Leitsatz (amtlich)
1. Der dem Vertragsarzt und den Vertragskassen nach ErsKVtr-Ärzte § 15 Nr 3 vom 1950-05-12 mitzuteilende Honorarbescheid des Prüfungsausschusses ist ein Verwaltungsakt, der sowohl gegenüber dem beteiligten Vertragsarzt als auch gegenüber den beteiligten Ersatzkassen bindend werden kann.
2. Der Honorarbescheid kann nur von dem beteiligten Arzt oder der von ihm betroffenen Ersatzkasse, nicht aber im eigenen Namen vom Verband der Angestellten-Krankenkassen innerhalb der hier geltenden Widerspruchsfrist von 3 Monaten angefochten werden. Enthält der Honorarbescheid keine Belehrung über den Rechtsbehelf iS des SGG § 66 Abs 1, so gilt für die Anfechtung ("Ablehnung" iS des ErsKVtr-Ärzte § 15 Nr 4) die Jahresfrist nach SGG § 66 Abs 2.
3. Die Fristen, die für die weitere Durchführung des Prüfungsverfahrens nach Anfechtung des ersten Honorarbescheides ("Ablehnung des Prüfungsergebnisses" nach ErsKVtr-Ärzte § 15 Nr 4) gelten, sind Ordnungsfristen. Werden sie überschritten, so hat dies nicht die Bindung der Beteiligten an den angefochtenen Honorarbescheid zur Folge.
Normenkette
RVO § 368n Fassung: 1955-08-17; EKV-Ä § 15 Nr. 3 Fassung: 1950-12-05, Nr. 4 Fassung: 1950-12-05; SGG § 66 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, Abs. 2 Fassung: 1953-09-03, § 77 Fassung: 1953-09-03, § 83 Fassung: 1953-09-03, § 84 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Auf die Revisionen der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung und des beigeladenen Verbandes der Angestellten-Krankenkassen wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 9. Dezember 1960 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Der Streit, betrifft die Rechtswirksamkeit von Honorarkürzungen nach dem Ersatzkassenvertrag für Ärzte (EKV).
Der Kläger ist praktischer Arzt. Er ist Mitglied der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und an der Ersatzkassenpraxis beteiligt. Nach § 2 Ziff. 1 des am 12. Mai 1950 zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Kassenärztlichen Vereinigungen des Bundesgebietes und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) abgeschlossenen Vertrages wir die vertragsärztliche Tätigkeit nach Einzelleistungen auf Grund der für die Ersatzkassenpraxis bearbeiteten Allgemeinen Deutschen Gebührenordnung (E-Adgo) - unter Berücksichtigung der Entscheidungen der in § 19 des Vertrages vorgesehenen Arbeitsgemeinschaft - vergütet. Sämtliche für die Vertragskassen bestimmten ärztlichen Rechnungen sind unter Beifügung der Kranken- bzw. Überweisungsscheine an die zuständige Abrechnungsstelle der KV einzureichen und zwar im allgemeinen spätestens am fünften Tage nach Ende eines Vierteljahres (§ 10 Ziff. 1 EKV). Die ärztliche Tätigkeit wird nach § 14 EKV ausschließlich durch den Prüfungsausschuß und den Beschwerdeausschuß überwacht. Ihre Aufgabe besteht darin, "die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der für Rechnung der Vertragskassen ausgeführten Tätigkeit jedes Vertragsarztes nach Herkommen und Gepflogenheit unter Beachtung des Wandels medizinischer Anschauungen zu beurteilen." Prüfungsausschüsse und Beschwerdeausschüsse, die in der Regel im Bereich jeder Abrechnungsstelle der KV gebildet sind, setzen sich aus Ärzten (Prüfern) zusammen (§ 14 Ziff. 3 bis 3 EKV). Über die Durchführung der Rechnungsprüfung bestimmt § 15 EKV folgendes:
"1. Der Prüfungsausschuß stellt die Rechnungen rechnerisch und sachlich richtig. Die Richtigstellung erstreckt sich auch auf das richtige Einsetzen der Ziffern der Gebührenordnung. Nach Vereinbarung mit dem VdAK kann die rechnerische Vorprüfung der Rechnungen auch durch, die Vertragskassen bzw. den VdAK vorgenommen worden.
2. Alsdann prüft er, wieweit die ausgeführte ärztliche Tätigkeit im einzelnen oder im ganzen notwendig war und wirtschaftlich ist. Der Prüfungsausschuß ist berechtigt und gegebenenfalls verpflichtet, an einzelnen Rechnungsposten, an dem Gesamtbetrag einer Rechnung oder an der Summe sämtlicher Rechnungsbeträge eines Vertragsarztes Abänderungen mit Rücksicht darauf vorzunehmen, daß jeder Vertragsarzt gehalten ist, sich auf eine notwendige und wirtschaftliche Behandlungsweise zu beschränken. Er kann auch prozentuale Streichungen an den Rechnungen vornehmen, und zwar auch dann, wenn nicht in jedem einzelnen Fall die Unwirtschaftlichkeit der Behandlung nachgewiesen werden kann, aber in der Menge der Leistungen ein wesentliches Überschreiten des Durchschnittes der betreffenden Fachgruppe vorliegt.
