[1] Sofern eine Krankenkasse erstmals einen Zusatzbeitrag erhebt oder ihren Zusatzbeitragssatz erhöht, kann die Mitgliedschaft ohne Einhaltung der 18-monatigen Bindungsfrist gekündigt werden (§ 175 Absatz 4 Satz 5 SGB V). Veränderungen des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a SGB V begründen hingegen kein Sonderkündigungsrecht. Unbeachtlich für die Anwendung des Sonderkündigungsrechts sind im Übrigen die Regelungen des § 247 Satz 3, § 248 Satz 3 und § 322 SGB V, nach denen sich Veränderungen kassenindividueller Zusatzbeiträge für pflichtversicherte Rentner und bestimmte Bezieher von Versorgungsbezügen mit einer zweimonatigen Verzögerung auswirken (vgl. A VIII 3.2.2.1.2).

[2] Auf das Sonderkündigungsrecht muss die Krankenkasse ihre Mitglieder spätestens einen Monat vor Ablauf des Monats, für den der Zusatzbeitrag erstmals erhoben oder für den der Zusatzbeitragssatz erhöht wird, in einem gesonderten Schreiben hinweisen. In dem Schreiben muss das Mitglied gleichzeitig auf die Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a SGB V und auf die Übersicht des GKV-Spitzenverbandes zu den Zusatzbeitragssätzen aller Krankenkassen nach § 242 Absatz 5 SGB V hingewiesen werden.

[3] Die Kündigung muss bis zum Ablauf des Monats erklärt werden, für den der Zusatzbeitrag erstmals erhoben oder für den der Zusatzbeitragssatz erhöht wird. Der Krankenkassenwechsel vollzieht sich dann mit Ablauf des übernächsten Kalendermonats.

Beispiel

Erstmalige Erhebung des Zusatzbeitrags ab 1.7.2015
Hinweis der Krankenkasse spätestens am 30.6.2015
Die Kündigung muss der Krankenkasse spätestens vorliegen am 31.7.2015
Die Mitgliedschaft endet spätestens am 30.9.2015
Neue Mitgliedschaft ist nachzuweisen bis zum Ende der Kündigungsfrist (spätestens) am 30.9.2015

[2] Das Sonderkündigungsrecht hebt die Bindungswirkung nach § 175 Absatz 4 Satz 1 SGB V auf, löst aber gleichzeitig bei der neu gewählten Krankenkasse eine neue Bindungswirkung aus. Wird das Sonderkündigungsrecht hingegen nicht genutzt, ist dies nicht mit einer passiven Ausübung des Wahlrechts gleichzusetzen. Die 18-monatige Bindungsfrist beginnt also nicht erneut, sodass der Betroffene die Mitgliedschaft zu einem späteren Zeitpunkt unter den Voraussetzungen des § 175 Absatz 4 Satz 2 SGB V kündigen kann.

[3] Abweichend vom bisherigen Recht ist auch bei wirksamer Ausübung des Sonderkündigungsrechts der erstmalig erhobene bzw. der erhöhte Zusatzbeitrag bis zum Ende der Mitgliedschaft zu erheben.

[4] Das Sonderkündigungsrecht ist nicht davon abhängig, ob für das einzelne Mitglied zum Zeitpunkt der Erhebung bzw. der Erhöhung des Zusatzbeitrags tatsächliche finanzielle Belastungen entstehen und ob es diese selbst zu tragen hat. Daher besteht ein Sonderkündigungsrecht z. B. auch für beitragsfreie und damit von der Erhebung des Zusatzbeitrags ausgenommene Rentenantragsteller.

[5] Nach ausdrücklicher Bestimmung in § 53 Absatz 8 Satz 2 zweiter Halbsatz SGB V gilt das Sonderkündigungsrecht auch für Mitglieder, die einen Wahltarif (§ 53 SGB V) in Anspruch genommen haben, ausgenommen sind die Mitglieder mit einem Wahltarif nach § 53 Absatz 6 SGB V (Krankengeld).

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