0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist am 1.1.1976 mit dem SGB I v. 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015) mit Wirkung zum 1.1.1976 in Kraft getreten und seither nicht geändert worden.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Mit der Regelung wird als allgemeiner Grundsatz die Geltung des Erbrechts (§§ 1922 ff. BGB) auch für das Sozialrecht bestätigt, soweit nicht die vorrangige Regelung der Sonderrechtsnachfolge eintritt. Die Bestimmung in Verbindung mit dem Erbrecht des BGB ist anwendbar, wenn kein Sonderrechtsnachfolger nach § 56 vorhanden ist oder die in Betracht kommenden nach § 57 Abs. 1 Satz 1 wirksam verzichtet haben. Die Vorschrift ist insbesondere auch dann anzuwenden, wenn es sich nicht um laufende Sozialleistungen handelt, da diese nicht in die Sonderrechtsnachfolge fallen.
Rz. 2
Der Staat als rangletzter gesetzlicher Erbe wird jedoch von der Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Sozialrechtsverhältnis ausgeschlossen (Satz 2). Damit soll vermieden werden, dass Zahlungen zwischen verschiedenen öffentlichen Haushalten zu erfolgen haben (so die Begründung BT-Drs. 7/868 S. 33).
2 Rechtspraxis
2.1 Vererbbare Ansprüche (Satz 1)
Rz. 3
Nur auf Geldleistungen gerichtete Ansprüche auf Sozialleistungen (§ 11) sind vererblich. Dies ergibt sich im Rückschluss aus § 59 Satz 1, der ausnahmslos Ansprüche auf Sach- oder Dienstleistungen mit dem Tod des Berechtigten erlöschen lässt. Ob es sich um laufende oder um einmalige Geldleistungen handelt, ist dabei gleichgültig. Es muss sich jedoch um eigene sozialrechtliche Ansprüche des Erblassers handeln. Für außerhalb des SGB begründete Ansprüche (fiskalische Ansprüche, Schadensersatz aus Amtshaftung usw.) gelten nicht die Vorschriften der §§ 56 ff., so dass auch unmittelbar Erbrecht eingreift.
Rz. 4
Laufend zu zahlende und fällige Ansprüche fallen dann in die Erbmasse und gehen auf den Erben über, wenn und soweit keine Sonderrechtsnachfolge in diese Ansprüche eintritt, also entweder kein Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 vorhanden ist oder alle nach § 57 den Verzicht auf die Sonderrechtsnachfolge erklärt haben. Vor der Entscheidung über dem/den Erben zustehende Ansprüche ist daher die Frage des Anspruchs eines Sonderrechtsnachfolgers zu prüfen, unabhängig davon, ob ein Sonderrechtsnachfolger diese Ansprüche geltend gemacht hat. Angesicht des als Sonderrechtsnachfolger in Betracht kommenden Personenkreises der nahen Angehörigen ist allerdings die Anspruchsberechtigung sowohl als Sonderrechtsnachfolger als auch als Erbe nicht ausgeschlossen.
Rz. 5
Die Sonderrechtsnachfolge soll den Übergang laufender und fälliger in Geld bestehender Sozialleistungsansprüche auf den/die Erben ausschließen. Daher setzt der Einleitungssatz des § 58 als negative Bedingung ("soweit … nicht") für das gesetzliche Erbrecht das Nichtvorliegen der Sonderrechtsnachfolge in diese Ansprüche nach §§ 56, 57 voraus. Da die Sonderrechtsnachfolge ohnehin nur bei Tod fällige Ansprüche erfasst, hat die für das Erbrecht vorausgesetzte und wiederholte Voraussetzung der Fälligkeit der Ansprüche eine eigenständige Bedeutung dahingehend, dass auch nur schon fällige Ansprüche vererblich sind. Im Regelfall werden zwar Sozialleistungen mit dem Entstehen kraft Gesetzes fällig (vgl. §§ 40, 41 und Komm. dort); dies jedoch nicht in jedem Fall. Nicht in die Erbmasse fallen daher Leistungen, über die noch nicht entschieden ist (z.B. Ermessensleistungen, die erst mit der Entscheidung darüber entstehen und fällig werden – § 40 Abs. 2) oder Ansprüche, die erst für einen Zeitpunkt nach dem Tod des Erblassers durch Verwaltungsakt bewilligt wurden.
Rz. 6
Dem Erbrecht unterliegen aber auch die Geldleistungsansprüche, die bis zum Zeitpunkt des Todes kraft Gesetzes oder Verwaltungsakt (vgl. Komm. zu § 38) als laufende Geldleistungen entstanden und festgestellt sind und einmalige Geldleistungen, wenn diese bis zum Zeitpunkt des Todes fällig waren. Bei den Geldleistungen kann es sich nicht nur um rückständige laufende oder um einmalige Sozialleistungen i.S.d. § 11 handeln, sondern auch um andere Ersatz- oder Erstattungsansprüche, z.B. solche auf eine zu Lebzeiten beantragte Beitragserstattung nach § 26 SGB IV oder Kostenerstattung wegen nicht oder nicht rechtzeitig erbrachter Krankenbehandlung nach § 13 SGB V (vgl. BSG, Urteil v. 11.5.1993, 12 RK 36/90, NZS 1993 S. 502 = SozR 3-2200 § 176b Nr. 1).
Rz. 7
Die Geldansprüche fallen nicht nur dann in den Nachlass, wenn sie zum Todeszeitpunkt schon eindeutig geklärt und förmlich festgestellt worden waren, sondern auch dann, wenn sie beantragt oder bereits von Amts wegen ein Verfahren zur Feststellung eingeleitet war (vgl. Komm. zu § 59). Soweit ein Verwaltungsverfahren (§ 8 SGB X) über einen geltend gemachten Geldanspruch zum Todeszeitpunkt anhängig war, tritt der Erbe als Anspruchsinhaber in diese Verfahrensstellung ein, ohne jedoch selbst Sozialleistungsberechtigter (i.S.d. Stammrechts – vgl. Komm. zu § 40) zu werden. War mangels Antrags der Anspruch noch nicht entstanden, kann der Erbe diesen Antrag nicht mehr stellen (zum Anspruch auf Erstattung zu Recht entrichteter Beiträge vgl. BSG,...