Leitsatz (amtlich)
Heimatlose Ausländer sind infolge der Gleichstellung mit deutschen Staatsangehörigen durch HAusLG § 18 (Fassung: 1951-04-25 = BGBl I, 251) berechtigt, Alfu im ehemaligen Land Baden gemäß AlfuV BA § 1 Abs 1 Buchst b Fassung: 1949-09-16 = GVBl BA, 441) zu beziehen, wenn sie als Flüchtlinge oder Vertriebene die Voraussetzungen des BVFG § 1 - mit Ausnahme der deutschen Staats- oder Volkszugehörigkeit - erfüllen.
Normenkette
BVFG § 1; HAuslG § 18 Fassung: 1951-04-25; AlfuV BA § 1 Abs. 1 Buchst. b Fassung: 1949-09-16
Tenor
Auf die Revision wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Juni 1957 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Der Kläger, 1901 in Lettland geboren, lebt seit 1944 in Deutschland. Laut Bescheinigung der International Refugee Organization (IRO) vom 22. Juni 1950 stand er unter deren Mandat. Nach einem Reiseausweis vom 18. April 1955, den die Polizeidirektion F "als Ersatz für einen nationalen Reisepaß" ausgestellt hat, ist er heimatloser Ausländer nach dem "Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet" und zum Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtigt. Nach seinen Angaben studierte er von 1949 an Rechtswissenschaft an den Universitäten F und F Zwischenzeitlich - und zwar vom 3. Juli 1950 an - bezog er Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Alfu) zunächst beim Arbeitsamt H, dann G und nach seiner Übersiedlung nach F dort vom 30. Juli bis zum 14. November 1953. Nach seiner Exmatrikulation meldete er sich am 25. Februar 1954 wieder arbeitslos und beantragte am 26. Februar Weitergewährung der Alfu. Mit Bescheid vom 22. März 1954 lehnte das Arbeitsamt sie ab, weil der Kläger nicht zu dem im Lande Baden zur Arbeitslosenfürsorge zugelassenen Personenkreis gehöre. Sein Widerspruch wurde mit Bescheid vom 22. Juli 1954 zurückgewiesen.
II. Mit Urteil vom 16. Februar 1956 wies das Sozialgericht Freiburg seine Klage ab. Er sei nicht als Flüchtling im Sinne des § 1 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 4 der Badischen Landesverordnung über die Arbeitslosenfürsorge (Alfu-VO) vom Badischen Ministerium des Innern (Landesamt für Umsiedlung) anerkannt worden, obwohl ihm vom Gericht genügend Zeit gegeben worden sei, die Anerkennung zu betreiben. Sie sei eine "echte Anspruchsvoraussetzung".
Auf die Berufung des Klägers hob das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 28. Juni 1957 das Urteil des Sozialgerichts auf und verurteilte die Beklagte, "dem Kläger Arbeitslosenfürsorgeunterstützung für die Zeit vom 26. Februar 1954 bis zum Tage der Umstellung und anschließend bis zum 17. Mai 1956 Arbeitslosenhilfe zu gewähren und ihm hierüber einen neuen Bescheid zu erteilen". Da der Kläger sich am 18. Mai 1956 zur Wiederaufnahme seines Studiums beim Arbeitsamt abgemeldet habe, könne der Bescheid der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids nur die Zeit bis zum 17. Mai 1956 umfassen, und zwar hinsichtlich der Alfu bis zum 31. März 1956, der Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit danach. Bis zum 17. Mai 1956 habe sich der Kläger regelmäßig nach § 173 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) beim Arbeitsamt gemeldet. Sein Anspruch sei nach § 1 Abs. 1 Buchst. b der Badischen Landesverordnung begründet. Der Kläger sei allerdings weder Flüchtling in diesem Sinne noch in dem der §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG), dessen Flüchtlingsbegriff nach § 104 BVFG auch den der Badischen Alfu-VO ersetzt habe. Da der Kläger Lette sei, könne das Bundesvertriebenengesetz auf ihn nicht angewandt werden. Seine Rechte seien vielmehr ausschließlich nach dem Ausländergesetz (AuslG) zu beurteilen, das seinem Inhalte nach im wesentlichen mit dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 übereinstimme. Nach § 18 AuslG seien heimatlose Ausländer in der Arbeitslosenfürsorge den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt. Diese Gleichstellung beziehe sich aber "gerade auch auf die nach § 1 Abs. 1 Buchst. b zur Alfu zugelassenen Flüchtlinge". Ob der Kläger Flüchtling sei, beurteile sich nur nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951. Daß er Flüchtling im Sinne dieses Abkommens sei, habe er durch Vorlegung des Ausweises der IRO glaubhaft gemacht. Damit sei er aber auch den deutschen Vertriebenen und Heimatvertriebenen kraft Gesetzes gleichgestellt. Ein solcher heimatloser Ausländer habe im ehemaligen Land Baden Alfu beanspruchen können, sofern er im Inland seinen ständigen Aufenthalt genommen und innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Arbeitslosmeldung die Anwartschaftszeit auf Arbeitslosenunterstützung (Alu) ohne sein Verschulden nicht habe erfüllen können. Diese Voraussetzungen seien beim Kläger gegeben.
