkräfte als Entwicklungshelfer zu gewinnen, für ihren Dienst vorzubereiten, an Dienstgeber in Entwicklungsländern zu vermitteln und während ihres Auslandsaufenthalts zu betreuen. Der zwischen dem Kläger und der Diözese Bujumbura geschlossene Vertrag trat am 29. Oktober 1968 in Kraft und war auf drei Jahre befristet. Er verpflichtete u.a. in seinem § 7 den Kläger, seine "gesetzliche Rentenversicherung während der Vertragszeit weiterzuführen" und auch die Kosten hierfür zu tragen. Nach § 3 des Vertrages erhielt der Kläger ein Grundgehalt von anfänglich 1.150,- DM nebst Zuschlägen; der nicht an ihn ausgezahlte Teil des Gehalts war der Beklagten zuzuleiten, die "aus diesem Betrag" u.a. die Prämien für die Versicherung nach § 7 bezahlen und den verbleibenden Rest auf ein für den Kläger zu errichtendes Sparkonto überweisen sollte. In § 12 des Vertrages war bestimmt, daß in allen Streitigkeiten aus dem Vertrag ein Schiedsgericht zu entscheiden habe, sofern eine Schlichtung durch die Beklagte nicht erreicht werden könne. Am 11. Oktober 1968 stellte die Beklagte bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) den Antrag, den Kläger ab 29. Oktober 1968 nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) in der Rentenversicherung der Angestellten zu versichern. Die BfA gab dem Antrag mit der Maßgabe statt, daß die Pflichtbeiträge für den Kläger von der Beklagten als Antragstellerin zu tragen seien (Bescheid vom 21. November 1968). Die Beklagte verfuhr dennoch nach der Regelung des § 3 des zwischen dem Kläger und der Diözese Bujumbura geschlossenen Vertrages.
Nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland forderte der Kläger die Beklagte auf, einen Betrag in Höhe von 6.485,75 DM, den diese zum Ausgleich für die bestehenden Beitragsverpflichtungen von seinem Gehalt einbehalten hatte, an ihn auszuzahlen. Zur Begründung dafür berief sich der Kläger auf den Bescheid der BfA vom 21. November 1968. Da die Beklagte eine Zahlung des geforderten Betrages ablehnte, erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) mit dem Antrag, festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, die ihm in der Zeit vom 29. Oktober 1968 bis 28. Oktober 1971 einbehaltenen Beiträge zur AV in Höhe von 6.485,75 DM zurückzuzahlen, hilfsweise, den Rechtsstreit an das zuständige Arbeits- oder Landgericht zu verweisen. Das SG hat den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für nicht gegeben erachtet und den Rechtsstreit an das Landgericht Aachen verwiesen (Urteil des SG Köln vom 18. März 1974). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) - nach einer entsprechenden Änderung des Klageantrags - festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet sei, die für den Kläger für den Zeitraum vom 29. Oktober 1968 bis 18. Oktober 1971 zur AV entrichteten Beiträge allein zu tragen (Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. Juli 1975). Das LSG hat dazu ausgeführt: Für den Rechtsstreit sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eröffnet. Es handele sich zwischen den Beteiligten um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung, da es um die Feststellung gehe, in welchem Umfang dem Kläger Beiträge zur AV angerechnet werden könnten. Ob eine Streitigkeit privat- oder öffentlich-rechtlicher Art sei, bestimme sich beim Fehlen einer Rechtswegzuweisung danach, ob im Vordergrund des Rechtsstreits für die Beurteilung der Rechtsbeziehungen die Anwendung und Auslegung öffentlich-rechtlicher Vorschriften des Sozialversicherungsrechts stehe oder ob vornehmlich Vorschriften des bürgerlichen Rechts anzuwenden seien. Seinem Vorbringen nach wolle der Kläger geklärt sehen, ob die Vorschrift des § 112 Abs. 4 Buchst. e AVG zwingendes Recht sei. Im übrigen sei von der Rechtsprechung bereits wiederholt anerkannt worden, daß Streitigkeiten über die Anrechnung von Beiträgen nicht vor die Gerichte der Arbeits- bzw. der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit gehörten. Gegen die Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage bestünden ebenfalls keine Bedenken. Das zu fordernde rechtliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung ergebe sich daraus, daß die Beklagte den im Verwaltungsakt der BfA vom 21. November 1968 enthaltenen Anspruch über ihre Verpflichtung zur Tragung der Beiträge ersichtlich nicht auf ihr Verhältnis zum Kläger beziehe. Der Gesichtspunkt der Subsidiarität stehe der Zulässigkeit der Feststellungsklage schon deshalb nicht entgegen, weil zu erwarten sei, daß der zwischen den Beteiligten bestehende Streit durch ein Feststellungsurteil behoben werden könne. Die Feststellungsklage sei auch begründet. Die Beklagte sei nach § 112 Abs. 4 Buchst. e AVG gegenüber dem Kläger zur alleinigen Tragung der Beiträge verpflichtet. Diese Vorschrift enthalte zwingendes Recht und könne durch eine private Vereinbarung nicht abbedungen werden.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 51 Abs. 1 SGG i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 SGG. Sie ist der Auffassung, es handele sich im vorliegenden Fall nicht um eine öffentlich-rechtliche, sondern um eine privatrechtliche Streitigkeit. Zwischen den Beteiligten bestehe kein Über- und Unterordnungsverhältnis. Auch nach dem tatsächlichen Vorbringen des Klägers wolle er im vorliegenden Verfahren lediglich eine Vorfrage für einen von ihm geltend gemachten privatrechtlichen Anspruch geklärt wissen. Letztlich begehre der Kläger nur eine Leistung der Beklagten im Rahmen der zwischen den Beteiligten bestehenden privatrechtlichen Beziehungen. Dem Kläger gehe es auch nicht, wie das LSG angenommen habe, um die Feststellung, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, die für ihn zur AV abgeführten Beiträge auf das ihm für seine Tätigkeit als Entwicklungshelfer zustehende Entgelt anzurechnen. Die Beklagte sei nicht Arbeitgeber des Klägers, sondern lediglich Verwalterin seines in die Bundesrepublik überwiesenen Vermögens. Streitig sei mithin allein, ob die Beklagte berechtigt gewesen sei, aus dem von ihr verwalteten Vermögen des Klägers Beträge zu entnehmen, um auftragsgemäß die Beiträge zur AV für den Kläger zu decken. Dies sei aber eine rein privatrechtliche Streitigkeit. Selbst wenn man aber die Zulässigkeit des Rechtsweges bejahe, fehle es für die vom Kläger erhobene Klage an einem Rechtsschutzinteresse. Es könne entgegen der Auffassung des LSG nicht angenommen werden, daß der zwischen den Beteiligten bestehende Streit durch ein Feststellungsurteil behoben werden könne. Die Beklagte werden auch ein Urteil, das die Auffassung des LSG bestätige, nicht zum Anlaß nehmen, dem Kläger die einbehaltenen Beträge auszuzahlen. Die Beklagte werde zudem, falls der Kläger gegen sie einen Rechtsstreit auf Rückzahlung der einbehaltenen Beträge anstrengen sollte, in diesem Prozeß gegenüber dem Anspruch des Klägers mit Gegenansprüchen aus dem Auftragsverhältnis bzw. aus ungerechtfertigter Bereicherung des Klägers aufrechnen. Auch in der Sache selbst könne dem LSG nicht gefolgt werden. Die Regelung des § 112 Abs. 4 Buchst. e AVG betreffe lediglich das Verhältnis zwischen BfA und der Beklagten als Antragstellerin i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 10 AVG, berühre aber nicht das Innenverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger. Selbst wenn man aber insoweit der Auffassung des LSG folgen wollte, sei davon auszugehen, daß § 112 Abs. 4 Buchst. e AVG jedenfalls nicht zwingendes Recht darstelle.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Zu Recht hat das LSG den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit als gegeben angesehen. Nach § 51 Abs. 1 SGG entscheiden die Sozialgerichte u.a. über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung. Bei der vom Kläger begehrten Feststellung, wer die Beiträge zur Rentenversicherung zu tragen hat, handelt es sich um eine Angelegenheit der Sozialversicherung, weil die streitigen Beziehungen durch eine Norm des Sozialversicherungsrechts geregelt sind. Der Rechtsstreit bezieht sich auf die Frage, welchen Inhalt und welches Ausmaß die Verpflichtung der Beklagten in einer Angelegenheit der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten hat.
