Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Einkommensermittlung. selbstständige Tätigkeit. strenges Zuflussprinzip. keine Zwölftelung des Jahreseinkommens. Zuflüsse im Bemessungsmonat. anteilige Berücksichtigung von Steuervorauszahlungen. Berücksichtigung einer im Bemessungszeitraum erhaltenen Steuerrückerstattung. Ungleichbehandlung mit Einkommen aus unselbstständiger Tätigkeit. Verfassungsrecht
Orientierungssatz
1. Für Einkommen aus selbständiger Arbeit verbleibt es im Rahmen der Elterngeldberechnung bei dem strengen Zuflussprinzip, sodass allein der tatsächliche Zufluss des Einkommens maßgeblich ist (vgl BSG vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R = SozR 4-7837 § 2 Nr 14 und vom 29.8.2012 - B 10 EG 18/11 R).
2. Bei der Bestimmung des durchschnittlichen monatlichen Einkommens sind (lediglich) die Einkünfte in den Monaten des Bemessungszeitraums bzw Bezugsmonaten zu berücksichtigen, sodass es nicht auf ein umzulegendes Jahreseinkommen ankommt.
3. In Anwendung des strengen Zuflussprinzips ist im Rahmen der Elterngeldbemessung eine steuerliche Korrektur durch eine Steuerrückerstattung zu berücksichtigen, wenn sie noch innerhalb des Bemessungszeitraums erfolgt und der Erstattungsbetrag entsprechend zugeflossen ist.
4. Bei der Elterngeldbemessung nach § 2 Abs 8 S 4 BEEG kann es nur auf diejenigen Steuervorauszahlungen ankommen, die sich auch auf Zeiträume des Bemessungszeitraums erstrecken.
5. Die unterschiedliche Bestimmung von Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit und aus selbständiger Erwerbstätigkeit begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. Februar 2014 sowie der Bescheid vom 25. April 2014 geändert.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Elterngeld für das Kind C. für die Zeit vom 9. Mai 2010 bis 8. Januar 2011 in Höhe von monatlich 645,91 € endgültig zu bewilligen.
Im Übrigen werden die Berufung zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 25. April 2014 abgewiesen.
II. Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu einem Fünftel zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des für die Zeit vom 9. Mai 2010 bis 8. Januar 2011 (7. bis 14. Lebensmonat) zu zahlenden Elterngeldes nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig. Dabei ist insbesondere die Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit im Bemessungszeitraum streitig.
Der 1972 geborene Kläger und seine 1973 geborene Ehefrau, Dr. D. D.-A., sind Eltern des 2009 geborenen zweiten Kindes C. Sie stellten am 4. Dezember 2009 Antrag auf Elterngeld und bestimmten für die Ehefrau des Klägers als Bezugszeitraum den 1. bis 6. Lebensmonat des Kindes und für den Kläger den 7. bis 14. Lebensmonat. Im Rahmen der Erklärung zum Einkommen gab der Kläger an, vor der Geburt des Kindes als Fotokünstler selbständig erwerbstätig gewesen zu sein. Die Frage, ob die Tätigkeit sowohl in den 12 Kalendermonaten als auch im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes durchgehend ausgeübt worden sei, verneinte der Kläger. Er legte ergänzend u.a. im Hinblick auf seine Einnahmen und Ausgaben betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) für die Monate Oktober bis Dezember 2007, Januar bis März 2008 und Mai bis Oktober 2009, die Abrechnung des Finanzamtes A-Stadt vom 8. September 2009 (Steuererstattung in Höhe von 28.350,00 €), Vorauszahlungsbescheide des Finanzamtes A-Stadt vom 8. September 2009 und 21. Oktober 2009 sowie diverse Beitragsabrechnungen der Künstlersozialkasse vor. Für das am x.. x. 2008 geborene erste Kind E. bezog der Kläger Elterngeld in der Zeit vom 4. April 2008 bis 3. April 2009 in Höhe des Höchstbetrages von monatlich 1.800,00 €.
Durch Bescheid vom 7. April 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger Elterngeld für den 7. bis 14. Lebensmonat des Kindes vom 9. Mai 2010 bis 8. Januar 2011 in Höhe des Sockelbetrages von 300,00 € zuzüglich Geschwisterbonus von 75,00 €, mithin gesamt 375,00 € monatlich. Dabei berücksichtigte der Beklagte ausweislich der Bescheidanlage als Bemessungszeitraum die Monate Oktober 2007 bis März 2008 und Mai bis Oktober 2009 und führte zur Höhe aus, das dem Kläger zustehende Elterngeld belaufe sich angesichts eines durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommens aus selbständiger Tätigkeit im Bemessungszeitraum von 0,00 € (bzw. -14.292,27 €) auf den Mindestbetrag von 300,00 €. Zum Bemessungszeitraum führte der Beklagte aus, gemäß § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG blieben die Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des (jüngeren) Kindes Elterngeld für ein älteres Kind bezogen habe, bei der Bestimmung der 12 für die Einkommensermittlung vor der Geburt des (jüngeren) Kindes zu Grunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Aufgrund des Elterngeldbezugs für das Kind E. verschiebe sich der Bemessungszeitr...