Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Neckerei unter Erwachsenen. aktive Teilnahme. berufliche Umschulungsmaßnahme. einziger männlicher Teilnehmer. Fenstersprung
Orientierungssatz
Ein 27-jähriger Umschüler, der aufgrund von Neckerei einer Mitschülerin (Bespritzen mit Wasser) im Schulungsraum aus dem Fenster springt, steht mangels Vorliegens alterstypischen bzw einer noch fehlenden Reife geschuldeten Verhaltens nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Er ist letztlich nicht anders zu beurteilen als ein 27-jähriger Beschäftigter in einem Großraumbüro.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 5. Februar 2013 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 25. August 2011 als Arbeitsunfall.
An diesem Tag befand sich der 1983 geborene Kläger im Rahmen seiner Umschulung zum Kaufmann im Groß- und Einzelhandel bei der Deutschen Angestelltenakademie in C-Stadt in einer beruflichen Schulungsmaßnahme. Während der Unterrichtszeit, in der die dort anwesenden Schüler (insgesamt 7 einschließlich des Klägers) in einem Unterrichtsraum im ersten Obergeschoss des Gebäudes eigenverantwortlich an dort eingerichteten Computerarbeitsplätzen ihre Module bearbeiten sollten, versuchte eine Mitschülerin des Klägers, die Zeugin D. E., den Kläger mit einem Gummispritztier nass zu spritzen. Der Kläger, welcher sich in Höhe eines geöffneten Fensters befand, versuchte sich dem Wasserstrahl zu entziehen und gelangte dabei auf ein unterhalb des Fensters befindliches Plexiglasvordach. Dieses hielt seinem Gewicht nicht stand, so dass der Kläger das Dach durchbrach und sich bei dem Sturz auf die darunter befindliche Laderampe u.a. eine Fersenbeinfraktur rechts sowie Wirbelkörperfrakturen zuzog.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 19. September 2011 Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen dieses Ereignisses ab, da ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe. Bei dem Vorgang, bei dem der Kläger im Rahmen einer Rangelei/Neckerei aus dem Fenster gesprungen sei, habe es sich nicht um eine versicherte Tätigkeit gehandelt. Eine betriebsdienliche Tätigkeit sei darin nicht zu erkennen. Damit sei auch die Prüfung entbehrlich, ob es sich um eine vernunftwidrige Handlung gehandelt habe.
Hiergegen legte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben am 17. Oktober 2011 Widerspruch ein und führte aus, der beratende Lehrer habe während der Schulstunde den Raum verlassen, woraufhin es zu einzelnen Neckereien zwischen den Schülerinnen gekommen sei, an denen sich der Kläger aber nicht beteiligt habe. Eine Schülerin habe ein Gummitier mitgebracht, das sie mit Wasser gefüllt und anschließend versucht habe, den unbeteiligten Kläger nass zu spritzen. Beim Ausweichen habe der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt am geöffneten Fenster gestanden habe, sich so unglücklich bewegt, dass er aus dem Fenster auf das darunter liegende Plexiglasdach gefallen sei. Der Kläger selbst sei bei den Ereignissen passiv geblieben und lediglich Opfer der Handlung gewesen, sodass sich der eintretende Unfall für ihn als Arbeitsunfall darstelle. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2012 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 16. Mai 2012 Klage beim Sozialgericht Kassel (Sozialgericht) erhoben.
Das Sozialgericht hat zunächst eine schriftliche Zeugenaussage der den Kläger am Unfallort behandelnden Notärztin Dr. F. eingeholt, die unter dem 8. Oktober 2012 angegeben hat, sich nicht mehr an den vom Kläger geschilderten Unfallhergang erinnern zu können. Sie könne auch nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob die im Einsatzprotokoll erfolgten Ausführungen zum Notfallgeschehen ausschließlich aus den Aussagen des Klägers oder auch durch Zeugen zustande gekommen seien. Ausweislich des Einsatzprotokolls sei der Kläger bei ihrem Eintreffen orientiert gewesen und es habe keine Amnesie vorgelegen. Das Einsatzprotokoll vom Unfalltag ist zu den Akten genommen worden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2013 hat das Sozialgericht den Kläger persönlich sowie die Mitschülerinnen des Klägers G. H., I. J., D. E., K. L. und M. N. als Zeuginnen zu dem streitgegenständlichen Ereignis gehört. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 5. Februar 2013 Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 5. Februar 2013 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. September 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2012 verpflichtet, den Vorfall vom 25. August 2011 als Arbeitsunfall anzuerkennen und im gesetzlichen Umfang zu entschädigen. Zur Begründung hat es ausgeführt, vorliegend bestehe ein wesentlicher innerer Zusammenhang zwischen dem streitgegenständlichen Ereignis und d...