Diese streitigen Rechtsbeziehungen sind dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Dem steht nicht entgegen, daß die Beteiligten nicht im Verhältnis der Über- und Unterordnung zueinander stehen und keine Behörde an dem Rechtsstreit beteiligt ist. Ein Rechtsstreit ist immer öffentlich-rechtlicher Natur, wenn die streitige Verpflichtung dem einzelnen durch den Staat zur Sicherung öffentlicher Aufgaben auferlegt ist (Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 11. Aufl., § 14 II 5 b S. 63 f m.w.N.; BVerwGE 34, 213; 37, 243; BSG Nrn. 54, 64 und 65m § 51 SGG). Hierzu gehören auch die Vorschriften über die Pflicht zur Tragung von Sozialversicherungsbeiträgen (GemS OGB, NJW 1974, 2087). Deshalb gehört auch ein Beitragsstreit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor die Sozialgerichte, sofern der Beitragsstreit nicht nur Vorfrage einer Lohnforderung ist (GemS aaO; LSG Hamburg, Breithaupt 1967, 440). Der Kläger macht hier keine Lohnforderung gegenüber dem Arbeitgeber, der Diözese Bujumbura, geltend, in deren Rahmen die Beitragsfrage den Charakter einer Vorfrage haben könnte. Er erhebt vielmehr eine Feststellungsklage gegenüber der Beklagten als Betreuungsorganisation für Entwicklungshelfer. Dabei ist Streitgegenstand allein die Frage, ob die Beklagte die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hat, die Beiträge allein zu tragen.
Der für diese Klage gegebene Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit konnte nicht durch die in dem Vertrag enthaltene Schiedsvereinbarung ausgeschlossen werden; denn die Vereinbarung einer anderen Zuständigkeit ist - wie das LSG zutreffend entschieden hat - durch § 59 SGG ausgeschlossen (Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl. Anm. zu § 59).
Die Feststellungsklage ist auch zulässig. Sie hat die Feststellung eines Rechtsverhältnisses zum Gegenstand (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Unter einem Rechtsverhältnis auch im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG ist eine aus einem konkreten Tatbestand entstandene Rechtsbeziehung von Personen untereinander oder aber einer Person zu einem Gegenstand zu verstehen (Rosenberg/Schwab, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, 11. Aufl. § 94 II 1; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 240 k II mit weiteren Nachweisen; BGHZ 22, 43, 47; BSGE 31, 235, 239). Hierzu zählen auch einzelne Berechtigungen oder Verpflichtungen eines weitergehenden Rechtsverhältnisses, wenn das Interesse sich gerade auf sie bezieht (BGH NJW 1974, 1084= LM Nr. 2 zu § 2333 BGB; BGH Urt. v. 16. Februar 1967 II ZR 171/65 WertpMitt 1967 419; BAG NJW 1969, 680 = AP Nr. 134 zu § 242 BGB Ruhegehalt; BSGE 4, 184, 185 mit weiteren Nachweisen). Dies gilt auch, soweit über Inhalt und Ausmaß gesetzlich normierter Verpflichtungen gestritten wird (vgl. BVerwGE 37, 243, 246; Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl., Rdnr. 3 mit weiteren Nachweisen). Dementsprechend sind auch die Beziehungen, die zwischen den Beteiligten hinsichtlich der Aufbringung der Beiträge zur Sozialversicherung bestehen, als ein solches Rechtsverhältnis anzusehen.