Für die Zeit vom 1. April 1956 an habe er auf Grund des Änderungsgesetzes zum AVAVG und der Übergangsvorschriften dazu Alhi erhalten können, da er nach § 141 Abs. 3 Satz 3 AVAVG als heimatloser Ausländer zu dem zugelassenen Personenkreis gehört habe, die sonstigen Voraussetzungen gegeben seien und er beim Inkrafttreten des Änderungsgesetzes Anspruch auf Alfu gehabt habe.
Revision ist zugelassen worden.
III. Gegen das am 15. August 1957 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11. September Revision eingelegt und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen. Sie hat die Revision am 9. Oktober 1957 begründet und Verstöße gegen § 1 der Bad. Landesverordnung, Art. I §§ 141, 141 a und Art. II § 1 des Änderungsgesetzes vom 16. April 1956 sowie § 18 AuslG gerügt. Sie ist der Auffassung, daß die heimatlosen Ausländer durch § 18 AuslG zwar den deutschen Staatsangehörigen, nicht aber den deutschen Flüchtlingen gleichgestellt sind. Anderenfalls würden sie besser gestellt als deutsche Staatsangehörige, denen wegen mangelnder Flüchtlingseigenschaft Alfu nicht gewährt werden könne. Da der Kläger somit beim Inkrafttreten des Änderungsgesetzes keinen Anspruch auf Alfu gehabt habe, hätte er auch Alhi als Übergangsfall nicht beziehen können. Sie hätte ihm aber auch nicht nach § 141 a Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AVAVG gewährt werden können, weil er sein Studium weder abgeschlossen noch endgültig aufgegeben habe.
Vorsorglich hat die Beklagte noch geltend gemacht, das Gericht habe nicht hinreichend geprüft, ob der Kläger wegen seiner mangelnden Kenntnis der deutschen Sprache und seiner Nichteignung für körperliche Arbeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe.
Der Kläger, dem nach Bewilligung des Armenrechts ein Prozeßbevollmächtigter beigeordnet worden ist, hat beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen oder als unbegründet zurückzuweisen. Zunächst sei zu prüfen, ob die Bad. Landesverordnung revisibles Recht sei. Materiell-rechtlich meint er, durch § 18 AuslG werde der heimatlose Ausländer den Deutschen im Sinne des Art. 116 GG völlig gleichgestellt. Werde durch eine gesetzliche Vorschrift nur einer Gruppe deutscher Staatsangehöriger besondere Rechte eingeräumt, so müsse den heimatlosen Ausländern nach der "Meistbegünstigungsklausel" diese Begünstigung auch gewährt werden. "Die normalen, gewöhnlichen Staatsangehörigen besitzen das Meistbegünstigungsrecht nicht. Sie können verschieden behandelt werden." Für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft sei nicht das Bundesvertriebenengesetz maßgebend, da es eine Sonderregelung ausschließlich für die deutschen Staats- oder Volkszugehörigen darstelle, sondern das Abkommen vom 28. Juli 1951. Danach müsse ein heimatloser Ausländer aber auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenfürsorge genau so behandelt werden wie ein Vertriebener oder Heimatvertriebener nach dem Bundesvertriebenengesetz. Somit sei er als Flüchtling im Sinne der Bad. Alfu-VO zu betrachten.
IV. Zur Prüfung der Statthaftigkeit der Revision hatte der Senat zunächst festzustellen, ob die Badische Landesverordnung über die Arbeitslosenfürsorge vom 16. September 1949 (Bad. GVBl. S. 441), auf Grund deren der Kläger Alfu beantragt hat, revisibles Recht enthält. Diese Verordnung ist von der Badischen Landesregierung auf Grund des § 115 AVAVG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 26. Januar 1949 (Bad. GVBl. S. 93) erlassen worden. Das Badische AVAVG ist gemäß Art. 74 Nr. 12 GG in Verbindung mit Art. 125 GG partielles Bundesrecht geworden. Die Ermächtigung aus § 115 AVAVG ist nach Art. 129 Abs. 1 GG der Landesregierung verblieben; sie ist nicht nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes (24. Mai 1949) auf die Bundesregierung übergegangen. Die Landesregierung war deshalb, da der Bund von seinem Recht aus der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis gemäß Art. 72, 74 Nr. 12 GG noch keinen Gebrauch gemacht hatte, berechtigt, die Alfu-VO zu erlassen, und zwar als Landesrecht, nicht wie das Landessozialgericht meint, als partielles Bundesrecht.