3. Die Abrechnungsstelle der KV teilt Vertragsarzt und Vertragskasse zum gleichen Zeitpunkt mit, welches Honorar der Prüfungsausschuß für angemessen hält und gibt die Rechnungen an die Vertragskassen (§ 10 Ziff. 2) mit der Erklärung über die vertragsgemäß erfolgte Prüfung weiter.
4. Lehnen Vertragsarzt oder Vertragskasse nach Erhalt der Mitteilung und der Rechnungen innerhalb einer Frist von drei Monaten, an deren Stelle örtlich eine andere Frist vereinbart werden kann, das Prüfungsergebnis des Prüfungsausschusses nicht ab, so gilt es als angenommen. Eine Ablehnung ist an die Abrechnungsstelle der KV oder den Prüfungsausschuß zu richten, sie ist ohne Einfluß auf die in § 11 Ziff. 1 vereinbarte Zahlungsverpflichtung und bedeutet, daß die Rechnungen zur weiteren Prüfung an den Beschwerdeausschuß gelangen. Die Ablehnung des Prüfungsergebnisses ist schriftlich zu begründen. Jedoch sind Einwendungen der Vertragskassen gegen die Prüfungsergebnisse, um auch hier eine möglichst weitgehende Verständigung im Sinne des § 13 und gleichzeitig eine Entlastung des Beschwerdeausschusses zu erreichen, vor Weitergabe an den Beschwerdeausschuß von der Abrechnungsstelle der KV und dem VdAK in gemeinsamer Besprechung (Zwischenbesprechung) unter Zuziehung des Prüfungsausschusses oder von Mitgliedern des Prüfungsausschusses zu behandeln. Die Besprechung soll klarstellen, ob die Vertragskasse die Anrufung des Beschwerdeausschusses aufrecht erhält oder darauf verzichtet, oder ob die Sache zur nochmaligen Prüfung an den Prüfungsausschuß zurückgegeben werden soll. Kommt in letzterem Falle der Prüfungsausschuß nicht zu einer Änderung seines ersten Prüfungsergebnisses, so gelangt die Sache an den Beschwerdeausschuß. Ein neues Prüfungsergebnis gilt dagegen als angenommen, wenn es nicht, innerhalb vier Wochen nach seiner Bekanntgabe durch Vertragsarzt oder Vertragskasse abgelehnt wird. Die Bekanntgabe des Ergebnisses der Zwischenbesprechung hat innerhalb 14 Tagen zu erfolgen. Im Falle der Ablehnung entscheidet der Beschwerdeausschuß endgültig.
Die Zwischenbesprechung ist innerhalb vier Wochen nach Eingang des kassenseitigen Einspruchs bei der Abrechnungsstelle durchzuführen. Wenn in der Zwischenbesprechung nicht sofort die Ergebnisse festgestellt werden können und eine Rückverweisung an den Prüfungsausschuß stattfinden muß, so hat dieser seine erneute Prüfung binnen vier Wochen nach der Zwischenbesprechung durchzuführen.
Die gleiche Frist kommt zur Anwendung für den Beschwerdeausschuß."
Mit einem Schreiben, dessen Absendetag bisher nicht festgestellt ist, übersandte die beklagte KV dem Kläger die Abrechnung des 2. Quartals 1958 (II/58) mit dem Hinweis, daß sie gleichzeitig als Bescheid des Prüfungsausschusses über die Honorarfestsetzung gelte und daß Einsprüche gegen das Abrechnungsergebnis innerhalb eines Monats schriftlich beim Prüfungsausschuß einzulegen seien. Als Honorar waren in 140 Fällen für 6 Ersatzkassen insgesamt 3.160,- DM errechnet und anerkannt. Der VdAK beanstandete die Abrechnung für 5 Ersatzkassen; er berief sich auf einen überhöhten Fallkostendurchschnitt und hob einzelne überhöhte Leistungsarten besonders hervor. Durch Bescheid vom 22. Oktober 1959, der auf eine Besprechung mit dem VdAK vom 9. Juli 1959 Bezug nimmt, kürzte der Prüfungsausschuß das Honorar für kleine Sonderleistungen um 20 % und für Sachleistungen um 10 % mit insgesamt 299,90 DM. Er führte zur Begründung aus, daß die Anforderungen für kleine Sonderleistungen, für Sachleistungen und für Röntgenleistungen auch unter Berücksichtigung der zahlreichen Rheumafälle erheblich über den Sätzen lägen, die von Ärzten mit gleichartigen oder ähnlichen Praxen angefordert würden; bei Prüfung der einzelnen Behandlungsfälle habe auch die Häufigkeit bestimmter Ansätze der E-Adgo nicht in jedem Falle als gerechtfertigt angesehen werden können. In der Belehrung über den Rechtsbehelf wurde angegeben, daß dem Kläger innerhalb von 4 Wochen das Recht des Einspruchs zustehe. Der Kläger erhob mit Schreiben von 17. November 1959 Einspruch.