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert auch nicht am fehlenden Rechtsschutzinteresse des Klägers. Ein Rechtsschutzinteresse ist regelmäßig nicht gegeben, wenn der Kläger sein Begehren wirksamer durch eine Leistungsklage erreichen kann. Der Kläger hätte allerdings hier auch die Möglichkeit gehabt, seinen Anspruch auf das für die Sozialversicherungsbeiträge verwendete Entgelt durch eine Leistungsklage vor dem nach § 19 Abs. 1 des Entwicklungshelfergesetzes (EhfG) zuständigen Arbeitsgericht zu verfolgen und damit den Streit in vollem Umfang zu bereinigen. Die zivilgerichtliche Leistungsklage hat indessen vor der Verwaltungs-(sozial-)gerichtlichen Feststellungsklage keinen Vorrang. Der Ausschluß der Feststellungsklage durch die Möglichkeit einer Leistungsklage kann nämlich nur gelten, wenn der Rechtsschutz durch sie für den Kläger in gleicher Weise wie bei der Feststellungsklage verwirklicht wird. Dies ist, wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) bereits entschieden hat, (BverwGE 37, 243, 247) nicht der Fall, wenn - wie hier - der Kern des Anliegens, im AVG (§ 112 Abs. 4 Buchst. e) für den Kläger zu einem vor den Sozialgerichten verfolgbaren Recht ausgestaltet ist, als bloße Vorfrage vom Arbeitsgericht mitentschieden werden müßte. Der Gedanke der Subsidiarität, der sonst regelmäßig das Verhältnis von Feststellungs- und Leistungsklage beherrscht, greift in einem solchen Fall nicht durch. Während sonst die Leistungsklagen den effektiven Rechtsschutz gewähren und deshalb der Feststellungsklage vorgehen, soweit nicht zu erwarten ist, daß der Schuldner die sich aus der festgestellten Rechtslage ergebenden Verpflichtungen erfüllen wird, ohne daß der Gläubiger gezwungen ist, erneut gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen (BGHZ 28, 123, 126; BVerwGE 36, 179, 181; BSGE 10, 21), würde hier die Verweisung auf die zivilgerichtliche Leistungsklage eine Verweigerung der Rechtsschutzgewährung durch das in erster Linie dazu berufene Gericht der Sozialgerichtsbarkeit bedeuten. Mit der Rechtsprechung des BVerwG ist deshalb davon auszugehen, daß die Feststellungsklage durch die Möglichkeit einer Leistungsklage in einem anderen Rechtsweg nicht ausgeschlossen wird (ebenso Redeker/v. Oertzen, VwGO, 5. Aufl., § 43 Anm. 25; Eyermann/Fröhler, VwGO, 6. Aufl., § 43 Anm. 22; Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts und des Verwaltungsprozeßrechts, 2. Aufl., S. 227, Fn. 23; v. Mutius, VerwArch. 63 (1972), 234; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., § 39 V 1 - S. 404 f).
Der Grundsatz der Prozeßwirtschaftlichkeit, der sonst für die Frage des Rechtsschutzinteresses eine tragende Rolle spielt, hat diesen Argumenten gegenüber geringeres Gewicht. Es ist zwar nicht zu verkennen, daß der Kläger durch die Erhebung einer besonderen Feststellungsklage, die nur zur Klärung einer Vorfrage dient und den Streit nicht im ganzen bereinigt, dem Beklagten zwei Rechtszüge in verschiedenen Gerichtsbarkeiten aufzwingt. Der Gedanke der Prozeßwirtschaftlichkeit kann aber hier dennoch keinen Ausschlag geben, weil er jedenfalls nicht zu einer Verengung des Rechtsschutzes führen darf, wie es der Fall wäre, wenn keine Möglichkeit bestände, die zur Entscheidung der streitigen Fragen in erster Linie berufene Gerichtsbarkeit anzurufen.
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage über eine Vorfrage hat sich im übrigen auch in anderen Bereichen durchgesetzt. So werden sowohl vom Bundesgerichtshof als auch vom Bundesarbeitsgericht Feststellungsklagen über Vorfragen von Verwaltungsentscheidungen dann zugelassen, wenn die Verwaltungsbehörde selbst den Kläger auf die Klärung im Zivilrechtsweg verweist oder aus anderen Gründen davon ausgegangen werden kann, daß die gerichtlichen Feststellungen - auch ohne das Bestehen einer Bindungswirkung - von der Verwaltungsbehörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt werden (BGHZ 27, 190; BAGE 22, 332; BAG AP Nr. 48 zu § 256 ZPO m. krit. Anm. von Grunsky). Beide Gerichte haben wegen der größeren Effektivität des Rechtsschutzes durch das an sich für solche Fragen sachlich berufene Gericht diese Feststellungsklagen zugelassen. Dabei wird im Ergebnis in Kauf genommen, daß sich hierdurch die Rechtsbeziehungen des Klägers zu der Verwaltungsbehörde nicht abschließend klären lassen, daß also aus anderen Gründen ein weiterer Prozeß um den betreffenden öffentlich-rechtlichen Anspruch, den die Verwaltungsbehörde festzustellen hatte, geführt werden muß. Ferner wird in Kauf genommen, daß die zuständigen Verwaltungsstellen - oder in einem späteren Prozeß die Verwaltungsgerichte - wegen der fehlenden Bindungswirkung des zivilgerichtlichen Urteils und das im Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsprozeß geltende Amtsermittlungsprinzip noch einmal Ermittlungen anstellen und eine unter Umständen abweichende Entscheidung treffen.
