Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Übergangsleistung. anerkannte Lärmschwerhörigkeit gem BKV Anl 1 Nr 2301. Gefahr der Verschlimmerung. Beseitigungsmöglichkeit durch Tragen geeigneten Gehörschutzes
Orientierungssatz
Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Übergangsleistung gem § 3 Abs 2 S 1 BKV, wenn die mit der ausgeübten Tätigkeit des Versicherten verbundene Gefahr der Verschlimmerung der nunmehr als Berufskrankheit anerkannten Lärmschwerhörigkeit durch das Tragen geeigneten Gehörschutzes zu beseitigen gewesen wäre.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. April 2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind Übergangsleistungen aufgrund einer anerkannten Berufskrankheit (BK) streitig.
Der 1942 geborene Kläger war in seinem Beruf als Elektromonteur/Elektroinstallateurmeister von 1984 bis 1993 und vom Mai 1994 bis zur Aufgabe seiner Berufstätigkeit im Juli 1996 lärmgefährdet.
Im Rahmen von Ermittlungen zur Klärung des Vorliegens eines als BK anerkennungsfähigen Wirbelsäulenleidens erhielt die Beklagte im März 1997 Kenntnis von einem bei dem Kläger vorliegenden Gehörschaden.
Der von der Beklagten daraufhin beauftragte Sachverständige Dr. D., Oberarzt der HNO-Klinik XH.krankenhaus in Y., führte in seinem Gutachten vom 25. Juni 1998 aus, die im Audiogramm objektivierte Schwerhörigkeit des Klägers sei aufgrund der langjährigen Lärmexposition eindeutig als berufsbedingt einzustufen. Es zeige sich die für einen Lärmschaden typische Hochtoninnenohrschwerhörigkeit. In den niedrigen Frequenzen unter 2 kHz finde sich jedoch ein noch normales Hörvermögen, das Sprachverständnis im Sprachaudiogramm sei recht gut. Erschwerend wirke sich dagegen ein lästiger Tinnitus aus, weshalb die Gesamt-MdE auf 5 v.H. einzuschätzen sei. Unter dem 23. Juli 1998 schloss sich die Landesgewerbeärztin dieser Beurteilung an und wies darauf hin, dass im Falle weiterer Lärmbelastung auf das Tragen eines geeigneten Gehörschutzes zu achten sei und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden müssten. Der Beratungsarzt Dr. E., Facharzt für HNO-Krankheiten, ging in einem Schreiben vom 11. August 1998 davon aus, dass die umschriebene Hörminderung im Hochtonbereich beidseits keine MdE bedinge.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 18. August 1998 eine Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) an und berücksichtigte als Folgen der BK eine knapp geringgradige Hörminderung im Bereich der hohen Frequenzen und einen Tinnitus. Ein Rentenanspruch bestehe aber nicht, da infolge der BK keine MdE von wenigstens 20 v.H. bestehe. Nach Zurückweisung des hiergegen eingelegten Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 1999 wurde der Bescheid vom 18. August 1998 bestandskräftig.
Am 6. April 2001 ging bei der Beklagten ein Antrag auf Gewährung von Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV ein. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. April 2001 mit der Begründung ab, der Kläger sei aufgrund der anerkannten Lärmschwerhörigkeit nicht gezwungen gewesen, seine Tätigkeit zu unterlassen. Die konkrete individuelle Gefahr der Verschlimmerung der BK habe durch persönliche Schutzmaßnahmen, nämlich das Tragen von Gehörschutz, vermieden werden können.
Zur Begründung seines hiergegen am 1. Juni 2001 eingelegten Widerspruchs führte der Kläger aus, er habe auf den Baustellen keine Möglichkeit gehabt, sich der Lärmeinwirkung zu entziehen. Die erforderliche Verständigung mit Mitarbeitern auch in anderen Räumen ohne Sichtkontakt habe durch Zurufen erfolgen müssen, weshalb das Tragen eines Gehörschutzes nicht möglich gewesen wäre. Eine Umschulung sei aufgrund seines Alters nicht mehr möglich gewesen, sodass er seine Tätigkeit im Juli 1996 habe einstellen müssen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2001 zurück. Der Kläger habe nach § 10 Abs. 2 Unfallverhütungsvorschrift “Lärm„ in dem Lärmbereich mit 90 dB(A), in dem er gearbeitet habe, Gehörschutzmittel benutzen müssen. Es gebe Gehörschutz mit verschiedenen Dämmungsstufen, die eine Verständigung möglich machten, und deren Anwendung eine Verschlimmerung der Schwerhörigkeit ausschlössen. Der Kläger sei also wegen der anerkannten Lärmschwerhörigkeit nicht gezwungen gewesen, die Tätigkeit aufzugeben.
Hiergegen hat der Kläger am 30. Oktober 2001 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Sozialgericht) erhoben.
Die Beklagte leitete weitere Ermittlungen ihrer Präventionsabteilung eingeleitet, die zunächst Unterlagen der Firma F. GmbH & Co KG - Geschäftsbereich Lärmschutz - zu Gehörschutz-Otoplastiken vorlegt und anschließend weitere Nachforschungen bei dieser Firma angestellt hat. Hierzu hat sie ein Schreiben der F. GmbH & Co KG vom 29. November 2002 vorgelegt, in dem ausgeführt wurde, dass eine Verständigung ...