Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundrecht auf freien Zugang zu öffentlichen Ämtern. Organisationsfreieheit des öffentlichen Arbeitgebers bei Auswahlverfahren zur Stellenbesetzung. Kein Verfügungsanspruch bei bereits erfülltem Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG. Keine Revision zum Bundesarbeitsgericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Der Begriff des öffentlichen Amtes ist dabei funktionsbezogen zu verstehen (NK-GA-von Roetteken, 1. Aufl. 2016, Art. 33 GG Rn. 6). Öffentliche Ämter i. S. v. Art. 33 Abs. 2 GG sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch solche Stellen, die ein öffentlicher Arbeitgeber mit Arbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt. Der unbeschränkt und vorbehaltlos gewährte Grundsatz der Bestenauslese dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt die Verfassungsnorm dem berechtigten Interesse der Bediensteten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf eine ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Beamten und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst steht bei der Besetzung von Ämtern des öffentlichen Dienstes ein verfassungsrechtlicher Bewerbungsverfahrensanspruch zu. Daraus folgt angesichts der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung in Art. 33 Abs. 2 GG ein subjektives Recht jedes Bewerbers auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren. Nur der am besten geeignete Bewerber für die ausgeschriebene Stelle hat einen darüber hinausgehenden Besetzungsanspruch.

2. Der Bewerbungsverfahrensanspruch ist gegenüber der Organisationsfreiheit des öffentlichen Arbeitgebers abzugrenzen. Diese räumt dem öffentlichen Arbeitgeber das Recht ein, zwischen verschiedenen Möglichkeiten, eine Stelle zu besetzen, zu wählen. Eine Auswahl nach den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG gilt zwingend auch für den Zugang zu Beförderungsämtern und -stellen. Ein Art. 33 Abs. 2 GG entsprechendes Auswahlverfahren ist auch dann durchzuführen, wenn der öffentliche Arbeitgeber die zu besetzende Stelle unbeschränkt ausgeschrieben hat. Dann muss eine Gleichbehandlung zwischen Beförderungs- und anderen Bewerbern erfolgen. Vergibt der Arbeitgeber dagegen die Stelle im Wege der Umsetzung oder Versetzung an bereits bei ihm beschäftigte und mit gleichwertigen Tätigkeiten befasste Arbeitnehmer, ist das Auswahlverfahren nicht den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen. Wie der öffentliche Arbeitgeber seine Organisationsfreiheit nutzt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen.

3. Es fehlt der Verfügungsanspruch. Für die Verfügungsklägerin besteht kein aus Art. 33 Abs. 2 GG herleitbarer Anspruch auf Aufnahme in den Bewerberpool. Der Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG ist bereits erfüllt. Der Verfügungsklägerin ist der Zugang zu dem begehrten Amt bereits mit ihrer Beförderung im Jahr 2016 gewährt worden. Die jetzt ausgeschriebene Position ist identisch zu der Position, die die Verfügungsklägerin bereits seit dem Jahr 2016 innehat: identischer Dienstherr, identischer Dienstort, identische Dienststelle, identisches Amt, identische Abteilung, identische Funktion (Sachbearbeiterin), identische eingruppierungsrechtliche Wertigkeit, identische Aufgabenstellung (Wirtschaftliche Leistungen, Zahlbarmachung der Kosten nach dem SGB VIII / Bearbeitung von Kostenerstattungsfällen mit anderen Jugendhilfeträgern / Zahlbarmachung der Leistungen für unbegleitete minderjährige Ausländer sowie die Umsetzung der diesbezüglichen Kostenerstattungsregelungen / Inanspruchnahme Drittverpflichteter, Ersatzansprüche feststellen, durchsetzen und Überwachung der Zahlungseingänge / Heranziehung der Kindeseltern zum Kostenbeitrag, Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse, Berechnung, Bescheiderstellung und Durchsetzung der Zahlungseingänge, s.o.); das innegehabte und das ausgeschriebene Amt sind identisch.

4. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist eine Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zulässig, § 72 Abs. 4 ArbGG. Dies hat die Kammer aus Gründen der Klarstellung im Urteilstenor ausgewiesen.

 

Normenkette

GG Art. 33 Abs. 2; ArbGG § 72 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Entscheidung vom 14.12.2017; Aktenzeichen 1 Ga 21/17)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 14.12.2017 - 1 Ga 21/17 - wird auf Kosten der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.

Die Revision ist nicht zulässig.

 

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aufnahme in den Bewerberpool für eine am 04.10.2017 ausgeschriebene Stelle im Jugendamt.

Die Verfügungsklägerin ist seit 2001 bei der Verfügungsbeklagten als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Sie verfügt über einen erfolgreichen Abschluss des Verwaltungslehrgangs II/A II (Angestelltenlehrgang...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office enthalten. Sie wollen mehr?