Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung vertragsärztlicher Leistungen. Regelleistungsvolumen. Rechtmäßigkeit der Zuordnung eines Facharztes für Neurochirurgie zur Arztgruppe der Chirurgen

 

Orientierungssatz

Es liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit vor, wenn die Fachärzte für Neurochirurgie mit den Fachärzten für Chirurgie, für Kinderchirurgie, für Plastische Chirurgie und für Herzchirurgie zu einer RLV-relevanten Arztgruppe zusammengefasst werden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 03.08.2016; Aktenzeichen B 6 KA 12/16 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 23.10.2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Höhe des Honorars für die vier Quartale I/09 bis IV/09, insbesondere die Festlegung des Regelleistungsvolumens.

Der Kläger ist seit dem 1. September 1994 als Facharzt für Neurochirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. In den streitbefangenen Quartalen ordnete die Beklagte den Kläger der Arztgruppe der Chirurgen zu.

Die Beklagte setzte das Regelleistungsvolumen für die streitbefangenen Quartale wie folgt fest, wogegen der Kläger jeweils Widerspruch eingelegt hat:

Quart al

Bescheiddatum

Widerspruch vom

RLV- relev. Fallzahl

Fallwert in €

Fallwert-abstaffelung

Altersstrukturquote

Aufschlagfachgleiche BAG

RLV in €

I/09

26.11.2008

08.12.2008

1.040

30,66

0,9433

0,9849

1

29.624,26

II/09

26.02.2009

24.03.2009

982

23,59

0,9888

0,9791

1

22.427,19

III/09

27.05.2009

30.07.2009

852

23,41

1

0,9776

1

19.498,54

IV/09

26.08.2009

25.09.2009

982

23,61

1

0,9837

1

21.315,52

02.09.2009

0,9346

Die Beklagte setzte das Honorar für die einzelnen streitbefangenen Quartale wie folgt fest, wogegen der Kläger ebenfalls jeweils Widerspruch eingelegt hat:

Quartal

I/09

II/09

III/09

IV/09

Honorarbescheid vom

20.07.2009

11.10.2009

23.12.2009

27.03.2010

Widerspruch eingelegt am

17.09.2009

23.12.2009

10.03.2010

08.06.2010

Anzahl Praxen/Ärzte Neurochirurgie

19/41,5

18/41,5

18/41,5

18/42,46

Nettohonorar gesamt in €

29.971,28

22.350,78

17.002,27

22.238,83

Bruttohonorar PK + EK in €

30.712,32

23.040,85

17.578,83

22.898,04

Fallzahl PK + EK

977

876

784

870

Bruttohonorar PK + EK in € je Fall*

31,44

26,30

22,42

26,32

24,91**

Honoraranteile PK + EK

Regelleistungsvolumen in €

28.143,04

21.305,81

18.523,61

20.249,74

Quotiertes Regelleistungsvolumen in €

2.569,28

1.735,04

1,008,42

2.648,30

Fallwertzuschläge zum Regelleistungsvolumen in €

0,00

0,00

0,00

0,00

Übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV)

0,00

0,00

0,00

0,00

Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (AMG)

0.00

0,00

0,00

0,00

Kürzungsbetrag Fortbildungspflicht in €

--

--

- 1.953,20

--

Regelleistungsvolumen

RLV4relevante Fallzahl

1.040

982

852

982

Obergrenze in €

29.624,26

22.427,19

19.498,54

21.315,52

Angefordertes Honorar in €

43.562,00

37.235,37

32.210,31

36.705,45

Überschreitung in €

13.937,74

14.898,18

12.711,77

15.389,93

Überschreitung in %*

47,0

66.4

65,2

72,2

*Berechnung des SG

**Bereinigt um Kürzungsbetrag Fortbildungspflicht

Der Kläger machte auch in seinen Widersprüchen gegen die Honorarbescheide geltend, er habe sich anfänglich in der "minimalinvasiven Neurochirurgie" spezialisiert und sei dann zu der "noninvasiven Neurochirurgie" mit konservativer Therapie der neurochirurgischen Erkrankungen übergegangen. In seine Praxis kämen Patienten, die an Bandscheibenerkrankungen litten und bereits Operationskandidaten seien. Er behandle fast alle Bandscheibenpatienten konservativ und habe eine minimale Krankenhauseinweisungsrate. Außerdem behandle er sehr kostengünstig. Seine Kollegen seien operativ tätig. Diese hätten ein weiteres Einkommen als Belegärzte, er habe ein solches Einkommen nicht. Seine Praxis sei benachteiligt und er könne seine Praxiskosten nicht mehr decken. Er bitte daher, ihn aus Gruppe der Chirurgen herauszunehmen, da er nicht operativ tätig sei. Ähnlich wie die orthopädischen Chirurgen nicht der Gruppe der Chirurgen angehörten, weil sie hauptsächlich konservativ tätig seien, gehöre er nicht zu der Gruppe der Chirurgen. Für das Quartal III/09 machte er die Anwendung der BSG-Rechtsprechung zum Anwachsen von Praxen bis zum Durchschnittshonorar der Arzt-/Fachgruppe geltend. Er bitte um Berücksichtigung seiner Praxisbesonderheit, da er auf die konservative Therapie spezialisiert sei. Bezüglich des Quartals III/09 wies er auf die fehlende Berücksichtigung weiterer Fortbildungspunkte hin, die er der Ärztekammer im Juni 2009 zugeschickt habe. Auch hätten einige Veranstalter seine Teilnahme nicht gemeldet.

Die Beklagte wertete die Widersprüche des Klägers gegen die Festsetzung der Regelleistungsvolumina als Antrag auf Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen. Diesen Antrag lehnte sie mit Bescheid vom 4. Dezember 2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, eine Praxisbesonderheit müsse mindestens 30 % des ...

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