In der Honorar-Abrechnung des Klägers für III/58 waren für 6 Ersatzkassen in 206 Fällen 4.504,80 DM errechnet und 4.401,30 DM anerkannt worden. Der VdAK beanstandete auch diese Abrechnung, und zwar wegen überhöhter kleiner Sonderleistungen. Auch die weitere Abrechnung für IV/58, mit der der Prüfungsausschuß für 7 Ersatzkassen in 207 Fällen 4.358,- DM errechnet und 4.171,- DM erkannt hatte, wurde vom VdAK beanstandet. Der Prüfungsausschuß erließ nunmehr für III/58 einen Bescheid vom 25. November 1959, durch den er - unter Hinweis auf eine Zwischenbesprechung mit dem VdAK vom 24. Juli 1959 - die Beanstandungen des VdAK teilweise anerkannte und die Anforderungen für kleine Sonderleistungen um 20 v.H. und für Sachleistungen um 30 v.H. mit insgesamt 585,54 DM kürzte. Durch Bescheid von 16. Dezember 1959, in dem das Datum der Zwischenbesprechung nicht angegeben ist, kürzte der Prüfungsausschuß das angeforderte Honorar für IV/58 bei den kleinen Sonderleistungen um 25 % (332,88 DM).
Der Kläger erhob auch gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 25. November und 16. Dezember 1959 "Einspruch". Der Beschwerdeausschuß verhandelte über die "Einsprüche" des Klägers, die sich gegen die Honorarkürzungen im II., III. und IV. Quartal 1958 richteten, am 27. Januar 1960 in dessen Abwesenheit und bestätigte die Entscheidungen des Prüfungsausschusses für die drei Quartale. Zur Begründung führte er in dem Bescheid vom 16. Februar 1960 aus, der Kläger habe zwar kurzfristig vor der anberaumten Sitzung telefonisch sein Nichterscheinen mit Krankheit begründet; die Sitzung sei aber schon angesetzt und die Vorarbeit abgeschlossen gewesen, der Versuch, mit ihm noch einmal telefonisch Verbindung zu erhalten, sei erfolglos geblieben. In sachlicher Hinsicht sei bei kleinen Sonderleistungen und Laborleistungen durch erhöhte Ansetzung der Pos. 25 eine Unwirtschaftlichkeit festgestellt worden; diese Position sei auch bei Diagnosen, die dazu nicht berechtigten, angegeben. Außerdem habe der Kläger in vielen Fällen kleine Sonderleistungen in Verbindung mit Sachleistungen erbracht, Vollblutstaten und EKG's ausgeführt, die vielfach nach den notierten Diagnosen nicht unbedingt erforderlich gewesen seien. Bei den Sachleistungen sei die Überhöhung durch kombinierte Behandlungen (besondere Häufung der Ziff. 607-630) verursacht. Der Beschwerdeausschuß stellte außerdem die Forderungen des Klägers den Durchschnittszahlen seiner Fachgruppe in den beanstandeten Leistungsarten gegenüber.
Der Kläger erhob Klage beim Sozialgericht (SG) Berlin und machte geltend, die Bescheide der Prüfungsorgane verstießen gegen §§ 16 und 18 des EKV. Es handele sich auch um keine ordnungsmäßige Honorarprüfung, da diese schon auf Grund der rechtsverbindlich gewordenen Abrechnungsbescheide beendet gewesen sei. Im übrigen müßten einzelne Behandlungsfälle notfalls auf Grund nachträglicher Begutachtung der behandelten Versicherten nachgeprüft werden, wenn dies ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten und Kosten Erfolg verspreche und dem Arzt zuzumuten sei. Diese Möglichkeit habe aber weder der Prüfungs- noch der Beschwerdeausschuß erwogen. Die Ausschüsse hätten sich vielmehr schematisch an die Richtzahlen gehalten, ohne zu ermitteln, welche Besonderheiten seine Praxis aufweise.
Das SG hob durch Urteil vom 22. Juni 1960 die Honorarabrechnungsbescheide für II/58, III/58 und IV/58 idF des Bescheides des Beschwerdeausschusses vom 27. Januar 1960 auf und verurteilte die Beklagte, das "für die genannten Quartale zur Abrechnung gestellte Honorar" dem Kläger ungekürzt nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung auszuzahlen: Bei Erlaß der Bescheide seien die Fristen des § 15 Ziff. 4 EKV verstrichen gewesen. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung stehe nur fest, daß der Antrag des VdAK innerhalb der Dreimonatsfrist eingegangen sei. Im weiteren Verlauf des Verfahrens habe aber der Prüfungsausschuß die Fristen erheblich überschritten. Diese Fristen seien als zwischen den Beteiligten geltendes striktes Vertragsrecht anzusehen. Außerdem entspreche das in § 15 Ziff. 4 des Vertrages normierte Prüfungsverfahren nicht den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) über das Vorverfahren. Die Bescheide seien auch deswegen rechtswidrig, weil dem Kläger kein rechtliches Gehör gewährt worden sei. Der Berufungsausschuß habe ihm keine Möglichkeit gegeben, sich zu den Beanstandungen zu äußern; er habe ferner die statistischen Unterlagen nur summarisch verwandt. Schließlich hätten die Prüfungsinstanzen trotz der entgegenstehenden Rechtsprechung ihre Entscheidungen noch als Schiedsgutachten im Sinne des bürgerlicher Rechts angesehen.
