Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückzahlung einer überzahlten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Tod des Leistungsberechtigten. Verfügender iS des § 118 Abs 4 S 1 SGB 6. ererbte Sparkontoinhaberschaft. Überweisung vom Rentenzahlkonto auf das Sparkonto per Dauerauftrag. Bargeldabhebung vom Sparkonto durch den Erben

 

Orientierungssatz

1. Der Verfügende iS des § 118 Abs 4 S 1 SGB 6 muss dem Geldinstitut gegenüber wirksam zu Lasten des Kontos verfügt, also Rechtsgeschäfte vorgenommen (oder zugelassen) haben, die unmittelbar darauf gerichtet waren, auf ein bestehendes Recht einzuwirken, es zu verändern, zu übertragen oder aufzuheben.

2. Für die Haftung für den Erstattungsanspruch reicht die alleinige Verfügungsberechtigung über das Konto nicht aus. Vielmehr muss hinzukommen, dass der Inhaber der Kontovollmacht pflichtwidrig und vorwerfbar das bankübliche Zahlungsgeschäft zugelassen bzw unterlassen hat, es zu unterbinden (vgl BSG vom 10.7.2012 - B 13 R 105/11 R = SozR 4-2600 § 118 Nr 11 sowie LSG Berlin-Potsdam vom 15.11.2018 - L 3 R 716/17).

3. Ein Erbe, der über eine ererbte Kontoinhaberschaft bezogen auf ein Sparkonto eines verstorbenen Rentenbeziehers, auf das Geldleistungen von dem Rentenzahlkonto nach dem Tod des Rentenbeziehers (per Dauerauftrag) transferiert worden sind, verfügt, ist wie ein Geldleistungsempfänger iS des § 118 Abs 4 S 1 Halbs 1 Alt 2 SGB 6 dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet, wenn er nach dem Tod des Rentenbeziehers Barabhebungen vom Sparkonto vorgenommen hat.

4. Zu Unrecht erbrachte Rentenzahlungen können nur von demjenigen Erben zurückgefordert werden, der sie auch erhalten hat (vgl BSG vom 3.4.2014 - B 5 R 25/13 R = SozR 4-2600 § 118 Nr 13 sowie vom 22.4.1987 - 10 RKg 16/85 = SozR 1300 § 50 Nr 16).

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. August 2017 abgeändert: Der Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2010 wird nur insoweit aufgehoben, als er die Klägerin zu einer über den Betrag von 102,26 € hinausgehenden Erstattung verpflichtet.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu acht Neuntel in beiden Instanzen.

IV. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung überzahlter Rentenleistungen in Höhe von 961,68 € streitig.

Die Klägerin ist die Tochter der 1933 geborenen Versicherten E. E. (geb. F.), die von der Beklagten zuletzt Regelaltersrente aus eigener Versicherung und Witwenrente aus der Versicherung des G. E. erhielt. Beide Renten wurden auf das Konto der Versicherten Nr. xxx1 bei der H-Stadter Sparkasse überwiesen.

Ausweislich der aktenkundigen griechischen Sterbeurkunde verstarb die Versicherte am xx. Dezember 2009 in Griechenland, wovon die Beklagte am 4. Januar 2010 telefonisch unterrichtet wurde. Für die Monate Januar bis März 2010 zahlte die Beklagte Rentenleistungen (Altersrente) von insgesamt 1.486,38 € auf das Konto der Versicherten (Zahlungseingänge am 30. Dezember 2009, 29. Januar 2010 und 26. Februar 2010 in Höhe von jeweils 495,46 €). Die Witwenrente für Januar 2010 in Höhe von 519,06 € ging am 30. Dezember 2009 auf dem Konto der Versicherten ein. Auf das entsprechende Rückforderungsersuchen teilte die H-Stadter Sparkasse am 17. März 2010 unter Auflistung der Kontobewegungen in der Zeit vom 30. Dezember 2009 bis 1. März 2010 mit, für eine komplette Rückzahlung reiche das Guthaben nicht aus. Es stehe lediglich ein Betrag in Höhe von 992,12 € zur Verfügung. Diesen Betrag überwies die H-Stadter Sparkasse an die Beklagte zurück. Aus den aufgelisteten Kontobewegungen ergaben sich unter anderem Abhebungen am Geldautomaten mit der Karte der Versicherten in Höhe von 505,00 € am 4. Januar 2010 und 405,00 € am 5. Januar 2010. Im Übrigen teilte die H-Stadter Sparkasse mit, verfügungsberechtigt über das Konto sei die Klägerin. Aufgrund der überzahlten Witwenrente hatte der Renten-Service der Deutschen Post AG bereits im Januar 2010 ein Rückforderungsersuchen an die H-Stadter Sparkasse gerichtet, das diese mit Datum vom 22. Januar 2010 dahingehend beantwortete, die Kontodeckung reiche nicht aus und es könne lediglich ein Betrag von 40,91 € zurückgezahlt werden. Über kontoverfügungsberechtigte Personen machte die H-Stadter Sparkasse keine Angaben.

Mit Schreiben vom 17. Mai 2010 forderte die Beklagte die Klägerin zur Erstattung eines Betrages von 961,68 € auf und teilte mit, die Rente sei bis zum 31. März 2010 gezahlt worden, obwohl diese zum 31. Dezember 2009 hätte wegfallen müssen. An Versichertenrente sei ein Gesamtbetrag von 1.486,38 € geleistet worden. Abzüglich des zurückgeflossenen Betrages von 992,12 € sowie abzüglich der Beitragsanteile zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung in Höhe von 4,20 € und 1,04 € verbleibe ein Betrag von 489,02 €. Die Witwenrente sei für den Monat Ja...

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