Leitsatz (amtlich)
Ein Kind, das sich anstelle des gesetzlichen Wehrdienstes für 3 Jahre freiwillig zum Wehrdienst verpflichtet hatte und anschließend weitere 3 Monate freiwilligen Wehrdienst geleistet hat, um die Zeit bis zum nächstmöglichen Beginn seines Studiums zu überbrücken, wird auch über das vollendete 27. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.
Leitsatz (redaktionell)
Bei einer freiwilligen Verpflichtung zu einem Wehrdienst von mehr als drei Jahren besteht eine unwiderlegliche Vermutung, daß ihr Grund nicht vorwiegend in der Wehrpflichterfüllung, sondern im Erreichen eines berufsähnlichen Status liegt. Damit entfällt die Rechtfertigung, diesen Dienst als Verlängerungstatbestand iS von § 2 Abs 3 S 2 Nr 2 BKGG anzuerkennen.
Normenkette
BKGG § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist ein Kindergeldanspruch der Klägerin für ihren Sohn Günther (G.) über dessen vollendetes 27. Lebensjahr hinaus wegen freiwillig geleisteten Wehrdienstes.
Der am 27. September 1952 geborene G. ist der eheliche Sohn der Klägerin, der Witwe eines Richters. Nach dem Abitur verpflichtete er sich ab 1. Juli 1972 zunächst auf drei Jahre als Zeitsoldat. Da er das beabsichtigte Studium nach Ablauf dieser Dienstzeit erst im Oktober 1975 aufnehmen konnte, verpflichtete er sich für drei weitere Monate bis einschließlich 30. September 1975. Seit dem 15. Oktober 1975 studiert er Philologie.
Der Beklagte lehnte es mit Bescheid vom 8. August 1979 ab, der Klägerin Kindergeld über den 30. September 1979 hinaus zu gewähren. Den Widerspruch wies er zurück (Bescheid vom 23. Oktober 1979), weil ein freiwillig geleisteter Wehrdienst nur berücksichtigt werden könne, wenn er drei Jahre nicht übersteige.
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteile des Sozialgerichts -SG- Speyer vom 11. Februar 1980 und des Landessozialgerichts -LSG- Rheinland-Pfalz vom 8. September 1980). Das LSG hat den freiwillig geleisteten Wehrdienst von drei Jahren und drei Monaten als einheitlichen Wehrdienst angesehen, so daß die Dreijahresgrenze des § 2 Abs 3 Satz 2 Nr 2 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) überschritten sei und dieser Wehrdienst deshalb nicht zur Verlängerung der Bezugsberechtigung über das 27. Lebensjahr hinaus geeignet sei.
Mit ihrer von dem LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 2 Abs 3 Satz 2 Nr 2 BKGG und des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG). Es widerspreche dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift des BKGG und verstoße gegen den Gleichheitssatz, wenn ein Kind zwar über das 27. Lebensjahr hinaus berücksichtigt werde, wenn es nach freiwillig geleisteten dreijährigen Wehrdienst die Zeit bis zum frühest möglichen Zeitpunkt der Aufnahme des Studiums mit einer anderen Tätigkeit oder ohne tätig zu werden überbrücke, nicht aber, wenn es in dieser Zeit weiteren freiwilligen Wehrdienst leiste.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und der
ablehnenden Bescheide den Beklagten zu verurteilen,
der Klägerin das Kindergeld für die Dauer des Studiums
ihres Sohnes Günther längstens 24 Monate über das vollendete
27. Lebensjahr hinaus weiter zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten sind damit einverstanden, daß der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Die Urteile des Landessozialgerichts und des Sozialgerichts sowie die angefochtenen Bescheide sind aufzuheben. Der Beklagte ist zu verurteilen, der Klägerin für die Dauer des Studiums ihres Sohnes G. über den 30. September 1979 hinaus längstens bis zum 30. September 1981 Kindergeld zu gewähren. Der Beklagte und die Vorinstanzen haben diesen streitigen Kindergeldanspruch der Klägerin zu Unrecht mit der Begründung verneint, eine Verlängerung der Bezugsdauer über das 27. Lebensjahr des G. hinaus sei ausgeschlossen, weil er mehr als drei Jahre freiwilligen Wehrdienst geleistet habe.