Mit der Berufung machte die beklagte KV geltend, das SG habe die Fristbestimmungen des § 15 Ziff. 4 EKV verkannt; es handele sich dabei nicht um Ausschluß-, sondern um Ordnungsfristen, die nur einen zügigen Ablauf der Prüfungsarbeiten gewährleisten sollten. Im übrigen habe die KV aus einem Verwaltungsnotstand heraus gehandelt. Sie habe zur termingerechten Abschlags- und Restzahlung ihre gesamte Kraft einsetzen müssen; da die Vertragskassen nach § 11 EKV die Vergütung erst 10 Tage nach Vorlage der geprüften Abrechnungen zu zahlen hätten, habe der Prüfungsausschuß die erste Prüfung im Interesse der Ärzte beschleunigt, um die Honoraransprüche schnell zu befriedigen. Unter diesen Umständen handele der Kläger arglistig, wenn er sich auf Fristversäumnis berufe, zumal er mit seinen Leistungen weit über dem allgemeinen Durchschnitt liege. Die Bescheide seien auch nicht nur summarisch abgefaßt. Soweit es sich um die Aufklärung von Umständen handele, die der einzelnen ärztlichen Praxis eigentümlich seien, treffe den Arzt eine Mitwirkungspflicht. Der Berufungsausschuß habe trotzdem ohne Angaben des Klägers die Eigenheiten seiner Praxis gewürdigt. Aus dem Protokoll in Verbindung mit den Bescheiden ergebe sich eindeutig, daß von einer Vielzahl beanstandeter Einzelfälle auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise zu schließen sei.
Das Landessozialgericht (LSG) wies die Berufung der beklagten KV mit der Maßgabe zurück, daß das Urteil des SG folgende Fassung erhielt: "Der Bescheid des Berufungsausschusses vom 27. Januar 1960 und die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 22. Oktober, 25. November und 16. Dezember 1959 werden aufgehoben." Zur Begründung führte es im wesentlichen aus: Ausgangspunkt der Beurteilung seien die Honorarabrechnungen der einzelnen Quartale. Alle Entscheidungen der KV oder ihrer Prüfungsorgane, die mit unmittelbarer rechtlicher Wirkung für den betroffenen Arzt dessen Rechte und Pflichten regelten, seien als Verwaltungsakte anzusehen. Dazu gehörten nicht nur die ausdrücklich als solche bezeichneten "Prüfungsbescheide", sondern auch die sogenannten ”Honorarabrechnungen"; denn diese regelten mit unmittelbarer rechtlicher Wirkung für den betroffenen Arzt, welches Honorar ihm zustehe, und für die Ersatzkassen, welches Honorar sie an die KV zu zahlen habe. Die Auffassung des VdAK, die Honorarabrechnung sei im Verhältnis zur Ersatzkasse kein Verwaltungsakt, weil ihr gegenüber kein Über- und Unterordnungsverhältnis bestehe, sei rechtsirrig. Zwar seien die KV und die Ersatzkassen rechtlich gleichgeordnete öffentlich-rechtliche Körperschaften. Die Honorarfestsetzung, die ihre Grundlage in dem auf der Mitgliedschaft des Arztes beruhenden öffentlichrechtlichen Unterordnungsverhältnis des Arztes gegenüber der KV finde, wirke sich aber unmittelbar auch für und gegen die Ersatzkasse aus; denn der Prüfungsausschuß stelle damit fest, welche Vergütung die Ersatzkasse für die ärztlichen Leistungen zu entrichten habe. Der VdAK habe mit den von ihm gegen die Quartalsabrechnungen II/58, III/58 und IV/58 erhobenen Beanstandungen keinen Widerspruch im Sinne des § 85 SGG erheben, sondern ein Prüfungsverfahren nach § 15 Ziff. 4 EKV eingeleitet mit dem Ziel, das Honorar des Klägers zu kürzen. Für dieses Prüfungsverfahren sei aber kein Raum mehr, wenn der Verwaltungsakt über die Honorarfestsetzung nach § 77 SGG bindend geworden sei. Die Honorarfestsetzung im Abrechnungsbescheid habe nach dem Sinn und Zweck der Bestimmungen des EKV nur vorläufigen Charakter und stehe unter dem Vorbehalt einer späteren gründlichen Prüfung für den Fall, daß der Vertragsarzt oder die Vertragskasse das Ergebnis der Vorprüfung nach § 15 Ziff. 4 EKV innerhalb der vertraglich bestimmten Frist von drei Monaten ablehne. Diese Ablehnung sei kein Rechtsbehelf im Sinne des SGG und unterliege nicht den Vorschriften des § 84 SGG über Form und Frist des Widerspruchs. Sie sei ein Recht des Arztes und der Ersatzkasse auf Grund der Vertragsnorm des § 15 Ziff. 4 EKV, das die Prüfungsorgane zwinge, ihre erst vorläufige Honorarfestsetzung gründlich zu überprüfen und über den Fortbestand dieses Verwaltungsakts zu entscheiden. § 15 Ziff. 4 EKV sehe für die Ablehnung des ersten Prüfungsergebnisses und für das weitere Prüfungsverfahren eine Reihe von Fristen vor, nach deren Ablauf der Arzt darauf vertrauen könne, daß ihm der in dem Abrechnungsbescheid festgestellte Honoraranspruch endgültig zustehe. Die Fristbestimmungen, hätten den Sinn, ein geordnetes und möglichst zügiges Prüfungsverfahren zu gewährleisten, so daß möglichst bald Gewißheit über die endgültige Höhe der Honorarforderung bestehe. Die Körperschaften müßten die nach dem klaren Wortlaut des § 15 Ziff. 4 EKV swingenden Fristen daher ebenso einhalten wie der Arzt. Die Überschreitung dieser Fristen habe nach § 77 SGG zur Folge, daß die Beteiligten an die Honorarfestsetzung des Abrechnungsbescheides für das betreffende Quartal gebunden seien.
