Leitsatz (amtlich)
Die Genehmigung der Dienstordnung, die eine bayerische landwirtschaftliche BG aufgestellt hat, darf nicht mit der Begründung versagt werden, einer dienstordnungsmäßigen Anstellung der BG- Bediensteten stünden landesrechtliche Vorschriften entgegen. AGRVO BY Art 18 vom 1912-11-02 (BayVBl 1912, 1135) ist durch GSv § 18 Abs 3 (Einleitung) - aF außer Kraft gesetzt worden.
Orientierungssatz
Die Ablehnung der Genehmigung einer von der Vertreterversammlung eines Versicherungsträgers beschlossenen Dienstordnung betrifft Rechtsbeziehungen, die in der RVO und den Nebengesetzen ihre Grundlage haben, und ist eine Angelegenheit der Sozialversicherung (SGG § 51).
Normenkette
RVO § 700 Abs. 2 Fassung: 1924-12-15, § 978 Fassung: 1924-12-15; SGG § 51 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03; RVOAG BY Art. 18 S. 1 Fassung: 1912-11-02, S. 2 Fassung: 1912-11-02; SVwG § 18 Abs. 3 Fassung: 1951-02-22
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Oktober 1966 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Vertreterversammlung der Klägerin, der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (BG) für den Regierungsbezirk O, beschloß am 20. Mai 1963 eine Dienstordnung (DO) für die Angestellten. Mit Schreiben vom 27. Mai 1963 beantragte die Klägerin deren Genehmigung gemäß § 978 iVm § 700 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Ihre Erteilung lehnte das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge in der Entschließung vom 3. November 1964 mit der Begründung ab, die Beamten des einfachen, mittleren und gehobenen Dienstes würden vom Staat aufgestellt und seien Staatsbeamte (Art. 18 des Bayerischen Ausführungsgesetzes zur RVO vom 2. November 1912, GVBl. S. 1135 - AGRVO -). Deshalb sei für eine dienstordnungsmäßige Anstellung der Angehörigen dieses Personenkreises kein Raum.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) München abgewiesen (Urteil vom 25. Mai 1965).
Die Klägerin hat Berufung eingelegt. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die übrigen landwirtschaftlichen BGen in Bayern beigeladen (Beschluß vom 14. Dezember 1965). Durch Urteil vom 28. Oktober 1966 hat es die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts sowie die Entschließung des Beklagten vom 3. November 1964 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, die Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt: Der Beklagte könne die Versagung der Genehmigung nicht auf Art. 18 AGRVO stützen; denn diese Vorschrift sei durch das Gesetz über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung (Selbstverwaltungsgesetz) vom 22. Februar 1951 idF vom 13. August 1952 (BGBl I S. 427) - GSv - außer Kraft gesetzt worden. Der Bund habe mit dem GSv die organschaftliche Anlehnung der landwirtschaftlichen BGen an die Gebietskörperschaften beseitigt; damit seien das Bedürfnis und die Berechtigung für die verwaltungsmäßige Anlehnung, die in Art. 17 und 18 AGRVO festgelegt gewesen sei, entfallen. Da der Geschäftsführer als der Leiter der Verwaltung jetzt vom Vorstand der Genossenschaft gewählt werde und seit 1962 nicht einmal mehr der staatlichen Bestätigung bedürfe, sei es weder notwendig noch zweckmäßig, daß die nachgeordneten Dienstkräfte Staatsbeamte und die BGen insoweit in ihrer Selbstverwaltung beschränkt seien.
Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) stehe der Aufhebung des Art. 18 AGRVO nicht entgegen, denn das Rechtsinstitut des Dienstordnungsangestellten sei eine zulässige, für den Bereich der Unfallversicherung gesetzlich anerkannte Ausnahme. § 978 RVO, der die Beamten von der dienstordnungsmäßigen Regelung ausnehme, setze nicht voraus, daß in der Genossenschaftsverwaltung ausschließlich Staatsbeamte beschäftigt sein müßten. Eine derartige Rechtspflicht folge auch nicht daraus, daß Art. 18 AGRVO in die Bereinigte Sammlung des Bayerischen Landesrechts (Bay. BS IV S. 627) aufgenommen worden sei; denn diese Sammlung diene nicht der Bestätigung geltenden oder der Schaffung neuen Rechts, sondern der Kennzeichnung aufgehobener oder gegenstandslos gewordener Vorschriften. § 18 Abs. 2 GSv, der auf das Fünfte Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung vom 17. Februar 1939 (RGBl I S. 267) verweise, sei nicht die alleinige gesetzliche Grundlage für die Befugnisse der Genossenschaftsorgane, ihre Rechte seien später - beispielsweise durch das GSv - erweitert worden. § 15 Abs. 3 GSv sei eine Übergangsvorschrift für die Genossenschaftsorgane und gelte nur insoweit und solange, als diese nicht von den nach dem GSv gebildeten Organen abgelöst seien. Aus der Tatsache, daß die Landesversicherungsanstalten (LVAen) weiterhin Staatsbeamte beschäftigten, sei nicht zu folgern, daß dies auch bei den landwirtschaftlichen BGen der Fall sein müsse.
Ferner sei es bedeutungslos, daß Art. 18 AGRVO in § 18 Absätzen 3 und 4 GSv unter den aufgehobenen Vorschriften nicht aufgeführt sei; denn auch Art. 17 AGRVO sei außer Kraft getreten (BSG 3, 180), ohne ausdrücklich genannt zu sein. Da es schließlich dem Grundgedanken des GSv entspreche, die Verwaltung der Sozialversicherungsträger der Selbstverwaltung zu überlassen (BSG aaO S. 187), seien ältere Vorschriften, die Beschränkungen der Selbstverwaltung enthielten, mangels ausdrücklicher gegenteiliger Regelung außer Kraft getreten. Die volle Verantwortung für die Verwaltung und damit auch für die Bestellung der Bediensteten liege entsprechend der durch das GSv geschaffenen Rechtslage bei den Organen der BG. Art. 18 AGRVO stehe hiermit im Widerspruch und sei deshalb nicht mehr geltendes Recht.
Da nicht auszuschließen sei, daß der Beklagte die Genehmigung aus einem anderen - bisher nicht geprüften - wichtigen Grund hätte ablehnen können, sei gemäß § 131 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Verpflichtung des Beklagten auszusprechen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Das LSG hat die Revision zugelassen. Der Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und mit ihm die unrichtige Anwendung der § 18 Abs. 3 GSv und Art. 33 Abs. 4 GG gerügt. Er führt im wesentlichen aus: Er sei berechtigt und verpflichtet, den Schranken der Selbstverwaltung Geltung zu verschaffen und die Genehmigung zu versagen; Art. 18 AGRVO lasse den Erlaß der beschlossenen Dienstordnung nicht zu. Diese Vorschrift stelle eine noch geltende landesrechtliche Vollregelung des Dienstrechts dar. Sie habe nicht zur Disposition des Bundesgesetzgebers gestanden, der gemäß Art. 75 Nr. 1 GG nur eine Rahmenkompetenz habe. Bei der Regelung über den Geschäftsführer (§ 8 Abs. 1 b GSv) habe die organrechtliche Stellung im Vordergrund gestanden, hinter der die dienstrechtlichen Elemente zurückgetreten seien. Im übrigen habe das GSv - ebenso wie das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz - UVNG -) vom 30. April 1963 (BGBl I S. 241) - das Dienstrecht der Sozialversicherungsträger bewußt unberührt gelassen. Einer Aufhebung des Art. 18 AGRVO stehe zudem der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG entgegen. Daß der Begriff der Selbstverwaltung Einschränkungen der Personalhoheit zulasse, zeige § 8 Abs. 1 c Satz 6 GSv, der für Bedienstete bei den LVAen die Beamteneigenschaft vorschreibe.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 28. Oktober 1966 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG München vom 25. Mai 1965 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Auf Art. 18 AGRVO könne der Beklagte die Ablehnung der Genehmigung nicht stützen, denn diese Vorschrift habe als sozialversicherungsrechtliche Vorschrift gemäß Art. 74 Nr. 12 GG zur Disposition des Bundesgesetzgebers gestanden, der auch nicht durch Art. 33 Abs. 4 GG gehindert sei, die Regelung des Dienstrechts den Selbstverwaltungsorganen zu überlassen. Im übrigen sei es widersprüchlich, diesen die volle und alleinige Verantwortung für die Verwaltung einschließlich der Kostenlast zu übertragen, gleichzeitig jedoch die Personalhoheit weiterhin nur in erheblich eingeschränktem Umfang zuzulassen.
