Rz. 3
Die Bildungs- und Arbeitsförderung ist als soziales Recht i.S.d. § 2 Abs. 1 zu qualifizieren, das zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 dient. Bestimmte Ansprüche können aus der Vorschrift selbst wie bei den anderen sozialen Rechten allerdings nicht geltend gemacht werden, Abs. 1 bildet dafür keine Anspruchsgrundlage. Die Stellung der Bildungs- und Arbeitsförderung im Gesetz spiegelt allerdings den Vorrang von aktiver Förderung vor der Erbringung passiver Leistungen. Ob und in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen Ansprüche bestehen, richtet sich nach den besonderen Teilen des Sozialgesetzbuchs. Dazu gehören insbesondere das SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) und das SGB III (Arbeitsförderung) sowie das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), das nach § 68 Nr. 1 als besonderer Teil des Sozialgesetzbuches gilt. Aus § 3 kann daher kein subjektiv-öffentliches Recht auf Bildungs- und Arbeitsförderung hergeleitet werden. Die Vorschrift hat eher programmatischen Charakter und ist für die konkrete Gesetzgebung als Richtlinie, für den Rechtsanwender in der Behörde als sein Ermessen einschränkende Vorschrift zu verstehen. Zu kritisieren ist, dass sie gegenüber dem Bürger den Anschein eines Rechts auf Bildungs- und Arbeitsförderung erweckt. Der Bürger kann aber im Zweifelsfall allenfalls geltend machen, dass das Ermessen im Einzelfall eher dahin auszuüben ist, zur weitestgehenden Verwirklichung der sozialen Rechte beizutragen.
Rz. 4
§ 3 nennt die Bildungs- und Arbeitsförderung übergreifend ohne Unterscheidung nach Versicherung, Versorgung und Fürsorge. Damit wird verdeutlicht, dass Hilfestellung bei allen 3 Säulen des Sozialrechts angelegt werden soll. Bildungs- und Arbeitsförderung haben nicht nur eine individuelle, sondern eine gesamtgesellschaftliche Dimension. Das zeigt sich auch darin, dass Berufswahlfreiheit für den Bürger einerseits einer verbesserten Wirtschaftsstruktur und einem erhöhten Wirtschaftswachstum andererseits als staatliche Ziele gegenübersteht.
Rz. 5
Die Ausbildungsförderung und die Arbeitsförderung stellen unterschiedliche Systeme dar. Dies wird durch Unterteilung der Vorschrift in 2 Absätze erkennbar. Während die Arbeitsförderung im SGB II und SGB III umfassend geregelt ist, konnte die Ausbildungsförderung bislang nicht zusammenhängend und umfassend in das Sozialgesetzbuch eingegliedert werden (vgl. z.B. die Leistungen an die an sich ausgeschlossenen Auszubildenden nach § 7 Abs. 5 gem. § 7 Abs. 6 und § 27 SGB II). Außerhalb des SGB ist insbesondere das BAföG zu nennen.
Rz. 6
Die Ausbildungs- und Arbeitsförderung sind miteinander verflochten und weisen zahlreiche Schnittmengen und Schnittstellen auf. Dem Gesetzgeber ist es bislang nicht gelungen, die Ausbildungsförderung in einem eigenständigen, abschließenden Fördersystem zu regeln. Dafür dienen § 7 und § 27 Abs. 3 SGB II als aktuelles Beispiel. Während Auszubildende grundsätzlich von der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen werden, sind zugleich Ausnahmen und Sonderregelungen geschaffen worden, die sogar eine Mischförderung erlauben. Andererseits ist der Politik bewusst geworden, dass es nicht ausreicht, wenn die Förderung erst mit Beginn der Ausbildung einsetzt bzw. eine zurückgreifende Förderung schulischer Ausbildung ausgeschlossen ist. Deshalb erlauben neuere gesetzliche Vorschriften im SGB III auch die Begleitung von Schülern zur Sicherung des Schulabschlusses (Berufseinstiegsbegleitung als festes arbeitsmarktpolitisches Instrument, § 49 SGB III) und eines erfolgreichen Übergangs in eine berufliche Ausbildung sowie die Förderung des nachträglichen Erwerbs des Hauptschulabschlusses im Rahmen einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme oder einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme (§§ 53, 81 SGB III).