Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Versicherungspflicht auf Antrag in der Arbeitslosenversicherung
Orientierungssatz
1. Ob im Falle der Versäumung der Frist des § 28a Abs 1 S. 3 SGB III a.F. (juris: SGB 3, Fassung ab dem 01.07.2008) eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt, ist streitig und noch nicht höchstrichterlich entschieden.
2. Soweit ersichtlich beschäftigen sich drei Entscheidungen von Landessozialgerichten mit dieser Frage, alle mit dem Ergebnis, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich zulässig sein soll; vgl LSG Darmstadt, 2010-10-11, L 9 AL 165/09, info also 2011, 23; LSG Celle-Bremen, 2012-05-22, L 11 AL 86/08, LSG Essen, 2012-06-21, L 9 AL 9/12).
3. Wenn keine Kenntnis von der Antragsfrist des § 28a Abs 1 S. 3 SGB III a.F. (juris: SGB 3, Fassung 01.07.2008 bestand, entlastet das den Unwissenden grundsätzlich nicht.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 6. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Versicherungspflicht auf Antrag in der Arbeitslosenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) ab 18. Dezember 2008 in Streit.
Die 1966 geborene Klägerin stand seit 15. August 2006 in verschiedenen Arbeitsverhältnissen. Im Zeitraum ab 1. Januar 2007 sind 407 Tage versicherungspflichtiger Beschäftigung dokumentiert. Ab 16. Mai 2008 wurde der Klägerin Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von 240 Tagen bewilligt. Vom 10. Juni 2008 bis 1. Juli 2007 befand sich die Klägerin in einer Rehabilitationsmaßnahme ihres Rentenversicherungsträgers. Ab 2. Juli 2008 bis 17. Dezember 2008 bezog sie weiter Arbeitslosengeld. Für den Zeitraum 18. Dezember 2008 bis 17. September 2009 wurde ihr für eine selbständige Tätigkeit als kaufmännische Fachkraft für die Existenzgründung “Büroservice„ Gründungszuschuss bewilligt.
Am 21. Oktober 2008 und 5. November 2008 rief die Klägerin bei der für sie zuständigen Arbeitsagentur an, um Fragen zum Gründungszuschuss sowie zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung zu klären. Der Beratungsvermerk der Mitarbeiterin der Beklagten Frau C. vom 21. Oktober 2008 lautet: “Kundin plant Selbstständigkeit. Über Voraussetzungen GZ informiert …„. Der Beratungsvermerk der Mitarbeiterin der Beklagten Frau D. vom 5. November 2008 hält fest: “Kundin hat allgemeine Fragen zum GZ. Fr. A.„ - die Klägerin - “möchte wissen, wie die Voraussetzungen sind und hat Fragen zur freiwilligen Weiterversicherung. Voraussetzungen erläutert und Fragen geklärt.„ Am 6. November 2008 sprach die Klägerin bei der Arbeitsagentur persönlich vor. Die Mitarbeiterin der Beklagten, Frau E., hat über dieses Gespräch Folgendes vermerkt: “ZEV: Vereinbarungen erfüllt. Hat auch mit großem Erfolg FBW Maßnahme bei der DAA (kaufm. Qualifizierung) absolviert. Möchte sich jetzt allerdings unbedingt selbständig machen. Ausführlich über GZ informiert. - Flyer G. mitgegeben - soll sich schnellstens mit G. in Verbindung setzen. Hinweis, dass sie bis Mitte Dezember 2008 gründen muss. IV geändert. STRATEGIE: Soll sich schnellstens mit G. in Verbindung setzen. Soll sich sofort melden, wenn sie Gründungsdatum weiß - dann kann GZ-Antrag ausgehändigt. WV gesetzt.„
Die Klägerin nahm nach eigenen Angaben am 18. Dezember 2009 ihre selbständige Tätigkeit “Büroservice„ auf und beantragte am 19. Februar 2009 telefonisch bei der Beklagten ihre freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung. Sie wurde von der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau F., darauf hingewiesen, dass die Antragstellung verspätet sei. Die Klägerin bestand auf der Übersendung der Antragsunterlagen und wurde darüber informiert, dass sie diese zwecks Identitätsprüfung persönlich abgeben müsse. Die Klägerin gab das ausgefüllte Antragsformular auf freiwillige Weiterversicherung am 26. Februar 2009 persönlich ab.
Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 23. April 2009 den Antrag ab, weil dieser nicht entsprechend § 28a Abs. 1 Satz 3 SGB III innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit, die zur freiwilligen Weiterversicherung berechtige, gestellt worden sei. Beginn der selbständigen Tätigkeit der Antragstellerin sei der 18. Dezember 2008 und Zeitpunkt ihrer Antragstellung sei der 19. Februar 2009. Auf die Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen sei verzichtet worden.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 18. Mai 2009 am selben Tag Widerspruch ein und trug zur Begründung vor “aus Gründen fehlender Informationen der G. über die sehr kurze Anmeldefrist und eines damaligen temporären Auslandsaufenthalts Anfang Januar 2009 aus beruflichen Gründen„ habe sie den Antrag nicht früher stellen können.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2009 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine freiwill...