§ 115 AVAVG ermächtigte die Landesregierung zu bestimmen, daß abweichend von den Vorschriften der §§ 95 bis 99, 105 bis 107 Alu als Arbeitslosenfürsorge aus Landesmitteln gewährt wird. Arbeitslosenfürsorge durften danach nur Arbeitslose erhalten, die arbeitsfähig, arbeitswillig, aber unfreiwillig arbeitslos und bedürftig waren, sich beim Arbeitsamt als arbeitssuchend meldeten und entweder a) die Anwartschaft nach § 95 nicht erfüllt oder b) den Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung nach § 99 erschöpft hatten.
Die Bad. Landesregierung hat von dieser Ermächtigung nicht in vollem Umfang Gebrauch gemacht, sondern, soweit es sich nicht um Personen handelte, welche die sogenannte Aussteuerungs-Alfu nach Buchst. b erhalten konnten, den Kreis der Bezugsberechtigten eingeschränkt auf Heimkehrer oder Flüchtlinge und auf Arbeitslose, die nur deshalb die Anwartschaftszeit auf Alu nicht erfüllen konnten, weil ihre Beschäftigung als Arbeitnehmer nach den §§ 69 bis 75 d und 80 AVAVG versicherungsfrei war. Eine solche Einschränkung liegt im Rahmen des Ermessens nach § 115 AVAVG.
Soweit es sich um den hier in Frage kommenden Personenkreis der Flüchtlinge handelt, war die Bad. Alfu-VO mit der außerhalb des Bezirks des Landessozialgerichts Baden-Württemberg geltenden Bayer. Verordnung über die Arbeitslosenfürsorge vom 24. November 1948 in der Fassung vom 30. Mai 1949 (Bayer. GVBl. 1949 S. 25, 172) im wesentlichen inhaltsgleich. Damit enthält aber die Bad. Alfu-VO insoweit nach § 162 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) revisibles Recht.
Die Revision war demnach statthaft.
V. Flüchtling im Sinne der Bad. Alfu-VO war nach § 1 Abs. 4 nur, wer vom Badischen Ministerium des Innern (Landesamt für Umsiedlung) als solcher anerkannt worden war. Näher ist der Begriff "Flüchtling" dort nicht erläutert worden. Als der Kläger am 26. Februar 1954 die Weitergewährung der Alfu beantragte, galt jedoch schon das Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge - Bundesvertriebenengesetz (BVFG) - vom 19. Mai 1953 (BGBl. I S. 201). Dessen § 104 schreibt vor: "Soweit in sonstigen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften der Vertriebenen- und Flüchtlingsbegriff festgelegt ist oder verwendet wird, treten die Vorschriften des ersten Titels ... an ihre Stelle". Hiernach bestimmte sich demgemäß auch der Flüchtlingsbegriff der Bad. Alfu-VO. Nach den §§ 1 bis 4 BVFG können Vertriebene und Flüchtlinge im Sinne dieses Gesetzes jedoch nur deutsche Staatsangehörige und deutsche Volkszugehörige im Sinne des Art. 116 GG sein, also nicht Ausländer.
Durch das Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25. April 1951 (BGBl. I S. 269 - AuslG -) war jedoch bereits die rechtliche Stellung dieser Gruppe ausländischer Flüchtlinge geregelt worden. Der Entwurf dieses Gesetzes beruhte, wie sich aus seiner Begründung ergibt (vgl. Deutscher Bundestag - 1. Wahlperiode 1949 - Drucksache Nr. 1372 S. 8), auf dem Entwurf eines Unterausschusses des Wirtschafts- und Sozialrats der "Vereinten Nationen" zu einer neuen internationalen Konvention, der dann zu dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 geführt hat. Diesem ist die Bundesrepublik durch Gesetz vom 1. September 1953 (BGBl. II S. 559) beigetreten.