Die Beigeladenen zu 1) und 3) beantragen gleichfalls, die Revision zurückzuweisen; die Beigeladene zu 4) hat keinen Sachantrag gestellt.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs. 2 SGG).
II
Die Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG). Sie hatte jedoch keinen Erfolg.
In Übereinstimmung mit den vorinstanzlichen Gerichten ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit als zulässig anzusehen. Nach § 51 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit u.a. über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung. Die Klägerin wendet sich nach ihrem in der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung gestellten Antrag gegen eine Maßnahme, die der Beklagte als die gemäß § 3 des Gesetzes über die Errichtung des Bundesversicherungsamts, die Aufsicht über die Sozialversicherungsträger und die Regelung von Verwaltungszuständigkeiten in der Sozialversicherung und der betrieblichen Altersfürsorge (Bundesversicherungsamtsgesetz - BVAG -) vom 9. Mai 1956 (BGBl I S. 415) iVm § 700 Abs. 2 RVO für die Genehmigung der DO zuständige Stelle getroffen hat. Die Ablehnung der Genehmigung für die beschlossene DO betrifft Rechtsbeziehungen, die in der RVO und den Nebengesetzen ihre Grundlage haben, und ist auch selbst eine Angelegenheit der Sozialversicherung (vgl. BSG 3, 180/183).
Die Entscheidung über das auf die Genehmigung der DO gerichtete Klagbegehren hängt - wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben - davon ab, ob der Beklagte diese Genehmigung auf Grund des Art. 18 AGRVO versagen darf. Das LSG hat diese Frage zu Recht verneint.
Art. 18 AGRVO stellt revisibles Recht im Sinne des § 162 Abs. 2 SGG dar; denn er wurde über den Bezirk des LSG hinaus auch für die ehemals bayerische Pfalz erlassen (BSG 3, 180/187). Entgegen der Ansicht der Revision ist diese Vorschrift als im Widerspruch zu der durch das GSv geschaffenen Rechtslage außer Kraft getreten.
Zwar gehört Art. 18 AGRVO nicht zu den Vorschriften, die in § 18 Absätze 3 und 4 GSv als aufgehoben bezeichnet sind. Aus § 18 Abs. 3 (Einl.) GSv ergibt sich jedoch, daß Art. 18 AGRVO als eine dem GSv entgegenstehende Vorschrift außer Kraft getreten ist.
Die Neugestaltung der Organisation der Sozialversicherungsträger und damit auch die Aufhebung des Art. 18 AGRVO durch das GSv sind verfassungsrechtlich zulässig. Zur Regelung der Pflichten und Befugnisse der Selbstverwaltungsorgane einschließlich der Bestimmung ihrer Rechte und Pflichten hinsichtlich des Personals war der Bundesgesetzgeber gemäß Art. 74 Nr. 12 GG auf Grund der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit berechtigt. Die Entscheidung darüber, ob insoweit die Voraussetzungen nach Art. 72 Abs. 2 GG gegeben sind, ist in das Ermessen des Gesetzgebers gestellt und daher der gerichtlichen Überprüfung grundsätzlich entzogen (BVerfGE 2, 213/224; 10, 234/245; 13, 230/233). Ein Anhalt für einen Mißbrauch dieses Ermessens oder eine fehlerhafte Auslegung der vom GG zur Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenz verwandten Begriffe - nur insoweit könnte die Entscheidung des Bundesgesetzgebers überprüft werden (BVerfG aaO) - ist nicht gegeben.
