Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfristungsklage. Haushaltsmittelbefristung
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird. Das setzt die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für die befristete Beschäftigung in einem Haushaltsplan und die Vergütung des Arbeitnehmers aus diesen Haushaltsmitteln voraus. Zudem ist es erforderlich, dass die Haushaltsmittel im Haushaltsplan mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung ausgebracht sind.
2. Die für die Vergütung des befristet eingestellten Arbeitnehmers verfügbaren Haushaltsmittel müssen für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer vorgesehen sein. Es muss sich also um Tätigkeiten handeln, die nicht dauerhaft, sondern nur zeitweilig anfallen. Dabei müssen die Rechtsvorschriften, mit denen die Haushaltsmittel ausgebracht werden, selbst die inhaltlichen Anforderungen für die im Rahmen der befristeten Arbeitsverträge auszuübenden Tätigkeiten oder Bedingungen, unter denen sie auszuführen sind, enthalten. Die Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn die Haushaltsmittel lediglich allgemein für die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Rahmen von befristeten Arbeitsverhältnissen bereit gestellt werden oder dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer überwiegend Daueraufgaben des öffentlichen Arbeitgebers übertragen werden.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7
Verfahrensgang
ArbG Dessau (Urteil vom 13.05.2009; Aktenzeichen 5 Ca 3/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 13. Mai 2009 – 5 Ca 3/09 – abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung vom 27. November 2007 mit Ablauf des 31. Dezember 2008 geendet hat.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den 31. Dezember 2008 hinaus zu den im Arbeitsvertrag vom 27.11.2007 vereinbarten Bedingungen als vollbeschäftigte Angestellte bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2008.
Die am 00.00.00 geborene Klägerin war vom 18. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2008 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge bei der Beklagten beschäftigt, und zwar als Fachassistentin Leistungsgewährung im Bereich SGB II in der Agentur für Arbeit W. Die Klägerin hatte die Aufgabe, zu prüfen, ob bei Leistungsempfängern überleitungsfähige Ansprüche nach den §§ 33, 34, 35 SGB II vorhanden sind. Die Klägerin war in die Tätigkeitsebene V (§ 14 Abs. 1 TV-BA) eingruppiert und der Entwicklungsstufe 3 zugeordnet. Die monatliche Vergütung der Klägerin betrug zuletzt 1.623,00 EUR brutto.
Unter dem Datum des 27. November 2007 schlossen die Parteien den letzten, bis zum 31. Dezember 2008 befristeten Arbeitsvertrag, der folgenden Wortlaut hat:
zwischen der Bundesagentur für Arbeit (BA), Regensburger Straße 4, 90478 Nürnberg, vertreten durch die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit W.
A. L., geboren am 00.00.00, wird vorbehaltlich der Genehmigung des Personalhaushalts 2008 der BA durch die Bundesregierung mit Wirkung vom 01.01.2008 folgender Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 17.07.2007 geschlossen:
§ 1 wird wie folgt geändert:
Frau A. L. wird als Vollbeschäftigte bis zum 31.12.2008 weiterbeschäftigt.
Jede Vertragspartei erhält eine Ausfertigung dieses Vertrages.”
Zu diesem Vertrag unterzeichneten die Parteien am 27. November 2007 einen Vermerk, der auszugsweise lautet:
„Vertragsverlängerung von A. L., geb. 00.00.00, als Fachassistentin Leistungsgewährung im Bereich SGB II mit befristeten Arbeitsvertrag nach dem TzBfG für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2008 bei der Agentur für Arbeit W., ARGE SGB II Landkreis W.
Befristungsgrund:
§ 14 Abs. 1 Nr. 7 TzBfG (Haushaltsmittel)”
Die Klägerin, die der Ansicht ist, die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2008 sei unwirksam, hat am 5. Januar 2009 beim Arbeitsgericht Dessau-Roßlau Klage erhoben.
Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen und auf die Darstellung des Tatbestandes im Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 13. Mai 2009 – 5 Ca 37/09 – (S. 2 bis 7 des Urteils = Bl. 158 bis 163 d. A.) verwiesen.
Das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau hat die Klage abgewiesen.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Änderungsvereinbarung vom 27. November 2007 liege ein sachlicher Grund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG zugrunde. Maßgeblich seien die Umstände, die im Zeitpunkt des Abschlusses dieser Änderungsvereinbarung gegeben gewesen seien. Der Haushalt...