Entscheidungsstichwort (Thema)

Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise des Vertragszahnarztes

 

Orientierungssatz

1. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung vertragszahnärztlicher Leistungen nach § 106 Abs. 2 SGB 5 kann in zulässiger Weise quartalsweise auf der Grundlage von Einzelfällen, repräsentativen Einzelfällen oder Durchschnittswerten erfolgen. Ist eine Prüfung nach den beiden ersten Alternativen unmöglich oder unverhältnismäßig schwierig, so kann nach Durchschnittswerten statistisch vergleichend geprüft werden. Dies gilt insbesondere bei fehlender Mitwirkung des Vertragszahnarztes.

2. Bei der statistischen Vergleichsprüfung wird der Aufwand des geprüften Zahnarztes je Fall mit dem durchschnittlichen Aufwand der Arztgruppe, welcher der Arzt angehört, verglichen. Einen hieraus resultierenden Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit hat der Arzt zu entkräften. Hierzu muss er darlegen, dass bei ihm besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende Umstände vorliegen.

3. Gelingt es dem Vertragszahnarzt nicht, den durch die Feststellung eines offensichtlichen Missverhältnisses erbrachten Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit seines Verhaltens durch die Geltendmachung von Praxisbesonderheiten oder kompensatorischen Minderaufwendungen zu widerlegen, so verbleibt es bei der Honorarberichtigung des Prüfungsausschusses wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 17.11.2010; Aktenzeichen B 6 KA 45/10 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 25. November 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens auch der zweiten Instanz und die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Ziff. 2) bis 6) und 8). Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 57.476,38 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes in den elf Quartalen II/03 bis IV/05 in Höhe von insgesamt 57.476,38 €.

Die 1947 geb. Klägerin ist seit 1980 als Zahnärztin zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. In den elf Quartalen II/03 bis IV/05 ergaben die Abrechnungswerte der Klägerin im Vergleich mit den durchschnittlichen Abrechnungswerten aller hessischen Vertragszahnärzte Mehrkosten je Fall von 46 % bis 113 %.

Nach einem Auswahlverfahren für die Quartale I, II und IV/03 bzw. für das Quartal III/03 auf Antrag der Verbände der Krankenkassen führte der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen - 4. Kammer - eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der Quartale I bis IV/03 durch, einschließlich einer Prüfsitzung, an der die Klägerin teilnahm. Mit Bescheid vom 22. Juni 2005, ausgefertigt am 8. September 2005, setzte der Prüfungsausschuss für die streitbefangenen Quartale II bis IV/03 eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 12.762,35 € fest, die er mit Rücksicht auf die HVM - Einbehalte für das Jahr 2003 auf 12.147,21 € reduzierte. Er kürzte den Gesamtfallwert auf das 1,4-fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe. Im Einzelnen nahm er Honorarreduzierungen (ohne Rücksicht auf die HVM -Einbehalte für das Jahr 2003) für das Quartal II/03 um 2.568,09 €, für das Quartal III/03 um 1.325,36 € und für das Quartal IV/03 um 8.253,76 € vor.

Hiergegen legte die Klägerin am 27. September 2005 Widerspruch ein.

Der Prüfungsausschuss führte ferner für die Quartale I bis IV/04 eine Wirtschaftlichkeitsprüfung mit einer Prüfsitzung durch, an der die Klägerin teilnahm. Mit Bescheid vom 10. Mai 2006 aufgrund der Sitzung am 2. März 2006, ausgefertigt am 20. Juli 2006, sah der Prüfungsausschuss für die streitbefangenen Quartale I bis IV/04 von einer Honorarberichtigung ab. Dazu führte er aus, er habe 23 exemplarisch ausgesuchte Behandlungsfälle besprochen bzgl. der von der Klägerin angesprochenen Besonderheit der Praxis, nämlich die hohe Zahl von Sanierungsfällen im Zusammenhang mit der Betreuung von Suchtkliniken bzw. Reha - Zentren. Es sei in der Tat ein untypischer höherer Behandlungsaufwand festgestellt worden.

Hiergegen legten die beigeladenen Verbände der Krankenkassen am 4. August 2006 Widerspruch ein.

Ferner führte der Prüfungsausschuss für die Quartale I bis IV/05 eine Wirtschaftlichkeitsprüfung mit einer Prüfsitzung durch, an der die Klägerin teilnahm. Mit Bescheid vom 20. Juni 2007, ausgefertigt am 15. August 2007, setzte der Prüfungsausschuss für die streitbefangenen Quartale I bis IV/05 eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 12.845,67 € fest. Er kürzte die Leistungen nach Nr. 13a bis 13d (F1 bis F4) auf den 2,5-fachen Wert der Vergleichsgruppe. Im Bereich der Röntgenleistungen erteilte er Hinweise.

Hiergegen legte die Klägerin am 27. September 2005 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die von ihr dargelegten Praxisbesonderheiten seien nicht diskutiert worden. Sie betreue seit vielen Jahren Einrichtungen in A-Stadt und J., in ...

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