Das LSG legte ferner dar, aus den von der beklagten KV beigebrachten Akten sei nicht ersichtlich, ob die Einwendungen des VdAK innerhalb der Frist von drei Monaten erheben werden seien. Auch die in der mündlichen Verhandlung überreichten Urkunden räumten die sich aus den Akten ergebenden Zweifel nicht aus. Eine Stellungnahme dazu und zu der weiteren Frage, ob die Ersatzkasse vorsorglich die gesamte Honoraranforderung der KV für alle Ärzte ohne Begründung ablehnen dürfe, sei jedoch nicht erforderlich, denn jedenfalls seien unstreitig die weiteren Fristen im Ablauf des Prüfungsverfahrens nach Eingang der Einwendungen des VdAK nicht gewahrt worden. Der Prüfungsausschuß habe nicht nur die Zwischenbesprechung verspätet abgehalten, sondern darüber hinaus weder dem Kläger das Ergebnis innerhalb der vorgeschriebenen Frist von 14 Tagen bekanntgegeben noch die neue Prüfung binnen vier Wochen nach der Zwischenbesprechung durchgeführt (§ 15 Ziff. 4 Abs. 2 EKV). Von den Einwendungen des VdAK gegen den im Abrechnungsbescheid festgesetzten Honoraranspruch habe der Kläger jeweils erst durch die Kürzungen erfahren. In den Akten fehlten schließlich Aufzeichnungen darüber, wann und zwischen welchen Personen die Zwischenbesprechung stattgefunden habe und was zwischen dem Prüfungsausschuß und dem VdAK erörtert Worden sei. Die Angaben in den Kürzungsbescheiden seien in dieser Hinsicht ungenau und vor allem nicht nachweisbar. - Die Beklagte könne sich zur Rechtfertigung der Fristüberschreitungen nicht auf einen Verwaltungsnotstand berufen. Ein starker Arbeitsanfall entbinde sie nicht von der Pflicht, zwingende Vorschriften über den Ablauf des Verfahrens zu beachten. Der behauptete Notstand habe allein im Verantwortungsbereich der Körperschaften gelegen, der einzelne Arzt habe darauf keinen Einfluß gehabt. Die zunächst nur vorläufigen Abrechnungsbescheide seien daher unwiderruflich und für die Beteiligten in der Sache bindend geworden. Die Kürzungsbescheide sowie der Beschluß des Berufungsausschusses seien deshalb rechtswidrig, so daß die beklagte KV dem Kläger die für die Quartale II/58, III/58 und IV/58 in den Abrechnungsbescheiden bindend festgesetzten Honorare auszuzahlen habe.
Die Revision wurde zugelassen.
Gegen dieses Urteil haben die beklagte KV und der VdAK Revision eingelegt mit dem Antrag,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie wenden sich gegen die Rechtsauffassung des LSG, daß die dem Kläger erteilten "vorläufigen Abrechnungsbescheide" wegen Nichteinhaltung der Fristen des § 15 Ziff. 4 EKV bindend geworden seien. Nach ihrer Meinung handelt es sich bei den von den Prüfungsinstanzen nicht eingehaltenen Fristen um keine Ausschlußfristen, sondern um Ordnungsfristen, deren Überschreitung nicht zur Bindung an den ursprünglichen "Honorarvorschlag" des Prüfungsausschusses führen könne.
Die beigeladene Barmer Ersatzkasse ist den Rechtsausführungen in den Revisionsbegründungen beigetreten.
Der Kläger hat beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die in § 15 Ziff. 4 EKV vertraglich festgelegten Fristen dienten dem Vertrauensschutz der Ärzte und seien im Interesse der Rechtssicherheit unbedingt einzuhalten.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegten Revisionen der beklagten KV und des beigeladenen VdAK sind begründet.
1. Das LSG hat die Berufung der KV zu Recht als zulässig angesehen. Streitig ist die Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungen, die die Prüfungsinstanz der beklagten KV an mehreren Vierteljahresabrechnungen des Klägers (II/, III/ u. IV/58) vorgenommen haben. Die angefochtenen Bescheide betreffen "Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen" im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG (BSG 11, 102, 108). Der vorliegende Rechtsstreit beschränkt sich aber nicht auf Leistungen für einen Zeitraum bis zu drei Monaten, der Kläger erstrebt vielmehr die Aufhebung des Bescheides des Beschwerdeausschusses vom 27. Januar 1960 und der von ihm bestätigten Bescheide des Prüfungsausschusses vom 22. Oktober, 25. November und 16. Dezember 1959, die sich auf die Honorarforderungen für einen Zeitraum von insgesamt drei Vierteljahren beziehen (vgl. Beschluß des erkennenden Senats vom 26. März 1962 - 6 RKa 9/61 - und Urteil vom heutigen Tage in der Sache 6 RKa 8/61). Die Berufung war daher nach § 143 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft.
