Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Hinterbliebenenrente. gesetzliche Vermutung der Kausalität gem § 63 Abs 2 SGB 7. bindende Feststellung der BK und der hieraus resultierenden MdE. offenkundiges Nichtvorliegen der Kausalität und/oder der MdE-Höhe im Todeszeitpunkt. späterer Nachweis der Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheids
Leitsatz (amtlich)
Im Fall der bindenden Feststellung der BK und der hieraus resultierenden MdE stehen der Tod und die BK nicht in ursächlichem Zusammenhang, wenn die Voraussetzungen für die Feststellung der BK und/oder einer BK-bedingten MdE in Höhe von mindestens 50 vH offensichtlich im Zeitpunkt des Todes nicht (mehr) vorgelegen haben und/oder die Kausalität offensichtlich nicht gegeben ist. Dies ist dann der Fall, wenn dem Unfallversicherungsträger der Nachweis der Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides mit der für den Vollbeweis erforderlichen, an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit gelingt. Für diesen Beweis dürfen die vorhandenen Befunde durch den Unfallversicherungsträger beigezogen, ausgewertet und gutachtlich überprüft werden.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. Oktober 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander in beiden Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Hinterbliebenenrente an die Klägerin.
Der 1941 geborene und 2008 verstorbene Versicherte begann am 9. April 1956 bei der Firma D. in D-Stadt eine Lehre als Landmaschinenschlosser, welche er am 17. November 1956 abbrach. Im Zeitraum von 19. November 1956 bis 27. November 1959 absolvierte der Versicherte eine Schlosserlehre in der Ofenfabrik E. Vom 1. Dezember 1959 bis 4. Juli 1960 war er beim Bundesgrenzschutz tätig. Vom 4. Juli 1960 bis 29. September 1961 war er wieder als Schlosser in der Ofenfabrik E. tätig. Im Zeitraum vom 1. Oktober 1961 bis 30. September 1965 war der Versicherte Zeitsoldat bei der Luftwaffe der Bundeswehr. Im Zeitraum vom 1. Oktober 1965 bis 14. November 1965 war er arbeitslos. Vom 15. November 1965 bis 28. September 1973 war er als Schlosser in der Schraubenfabrik der Firma F. tätig. Vom 1. Oktober 1973 bis 9. Juli 1976 arbeitete er bei der Firma G. in B-Stadt als Schlosser. Im Zeitraum vom 10. Juli 1976 bis 15. August 1976 war er arbeitslos. Vom 16. August 1976 bis 30. März 2002 war der Versicherte bei der Firma H-Werke GmbH & Co. KG in H-Stadt in verschiedenen Bereichen beschäftigt.
Am 8. Februar 2007 beantragte der Versicherte bei der Beklagten die Anerkennung seiner Lungen-, Herz- und Nierenerkrankung als Berufskrankheit (BK). Außerdem beantragte er die Zahlung einer monatlichen Rente ab Feststellung der Erkrankung. Zur Begründung gab er an, in der Zeit von August 1976 bis zu seiner Berentung zum 1. April 2002 bei der H-Werke GmbH & Co KG beschäftigt gewesen zu sein und in der gesamten Zeit seiner Beschäftigung ständig mit Asbeststaub und Mineralfasern zu tun gehabt zu haben. Die seitens der Firma H. geforderten Schutzmaßnahmen habe er stets angewendet und eingehalten. Seit Beginn bzw. Ausbruch der Erkrankung im Jahr 2002 sei er nicht mehr in der Lage, sein Leben selbständig zu gestalten. Die einfachsten Tätigkeiten im täglichen Leben, wie Körperpflege, Aufstehen und zu Bett gehen, An- und Auskleiden, selbständiges Gehen und Stehen, Treppensteigen sowie Verlassen und wieder Aufsuchen der Wohnung seien ihm nicht mehr möglich. Er sei ständig auf Atemunterstützung durch ein Sauerstoffgerät angewiesen. Er sei der festen Überzeugung, dass seine Erkrankungen auf seinen beruflich bedingten Umgang mit asbesthaltigem Staub und Mineralfasern zurückzuführen seien.
Die Beklagte leitete daraufhin Ermittlungen ein. Im Raucherfragebogen gab der Versicherte an, bis vor 25 Jahren bis zu 10 Zigaretten pro Tag geraucht zu haben. Die Beklagte forderte bei den behandelnden Ärzten Befundberichte an und zog Behandlungsberichte, Röntgenbefunde und CT-Befunde bei.
Dr. I. gab in seinem Befundbericht vom 17. Dezember 2007 gegenüber der Beklagten an, der Versicherte habe bis 1992 ca. 40 Zigaretten pro Tag geraucht. Dr. J. gab in seinem Befundbericht vom 30. April 2007 an, der Kläger habe 30 Jahre lang geraucht.
Aus dem Behandlungsbericht des Kreiskrankenhauses Frankenberg vom 15. September 2006 ergeben sich folgende Diagnosen: Chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit hochgradigem Lungenemphysem, Sauerstoff-Langzeittherapie und pulmonaler Hypertonie, Hypertonie mit hypertensiver Herzkrankheit, Niereninsuffizienz und Adipositas.
Auf Befragungen durch die Beklagte gab der letzte Arbeitgeber des Versicherten, die Firma H. Werke GmbH & Co. KG, an, der Kläger sei im Sonderbereich Retouren und in der Schweißerei tätig gewesen. Zu seinen Aufgaben habe die Montage, Demontage und Prüfung von Kesseln und Speichern sowie das Schweißen von Innenkesseln gehört. Asbesthaltiges Material sei nicht be- oder verarbeitet ...