Entgegen der Ansicht der Revision stellte Art. 18 AGRVO eine organisationsrechtliche Vorschrift dar, welche die personellen Rechte der Genossenschaftsorgane regelte. Demgegenüber hatte der dienstrechtliche Inhalt nur untergeordnete Bedeutung. Dies wird schon deutlich bei der Betrachtung des Wortlauts. Nach Satz 1 des Art. 18 AGRVO unterlagen die Auswahl, Zahl und Zusammensetzung der Dienstkräfte der unmittelbaren staatlichen Bestimmung, insoweit waren also die Rechte der Genossenschaftsversammlung zur Festsetzung des jährlichen Voranschlags (Art. 13 Nr. 2 AGRVO) und des Genossenschaftsvorstandes zur Anstellung der Beamten (Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 AGRVO) eingeschränkt. Art. 18 Satz 2 AGRVO enthielt zwar eine dienstrechtliche Regelung, legte aber zugleich eine über Satz 1 hinausgehende Einschränkung der personellen Befugnisse fest, indem auch die Regelung der allgemeinen Anstellungsbedingungen und der Rechtsverhältnisse für zahlreiche Bedienstete nicht den Selbstverwaltungsorganen überlassen, sondern dem Staat vorbehalten wurde. Auch diese Vorschrift hatte also wegen der Einschränkung der Befugnisse der Selbstverwaltungsorgane einen erheblichen organisationsrechtlichen Inhalt. Daß der organisationsrechtliche Inhalt gegenüber den dienstlichen Elementen im Vordergrund stand, entsprach der reichsgesetzlichen Ermächtigung zum Erlaß des AGRVO in § 1037 RVO, der lediglich eine Abweichung von § 978 RVO im Zusammenhang mit einer landesgesetzlichen Regelung der Verfassung und Verwaltung der BGen, d.h. organisationsrechtlichen Vorschriften, hingegen nicht eine selbständige Regelung des Dienstrechts gestattete. Nach Art. 18 Satz 2 AGRVO hatten demnach vor allem - ebenso wie nach Art. 17 und 18 Satz 1 AGRVO - nicht die Selbstverwaltungsorgane, sondern staatliche Stellen die personellen Angelegenheiten der BGen im wesentlichen wahrzunehmen.
Diese Auslegung wird durch den Zweck dieser Regelung bestätigt. Sie gehörte zu den Vorschriften, welche die organschaftliche, personelle und finanzielle Verflechtung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung mit der staatlichen Verwaltung sicherstellten. So bestand die Genossenschaftsversammlung aus Mitgliedern des Landrats und vom Landratsausschuß gewählten Personen (Art. 7 bis 19 AGRVO). In der Stellung des Vorstandsvorsitzenden, dem ein eigener Aufgabenkreis zu verantwortlicher Erledigung übertragen war (Art. 16 AGRVO), der aber nicht von der Genossenschaftsversammlung gewählt (Art. 13 Nr. 4 AGRVO), sondern vom Staatsministerium des Innern gestellt wurde (Art. 17 AGRVO), zeigte sich neben der organschaftlichen besonders deutlich die personelle Verflechtung der Genossenschaftsverwaltung mit der staatlichen Verwaltung, die nach Art. 18 AGRVO auch die Auswahl, Zahl und Zusammensetzung der nachgeordneten Dienstkräfte bestimmte. In finanzieller und verwaltungstechnischer Beziehung kam die Anlehnung der Genossenschaftsverwaltung an die Staatsverwaltung in der Regelung der Kostenlast (Art. 19, 21 AGRVO) sowie der Kassen- und Rechnungsführung (Art. 22 AGRVO) zum Ausdruck.
Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges hatte zwar der Einfluß staatlicher Stellen auf die Zusammensetzung der Genossenschaftsversammlung abgenommen (vgl. Art. I Nr. 2 des Bayerischen Gesetzes vom 10. August 1921 zur Abänderung des Ausführungsgesetzes zur RVO - GVBl S. 397) und waren die Verwaltungskosten zunehmend den BGen angelastet worden (Art. I Nr. 7 des Bayerischen Gesetzes vom 10. August 1921, aaO; Art. 1 des Bayer. Gesetzes über eine Änderung des Ausführungsgesetzes zur RVO vom 21. Januar 1940 - GVBl S. 9). Die personelle Verantwortung wurde den Organen der landwirtschaftlichen BGen jedoch nicht übertragen. Die Beseitigung des § 1037 RVO durch Art. 1 Nr. 69 des Fünften Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 17. Februar 1939 ließ die ergangenen landesrechtlichen Vorschriften unberührt (Art. 3 § 8).
Erst das GSv beseitigte entsprechend seinem Grundgedanken "die Verwaltung der Sozialversicherungsträger im allgemeinen der Selbstverwaltung zu überlassen (BSG 3, 180/187), die sich aus Art. 17 und Art. 18 AGRVO ergebende Einschränkung der Personalhoheit. So hat der erkennende Senat zu Art. 17 AGRVO bereits in seinem Urteil vom 26. Juli 1956 (aaO) entschieden, daß diese Vorschrift, die den Vorstandsvorsitzenden betraf, durch das GSv außer Kraft gesetzt wurde.
Das gleiche hat auch für Art. 18 AGRVO zu gelten. Hierbei kommt es wegen seines wesentlich organisationsrechtlichen Inhalts nicht darauf an, ob diese Vorschrift bis zum Inkrafttreten des GSv als Bundes- oder Landesrecht gegolten hat, denn die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers wird durch die Gesetzesmaterie, nicht durch die staatsrechtliche Qualifizierung der vorhandenen Normen als Bundes- oder Landesrecht bestimmt (vgl. Art. 71 ff, 124 f GG). Die zwischen den Beteiligten bestehende Streitfrage, ob Art. 18 AGRVO gemäß Art. 125 GG bei Zusammentreten des Deutschen Bundestages (BVerfGE 4, 178/184) Bundesrecht geworden ist, kann deshalb unentschieden bleiben. Auch bedarf es keiner Klärung, ob die Rahmenkompetenz gemäß Art. 75 GG ein Unterfall der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis (so BVerwGE 3, 335/339, Holtkotten in Bonner Kommentar zu Art. 125 Erl. Nr. 2b, Weber DÖV 1954 S. 417/418) oder eine selbständige Art der Gesetzgebungszuständigkeit ist (BayVerf-GH VerwRechtspr. 2 Nr. 41, 10 Nr. 45; v. Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz zu Art. 75 Anm. II Nr. 6 mit ausführlicher Begründung; Maunz/Dürig, Grundgesetz zu Art. 70 Anm. 13, Art. 75 Anm. 1 u. 3, Art. 125 Anm. 5 mit Nachweisen - unentschieden BVerfGE 7, 29/41; 8, 186/194).
Die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers zum Erlaß organisationsrechtlicher Vorschriften wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß gegen eine Neuordnung des Dienstrechts durch den Bund verfassungsrechtliche Bedenken geäußert werden (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. bis 6. Auflage, Bd. I S. 174 1 f., Siebeck, Das Dienstrecht der Versicherungsträger S. 176 ff; unveröffentlichtes Gutachten des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung "über den Rechtscharakter der dienstrechtlichen Vorschriften der RVO und des RKG und die Möglichkeiten ihrer Fortentwicklung"). Diese Ausführungen beziehen sich auf Gesetzgebungsmaßnahmen, die unmittelbar das Dienstrecht der Sozialversicherungsträger und damit ein Rechtsgebiet betreffen, für das Art. 75 Nr. 1 GG als Kompetenzvorschrift in Betracht kommen kann.