Als "Vorgriff" auf dieses Abkommen ist das Ausländergesetz anzusehen. Es hat den Konventionsentwurf nicht nur grundsätzlich als Mindestmaß betrachtet, sondern ist zum Teil darüber hinausgegangen, weil die Bundesregierung "eine erhöhte Verantwortung gegenüber dem Problem der heimatlosen Ausländer" habe und um "eine vorbildliche und die Weiterentwicklung des internationalen Flüchtlingsrechts fördernde Regelung zu treffen". Die Bezeichnung "heimatloser Ausländer" ist gewählt worden, da die Worte "verschleppte Personen und Flüchtlinge" (displaced persons and refugees), wie Art. 10 a des vom Rat der Alliierten Hohen Kommission erlassenen Gesetzes Nr. 23 "über die Rechtsverhältnisse verschleppter Personen und Flüchtlinge" (Amtsbl. der Alliierten Hohen Kommission in Deutschland S. 140) sie bezeichnet, den Tatbestand nicht genau wiedergab und ein einheitlicher Begriff geschaffen werden sollte.
Nach § 1 AuslG ist heimatloser Ausländer ein fremder Staatsangehöriger oder Staatenloser, der
a) nachweist, daß er der Obhut der Internationalen Organisation untersteht, die von den Vereinten Nationen mit der Betreuung verschleppter Personen und Flüchtlinge beauftragt ist, und
b) nicht Deutscher nach Art. 116 GG ist und
c) am 30. Juni 1950 seinen Aufenthalt im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) hatte ....
Dieser Begriff ist für den vorliegenden Fall zu Grunde zu legen. Eine "weitergehende Differenzierung, wie sie der Konventionsentwurf enthält" und wie sie entsprechend im Abkommen vom 28. Juli 1958 enthalten ist (vgl. insbesondere Art. 1 A Nr. 2), wurde in das deutsche Gesetz nicht übernommen.
Die Begriffsbestimmung des § 1 AuslG wird durch das Bundesvertriebenengesetz, das am 5. Juni 1953 in Kraft getreten ist und einen eigenen Begriff für Vertriebene und Flüchtlinge geschaffen hat, nicht berührt. Daß der Kläger die Voraussetzungen des § 1 AuslG erfüllt, kann hier unterstellt werden.
VI. Durch § 18 AuslG sind heimatlose Ausländer in der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenfürsorge den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt. Diese Regelung ist unmittelbar geltendes Recht.
Streitig ist im vorliegenden Fall, wie sie auszulegen ist. Der Kläger meint, er müsse nicht nur den deutschen Staatsangehörigen allgemein gleichgestellt werden, sondern ihm müßten auch die Sonderrechte zustehen, die nur einer Gruppe von Deutschen zugebilligt werden. Die Beklagte dagegen will die heimatlosen Ausländer nur mit den deutschen Staats angehörigen als gleichgestellt ansehen, da die Ausländer andernfalls besser gestellt würden.
Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt (BVerfGE. 1 S. 299 (312)). Wenn durch eine Vorschrift mehrere Gruppen einander gleichgestellt werden, so kann dies nichts anderes bedeuten, als daß sie gleich zu behandeln sind. Die den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellten heimatlosen Ausländer sind auf dem Gebiet der Alfu, das hier allein interessiert, so zu behandeln, als wenn sie Deutsche wären. In diesem Sinne bestimmte auch das oben erwähnte Gesetz Nr. 23 (Besatzungsrecht), das neben dem Ausländergesetz weiter gelten sollte, im Art. 3 ausdrücklich: "Bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ... finden ... Vorschriften auf verschleppte Personen und Flüchtlinge Anwendung, als ob sie deutsche Staatsangehörige wären". Die heimatlosen Ausländer sollen demnach, obwohl oder weil sie die deutsche Staatsangehörigkeit nicht haben, nicht anders, insbesondere nicht schlechter gestellt sein. Anders kann der Wortlaut dieser Vorschrift nicht ausgelegt werden.
