§ 1 Grundsatz
Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erbringen für Versicherte, die erste gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweisen, welche die ausgeübte Beschäftigung gefährden, medizinische Leistungen zur Sicherung der Erwerbsfähigkeit (Präventionsleistungen) nach § 14 Absatz 1 SGB VI.
Durch eine möglichst frühzeitige Intervention soll das Grundprinzip des Vorrangs der Prävention gemäß § 3 SGB IX im Rahmen der Aufgabenstellung der gesetzlichen Rentenversicherung verwirklicht und der Eintritt von Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten vermieden werden. Die Richtlinie basiert auf dem Teilhabekonzept der ICF. Die Leistungen sollen drohenden Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten vorbeugen und deren Teilhabe am Arbeitsleben sichern.
§ 2 Ziele
(1) Die Präventionsleistungen nach § 14 Absatz 1 SGB VI sind darauf auszurichten, die Beschäftigungsfähigkeit des Versicherten langfristig zu erhalten.
(2) Die Versicherten sollen durch die Leistung die Fähigkeit erwerben, eigenverantwortlich gesundheitsförderliches Verhalten und einen gesunden Lebensstil zu planen und umzusetzen sowie die Anforderungen des Arbeitslebens und des Berufslebens besser bewältigen zu können, um auf diese Weise für den Erhalt ihrer Beschäftigungsfähigkeit zu sorgen.
§ 3 Persönliche Voraussetzungen
(1) Leistungen nach § 1 kommen in Betracht für Beschäftigte, die zwar noch nicht psychisch oder organisch erkrankt sind oder deren psychische oder organpathologische Veränderungen noch keinen Krankheitswert haben, die jedoch nach ärztlicher Feststellung erste gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweisen, die die ausgeübte Beschäftigung gefährden. Diese ersten Störungen können isoliert oder in Wechselwirkung mit Kontextfaktoren auftreten.
(2) Von Absatz 1 werden beispielsweise erfasst:
- beginnende Funktionsstörungen der Bewegungsorgane,
- psychische Beeinträchtigungen,
- beginnende Funktionsstörungen verschiedener Organsysteme,
- Störungen der Atemwege, die zur Chronizität neigen.
Berücksichtigung finden sollten hier auch individuelle verhaltensbedingte Faktoren.
(3) Versicherte mit manifesten Befunden, bei denen bereits umfangreiche therapeutische Leistungen erforderlich sind, scheiden für Leistungen nach dieser Richtlinie aus. Für sie sind erforderlichenfalls medizinische Leistungen zur Rehabilitation nach §§ 15 SGB VI, 26 SGB IX zu veranlassen.
§ 4 Versicherungsrechtliche Voraussetzungen
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Präventionsleistungen sind in § 11 SGB VI geregelt.
§ 5 Inhalte
Die Leistungen nach § 14 Absatz 1 SGB VI sind darauf auszurichten, die Beschäftigungsfähigkeit des Versicherten im Hinblick auf die derzeitig von ihm ausgeübte Beschäftigung langfristig zu erhalten. Die Leistungen umfassen allgemeine und spezielle, auf die individuelle Gesundheitsgefährdung und den Arbeitsplatz bezogene gesundheitsfördernde Maßnahmen. Dies sind insbesondere:
- ärztliche Behandlung und Betreuung im Rahmen der bewilligten Leistung,
- Vermittlung von aktiven Bewegungsübungen (unter anderem zum Ausdauertraining und Muskelaufbautraining) und deren Auswirkungen auf die Gesundheit,
- Vermittlung von Kenntnissen zu ergonomischen Arbeitsplatzbedingungen Vermittlung von Entspannungstechniken (autogenes Training, progressive Muskelentspannung nach Jacobson) und deren Auswirkungen auf die Gesundheit,
- psychoedukativ-orientierte Gruppengespräche und Einzelgespräche zur Verbesserung der persönlichen Resilienz und zur Stärkung der eigenen Selbstwirksamkeitsüberzeugung,
- Vermittlung von Informationen über gesundheitsbewusste und ausgewogene Ernährung, ihre Bedeutung sowie ihre Auswirkungen auf die Gesundheit,
- Vermittlung von Informationen über die gesundheitsschädigende Wirkung und die langfristigen Folgen von Genussmittelmissbrauch, Substanzmissbrauch und Medikamentenmissbrauch.
§ 6 Art der Durchführung
(1) Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bestimmen im Einzelfall Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen sowie die Einrichtung. Die Leistungen werden in von der Rentenversicherung für die Prävention zugelassenen Einrichtungen durchgeführt.
(2) Die Präventionsleistungen der Rentenversicherung sind im Regelfall als Gruppenleistungen konzipiert und werden grundsätzlich in modularisierter Form, und zwar beginnend mit einer ganztägig ambulanten oder stationären Initialphase, einer anschließenden berufsbegleitenden Trainingsphase, einer Eigenaktivitätsphase und abschließend mit einem oder mehreren Auffrischungstagen erbracht.
(3) Die Präventionsleistungen können in anderer Form durchgeführt werden, wenn die Teilnahme an einer ambulanten Trainingsphase aus persönlichen oder berufsbedingten Gründen nicht möglich ist oder wenn arbeitsplatznah oder wohnortnah keine entsprechende Einrichtung zur Durchführung der Trainingsphase zur Verfügung steht. Voraussetzung für diese andere Form der Durchführung ist, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistung den im Rahmenkonzept zur Umsetzung von Leistungen zur Prävention und Gesundheitsförderung nach § 14 Absatz 1 SGB VI festgelegten Qualitätskriterien entsprechen.
§ 7 Ergänzende Leistungen
(1) Die Vorschriften über ergänzende Leistun...