In dem Vorbringen der Revision, eine Aufhebung des Art. 18 AGRVO verstoße gegen den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG ist nicht berücksichtigt, daß die vom GSv getroffene Regelung die Organe der Selbstverwaltung und ihre Befugnisse betrifft, jedoch keine Neuordnung des Dienstrechts darstellt. Im übrigen kann der Meinung des Beklagten, der Bayerische Gesetzgeber habe mit Art. 18 AGRVO eine dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG entsprechende Gestaltung des Dienstrechts im Ergebnis schon längst vorweggenommen, nicht beigepflichtet werden. Eine dem Art. 33 Abs. 4 GG konforme Regelung müßte doch wohl so beschaffen sein, daß allein diejenigen BG-Bediensteten, die auf ihrem Posten spezifisch hoheitsrechtliche Befugnisse ausüben, in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, wogegen für die ihnen untergeordneten Mitarbeiter, die den Erlaß von Hoheitsakten nur vorbereiten, weniger strenge dienstrechtliche Anforderungen gelten. Diese verfassungsrechtlich sinnvolle Ordnung verkehrt sich jedoch ins Gegenteil wenn bei den bayerischen landwirtschaftlichen BGen zwar die Kräfte des einfachen und mittleren Dienstes, die sicherlich nicht alle für eine Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse in Betracht kommen, wegen einer Weitergeltung des Art. 18 AGRVO im Beamtenstatus verblieben, während die leitenden Kräfte - nicht allein der Geschäftsführer, sondern nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin auch die Angehörigen des höheren Dienstes - ihren in der Regel durch Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse gekennzeichneten Dienst als DO-Angestellte, d.h. in einem zivilrechtlichen Dienstverhältnis (BSG 2, 53/61), verrichten können.
Entsprechend seiner Befugnis, auf Grund des Art. 74 Nr. 12 GG auch Vorschriften über die Form der Verwaltung und das Verfahren in der Sozialversicherung zu erlassen (Hofmann, Allgemeine Staatsverwaltung und Unfallversicherung in Grundsatzfragen der Sozialen Unfallversicherung - Festschrift für Lauterbach S. 35), hat der Bundesgesetzgeber im GSv dem Träger der Unfallversicherung die personelle Verwaltung übertragen.
Der allgemeine Begriff der Selbstverwaltung ist nicht geeignet, die personellen Befugnisse der Selbstverwaltungsorgane im einzelnen abzugrenzen; denn dieser Begriff ist "vielschichtig" (Brackmann, Handbuch, S. 154 b IV) und selbst im Bereich der Sozialversicherung "mehrdeutig" (Weber, Die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung - Aufgaben und Grenzen - in Schriftenreihe des Deutschen Sozialgerichtsverbandes, Band I S. 30). Ebensowenig führt insoweit die Betrachtung der Selbstverwaltung im politischen oder im rechtlichen Sinne, als mittelbare Staats- oder gesellschaftliche Selbstverwaltung weiter (Näheres bei Brackmann, Handbuch S. 154 b ff; Salzwedel, Die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung - Schriftenreihe des Deutschen Sozialgerichtsverbandes, Bd. I S. 51 ff; Weber, daselbst S. 27 ff; Siebeck, Das Recht der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung E 1 ff). Auch das GSv, das den Begriff der Selbstverwaltung verwendet, ohne ihn zu bestimmen, legt die Grenzen nicht einheitlich fest. So gewährt es den Selbstverwaltungsorganen in personeller Hinsicht unterschiedliche Rechte. Hiermit entspricht es der bereits in der Begründung zum Entwurf einer RVO (Reichstag 12. Legislatur-Periode, II. Session 1909/10 zu Nr. 340 S. 126 f) zum Ausdruck kommenden Differenzierung zwischen den Versicherungsträgern, von denen die LVAen am stärksten, die BGen am wenigsten gebunden sein sollten. Diese Unterschiede finden sich auch in § 8 Abs. 1 GSv, der für Mitglieder der Geschäftsführung der Arbeiterrentenversicherung die Bestätigung durch die Regierung und die Beamteneigenschaft (§ 8 Abs. 1 c GSv iVm § 1343 Satz 2 RVO) vorsieht. Für die Geschäftsführer in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung war dagegen nur die Bestätigung durch die oberste Verwaltungsbehörde (§ 8 Abs. 1 b Satz 2 GSv) vorgeschrieben, bis Art. 1 Nr. 9 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Selbstverwaltungsgesetzes vom 15. Februar 1962 (BGBl I S. 69) auch diese Beschränkung des Vorstandes bei der Bestellung des Geschäftsführers beseitigte und so die völlige Gleichstellung mit den gewerblichen BGen herbeiführte.