2. In sachlicher Hinsicht kann der Rechtsauffassung des LSG, durch die Nichteinhaltung der in § 15 Ziff. 4 EKV festgelegten Fristen (Durchführung der Zwischenbesprechung, nochmalige Entscheidung des Prüfungsausschusses und Entscheidung des Berufungsausschusses) seien die "vorläufigen Bescheide" des Prüfungsausschusses bindend geworden, nicht gefolgt werden.
Der am 12. Mai 1950 zwischen dem VdAK und der früheren Arbeitsgemeinschaft der Kassenärztlichen Vereinigungen des Bundesgebietes (jetzt Kassenärztliche Bundesvereinigung) geschlossenen Vertrag ist öffentlich-rechtlicher Natur, er betrifft die öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Ersatzkassen zur ärztlichen Versorgung ihrer Mitglieder (vgl. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 507 der Reichsversicherungsordnung - RVO - Anm. 4 a). Der Vertrag regelt auch Rechtsbeziehungen zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts; die KVen sind nach § 368 k Abs. 3 RVO Körperschaften des öffentlichen Rechts, während der öffentlich-rechtliche Status der Ersatzkassen auf Art. 1 der Fünfzehnten Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung vom 1. April 1937 (RGBl I 439) beruht.
Die ärztliche Versorgung der Versicherten der Ersatzkassen und ihrer Familienangehörigen wird nach § 2 Ziff. 1. EKV durch Vertragsärzte durchgeführt, die von der KV an der Ersatzkassenpraxis beteiligt werden und die, wie der Senat in BSG 11, 1 und 102 näher dargelegt hat, nicht als gleichgeordnete Vertragspartner der KV, sondern als ihr hoheitlich unterstehende Verbandsmitglieder tätig sind. Deshalb sind - wie auch das LSG zutreffend angenommen hat - nicht nur die Beschlüsse der KV über die Begründung des Beteiligungsverhältnisses Verwaltungsakte, sondern auch die Entscheidungen, die im Rahmen des bestehenden Beteiligungsverhältnisses mit unmittelbarer rechtlicher Wirkung für den beteiligten Arzt dessen Rechte und Pflichten, gegenüber der KV regeln (ESG 11, 102, 108).
Die ambulante vertragsärztliche Tätigkeit wird nach § 8 EKV nach Einzelleistungen auf Grund der für die Ersatzkassenpraxis bearbeiteten E-Adgo vergütet. Die Aufgabe der Prüfungsinstanzen (Prüfungsausschuß und Beschwerdeausschuß) besteht nach § 14 Ziff. 2 EKV darin, die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der für Rechnung der Vertragskassen ausgeführten Tätigkeit jedes Vertragsarztes "nach Herkommen und Gepflogenheit unter Beachtung des Wandels medizinischer Anschauungen" zu beurteilen. Die Entscheidungen, durch die das Honorar des Arztes für seine Tätigkeit festgesetzt wird, regeln den Honoraranspruch des Arztes mit unmittelbarer rechtlicher Wirkung für den Arzt und für die zahlungspflichtige Ersatzkasse. Da die Entscheidungen der Prüfungsinstanzen über die Angemessenheit der Honorarforderung hoheitliche Willensäußerungen der KV über Honoraransprüche für bestimmte ärztliche Leistungen darstellen, handelt es sich, wie der Senat in BSG 11, 102, 109 näher dargelegt hat, - entgegen der Ansicht der Revisionskläger und der beigeladenen Ersatzkasse - nicht um Schiedsgutachten im Sinne der §§ 317 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), sondern um Verwaltungsakte. Dem steht der Umstand, daß die Ersatzkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts der KV gleichgeordnet sind, nicht entgegen; es genügt zur Annahme eines Verwaltungsaktes, daß eine hoheitliche Regelung gegenüber nur einem Betroffenen - hier gegenüber dem Arzt - vorliegt. Auch die nach § 368 n Abs. 4 RVO errichteten Prüfungsausschüsse, die die Wirtschaftlichkeit, der kassenärztlichen Versorgung bei den sogenannten RVO-Kassen zu überwachen haben, erlassen Verwaltungsakte, die die beteiligten Krankenkassen binden, wenn sie von dem ihnen bei Überprüfung der ärztlichen Verordnungsweise zustehenden Widerspruchsrecht keinen Gebrauch machen (vgl. auch BSG 15, 118, 120 ff zur Frage der Bindung der Träger der Rentenversicherung an die nach § 1399 RVO ergangenen Bescheide der Krankenkassen).
3. Schon der Honorarbescheid, den die Abrechnungsstelle der KV dem Vertragsarzt und der Vertragskasse nach § 15 Ziff. 3 EKV zum gleichen Zeitpunkt mitzuteilen hat, ist ein Verwaltungsakt, der sowohl gegenüber dem beteiligten Vertragsarzt als auch gegenüber der beteiligten Ersatzkasse bindend werden kann. Wenn er auch nur auf einer summarischen Prüfung der Rechnungen des Vertragsarztes durch den Prüfungsausschuß beruhen mag, so enthält er doch eine Feststellung des vom Prüfungsausschuß für "angemessen" gehaltenen Honorars. Darunter ist das Honorar zu verstehen, das der Prüfungsausschuß nach rechnerischer und sachlicher Richtigstellung der Rechnungen (§ 15 Ziff. 1 EKV) im Hinblick auf die vom Vertragsarzt zu beachtende wirtschaftliche Behandlungsweise (§ 15 Ziff. 2 EKV) als gerechtfertigt ansieht und mit unmittelbarer rechtlicher Wirkung für den beteiligten Arzt und die beteiligten Ersatzkassen festsetzt (vgl. BSG 11, 102, 109, 114 f). Dieser Honorarbescheid darf nur insofern als "vorläufig" angesehen werden, als er - wie auch andere belastende Verwaltungsakte - nicht endgültig ist, sondern von den Beteiligten angefochten werden kann.