Nach § 2 Abs 2 Nr 1 iVm Abs 3 Satz 1 und Satz 2 Nr 2 BKGG in der hier maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 1975 (BGBl I 412, 413) werden Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nur berücksichtigt, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden und das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Ein Kind, das sich freiwillig für eine Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst, der anstelle des Wehr- oder Zivildienstes geleistet wird, verpflichtet hat, wird jedoch für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum höchstens für 24 Monate über das 27. Lebensjahr hinaus berücksichtigt. Diese seit dem 1. Januar 1975 geltende Fassung änderte in mehrfacher Hinsicht das bis dahin geltende Recht. Zum einen wurde die Bezugsdauer vom 25. auf das 27. Lebensjahr des Kindes verlängert, zum anderen wurden Tatbestände, nach denen Kindergeld auch über das Höchstalter hinaus gewährt wird, neu gefaßt oder neu geschaffen. Während bisher bei einer verzögerten Schul- oder Berufsausbildung durch den gesetzlichen Wehrdienst oder zivilen Ersatzdienst ein Kind auch für einen der Zeit dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt wurde (§ 2 Abs 2 Satz 3 BKGG aF), sind neben diesen bisher einzigen Tatbestand (jetzt § 2 Abs 3 Satz 2 Nr 1) drei weitere Tatbestände getreten, die eine Berücksichtigung über das 27. Lebensjahr hinaus rechtfertigen (§ 2 Abs 3 Satz 2 Nrn 2 bis 4 BKGG). § 2 Abs 3 Satz 2 Nr 2 BKGG fordert nicht mehr eine Verzögerung der Berufsausbildung durch freiwillig geleisteten Wehrdienst (ebenso Nrn 1 und 3 aaO = gesetzlicher Wehrdienst und Dienst als Entwicklungshelfer). Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Dienst und einer Unterbrechung oder einem späteren Beginn der Berufsausbildung ist also nicht mehr erforderlich (anders dagegen in § 2 Abs 3 Satz 2 Nr 4 BKGG = Verzögerung wegen mangelnden Studienplatzes oder Wohnortwechsels). Andererseits verlangt aber Nr 2 aaO ausdrücklich, daß der aufgrund freiwilliger Verpflichtung geleistete Wehrdienst anstelle des (gesetzlichen) Wehrdienstes abgeleistet wird. Diese Erweiterung der Tatbestände erfolgte nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundestagsfraktionen der SPD und FDP (BT-Drucks 7/2032 S 8, 9) in Anlehnung an § 18 Abs 4 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) in der damals geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1971 (BGBl I 1281). Die hier in Betracht kommende Regelung der Verzögerung durch freiwillig geleisteten Wehrdienst war bereits mit dem 2. Besoldungs-Neuregelungsgesetz vom 14. Mai 1969 - 2. BesNG - (BGBl I 365) mit Wirkung ab 1. Januar 1967 eingefügt worden (Art I § 1 Nr 6 b, Art XIV Nr 1, 2. BesNG). Diese Änderung entsprach der ebenfalls vom 1. Januar 1967 in Kraft getretenen entsprechenden Neufassung ua des § 33b des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) durch das 3. NOG-KOV - Art I Nr 29, Art V § 6 - vom 28. Dezember 1966 (BGBl I 750). Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 22. Juli 1969 = RiA 1970, 52) hat diese Änderung des BBesG als Klarstellung beurteilt: Auch ein freiwillig geleisteter Wehrdienst auf Zeit verzögere die Schul- oder Berufsausbildung aus einem Grund, der nicht in der Person des Beamten oder des Kindes liege (§ 18 Abs 4 BBesG in der bis zum 1. Juli 1965 geltenden Fassung); bei einem Zeitsoldaten könne regelmäßig nicht unterstellt werden, daß er diesen Dienst als Hauptberuf iS einer mindestens zunächst beabsichtigten Endgültigkeit dieser Entscheidung ausübe; ein Offiziersbewerber, der sich auf drei Jahre verpflichtet habe, habe damit jedenfalls in der Regel nicht einen Beruf ergriffen; in aller Regel werde ein kurzfristiges Wehrdienstverhältnis auf Zeit nur eingegangen, weil andernfalls die Wehrpflicht nach dem Wehrpflichtgesetz zum Zuge käme und der freiwillig geleistete Wehrdienst auf den Grundwehrdienst anzurechnen sei; es wäre lebensfremd anzunehmen, daß dies nicht der regelmäßige Beweggrund für diesen Wehrdienst auf Zeit sei. Auch das Bundessozialgericht (BSG) hat Ansprüche auf Kinderzuschüsse und Waisenrenten über die Vollendung des 25. Lebensjahres hinaus anerkannt, wenn die Schul- oder Berufsausbildung durch einen anstelle des Grundwehrdienstes geleisteten freiwilligen Wehr- oder Polizeivollzugsdienst unterbrochen oder verzögert worden ist, zu dem das Kind oder die Waise sich nicht für mehr als drei Jahre verpflichtet hatte (SozR 2200 § 1262 Nr 3; § 1267 Nrn 3 und 4), obwohl § 1262 Abs 3 Satz 3 und § 1267 Abs 1 Satz 3 eine Verlängerung der Bezugsdauer über das 25. Lebensjahr hinaus nur bei einer Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung der gesetzlichen Wehr- oder Ersatzdienstpflicht des Kindes zulassen. Im wesentlichen hat es folgende Gründe angeführt: Entsprechend den genannten Regelungen des BBesG (§ 18 Abs 4 Satz 2) und des BVG (§ 33 b Abs 4 Satz 5; § 45 Abs 3 Satz 4) müsse ein freiwillig geleisteter Wehrdienst von nicht mehr als drei Jahren der Erfüllung der gesetzlichen Wehrdienstpflicht gleichgestellt werden. Auch der freiwillig geleistete Wehrdienst könne ebenso wie die Erfüllung des gesetzlichen Wehrdienstes im Interesse der Allgemeinheit liegen, worauf die §§ 1262 Abs 3 Satz 3 und 1267 Abs 1 Satz 3 abstellten. Es müsse deshalb nicht notwendigerweise einen Unterschied machen, ob das Interesse des Staates an der Einbringung von Wehrdienstleistungen durch eine gesetzlich begründete Verpflichtung oder auf der Grundlage eines freiwilligen Entschlusses des Einzelnen verwirklicht werde. Es bestehe zwischen dem Grundwehrdienst und dem Wehrdienst aufgrund freiwilliger Verpflichtung kein qualitativ beachtlicher Unterschied, weil der aufgrund freiwilliger Verpflichtung geleistete Wehrdienst auf den Grundwehrdienst angerechnet werde. Allerdings sei bei einer freiwilligen Wehrdienstleistung der freie Entschluß ebenso in Betracht zu ziehen wie die gesetzliche Verpflichtung zur Ableistung des Grundwehrdienstes. Es wäre verfehlt, von vornherein die gesetzliche Pflicht zur Ableistung von Wehrdienst gegenüber der freiwilligen Verpflichtung lediglich als hypothetische Ursache für die Verzögerung der Unterbrechung der Berufsausbildung anzusehen. Die gesetzliche Wehrpflicht sei möglicherweise für die freiwillig eingegangene Verpflichtung zur Ableistung von Wehrdienst nicht nur als für die rechtliche Würdigung unerheblicher Beweggrund anzusehen. Sie könne die Eigeninitiative nicht nur motivieren, sondern so bedeutungslos machen, daß sie sich nicht mehr als der eigentliche Grund für die Unterbrechung oder Verzögerung der Schulausbildung zu werten sei. Daraus ergebe sich umgekehrt, daß ein freiwilliges Wehrdienstverhältnis vor dem Hintergrund der gesetzlichen Wehrpflicht um so weniger als nur unbedeutende Eigeninitiative gewertet werden könne, je weiter es sich von der zeitlichen Begrenzung des Grundwehrdienstes entferne. Die Begrenzung auf eine freiwillige Verpflichtung von nicht mehr als drei Jahren erscheine dadurch gerechtfertigt, daß mit zunehmender Länge der Dienstverpflichtung das Element der Freiwilligkeit gegenüber der Erfüllung der allgemeinen Staatsbürgerpflicht in den Vordergrund rücke und auch die materiellen Vorteile, die einem Soldaten auf Zeit geboten würden, erheblich mehr ins Gewicht fielen (so auch schon BSGE 35, 55 zu § 45 BVG). Es gehe darum, einen Ausgleich dafür zu finden, daß der Einzelne im Interesse der Allgemeinheit eine staatsbürgerliche Pflicht erfülle, die ohne diesen Ausgleich zu einer Verkürzung zeitlich begrenzter Ansprüche führen könne. Bei Soldaten auf Zeit, die sich für einen längeren Zeitraum verpflichteten, müsse man davon ausgehen, daß sie unabhängig von der gesetzlichen Wehrpflicht den berufsähnlichen Status eines Soldaten erreichen wollten und sich nicht vorwiegend wegen der Wehrpflicht und anstelle des zu leistenden Grundwehrdienstes freiwillig verpflichteten. Da somit die Dauer der Verpflichtung eines Soldaten auf Zeit für die Frage von Bedeutung sei, ob er vorwiegend wegen des Bestehens der gesetzlichen Wehrpflicht oder vorwiegend aus anderen Gründen Wehrdienst leiste, sei es gerechtfertigt, auch in der Rentenversicherung den Dreijahreszeitraum des BBesG und des BVG maßgebend sein zu lassen.
Da § 2 Abs 3 Satz 2 Nr 2 BKGG den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, wie sie bereits im BBesG und im BVG ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden hatten, nachgebildet ist und sich die Zwecksetzung des BKGG insoweit nicht von der der entsprechenden Bestimmungen in diesen Gesetzen unterscheidet, müssen diese Grundsätze auch hier gelten. Der Dreijahreszeitraum der freiwilligen Verpflichtung zum Wehrdienst anstelle des gesetzlichen Wehrdienstes dient auch im BKGG der gesetzlichen Vermutung für die Motivation der Verpflichtung. Bei einer freiwilligen Verpflichtung zur Wehrdienstleistung von mehr als drei Jahren besteht eine unwiderlegliche Vermutung, daß ihr Grund nicht vorwiegend darin liegt, die gesetzliche Wehrpflicht zu erfüllen, sondern einen berufsähnlichen Status zu erreichen, wodurch die Rechtfertigung entfällt, diesen Dienst als Verlängerungstatbestand für den Bezug des Kindergeldes über das allgemeine Höchstalter von 27 Jahren hinaus anzuerkennen .
Der Sohn der Klägerin hatte sich nach dem Abitur für drei Jahre freiwillig zum Wehrdienst verpflichtet. Damit war zunächst der Tatbestand des § 2 Abs 3 Satz 2 Nr 2 BKGG erfüllt. Diese Verpflichtung stand der Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht gleich und hätte dazu geführt, daß er über die Vollendung seines 27. Lebensjahres hinaus für längstens 24 Monate bei fortdauerndem Studium (Berufsausbildung) weiter als Kind der Klägerin hätte berücksichtigt werden müssen. Eine Änderung dieses Sachverhalts ist aber nicht dadurch eingetreten, daß er nach Ablauf dieser drei Jahre noch weitere drei Monate aufgrund einer kurz vorher eingegangenen weiteren Verpflichtung Wehrdienst leistete, nämlich bis zum frühest möglichen Zeitpunkt, zu dem er nach Ablauf des dreijährigen Dienstes sein Studium zum Wintersemester 1979/80 aufnehmen konnte. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, daß es einer weiteren Berücksichtigung ihres Sohnes nicht entgegen gestanden hätte, wenn er seinen Wehrdienst entsprechend seiner ursprünglichen Verpflichtung nach drei Jahren beendet hätte und die Zwischenzeit bis zum Beginn des Wintersemesters in irgendeiner anderen Weise überbrückt hätte. Eine verfassungskonforme Anwendung des § 2 Abs 3 Satz 2 Nr 2 BKGG gebietet es, gemessen an dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes, auch einen freiwilligen Wehrdienst im Anschluß an einen aufgrund freiwilliger Verpflichtung geleisteten Wehrdienst von nicht mehr als drei Jahren als ebenso unschädlich für die weitere Berücksichtigung des Kindes über das 27. Lebensjahr hinaus zu werten wie jede andere Beschäftigung oder Tätigkeit, wenn damit nur die Zeit zwischen dem Ende des dreijährigen Dienstes und dem frühestmöglichen Zeitpunkt überbrückt wird, zu dem die Berufsausbildung begonnen oder fortgesetzt werden kann. Wenn auch § 2 Abs 3 Satz 2 Nr 2 BKGG, anders als etwa die §§ 33 b Abs 4 Satz 4 und 5; 45 Abs 3 Satz 3 und 4 BVG; §§ 1262 Abs 3 Satz 3; 1267 Abs 1 Satz 3 RVO, nicht ausdrücklich eine Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung verlangt, so liegt der sachliche Grund dieser Regelung doch darin, daß die dort genannten Dienste, ebenso wie der gesetzliche Wehrdienst (Nr 1) und die von dem gesetzlichen Wehr- oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer (Nr 3), die Bezugsdauer des Kindergeldes verlängern, weil das Kind eine staatsbürgerliche Verpflichtung erfüllt hat und in dieser Zeit einer Schul- oder Berufsausbildung nicht nachgehen konnte. Es wird also gesetzlich vermutet, daß sich die Schul- oder Berufsausbildung um diese Zeit verlängert. Die Verlängerung der Bezugsdauer ist allerdings auf 24 Monate bemessen, weil nur ein solcher freiwilliger Dienst die Wehrpflicht zum Erlöschen bringt (vgl BT-Drucks 7/2032 S 9). Wird deshalb die Schul- oder Berufsausbildung nicht länger verzögert als durch einen freiwilligen Wehrdienst von nicht mehr als drei Jahren, so ist es nicht gerechtfertigt einen weiteren kurzfristigen freiwilligen Wehrdienst so anzusehen, als ob er aufgrund einer einheitlichen Verpflichtung für eine Zeit von mehr als drei Jahren geleistet worden wäre. Der Beweggrund für die weitere Verpflichtung liegt nicht darin, einen "berufsähnlichen Status" zu erreichen, sondern die Zeit bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Aufnahme oder Fortsetzung der Schul- oder Berufsausbildung zu überbrücken. Dieser (weitere) Wehrdienst steht deshalb der Berücksichtigung des Kindes über sein vollendetes 27. Lebensjahr hinaus ebensowenig entgegen wie jede andere Beschäftigung oder Tätigkeit.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1656988 |
Breith. 1982, 818 |