Verfahrensgang
Hamburgisches OVG (Urteil vom 02.05.1997; Aktenzeichen Bf IV 11/94) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 2. Mai 1997 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angegriffenen Urteil hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Gründe können nicht zur Zulassung der Revision führen.
Die Revision kann nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen werden.
Dieser Zulassungsgrund setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voraus, daß die Rechtssache grundsätzliche, bisher höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen aufwirft, deren im künftigen Revisionsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. bereits BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫). Dies ist nur dann der Fall, wenn die als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte, weil es entscheidungserheblich darauf ankommt. Daran fehlt es hier.
Die mit der Beschwerde aufgeworfenen Fragen, „ob es gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt, den Sozialstationen höhere Entgelte für Leistungen nach § 11 Abs. 3, §§ 69, 70 BSHG zu zahlen als einem privaten Anbieter”, bzw. ob dies „gegen § 26 Abs. 3 GWB verstößt” und „unter welchen Voraussetzungen ggf. eine unterschiedliche Behandlung trotz § 26 Abs. 2 GWB möglich wäre” würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, das die vom Kläger erhobene Feststellungsklage zum Gegenstand hat.
Bei seiner Darlegung, daß der Kläger von der Beklagten nicht verlangen könne, bei der Vergütung von Pflegeleistungen zugunsten von Sozialhilfeempfängern den Sozialstationen gemeinnütziger Leistungsträger gleichgestellt zu werden, hat das Oberverwaltungsgericht auch auf die Regelungen in § 93 Abs. 7 BSHG i.V.m. § 89 SGB XI und auf das Verfahren nach § 85 SGB XI hingewiesen (S. 24 des Berufungsurteils). Dieses Verfahren bildet den Rahmen für den Abschluß von Vereinbarungen auch über die Vergütung der Leistungen von (privat-gewerblichen) ambulanten Pflegediensten (vgl. § 89 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 85 Abs. 3 bis 7 SGB XI). Die Vergütungsvereinbarung ist für jeden Pflegedienst gesondert abzuschließen (§ 89 Abs. 2 Satz 2 SGB XI). Durch den Abschluß von Rahmenvereinbarungen können die Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien näher ausgestaltet werden (vgl. § 89 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 86 Abs. 3 SGB XI). Vertragsparteien der Vergütungsvereinbarung sind der Träger des Pflegedienstes sowie u.a. der für den Sitz des Pflegedienstes zuständige (örtliche oder überörtliche) Träger der Sozialhilfe (§ 89 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XI in der hier maßgeblichen Fassung des 1. SGB XI-ÄndG vom 14. Juni 1996 – BGBl I S. 830 –). Diese Regelungen erfassen daher auch den Kläger und die Beklagte.
Ihnen hat der Gesetzgeber folglich mit dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs Elftes Buch Pflegeversicherung – SGB XI –, d.h. für die Zeit ab dem 1. Januar 1995 (zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes in bezug auf den Ermessensanspruch eines Trägers der freien Wohlfahrtspflege gegenüber dem Sozialhilfeträger auf Abschluß einer Pflegesatzvereinbarung s. Urteil des Senats vom 30. September 1993 – BVerwG 5 C 41.91 – BVerwGE 94, 202 = Buchholz 436.0 § 93 BSHG Nr. 1), einen in Einzelheiten gehenden rechtlichen Rahmen für die Ausgestaltung ihrer Rechtsbeziehungen insbesondere auch in bezug auf Regelungen einer Leistungsvergütung geschaffen. Auf diesen vom Gesetz gewiesenen Weg vertragsautonomer Gestaltung, der einem Begehren nach gerichtlicher Feststellung des Inhalts oder gar einer Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen dem öffentlichen Träger der Sozialleistung und deren privatem Erbringer vorgeht, muß der Kläger sich auch zur Klärung möglicher Rechtsansprüche gegen die Beklagte in bezug auf die Höhe der Vergütung und der Modalitäten der Abrechnung seiner Leistungen für Sozialhilfeempfänger verweisen lassen.
Was die Rechtslage vor Inkrafttreten der Vorschriften des SGB XI über die Regelungen der Vergütung von Pflegediensten betrifft, steht einem Erfolg der Beschwerde bereits entgegen, daß es sich bei den für die Zeit vor dem 1. Januar 1995 maßgeblichen Regelungen des § 93 BSHG a.F. um ausgelaufenes Recht handelt. Zur Klärung von Rechtsfragen, die ausgelaufenes Recht betreffen, kann eine Revisionszulassung nicht erreicht werden (stRspr).
Die Revision kann auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen werden.
Die Beschwerde hält die Auslegung des Schreibens der Beklagten vom 6. Februar 1990, das nach der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts weder eine Zusicherung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X noch eine verbindliche Zusage darstelle, für „unrichtig” und behauptet, daß das Berufungsgericht „die Auslegung allein anhand des gewechselten Schriftverkehrs vor(genommen habe), ohne über den Inhalt des Gesprächs vom 08.01.90 … Beweis zu erheben”. Eine Verletzung allgemeiner Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB), wenn sie denn überhaupt mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden kann (s. dazu Beschluß des Senats vom 14. März 1988 – BVerwG 5 B 7.88 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199), setzt jedoch einen Verstoß gegen die gesetzlichen Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze voraus. Derartiges hat die Beschwerde entgegen den aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO folgenden Begründungserfordernissen aber nicht vorgetragen. Soweit sie der Sache nach zugleich eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO geltend machen will, weil das Berufungsgericht eine vom Kläger für erforderlich gehaltene Beweisaufnahme nicht durchgeführt habe, greift dies schon deshalb nicht durch, weil der – anwaltlich vertretene – Kläger es unterlassen hat, in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen und sich dem Oberverwaltungsgericht auch nicht ohnehin eine entsprechende Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts insbesondere dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei nicht förmlich beantragt (stRspr; s. z.B. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1993 – BVerwG 2 C 14.91 – Buchholz 236.1 § 31 SG Nr. 24).
Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Rothkegel, Dr. Franke
Fundstellen