4. Die Durchführung des verwaltungsmäßigen Anfechtungsverfahrens behandelt § 15 Ziff. 4 EKV. Nach dieser Regelung, zu der die Vertragsschließenden kraft ihrer Befugnis zur autonomen Rechtssetzung berechtigt waren (vgl. § 368 n Abs. 1 letzter Satz, Abs. 4 RVO), kann der Bescheid des Prüfungsausschusses innerhalb einer Frist von drei Monaten angefochten ("abgelehnt") werden. Wird der Honorarbescheid ("das Prüfungsergebnis des Prüfungsausschusses") innerhalb dieser Frist von dem Vertragsarzt oder der Vertragskasse nicht angefochten, so ist er für die Beteiligten bindend (er "gilt als angenommen"). Das an die "Ablehnung" sich anschließende Verfahren vor den Prüfungsinstanzen stellt - ebenso wie das in § 363 n Abs. 4 RVO für die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der kassenärztlichen Versorgung vorgeschriebene Verfahren - ein Vorverfahren im Sinne der §§ 79, 80 SGG dar. Der in § 15 Ziff. 4 Satz 3 EKV als "Ablehnung des Prüfungsergebnisses" bezeichnete Rechtsbehelf ist - übertragen auf die für das Vorverfahren geltenden Begriffe des SGG (§§ 77 ff SGG) - ein Widerspruch, der, entsprechend der autonomen Sonderregelung durch die Vertragspartner des EKV, nicht innerhalb eines Monats, sondern innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Mitteilung des Honorarbescheides an die Abrechnungsstelle der KV oder an den Prüfungsausschuß zu richten ist.
Die Frist für den Widerspruch beginnt nach § 66 Abs. 1 SGG nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf und die Verwaltungsstelle, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, sowie über deren Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt; so kann der Rechtsbehelf grundsätzlich noch innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung eingelegt werden (§ 66 Abs. 2 SGG). Der in den Verwaltungsakten der beklagten KV befindliche Vordruck, der sich auf die Abrechnung des Klägers für das 2. Quartal 1958 bezieht, enthält eine unrichtige Belehrung, denn er weist - entgegen der in § 15 Ziff. 4 SKV getroffenen Regelung - den Kläger darauf hin, daß Einsprüche gegen die Abrechnungsergebnisse "innerhalb eines Monats" einzulegen seien. In welcher Weise der Kläger bei Mitteilung der Honorarbescheide über das III. und IV. Quartal 1958 belehrt wurde, ist den Verwaltungsakten der beklagten KV nicht zu entnehmen. Die Belehrung über den Rechtsbehelf ist aber nicht nur dem Vertragsarzt, sondern auch den an der Honorarabrechnung beteiligten Ersatzkassen zu erteilen, in deren Rechte der Honorarbescheid unmittelbar eingreift. Sie allein haben als Schuldner des Honorars neben dem Vertragsarzt das Recht, den sie belastenden Honorarbescheid anzufechten. Dagegen steht dem VdAK dieses Recht im eigenen Namen nicht zu. Das schließt jedoch nicht aus, daß der Verband im Auftrage der von dem Honorarbescheid betroffenen einzelnen Ersatzkassen in dem Verfahren tätig wird. Ob die beklagte KV den an der Honorarfestsetzung beteiligten Ersatzkassen bei Mitteilung der hier in Betracht kommenden Honorarbescheide eine schriftliche Belehrung über den Rechtsbehelf erteilt hat, ist aus den Verwaltungsakten der KV nicht zu ersehen, könnte aber durch Vorlage der den einzelnen Ersatzkassen zugegangenen Honorarbescheide festgestellt werden. Ist die Belehrung - wie es den Anschein hat - unterblieben oder war sie unrichtig, so konnte der Widerspruch noch innerhalb der Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG erhoben werden.
5. Das Berufungsgericht hat darüber, wann die Honorarbescheide über die einzelnen Kalendervierteljahre den Vertragskassen mitgeteilt werden sind, ob und welche Rechtsbelehrung sie enthielten, wann die Widersprüche ("Anträge auf nochmalige Prüfung") bei der beklagter KV eingegangen sind und ob der VdAK ermächtigt war, für die einzelnen Ersatzkassen tätig zu werden, keine Feststellungen getroffen. Es hat auch zu der Frage, ob die Ersatzkasse trotz der in § 15 Ziff. 4 Abs. 1 Satz 3 EKV vorgeschriebenen Begründung die gesamte Honorarforderung der KV für alle Ärzte vorsorglich ohne Begründung ablehnen darf, keine Stellung genommen, weil es davon ausgegangen ist, daß die Honorarbescheide auf jeden Fall wegen Nichteinhaltung der weiteren Fristen des § 13 Ziff. 4 EKV unwiderruflich und nach § 77 SGG für die Beteiligten in der Sache bindend geworden seien.
Das LSG hat jedoch den Charakter dieser Fristen verkannt und deshalb ans ihrer Nichteinhaltung unrichtige Folgerungen gezogen. Es handelt sich nicht um Fristen für die Einlegung eines Rechtsbehelfs, deren Nichteinhaltung den Verlust des Rechtsbehelfs zur Folge hat, sondern um das Verwaltungsverfahren regelnde Ordnungsfristen (vgl. Wolff, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. § 37 III). Die Fristen, die für die Durchführung der sogenannten Zwischenbesprechung, die Bekanntgabe des Ergebnisses dieser Zwischenbesprechung, die nochmalige Entscheidung des Prüfungsausschusses - sie entspricht der "Abhilfe" i.S. des § 85 Abs. 1 SGG und stellt keinen Widerspruchsbescheid i.S. des § 85 Abs. 2 SGG dar - und die Entscheidung des Beschwerdeausschusses gelten, sind keine Fristen, die die vom Verwaltungsverfahren Betroffenen, nämlich der Vertragsarzt und die Ersatzkassen, zur Vermeidung von Rechtsnachteilen einzuhalten haben; diese wären dazu auch nicht in der Lage, da die Gestaltung des Verwaltungsverfahrens nicht in ihren Händen liegt, sie haben bei ungebührlicher Verzögerung des Verwaltungsverfahrens nur die Möglichkeit der Untätigkeitsklage (§ 88 Abs. 2 SGG), um auf den Gang des Verfahrens einzuwirken. Die genannten Fristen gelten allein für die mit der Durchführung des Prüfungsverfahrens betrauten Stellen. Die von dem Verwaltungsverfahren betroffenen Beteiligten gehen daher nicht des von ihnen eingelegten Rechtsbehelfs verlustig, wenn die Verwaltung das Verfahren nicht innerhalb der dafür vorgesehenen Fristen durchführt. Die Nichteinhaltung der in § 15 Ziff. 4 EKV für das weitere Prüfungsverfahren bestimmten Fristen durch die Prüfungsinstanzen der beklagten KV, die auf Anlaufschwierigkeiten nach Wiederzulassung der Ersatzkassen in Berlin im Jahre 1958 zurückzuführen sein mag, hat daher nicht zur Folge, daß der von einem der Beteiligten rechtswirksam angefochtene Honorarbescheid nach § 77 SGG binden geworden ist. Eine solche Bindung kann auch nicht aus dem Rechtsinstitut der Verwirkung hergeleitet werden, die eine längere Untätigkeit des Berechtigten voraussetzt (vgl. BSG 7, 199), bei verzögertem Ablauf eines von dem Berechtigten fristgemäß eingeleiteten Prüfungsverfahrens aber nicht in Betracht kommt.
6. Da somit das LSG die Honorarbescheide aus den von ihm angeführten Gründen nicht als bindend ansehen durfte und die bisherigen Feststellungen nicht ergeben, daß die Bescheide mangels rechtswirksamer Anfechtung durch die betroffenen Ersatzkassen bindend geworden sind, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die noch nicht entscheidungsreife Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ergibt die nunmehr von dem LSG vorzunehmende Prüfung, daß der VdAK die Prüfungsbescheide im Auftrage der betroffenen Ersatzkassen - die zum Verfahren beizuladen sind - rechtswirksam angefochten hat, so beständen gegen die Durchführung der in § 15 Ziff. 4 EKV vorgesehenen Zwischenbesprechung grundsätzlich keine Bedenken. Dem Kläger hätte jedoch nach dieser Vertragsbestimmung das Ergebnis der Zwischenbesprechung mitgeteilt werden müssen, bevor ein neuer - für den Vertragsarzt ungünstigerer - Bescheid des Prüfungsausschusses erging. Dieser Mangel des Verwaltungsverfahrens könnte aber im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuß geheilt sein. Werden dem Arzt vor der Durchführung des Widerspruchsverfahrens - etwa in dem auf Grund der Zwischenbesprechung ergangenen neuen Bescheid des Prüfungsausschusses - die für die Kürzung des Honorars maßgebenden Gründe unter Angabe der Durchschnittswerte vergleichbarer Ärztegruppen mitgeteilt, so wird er regelmäßig in der Lage sein, unter Darlegung der Besonderheiten seiner Praxis seine Rechte vor dem Beschwerdeausschuß zu wahren.
Wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in Sachen 6 RKa 24/59 näher ausgeführt hat, braucht die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise eines Kassenarztes nicht an Hand einzelner Behandlungsfälle geprüft zu werden, wenn die für einzelne Leistungsarten ermittelten durchschnittlichen Honorarforderungen des Kassenarztes in offensichtlichem Mißverhältnis zu den Durchschnittswerten vergleichbarer Ärztegruppen liegen und auch die Besonderheiten der Praxis des Kassenarztes, auf die er hinzuweisen hat, seinen Mehraufwand nicht rechtfertigen. Es bestehen keine Bedenken, diesen Grundsatz auch bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise eines an der Ersatzkassenpraxis beteiligten Arztes anzuwenden, zumal § 15 Ziff. 2 EKV von den gleichen Gesichtspunkten ausgeht.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Urteil des LSG vorbehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 2373458 |
BSGE, 89 |