Für die Ansicht der Klägerin, die Wiedereinführung der Selbstverwaltung durch das GSv habe sich bei den landwirtschaftlichen BGen nicht auf die Bestellung des Geschäftsführers beschränkt, vielmehr sei die Personalhoheit in ihrer Gesamtheit den Selbstverwaltungsorgangen übertragen worden, sprechen vor allem die Verhältnisse bei den übrigen BGen. Dort liegt die personelle Verantwortung ungeteilt bei den Selbstverwaltungsorganen (vgl. § 8 Abs. 1 b Satz 1 GSv, §§ 690 ff RVO). Die Rechtfertigung für eine hiervon abweichende Regelung bei den landwirtschaftlichen BGen hatte - wie das LSG zu Recht ausgeführt hat - hauptsächlich in der oben bereits beschriebenen organschaftlichen und verwaltungsmäßigen Anlehnung an die Gebietskörperschaften bestanden. Diese war jedoch mit der Schaffung eigenständiger, auf Wahlen der Versicherten beruhender Organe und der Bestellung des Geschäftsführers durch den Vorstand (§§ 2, 4 bis 6, 8 Abs. 1 b GSv) entfallen, so daß ein sachlicher Grund, den Kreis der Befugnisse bei den Organen landwirtschaftlicher BGen enger zu ziehen als bei den Trägern der allgemeinen Unfallversicherung, nicht mehr gegeben war (vgl. Noell in Maunz/Schraft, Sozialversicherung - Selbstverwaltung F 2 landwirtschaftliche Unfallversicherung Bl. 34 f). Die einheitlich und ungeteilt den Selbstverwaltungsorganen übertragene Verantwortung (vg. § 7 Abs. 1 und 5 GSv) iVm dem Grundgedanken des GSv, die Verwaltung den Organen der Selbstverwaltung zu überlassen (BSG 3, 180/187), läßt nur Beschränkungen zu, die ihre Grundlage im GSv haben. Eine solche enthielt § 8 Abs. 1 b Satz 2 GSv, der für landwirtschaftliche BGen die Bestätigung des Geschäftsführers vorschrieb, den Vorstand aber keinen weiteren Beschränkungen unterwarf (BSG aaO). Seitdem § 8 Abs. 1 b Satz 2 GSv durch Art. 1 Nr. 9 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Selbstverwaltungsgesetzes ersatzlos aufgehoben ist, fehlt jegliche gesetzliche Grundlage für die Annahme, daß landwirtschaftliche BGen bei der Wahrnehmung der Personalhoheit weniger frei sind als die Träger der allgemeinen Unfallversicherung. Die Einschränkungen, denen die Organe anderer Versicherungsträger unterliegen, haben ihre Grundlage im GSv und können auf die BGen auch deshalb nicht übertragen werden, weil sie anderen Verhältnissen entsprechen. Indem es § 8 Abs. 1 d GSv der zuständigen obersten Verwaltungsbehörde überläßt, das Nähere über die Geschäftsführung bei den Ausführungsbehörden des Bundes und der Länder etc. zu bestimmen, trägt er der Besonderheit Rechnung, daß Bund, Länder oder Gemeinden selbst Träger der Unfallversicherung sind (Brackmann, Handbuch S. 156 q, 158 b a.E.). Die für die LVAen getroffene Regelung, daß die Geschäftsführer und die nachgeordneten Dienstkräfte Beamte sein müssen (§ 8 Abs. 1 c Satz 6 GSv iVm § 1343 Satz 2 RVO; § 1348 RVO), berücksichtigt die besonderen Verhältnisse dieser Versicherungsträger (Brackmann, Handbuch, S. 156 n, 158 a) und läßt deshalb Schlüsse auf die organisationsrechtlichen Verhältnisse bei den BGen nicht zu. Der Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung der Bundesknappschaft (Bundesknappschafts-Errichtungsgesetz - BKnEG -) sieht in Art. 1 Nr. 25 vor, daß die Bediensteten der Bundesknappschaft, soweit sie regelmäßig hoheitsrechtliche Aufgaben wahrnehmen, Beamte sein müssen; hiermit soll der Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung den übrigen Rentenversicherungsträgern (vgl. § 8 Abs. 1 c Satz 6 GSv iVm § 1343 Satz 2 RVO und § 1348 RVO für die Arbeiterrentenversicherung, § 9 des Gesetzes über die Errichtung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) gleichgestellt und im Rahmen einer Regelung des Dienstrechts dem Art. 33 Abs. 4 GG Rechnung getragen werden (BT-Drucks. V/3749 S. 5, 16 a.E.). Auch hiervon werden die den Selbstverwaltungsorganen der BGen übertragenen Befugnisse nicht berührt.
