Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt ≪hier Dermatologe≫. II. Quartal 2005. kein Vergütungsanspruch mit festem Punktwert von 5,11 Ct. Honorarverteilungsvertrag. Bildung und Festsetzung. praxisindividuelles Regelleistungsvolumen. keine rechtswidrige Benachteiligung von Einzelpraxen gegenüber Gemeinschaftspraxen. angemessene Vergütung. Überprüfung. normative Regelung der Honorarverteilung. Abstellen auf die generelle Situation der betroffenen Arztgruppe
Orientierungssatz
1. Im II. Quartal 2005 bestand kein Anspruch auf Vergütung der Leistungen mit einem festen Punktwert von 5,11 Ct.
2. Zur Rechtmäßigkeit einer Regelung im Rahmen des Honorarverteilungsvertrages bzgl. der Bildung und Festsetzung praxisindividueller Regelleistungsvolumen.
3. Eine rechtswidrige Benachteiligung von Einzelpraxen gegenüber Gemeinschaftspraxen durch die Regelungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen ab 1.4.2005 (Zuschläge für Gemeinschaftspraxen beim Ordinationskomplex), des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 zur Festlegung der Regelleistungsvolumen oder des Honorarverteilungsvertrages (Zuschläge für Gemeinschaftspraxen beim Regelleistungsvolumen) liegt nicht vor. Zum anderen lässt sich auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit unter dem Gesichtspunkt herleiten, dass die Honorarverteilung zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung der Facharztgruppe der Hautärzte im Vergleich zu sonstigen Facharztgruppen führt.
4. Das in § 72 Abs 2 SGB 5 normierte Ziel der angemessenen Vergütung vertragsärztlicher Leistungen ist eine von mehreren Vorgaben für die Regelung der gesamtvertraglichen Beziehungen zwischen den vertragsärztlichen Institutionen. Ein Anspruch auf Vergütung in bestimmter Höhe kann daraus nicht hergeleitet werden. Die Zuerkennung höheren Honorars kommt aufgrund des Artikel 12 Abs 1 GG iVm dem Gesichtspunkt der angemessenen Vergütung danach erst dann in Betracht, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen gefährdet wird (vgl BSG vom 9.12.2004 - B 6 KA 44/03 R = BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2).
5. Bei der Prüfung, ob normative Regelungen der Honorarverteilung den Anforderungen des Artikel 12 Abs 1 GG genügen, ist primär auf die generelle Situation der betroffenen Arztgruppe und nicht auf die Ertragssituation einer einzelnen vertragsärztlichen Praxis abzustellen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 4. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits auch im Berufungsverfahren zu tragen.
Der Streitwert wird auf 5.685,00 € festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Honorarhöhe für das Quartal II/05.
Die Klägerin nimmt als Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten mit Praxissitz in A-Stadt seit 1996 an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2006 setzte die Beklagte das Nettohonorar der Klägerin für das Quartal II/05 auf 38.383,65 € fest. Hiergegen legte die Klägerin am 28. Februar 2006 Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass eine rechtswidrige Benachteiligung der Einzelpraxen gegenüber den Gemeinschaftspraxen durch Nr. 5.1 EBM 2005 vorliege. Ferner liege eine Benachteiligung der Einzelpraxen gegenüber Gemeinschaftspraxen der gleichen Fachgruppe (Regelleistungsvolumen) durch den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - SGB V - mit Wirkung vom 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt, Jahrgang 101, Ausgabe 46 von 12. November 2004, Seite B-2649) - im folgenden: BRLV - sowie Ziff. 6.3 der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den Verbänden der Krankenkassen zur Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005, bekannt gemacht als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10. November 2005 (Honorarverteilungsvertrag - HVV) vor. Weiter werde die fehlerhafte bzw. unzureichende Berechnung der Kostensätze für das Fach Dermatologie auf der Grundlage der KPMG-Kostenerhebung beanstandet sowie die vom Nettohonorar einbehaltenen 0,117% zur Sicherung der allgemeinärztlichen Weiterbildung nach Einführung getrennter Hausarzt-/Facharzttöpfe. Außerdem wende sich der Widerspruch gegen die Abweichung von der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Aussicht gestellten betriebswirtschaftlichen Kalkulation mit 5,11 Cent Punktwert und die mangelnde Verständlichkeit und Transparenz der Abrechnung.
Mit Bescheid vom 29. Juni 2006 ersetzte die Beklagte den Honorarbescheid vom 22. Januar 2006 und setzte das Nettohonorar der Klägerin für das Quartal II/05 auf 38.375,21 € fest.
Die Klägerin erhob noch vor Erlass des Widerspruchsbescheides am 16. Oktober 2007 Klage...