Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Berechnung des Bemessungsentgelts. Berechnung des Bemessungszeitraums. Teilung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts im Bemessungsrahmen durch 365 Tage. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Bei der Berechnung des Bemessungsentgelts ist das gesamte im Bemessungszeitraum erzielte beitragspflichtige Arbeitsentgelt durch die tatsächliche Zahl der Kalendertage mit beitragspflichtigem Arbeitsentgelt zu teilen.
Orientierungssatz
Diese Berechnungsweise verletzt nicht Verfassungsrecht.
Normenkette
SGB III Fassung: 2006-04-24 § 131 Abs. 1 S. 1; SGB III Fassung: 2006-04-24 § 130 Abs. 1; SGB III Fassung: 2006-04-24 § 130 Abs. 3; SGB III Fassung: 2006-04-24 § 132 Abs. 2 Nr. 2; SGB III Fassung: 2006-04-24 § 134; SGB III § 151 Abs. 1 S. 1, § 152 Abs. 2 Nr. 2, §§ 154, 339, 341 Abs. 2 S. 3; SGB X § 44
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. April 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Arbeitslosengeldes (Alg) nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB Ill) und hierbei insbesondere um die Höhe des Bemessungsentgeltes (BME).
Der Kläger war von 1. Januar 1991 bis 31. Dezember 2006 in der C-Gruppe und dort zuletzt bei Firma D. Bausysteme GmbH als Prokurist beschäftigt (Bl. 4 ff. der Verwaltungsakte). Das Beschäftigungsverhältnis endete durch Kündigung der Arbeitgeberin vom 30. November 2005 zum 31. Dezember 2006 (Bl. 11 der Verwaltungsakte).
Der Kläger meldete sich bei der Beklagten zum 1. Januar 2007 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg (Bl. 1 der Verwaltungsakte). Im Hinblick darauf, dass er am 14. Januar 2007 das 58. Lebensjahr vollenden würde, machte der Kläger von seinem Dispositionsrecht Gebrauch (§ 118 Abs. 2 SGB III), wonach er erst ab 1. Januar 2008 Alg beziehen wolle (Erklärung des Klägers vom 9. Januar 2007, Bl. 33 der Verwaltungsakte). Durch Bescheide vom 10. Januar 2007 (Bl. 65 der Verwaltungsakte) und 29. Januar 2007 (Anhang "Schriftstücke im Auskunftssystem") bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin Alg ab 1. Januar 2008 - zunächst vorläufig auf der Grundlage des § 42 Sozialgesetzbuch Ersten Buches (SGB I) unter Berücksichtigung eines täglichen BME in Höhe von 172,60 €.
Durch Bescheide vom 9. Januar 2008 (Bl. 89 der Verwaltungsakte) und vom 4. März 2008 (Bl. 98 der Gerichtsakte) bewilligte die Beklagte dem Kläger - nunmehr endgültig - Alg ab 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 - wiederum unter Berücksichtigung eines täglichen BME von 172,60 € (tägliches Leistungsentgelt: 105,60 €, täglicher Leistungssatz: 63,36 €). Widersprüche wurden gegen diese Bescheide nicht eingelegt.
Im September 2011 (Bl. 58 der Verwaltungsakte) wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um Überprüfung der an die Rentenversicherung gemeldeten Beitragszeit aus dem Jahr 2007. Zur Begründung gab er an, auf Anraten eines Mitarbeiters der Rentenversicherung habe er über den auf der Internetseite der Arbeitsagentur befindlichen Rechner die Angaben überprüft und dabei festgestellt, dass ein Fehler in der Berechnung vorliegen müsse. Nach seinen Feststellungen hätte bei der Berechnung des Alg das seinerzeit tatsächlich erzielte Entgelt und nicht - wie seitens der Bundesagentur geschehen - der Betrag der Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt werden müssen.
Die Beklage wertete dies als Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehnten Buches (SGB X) und teilte dem Kläger durch Bescheid vom 14. September 2011 (Bl. 59 der Verwaltungsakte) mit, die Entgeltmeldung an die Deutsche Rentenversicherung für die Jahre 2008 und 2009 (richtig: 2007 und 2008) sei nicht zu beanstanden. Die Überprüfung habe ergeben, dass weder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen noch das Recht falsch angewendet worden sei. Für die Berechnung des BME sei sein Verdienst (Beitragsbemessungsgrenze) aus dem Jahr 2006 zugrunde gelegt worden. Bei monatlich 5.250 € habe sich ein Jahresverdienst in Höhe von 63.000 € ergeben. Das tägliche BME betrage somit 172,60 € (63.000 Euro dividiert durch 365 Tage für das Jahr 2006). Für die Entgeltmeldung an die Deutsche Rentenversicherung seien 80 v. H. des täglichen BME berücksichtigt worden. Da nach § 134 SGB Ill das für volle Monate zu zahlende Alg nur für 30 Tage gewährt werde, habe sich pro Kalenderjahr ein Anspruch auf Alg für 360 Tage ergeben. Die jährliche Entgeltmeldung mit gerundet 49.709 € sei somit korrekt (172,60 € mal 80 v. H. mal 360 Tage = 49.708,80 €).
Dagegen erhob der Kläger mit Email vom 19. September 2011 (Bl. 60 der Verwaltungsakte) und Schreiben vom 24. September 2011 (Bl. 74 der Verwaltungsakte) Widerspruch und führte zur Begründung u.a. aus, sein für die Leistungshöhe des Alg sowie die Meldung an die Rentenversicherung relevantes Bruttoeinkommen habe im Jahr 2006 deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze gele...