Auch in der Sache selbst hat das LSG zutreffend entschieden. Nach § 112 Abs. 4 Buchst. e AVG ist der Beitrag zur Rentenversicherung der Angestellten ausschließlich von der Stelle zu tragen, die den Antrag gestellt hat, der nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 AVG die Versicherungspflicht des Entwicklungshelfers in der gesetzlichen Rentenversicherung auslöst. Die Verpflichtung, den Beitrag zu tragen, bedeutet, daß diese Stelle die Mittel aus eigenem Vermögen aufbringen muß und nicht aus dem Einkommen und Vermögen des Entwicklungshelfers entnehmen kann. Die öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die Beiträge zu tragen, enthält zwingendes Recht. Sie kann nach § 205 AVG i.V.m. § 139 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht abbedungen werden. Allerdings bezieht sich § 139 RVO dem Wortlaut nach nur auf Abreden zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Es kann dahinstehen, ob sich die Tätigkeit des Entwicklungshelfers im allgemeinen in der Form eines Arbeitsverhältnisses (zu dem Rechtszustand nach dem Entwicklungshelfergesetz BSG SozR 4100 § 36 Nr. 8) vollzieht. Jedenfalls ist die Beklagte nicht Arbeitgeber. Die Vorschrift des § 139 RVO ist aber entsprechend anzuwenden, weil die Beklagte - wenn sie den Antrag nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 AVG gestellt hat - im Rahmen der Rentenversicherung der Entwicklungshelfer die Pflichten wahrzunehmen hat, die sonst einem Arbeitgeber obliegen.
Die Rechtslage ist nicht deshalb anders zu beurteilen, weil nach dem hier noch anzuwendenden Recht vor Inkrafttreten des Entwicklungshelfergesetzes vom 18. Juni 1969 (BGBI I 549) der inländischen Stelle noch freigestellt war, den öffentlich-rechtlichen Antrag auf Einbeziehung des Entwicklungshelfers in die Versicherungspflicht zu stellen. Das AVG sieht nur die Möglichkeit vor, von der Antragstellung Abstand zu nehmen, nicht aber die Folgen der Antragstellung zu verändern. Wer - wie die Beklagte - eine Versicherungspflicht durch seinen Antrag auslöst, bezieht damit eine Rechtsposition, die § 118 Abs. 1 AVG den Arbeitgebern zuweist. Daß eine solche Stelle im Innenverhältnis die Beitragslast nicht anteilig auf den Entwicklungshelfer abwälzen kann, ergibt sich schon daraus, daß dieser den Antrag öffentlich-rechtlich nicht beeinflussen kann (so Koch/Hartmann AVG, 3. Aufl., § 112 Anm. E II 5-S. V 700; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 640 0, 641). Soweit die amtliche Begründung zur Einführung von § 2 Abs. 1 Nr. 10 AVG abweichende Vereinbarungen über die Verteilung der Beitragslast zwischen der antragstellenden Einrichtung und dem Entwicklungshelfer für zulässig hält, hat diese Auffassung im Gesetz keinen Niederschlag gefunden. Es kann deshalb insoweit den gegenteiligen Auffassungen im Schrifttum und in der Rechtsprechung (Pappai, BABl 1965, 567; Ahrens BABl 1971, 278; Hanow/Lehmann/Bogs, RVO, 5. Aufl., § 1385 Anm. 6; ferner auch LAG Frankfurt, Urteil vom 27. Januar 1969 - 1 Sa 687/68) nicht gefolgt werden. Es mag zutreffen, daß diese Gesetzeslage vor Inkrafttreten des § 11 EhfG, der die Träger der Entwicklungshilfe verpflichtet, den Antrag auf Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 AVG zu stellen, den Interessen der Entwicklungshelfer nicht voll gerecht wurde, weil sich unter Umständen die betreuende Stelle geweigert haben kann, einen Antrag auf Versicherungspflicht zu stellen. Diese Überlegungen können aber nicht ausschlaggebend sein, weil im Gesetz vor Inkrafttreten des § 11 EhfG keine Regelung enthalten war, die eine den Interessen der Entwicklungshelfer besser gerecht werdende Rechtsanwendung ermöglichte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen