Tenor

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Der dem Schuldner gegenüber der aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 22.05.1996 (8 M 790/96) vollstreckenden Gläubigerin X. pfandfrei zu verbleibende Betrag wird anderweitig auf 17.971,00 DM festgesetzt.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Gläubigerin nach einem Wert von 17.500,00 DM.

Außergerichtliche Kosten trägt jede Partei nach einem Wert von 34.783,69 DM selbst.

Die Wirksamkeit dieser Entscheidung wird bis zu ihrer Rechtskraft oder einer anderslautenden Entscheidung über eine eventuelle weitere sofortige Beschwerde ausgesetzt.

 

Gründe

Unter dem 22.05.1996 erwirkte die Gläubigerin einen Pfändung- und Überweisungseschluß u. a. in folgende angeblichen Forderung des Schuldners:

I. 1) Derzeitige und künftige Ansprüche aus Arbeitseinkommen beschränkt gemäß PAR. 850 A, C ZPO –,

2) zu zahlende Abfindung bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses – diese sind unbeschränkt pfändbar –

3) Auf Auszahlung von Lohnsteuererstattungsansprüchen für das laufende Jahr und die folgenden Jahre, sofern diese durch den Arbeitgeber infolge Vornahme des Lohnsteuerjahresausgleiches ausgezahlt oder verrechnet werden (PAR. 42 B Abs. 1 S. 1 und 2 ESTG) – diese ebenfalls unbeschränkt pfändbar –

4) derzeitige und künftige Ansprüche auf Kurzarbeiter-Schlechtwetter- u. Wintergeld – beschränkt gemäß PAR 850 A, C ZPO –

Der Schuldner ist zum 01.09.1997 aus dem laufenden Arbeitsverhältnis mit der X. ausgeschieden und hat eine Abfindung von 60.888,88 DM als Ausgleichszahlung zum Arbeitslosengeld bzw. zur Arbeitslosenhilfe für die kommenden 60 Monate erhalten.

Auf Antrag des Schuldners hat das Amtsgericht gem. § 850 i ZPO einen Betrag von 34.783,69 DM aus der o.g. Abfindung für pfandfrei erklärt.

Wegen der Berechnung des Betrages wird auf den angefochtenen Beschluß verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Gläubigerin, die die Berechnung des Bedarfs des Schuldners auf 5 Jahre für zu umfassend und nicht den Sozialhilferichtlinien entsprechend hält.

Die nach Nichtabhilfe und Vorlage durch das Amtsgericht als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung ist gem. §§ 11 II RpfG, 793 ZPO zulässig in der Sache jedoch nur zum Teil begründet.

Die vorliegend gepfändete Abfindung unterfällt dem Pfändungsschutz nach § 850 i ZPO (vgl. dazu: Zöller, Stöber, 19. Aufl § 850 i Rn. 1).

Danach ist dem Schuldner bei Pfändung von einmaligen Leistungen für Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der Belange des Gläubigers für einen angemessenen Zeitraum ein zur Deckung des notwendigen Unterhalts angemessener Betrag pfandfrei zu belassen, wobei der Schuldner nicht besser stehen darf, als wenn er laufenden Lohn beziehen würde.

Da die Abfindung des Schuldners dem Ausgleich von Einkommenseinbußen für den Zeitraum bis zum Rentenalter dient (5 Jahre), erscheint es angemessen, den pfandfrei zu belassenden Betrag so zu berechnen, daß für diesen überschaubaren Zeitraum dem Schuldner soviel verbleibt, wie dies auch bei Fortführung des Arbeitsverhältnisses und Vollstreckung in das laufende Arbeitseinkommen der Fall gewesen wäre; so werden Gläubiger- und Schuldnerinteressen gleichermaßen berücksichtigt.

Unter dieser Voraussetzung ist die Berechnung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden, insbesondere nicht die Berücksichtigung eines Zeitraums von 5 Jahren.

Auch die Bedarfsberechnung ist nicht zum Nachteil der Gläubigerin erfolgt.

Stünde der Schuldner nach wie vor im Arbeitsverhältnis, würde sich der ihm nach § 850 c, e ZPO auf Antrag pfandfrei zu belassende Betrag – auf den die Gläubigerin also ebenfalls keinen Zugriff hätte – als sogenannter fiktiver Sozialhilfebedarf nach der Rechtsprechung der Kammer wie folgt berechnen:

1)

Regelbedarf Schuldner:

539,00 DM

2)

Regelbedarf Ehefrau:

431,00 DM

3)

Zuschlag Ehefrau gem. § 23 I Ziff. 2 BSHG:

86,20 DM

4)

Zuschlag für einmalige Aufwendungen: 10 % des Regelbedarfs

97,00 DM

5)

Kosten der Unterkunft

441,80 DM

6)

Heizkosten

110,00 DM

1.705,00 DM

Ein weiterer Zuschlag für pauschal geltend gemachte Versicherungen kommt nicht in Betracht; die Kosten für übliche Versicherungen sind bereits mit den Regelsätzen nach dem BSHG abgegolten.

Wie das Amtsgericht hält die Kammer eine Erhöhung des sich damit für das 1. Jahr ergebenden Gesamtbedarfs von 20.460,00 DM (12 × 1.705,00 DM) um jeweils 2 % für die Folgejahre für geboten.

Dabei handelt es sich um den der üblichen Teuerungsrate entsprechenden Erhöhungsbetrag der Sozialhilfesätze, mit dem nach allgemeinen Erfahrungen zu rechnen ist. Dabei ist zu bedenken, daß – erfolgt eine entsprechende Berücksichtigung jetzt nicht – der Schuldner diesen Bedarf aus der Abfindung dann in Zukunft nicht decken kann, wenn bereits jetzt der Gesamtbetrag gläubigerseits vollstreckt wird.

Das ergibt folgendes Rechenwerk

2.

Jahr: 20.869,20 DM

fiktiver Sozialhilfebedarf,

3.

Jahr: 21.286,85 DM

4.

Jahr: 21.712,31 DM

5.

Jahr: 22.146,56 DM

Das führt zu einem Gesamtbetrag für die nächsten 5 Jahre von 106.47...

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