Entscheidungsstichwort (Thema)

Anhörung. Einberufung. Personalmaßnahme. Schwerbehinderter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vor der Entscheidung über die erneute Berufung eines vorzeitig in den Ruhestand versetzten, schwerbehinderten Beamten ist die Schwerbehindertenvertretung bei der für die Personalmaßnahme zuständigen Dienststelle zu beteiligen.

2. Unterbleibt die Beteiligung vor der Entscheidung, so kann sie nicht mit heilender Wirkung nachgeholt werden.

 

Normenkette

HBG § 54 Abs. 2 S. 1, Abs. 3; SchwbG § 25 Abs. 2, § 50 Abs. 1, 2 S. 2

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte dem Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz gegen den angefochtenen Bescheid, mit dem die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit des im Oktober 1988 in den Ruhestand versetzten Antragsteilers festgestellt und er zur Entgegennahme der Ernennung aufgefordert wurde, nicht versagen dürfen. Der Bescheid erweist sich bei der im Eilverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wegen fehlender Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung als formell rechtswidrig. Der Rechtsbehelf des Antragstellers verspricht somit in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg, zumal die unterbliebene Anhörung im Widerspruchsverfahren nicht mehr nachgeholt werden kann Deshalb kann die mit Bescheid des Regierungspräsidiums Kassel vom 23. Dezember 1992 angeordnete sofortige Vollziehung der Verfügung vom 16. November 1992 nicht im öffentlichen Interesse liegen.

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht in den Gründen seines Beschlusses vom 21. Juni 1993 zunächst in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, daß die mit dem Bescheid vom 16. November 1992 getroffene Feststellung der Dienstfähigkeit des Antragstellers in Verbindung mit seiner erneuten Einberufung in das Beamtenverhältnis im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Hessisches Beamtengesetz (HBG) als Personalmaßnahme einen Verwaltungsakt mit verbindlicher Regelungswirkung für den Antragsteller darstellt (vgl. Beschluß des Senats vom 22. April 1993 - 1 TH 1062/93 –), dessen sofortige Vollziehung der Antragsgegner mit Verfügung vom 23. Dezember 1992 angeordnet hat.

Vor Erlaß dieses Verwaltungsakts hätte jedoch die Schwerbehindertenvertretung unterrichtet und angehört werden müssen. Diese Verpflichtung ergibt sich bereits aus der gesetzlichen Regelung in § 25 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz – SchwbG –) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1988 (BGBl. I S. 1421, berichtigt S. 1550; zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 1991, BGBl. I S. 1310), nach der die Schwerbehindertenvertretung unter anderem in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen Schwerbehinderten berühren, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung zu hören ist. Diese Regelung ist, wie § 50 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 SchwbG zeigt, auch auf schwerbehinderte Beamte anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluß vom 20. Dezember 1990 – BVerwG 2 B 114.90 –; Urteil des Senats vom 11. Juli 1990 – 1 UE 1278/89 –, HessVGRspr. 1991, 33, 36: Beschluß des Senats vom 29. Juli 1993 – 1 TG 345/93 –). Der Antragsgegner hat sein Verwaltungshandeln in Ziffer XI B 7 Satz 1 des Runderlasses des Ministeriums des Innern zur Fürsorge für schwerbehinderte Angehörige des öffentlichen Dienstes vom z. März 1988 (StAnz. 1988, 666) im Sinne der gesetzlichen Regelung gebunden. Der Antragsteller ist Schwerbehinderter im Sinne von § 1 SchwbG; denn er ist durch Bescheid des Versorgungsamts Fulda vom 8. Dezember 1976 als Schwerbehinderter mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 v. H. anerkannt worden. Dieser Umstand war dem Antragsgegner nach dem Inhalt der Personalakte des Antragstellers auch bekannt.

Entgegen der im Beschwerdeverfahren vertretenen Auffassung des Antragsgegners kann es keinem Zweifel unterliegen, daß im Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beamten und der darauf gestützten erneuten Einberufung in das Beamtenverhältnis ein Mitwirkungsrecht der Schwerbehindertenvertretung nach § 25 Abs. 2 Satz 1 SchwbG besteht. Auf die vom Antragsgegner in diesem Zusammenhang geforderte „Betriebsbezogenheit” der Maßnahme kann es schon deshalb nicht ankommen, weil die gebotene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung in erster Linie den durch § 25 Abs. 2 Satz 1 SchwbG geschützten Belangen des schwerbehinderten Beamten dient. Es bedarf keiner näheren Begründung, daß diese Belange im Falle einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis in ähnlich gravierender Weise berührt sind wie im umgekehrten Fall der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand, der in § 50 Abs. 2 SchwbG (vgl. auch Ziffer VII 2 des Erlasses vom z. März 1988, StAnz. 1988, 668) ausdrücklich im Sinne einer Beteiligung sogar der Hauptfürsorgestelle geregelt ist, wobei die Rechte der Schwerbehindertenvertretung nach § 25 Abs. 2 SchwbG unberührt bleiben.

Die Frage einer Beteiligung der Schwerbehindert...

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