A.I.3.3.4.1 Allgemeines

[1] Auf die nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erforderliche Mitgliedszeit wird nach § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB V für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Die Regelung ist am 1.8.2017 in Kraft getreten und gilt mangels einer Übergangs- bzw. Stichtagsregelung auch für die Fälle, in denen der Rentenantrag vor dem 1.8.2017 gestellt wurde und die Vorversicherungszeit bisher nicht erfüllt war. Die Änderung zum 1.8.2017 wirkt sich nicht auf die Vorversicherungszeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 11a SGB V aus.

[2] Die drei Jahre für jedes Kind stellen im Vergleich mit anderen anrechenbaren Mitglieds- und Versicherungszeiten eine gleichwertige anrechenbare Zeit dar. Eine Rangfolge von anrechenbaren Zeiten gibt es nicht. Daraus folgt, dass auch keine Reihenfolge bei der Anrechnung von Zeiten auf die erforderliche Vorversicherungszeit im Verwaltungsverfahren einzuhalten ist. Somit bleibt es der Krankenkasse überlassen, ob sie im Rahmen der Prüfung der Vorversicherungszeit zuerst die "echten" Mitglieds- und Versicherungszeiten zusammenrechnet und dann, falls erforderlich, für jedes zu berücksichtigende Kind drei Jahre addiert oder in umgekehrter Reihenfolge vorgeht.

[3] Die Krankenkasse hat im Rahmen der Prüfung der Vorversicherungszeit von Amts wegen zu prüfen, ob für Kinder jeweils drei Jahre angerechnet werden können. Eines entsprechenden Antrages des Rentenantragstellers bedarf es nicht.

A.I.3.3.4.2 Pauschale Anrechnung von drei Jahren für jedes Kind

[1] Für jedes Kind werden pauschal drei Jahre auf die Vorversicherungszeit angerechnet. Damit kommt es nicht darauf an, ob z. B.

  • das Kind tatsächlich und in welchem zeitlichen Umfang von der betreffenden Person betreut bzw. erzogen worden ist; damit sind auch die Fälle erfasst, bei denen das Kind vor Vollendung des dritten Lebensjahres verstirbt,
  • für die Betreuung bzw. Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit unterbrochen worden ist,
  • eine tatsächliche oder mögliche Zeit der Kinderbetreuung bzw. -erziehung in die 1. oder 2. Hälfte des Erwerbslebens fällt,
  • sich die ersten drei Lebensjahre mehrerer Kinder überschneiden; Entsprechendes gilt für den Erwerb bzw. den Beginn der Rechtsstellung eines Adoptiv-, Stief- oder Pflegekindes,
  • bei angenommenen Kindern (Adoptivkindern), Stiefkindern und Pflegekindern das Eltern-Kind-Verhältnis vor oder nach Vollendung des 18. Lebensjahres begründet worden ist oder
  • wo bzw. in welchem Staat (Inland, Ausland, Abkommenstaaten, Nichtabkommenstaaten) das jeweilige Kind geboren und aufgewachsen ist.

[2] Adoptiv-, Stief und Pflegekinder sind sowohl bei ihren Adoptiv-, Stief- und Pflegeeltern als auch bei ihren leiblichen Eltern zu berücksichtigen; eine derartige Mehrfachberücksichtigung schließt weder das Gesetz noch die Gesetzesbegründung aus.

[3] Die Kindeseigenschaft i.S.d. § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB V ist daher nach den gleichen Grundsätzen zu prüfen wie die Elterneigenschaft i.S.d. Beitragszuschlags für kinderlose Versicherte in der sozialen Pflegeversicherung nach § 55 Abs. 3 SGB XI. Alterseinschränkungen für Adoptiv- und Stiefkinder, wie in § 55 Abs. 3a SGB XI für den Beitragszuschlag vorgesehen, finden jedoch im Zusammenhang mit der Anrechnung von drei Jahren für jedes Kind mangels rechtlicher Grundlage keine Anwendung. Abweichend von der Regelung zum Beitragszuschlag in der Pflegeversicherung nach § 55 Abs. 3 SGB XI ist im Rahmen des § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB V die Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder maßgebend.

[4] Voraussetzung für die Anrechnung von drei Jahren je Kind ist jedoch, dass das Kind spätestens an dem letzten Tag der Rahmenfrist nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V (Tag der Rentenantragstellung) geboren wurde bzw. spätestens an diesem Tag die Rechtsstellung eines Adoptiv, Stief- oder Pflegekindes erlangt hat. Dann sind in jedem Fall pauschal drei Jahre je Kind anzurechnen.

A.I.3.3.4.3 Kreis der berücksichtigungsfähigen Kinder

Nach dem Gesetzestext sind Kinder, Stiefkinder und – mit Verweis auf die Definition in § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I – Pflegekinder im Rahmen der neuen Regelung zu berücksichtigen. Die Gesetzesbegründung verweist darauf, dass Kinder in diesem Sinne leibliche Kinder und ihnen nach § 1754 BGB gleichgestellte Adoptivkinder sind. Die Gesetzesbegründung macht ferner deutlich, dass zur Vermeidung von Mehrfachbegünstigungen die Anrechnung auf die direkt nachfolgende Generation von Kindern begrenzt ist. Damit steht fest, dass Enkelkinder in diesem Sinne nicht berücksichtigt werden können.

A.I.3.3.4.4 Nachweis eines Kindes

[1] Der Nachweis eines Kindes ist grundsätzlich gegenüber der Krankenkasse zu erbringen, es sei denn, der Krankenkasse ist das Kindschaftsverhältnis bereits bekannt (z. B. im Rahmen der Prüfung des Beitragszuschlags für Kinderlose in der Pflegeversicherung oder im Rahmen der Familienversicherung). Darüber hinaus ist es zulässig, dass bereits der Rentenversicherungsträger bzw. die den Rentenantrag aufnehmende Stelle im Zusammenhang mit der Meldung nach § 201 Abs. 1 SGB V die Personenstandsdaten der Kinder bei Vorliegen entsprechender Nachweise gegenüber der Krankenkasse bestätigt.

[2] Für die Art bzw. Form des Nachwei...

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