Die Weitergeltung des die Rechte der Selbstverwaltungsorgane beschränkenden Art. 18 AGRVO kann nicht aus der in § 18 Abs. 2 GSv erfolgten Verweisung auf Vorschriften des Fünften Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 17. Februar 1939 (RGBl I S. 267) gefolgert werden; denn aufrechterhalten werden diese Vorschriften nur für die Organe, dies bedeutet lediglich, daß ihre Befugnisse nicht - wie § 1 Abs. 4 GSv grundsätzlich vorsieht - auf den Stand vom 31. Dezember 1932 zurückgeführt werden (vgl. BSG 3, 180/188), sondern in dem durch die in § 18 Abs. 2 GSv bezeichneten Gesetze erweiterten Umfang bestehen bleiben sollten. Art. 18 AGRVO wird auch nicht durch § 15 Abs. 3 GSv als geltendes Recht bestätigt und in die Gesamtregelung einbezogen. Abgesehen davon, daß diese Vorschrift erst durch Art. I Nr. 9 c des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung (Änderungs- und Ergänzungsgesetz zum Selbstverwaltungsgesetz) vom 13. August 1952 (BGBl I S. 421) eingefügt wurde, handelt es sich um eine nachträgliche Übergangsregelung für die noch im Amt befindlichen Organe und Geschäftsführer. Eine dauernde Einschränkung des Selbstverwaltungsrechts, wie sie sich aus Art. 18 AGRVO ergeben würde, kann hieraus nicht hergeleitet werden. Aus dem Fehlen einer Übergangsregelung für Bedienstete des einfachen, mittleren und gehobenen Dienstes kann nicht auf den Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, die dem Grundgedanken des GSv widersprechende Einschränkung der Personalhoheit solle von der Neuregelung unberührt bleiben; denn - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - bedarf es einer derartigen Übergangsvorschrift nicht, weil das GSv selbst nicht in die dienstrechtlichen Verhältnisse - ausgenommen die des Geschäftsführers (vgl. § 16 GSv) - eingreift, Landesbeamte ohnehin von einer dienstordnungsgemäßen Regelung ausgenommen sind (§ 978 RVO) und der Übergang im übrigen zwanglos in der DO geregelt werden kann. Da § 978 RVO nicht die Beschäftigung von Beamten zur Pflicht macht, sie vielmehr nur von den dienstrechtlichen Vorschriften der RVO ausnimmt, widerspricht diese Vorschrift entgegen der Ansicht des Beklagten nicht dem Außerkrafttreten des Art. 18 AGRVO.
Da sich Art. 18 AGRVO hiernach mit der im GSv getroffenen Regelung nicht vereinbaren läßt und somit nach § 18 Abs. 3 (Einl.) GSv am 24. Februar 1951 (vgl. § 18 Abs. 1 GSv) außer Kraft getreten ist, bedarf es nicht der Prüfung, ob Art. 18 AGRVO - wie die Klägerin hilfsweise vorträgt - durch das UVNG aufgehoben wurde.
Die Verurteilung des Beklagten nach § 131 Abs. 3 SGG ist nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung entspricht § 193 Abs. 4 SGG.
Fundstellen