Damit ist aber noch nicht die Frage entschieden, ob die Gleichstellung auch bedingt, daß den heimatlosen Ausländern Rechte zugestanden werden sollen, die nur einer bestimmten Gruppe von Deutschen zugebilligt werden, z. B. wie hier die Alfu im ehemaligen Lande Baden den Flüchtlingen. Daß die Bad. Alfu-VO nur deutsche Flüchtlinge erfassen konnte, ergibt sich daraus, daß die Betreuung der ausländischen Flüchtlinge zu dieser Zeit noch nicht den deutschen Behörden, sondern der IRO oblag. Erst am 1. Juli 1950 übernahm die Bundesregierung die nicht umgesiedelten Flüchtlinge von der IRO in ihre Obhut (Amtl. Erklärung im Bundesanzeiger 1950 Nr. 134 S. 1). Zu ihrer Betreuung wurde gerade das Ausländergesetz erlassen. Als der Kläger am 26. Februar 1954 erneut Alfu beantragte, war durch das Bundesvertriebenengesetz eine Sonderregelung für die Vertriebenen und Flüchtlinge deutscher Staats- oder Volkszugehörigkeit geschaffen worden, die ihnen gewisse Begünstigungen dafür gewähren sollte, daß sie wegen ihrer deutschen Staats- oder Volkszugehörigkeit vertrieben worden waren oder hatten fliehen müssen. Im Verhältnis zum Kläger hätte sich diese Regelung dahin auswirken müssen, daß ihm Alfu nicht gewährt werden konnte, weil er nicht deutscher Staats- oder Volkszugehöriger war. Wird aber § 18 AuslG dahin ausgelegt, daß die heimatlosen Ausländer trotz des Fehlens der deutschen Staatsangehörigkeit nicht anders behandelt werden sollen und dürfen als die Deutschen, so muß daraus die Folgerung gezogen werden, daß die Vorschriften des Bundesvertriebenengesetzes auf ihn ebenfalls entsprechend anzuwenden sind.
Dies ergibt sich auch aus dem Sinn der Vorschriften des Ausländergesetzes. Es soll dazu dienen, die von der IRO nicht umgesiedelten heimatlosen Ausländer in die deutsche Volksgemeinschaft einzugliedern und ihnen eine Lebensgrundlage zu schaffen. Dazu müssen ihnen aber auch die entsprechenden Möglichkeiten und Mittel gewährt werden. Diese Auslegung kann allerdings in bestimmten Fällen dazu führen, daß heimatlose Ausländer besser gestellt werden als deutsche Staats- oder Volkszugehörige. So sind beispielsweise Sowjetzonenflüchtlinge, die als solche nicht anerkannt worden sind, von den Vergünstigungen des Bundesvertriebenengesetzes ausgeschlossen (vgl. dazu Urt. des erkennenden Senats vom 30.10.1956 - BSG. 4 S. 108 -). Aber dies mußte mit Rücksicht auf Wortlaut und Sinn des § 18 AuslG auf die Entscheidung des Senats ohne Einfluß bleiben und würde nur zur Zuständigkeit des Gesetzgebers gehören.
Aus alledem ergibt sich, daß heimatlose Ausländer grundsätzlich so zu behandeln sind wie Deutsche im Sinne des Art. 116 GG und daß demgemäß auch die Vorschriften des Bundesvertriebenengesetzes und hier weiter die der Bad. Alfu-VO anzuwenden sind.
VII. Inwieweit sie jedoch im Einzelnen auf den Kläger zutreffen, konnte der Senat nicht abschließend entscheiden, da es hierzu weiterer Ermittlungen bedarf. Bisher hat der Kläger nur den Ausweis der IRO in beglaubigter Abschrift vorgelegt. Es ist aber nicht festgestellt worden, wie und aus welchen Gründen der Kläger ins deutsche Staatsgebiet gekommen ist. Inwieweit etwa bei Ausstellung des Ausweises durch die IRO hierfür Unterlagen oder sonstige Beweismittel beigebracht worden sind, aus denen Näheres zu ersehen wäre, ist vom Landessozialgericht nicht geprüft worden. Das wäre jedoch von ausschlaggebender Bedeutung; denn nach § 1 BVFG ist Voraussetzung für die Anerkennung als Vertriebener, daß jemand seinen Wohnsitz ... im Zusammenhang mit den Ereignissen des zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, insbesondere durch Ausweisung oder Flucht, verloren hat. Daß dieser Vertreibungstatbestand beim Kläger gegeben ist, ist bisher ohne Prüfung angenommen worden. Diese müßte deshalb nachgeholt werden. § 2 BVFG hat dagegen für ihn jedenfalls hinsichtlich der Gewährung der Alfu keine Bedeutung, weil sie gegenüber § 1 die speziellere Vorschrift ist, im übrigen aber von dem gleichen Vertreibungstatbestand wie § 1 ausgeht und dieser allein die Grundlage für sein Begehren ist. Ebensowenig sind die §§ 3 und 4 ff. anwendbar, sie beziehen sich nur auf Sowjetzonenflüchtlinge und ihnen Gleichgestellte.
VIII. Da die Gewährung der Alfu und anschließend der Alhi von weiteren sachlichen Feststellungen abhängt, diese aber vom Bundessozialgericht nicht durchgeführt werden dürfen, mußte das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen