Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansprüche auf Unterlassung der Überlassung von Hilfsmitteln. Rechtsweg

 

Orientierungssatz

Dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes wird folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Ist für Rechtsstreitigkeiten zwischen Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung einerseits und Leistungserbringern oder ihren Verbänden andererseits über die Zulässigkeit der kostenlosen Überlassung von Hilfsmitteln durch Träger der gesetzlichen Krankenversicherung an ihre Mitglieder der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben?

 

Normenkette

SGG § 51 Abs 1; RVO § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst b; UWG § 1

 

Tatbestand

Die klagende Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) versorgt die bei ihr Versicherten mit neuen Rollstühlen, Unterarmstützen, Bettnässergeräten und anderen Heil- und Hilfsmitteln in der Weise, daß diese auf Verordnung eines Kassenarztes durch die ortsansässigen oder benachbarten Mitglieder des Beklagten (Lieferanten) auf Rechnung der Klägerin geliefert werden. Wenn diese Geräte nicht mehr gebraucht und der Klägerin zurückgegeben werden, stellt sie die Geräte auf Verlangen anderen Versicherten zur Verfügung. Dabei bedient sie sich nicht der Hilfe der Lieferanten, sondern gibt die Hilfsmittel durch eigene Bedienstete - zum Teil in von ihr geführten Sozialstationen - ab. Nach ihren Angaben hat die Klägerin im Geschäftsjahr 1982 11 Fahrstühle erneut zur Verfügung gestellt; 25 neue Gehstützen wurden insgesamt 64 Mal, 3 Bettnässergeräte 9 Mal, Krankenbetten 14 Mal und Toilettenstühle 17 Mal ausgeliehen.

Der Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 24. Februar 1983 auf, die Abgabe von Heil- und Hilfsmitteln sowie von Geräten zur Krankenpflege aufzugeben und dies schriftlich bis zum 15. März 1983 zu bestätigen. Sie berief sich dabei auf die Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 18. Dezember 1981 - I ZR 34/80 und I ZR 116/80 -. Mit ihrer Klage hat die Klägerin beantragt,

festzustellen, daß sie berechtigt sei, Heil- und Hilfsmittel

sowie Geräte zur Krankenpflege im Wege der Selbstabgabe an

ihre Versicherten zu gewähren.

Das Sozialgericht (SG) hat dieser Klage stattgegeben. Es hat den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bejaht, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in einer Angelegenheit der Sozialversicherung iS von § 51 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) handele. Unterlassungsansprüche gegenüber einem Träger der sozialen Krankenversicherung seien wegen der öffentlich-rechtlichen Natur dieser Versicherung grundsätzlich nicht zivilrechtliche sondern öffentlich-rechtliche Streitigkeiten. Daran ändere auch nichts, daß der Beklagte sein Unterlassungsbegehren auf die Behauptung stütze, die Klägerin mache seinen Mitgliedern in unlauterer und wettbewerbswidriger Weise unter Verstoß gegen deliktrechtliche Vorschriften des bürgerlichen Rechts und gegen § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Konkurrenz. Ihr Verhältnis zu Konkurrenten, falls ein solches überhaupt bestehe, unterscheide sich entscheidend von dem zwischen privaten Mitbewerbern, auf das das bürgerliche Recht Anwendung finde und das im Streitfall von den Zivilgerichten zu beurteilen sei. Mit dem Verbot der Selbstabgabe würde in die Versorgung der Versicherten und damit in den hoheitlichen Tätigkeitsbereich der Klägerin eingegriffen werden. Deshalb sei eine Beurteilung ihres Verhaltens nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten unzulässig. Maßgebend seien allein die öffentlich-rechtlichen Beziehungen der Kasse zu ihrem Versicherten. Die Klägerin handele in Erfüllung des Sachleistungsanspruchs der Versicherten aus § 182 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und zur Erfüllung der ihr übertragenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben.

Das SG hat die Klage auch in der Sache selbst als begründet erachtet.

Mit seiner, im Einverständnis mit der Klägerin, eingelegten Revision erstrebt der Beklagte die Aufhebung des Urteils des SG und die Abweisung der Klage.

Er hält das SG für unzuständig. Der Rechtsweg sei allein zu den Gerichten der Zivilgerichtsbarkeit, nicht aber zu denen der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Im übrigen sei die Klage unbegründet, weil die Klägerin sich wettbewerbswidrig gegenüber den Mitgliedern des Beklagten verhalte. Aus dem öffentlichen Recht ergebe sich keine Befugnis zum Betreiben von Selbstabgabestellen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS) die im Tenor bezeichnete Rechtsfrage vorgelegt, weil er bei deren Beantwortung von Entscheidungen des BGH abweichen will (§ 2, § 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes).

Der Senat kann über die Zulässigkeit im übrigen und Begründetheit der hier anhängigen Feststellungsklage nicht entscheiden, wenn für diese Klage der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht eröffnet ist.

Der Senat will bei seiner Entscheidung davon ausgehen, daß über Ansprüche auf Unterlassung der Überlassung von Hilfsmitteln durch Träger der gesetzlichen Krankenversicherung auf dem Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 51 Abs 1 SGG zu entscheiden ist.

Bei der kostenlosen Überlassung von Hilfsmitteln an Mitglieder und ihrer Angehörigen werden die Krankenversicherungsträger öffentlich-rechtlich im Rahmen der ihnen vom Gesetz übertragenen Aufgaben tätig und nehmen nicht am privaten Wettbewerb teil.

Daraus folgt, daß das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht unmittelbar, sondern allenfalls entsprechend anzuwenden ist. Selbst wenn das UWG aber anwendbar wäre, würde das Handeln seinen öffentlich-rechtlichen Charakter nicht verlieren.

Der Anspruch auf Unterlassung eines öffentlich-rechtlichen Handelns kann nicht privatrechtlicher Art sein, gleichgültig woraus er hergeleitet wird. Er muß ebenso wie das Handeln selbst dem öffentlichen Recht zugerechnet werden, weil er gegen öffentlich-rechtliches Handeln gerichtet ist.

1. Der BGH hat - in den Entscheidungen des Großen Senats für Zivilsachen vom 22. März 1976 - GSZ 1/75 - (= BGHZ 66, 229 - Studenten-Versicherung -) und GSZ 2/75 (= BGHZ 67, 81 - Auto-Analyzer -) - in den Entscheidungen des 1. Zivilsenats vom 18. Dezember 1981 - I ZR 34/80 (= BGHZ 82, 375 - Brillen-Selbstabgabestellen -) und der Parallelsache I ZR 116/80 sowie im Urteil vom 25. Februar 1982 - I ZR 175/79 (= NJW 1982, 2125 - Kinderbeiträge -) jeweils für auf Wettbewerbsrecht gestützten Unterlassungsansprüche, durch die der öffentlichen Hand (Krankenversicherungsträger oder Kassenärztliche Vereinigung) hoheitliches Handeln (Beitragsgestaltung, Mitgliederrundschreiben, Betreiben von Selbstabgabestellen) untersagt werden sollte, den Rechtsweg zu den Zivilgerichten bejaht.

Nach Ansicht des BGH gehören diese Unterlassungsansprüche ebenso wie das "Wettbewerbsverhältnis" (zwischen öffentlich-rechtlichen Krankenkassen und Unternehmen der privaten Krankenversicherung oder Leistungserbringern sowie zwischen Kassenärzten und dem Betreiber einer Blutanalyse-Anlage), aus dem sie hergeleitet werden, zum bürgerlichen Recht. Er begründet dies damit, daß die Beteiligten, die demselben "Kundenkreis" als gleichberechtigte Anbieter gegenüber träten, nicht in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung zueinander ständen und ihre Beziehungen auch sonst nicht als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren seien. Unter diesen Voraussetzungen sei unerheblich, daß es sich bei den Krankenkassen oder Kassenärztlichen Vereinigungen um Körperschaften des öffentlichen Rechts handele, deren Beziehungen zu ihren Mitgliedern öffentlich-rechtlich ausgestaltet seien. Denn das gegenüber den Mitgliedern als öffentlich-rechtlich zu qualifizierende Handeln sei im Hinblick auf seine privatrechtlichen (wettbewerblichen) Auswirkungen auf die Wettbewerber privatrechtlich zu qualifizieren.

Nicht relevant ist für den BGH ferner, daß seine Entscheidung durch die Untersagung der "Selbstabgabestellen" in den (schlicht-) hoheitlichen Tätigkeitsbereich des öffentlichen Aufgabenträgers eingreift. Der traditionellen Ansicht, das sei den Zivilgerichten verwehrt (vgl die Nachweise in BGHZ 66, 229, 232, 233 - Studenten-Versicherung -), widerspricht er mit unterschiedlicher Begründung. Die Entscheidungen des Großen Senats für Zivilsachen aus dem Jahre 1976 sprechen dem erwähnten Verbot des Eingriffs in den hoheitlichen Tätigkeitsbereich durch Zivilgerichte jede "selbständige Bedeutung" ab und wollen allenfalls der angestrebten Rechtsfolge eine mögliche Indizwirkung für den Rechtscharakter einer Streitsache zubilligen (so BGHZ 66, 229, 233 - Studenten-Versicherung -) oder sehen dieses Verbot noch genereller, als "nicht mehr stichhaltig" an (BGHZ 67, 81, 89 - Auto-Analyzer -). Demgegenüber geht der 1. Senat des BGH in den Brillenabgabestellen-Entscheidungen (vgl BGHZ 82, 375, 384) immerhin noch "an sich" von diesem Grundsatz aus und sieht sich zu seiner Entscheidung durch die von ihm angenommene Gemengelage von bürgerlichem und öffentlichem Recht berechtigt.

2. Demgegenüber ist der Senat der Ansicht, daß es sich bei dem vorliegenden Verfahren, in dem sich die Klägerin gegen einen aus dem Recht des unlauteren Wettbewerbs hergeleiteten Unterlassungsanspruch wendet, um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung handelt, über die nach § 51 Abs 1 SGG die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu entscheiden haben.

a) Dabei ist unbeachtlich, ob die Klägerin oder die Beklagte den geltend gemachten Unterlassungsanspruch als zivilrechtlich oder öffentlich-rechtlich ansehen.

Die Klägerin wendet sich mit ihrem Antrag gegen den von der Beklagten in ihrer Abmahnung geltend gemachten Anspruch. Ihre Klage ist als darauf bezogene leugnende (negative) Feststellungsklage auszulegen; das Rechtsverhältnis, dessen Nichtbestehen festgestellt werden soll, ist eben jener Unterlassungsanspruch.

Dessen Qualifizierung richtet sich jedoch nicht danach, ob ihn die Prozeßbeteiligten (oder ein bestimmter Prozeßbeteiligter) als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich betrachten. Vielmehr ist darauf abzustellen, wie sich der geltend gemachte Anspruch nach dem - als richtig zu unterstellenden - Tatsachenvortrag der klagenden Partei darstellt (der gerade bei einer negativen Feststellungsklage unter Rückgriff auf das Unterlassungsbegehren der Beklagten auszulegen ist); die rechtliche Würdigung ihres Vorbringens obliegt dem Gericht. Deshalb ist es unerheblich, daß die Beklagte ihren geltend gemachten Unterlassungsanspruch, wie aus ihrer Verweisung auf die Urteile des BGH vom 18. Dezember 1981 ersichtlich, auf § 1 UWG stützt. Damit macht sie geltend, daß zwischen der Klägerin und ihr oder ihren Mitgliedern ein Wettbewerbsverhältnis besteht. Ob in der Tat ein solches Wettbewerbsverhältnis besteht und ob aus diesem der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt, ist keine Frage des Rechtswegs oder der sonstigen Zulässigkeit der Klage, sondern ihrer Begründetheit.

b) Nach den vom GmS in seinem Beschluß vom 4. Juni 1974 - GmS- OGB 2/73 (BSGE 37, 292) aufgestellten Grundsätzen gehört der Unterlassungsanspruch, gegen den sich die Klägerin wehrt, dem öffentlichen Recht an.

Danach bestimmt sich die Art einer Streitigkeit - öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich - bei Fehlen einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klaganspruch hergeleitet wird.

Zur Ermittlung der Rechtsnatur des Klaganspruchs ist mit dem GmS entscheidend auch auf dessen  R e c h t s f o l g e  abzuheben (BSGE 37, 292, 294). Im vorliegend zu entscheidenden Fall soll Rechtsfolge des Unterlassungsanspruchs gegen hoheitliche Konkurrenz nicht lediglich die Untersagung bestimmter (unlauterer) Verhaltensweisen beim Wettbewerb sein. Es soll vielmehr die Tätigkeit der - nicht etwa in privatrechtlichen Formen, sondern (schlicht-) hoheitlich handelnden - öffentlichen Hand durch kostenlose Zurverfügungstellung von Hilfsmitteln überhaupt untersagt werden. Dieses Verlangen aber greift in den Kernbereich des Verwaltungshandelns ein. Ein Anspruch auf Unterlassung eines bestimmten allein öffentlich-rechtlichen Handelns kann sich nur aus dem öffentlichen Recht ergeben, selbst wenn zwischen den Beteiligten sonst privatrechtliche Beziehungen bestehen sollten. Die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Lieferanten von Heil- und Hilfsmitteln gehören daher nicht, wie der BGH annimmt und wovon auch das Bundesverfassungsgericht -BVerfG- ausgeht (Beschluß vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 449, 523, 700 und 728 jeweils /82), stets dem bürgerlichen Recht an mit der Folge, daß für sich daraus ergebende Rechtsstreitigkeiten allein der Zivilrechtsweg eröffnet sei (vgl dazu auch den Vorlagebeschluß des 3. Senats des BSG vom 12. März 1985 - 3 RK 33/83 -). Dem BGH könnte allenfalls dann zugestimmt werden, wenn die Krankenversicherungsträger (KrVTr) mit der Überlassung von Hilfsmitteln an ihre Mitglieder fiskalisch tätig würden und damit am privatrechtlichen Geschäftsverkehr teilnähmen. Das ist aber nicht der Fall, denn auch der BGH geht davon aus, daß die Überlassung von Hilfsmitteln an Versicherte als öffentlich-rechtliches (schlicht hoheitliches) Handeln zu qualifizieren ist, weil die KrVTr damit lediglich unmittelbar - ohne Zwischenschaltung eines fiskalischen Hilfsgeschäfts - den öffentlich-rechtlichen Sachleistungsanspruch der Versicherten erfüllen. Daraus folgt, daß die KrVTr nicht im Sinne des § 1 UWG am geschäftlichen, d. h. privatrechtlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs teilnehmen. Öffentlich-rechtliches Handeln kann nicht gleichzeitig privatrechtlichen Charakter haben, und zwar auch dann nicht, wenn es Auswirkungen auf Dritte hat, die an dem öffentlichen Rechtsverhältnis nicht beteiligt sind. Das öffentlich-rechtliche Handeln der KrVTr könnte allenfalls nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen rechtswidrig sein; selbst wenn diese Grundsätze aus dem Zivilrecht abgeleitet würden, könnte die Rechtswidrigkeit kein zivilrechtliches Rechtsverhältnis begründen. Wirkt sich öffentlich-rechtliches Handeln auf Dritte aus, zu denen keine sonstigen öffentlichen Rechtsbeziehungen bestehen, so werden zu ihnen durch die Drittwirkung des öffentlich-rechtlichen Handelns eben öffentliche Rechtsbeziehungen begründet. Ein Anspruch auf Unterlassung eines öffentlich-rechtlichen Handelns setzt dessen Rechtswidrigkeit voraus, die nur aus dem öffentlichen Recht begründet sein kann. Öffentlich-rechtliches Handeln kann nicht einerseits durch das öffentliche Recht erlaubt oder gar geboten und andererseits durch das Zivilrecht verboten sein oder umgekehrt.

Auch die weiteren vom GmS herangezogenen Kriterien sprechen nicht gegen die öffentlich-rechtliche Qualifizierung von Streitigkeiten der hier vorliegenden Art. Denn auch die  V o r a u s s e t z u n g e n  (vgl BSGE 37, 292, 293, 295) des von der Beklagten unter Hinweis auf die Brillenabgabestellen-Urteile des BGH begründeten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs sind weitgehend öffentlich-rechtlich bestimmt. So macht auch der BGH (in BGHZ 82, 375) mit seinen Gliederungspunkten III bis V eingehende öffentlich-rechtliche Ausführungen darüber, ob sich aus der RVO eine Kompetenz zur Errichtung von solchen Abgabestellen herleiten läßt - III -; ob Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) und Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes 1980 für die Frage der Zulässigkeit eines solchen Verfahrens von Bedeutung sind - IV - und ob schließlich weitere Gesichtspunkte, wie die mit der Unterhaltung von Selbstabgabestellen verfolgten Zwecke, rechtserheblich sind - V -. Die Entscheidung vom 25. Februar 1982 - I ZR 175/79 - (aa0) ist nahezu ausschließlich öffentlich-rechtlich begründet, wenn ausgeführt wird, das Verhalten eines Sozialversicherungsträgers sei wettbewerbsrechtlich nicht erlaubt, wenn seine Beitragsgestaltung nach dem für ihn maßgebenden Sozialversicherungsrecht unzulässig sei. Dann kann aber der vom GmS weiterhin herangezogene Gesichtspunkt, welchem S i c h e r u n g s z w e c k  (BSGE 37, 292, 295) die Ansprüche dienen, über deren Rechtsnatur zu entscheiden ist, in dem vorliegenden Fall den Ausschlag hinsichtlich einer zivilrechtlichen Qualifizierung nicht geben. Denn, wenn der Prüfungsschwerpunkt auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts liegt, kann dem vom BGH als Anspruchsnorm herangezogenen § 1 UWG kaum noch eine allein zivilrechtliche Schutzfunktion beigemessen werden.

c) Auch der vom GmS abschließend (BSGE 37, 292, 296) erwähnte Gesichtspunkt der  S a c h n ä h e  spricht für den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit. Denn alle anderen Rechtsstreitigkeiten, die in derartigen Zusammenhängen denkbar sind, sind dem öffentlichen Recht zuzuordnen: - Klagen der Leistungserbringer gegen Krankenkassen auf Unterlassung kostenloser Überlassung aus den zwischen den Beteiligten bestehenden  V e r t r ä g e n  (so zu Recht der 3. Senat des BSG in seinem Vorlagebeschluß vom 12. März 1985 - 3 RK 33/83 - gegen die dort angeführte BGH-Rechtsprechung) - entsprechende Klagen, gestützt auf  A r t  12 A b s  1 GG und die einschlägigen öffentlich-rechtlichen Aufgabennormen der  R V O.

Zwar sind im vorliegenden Zusammenhang ähnlich gelagerte Klagen der  M i t g l i e d e r  gegen die Krankenkassen schwer vorstellbar; bei anderen Fall-Konstellationen (zB dem Rundschreiben-Fall, der der Entscheidung des Großen Senats in BGHZ 67, 81 - Auto-Analyzer - zugrunde lag) ist es jedoch durchaus möglich, daß sich auch die Mitglieder der öffentlich-rechtlichen Körperschaft gegen solche Maßnahmen wenden, die von Dritten als wettbewerbsrechtlich unzulässig angesehen werden: Solche Mitglieder-Streitigkeiten sind aber wiederum problemlos als öffentlich-rechtlich einzuordnen (so auch BGHZ 67, 81, 85).

Entgegen der Auffassung des BGH entspricht es nach wie vor der aus der Sachnähe folgenden Aufgabenzuweisung an die Gerichte der fünf Gerichtsbarkeiten, daß über die Rechtmäßigkeit hoheitlichen Handelns der öffentlichen Hand die allgemeinen oder besonderen Verwaltungsgerichte zu entscheiden haben. Der Grundsatz, daß nur diese Gerichte in hoheitliches Handeln eingreifen dürfen, gilt daher weiterhin. Der Rechtsweg zu den Zivilgerichten bei zivilrechtlichem Handeln öffentlicher Rechtsträger wird dadurch nicht berührt.

Eine Doppel- (oder gar) Mehrspurigkeit des Rechtswegs - wie sie jedenfalls das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in seiner Entscheidung vom 22. Februar 1972 (BVerwGE 39, 329) wohl für möglich hält - in dem Sinne, daß über ein und dasselbe Klagebegehren als Rechtsfolge aus demselben Lebenssachverhalt die Gerichte verschiedener Gerichtszweige unabhängig voneinander zu entscheiden haben, je nachdem aus welchem Rechtsgebiet die Rechtsfolge hergeleitet wird, ist ausgeschlossen (so auch BGHZ 89, 250, 257). Es würde dem Grundsatz der übergreifenden Einheitlichkeit der rechtsprechenden Gewalt, wie sie ua in der Unzulässigkeit weiterer Klagen bei Rechtshängigkeit und der Bindung der Gerichte an Entscheidungen über denselben Streitgegenstand (rechtskräftig entschiedene Sache) zum Ausdruck kommt, widersprechen, wenn über ein und dasselbe Klagebegehren unterschiedliche, gerichtliche Entscheidungen möglich wären.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1657574

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